TE Lvwg Erkenntnis 2021/10/7 LVwG-1-353/2021-R7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.10.2021

Norm

StVO 1960 §52 lita Z1
StVO 1960 §54 Abs1

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Schlömmer über die Beschwerde der S N, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F vom 27.05.2021 betreffend einer Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.              Im angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschuldigten vorgeworfen, sie habe den Straßenzug (M, Rstraße, Fahrtrichtung Westen gesamter Straßenzug des beschilderten Fahrverbotes) trotz des deutlich sichtbar aufgestellten Verbotszeichens „Fahrverbot“ (in beiden Richtungen), ausgenommen Anrainerverkehr, Radfahrer und landwirtschaftlicher Verkehr, befahren, obwohl sie nicht unter diese Ausnahme gefallen sei. Die Bezirkshauptmannschaft erblickte hierin eine Übertretung des § 52 lit a Z 1 StVO. Es wurde eine Geldstrafe von 50 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Stunden festgesetzt.

2.1.           Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt sie im Wesentlichen vor, sie möchte bekannt geben, dass sie Landwirtin sei und daher die Strafe nicht akzeptiere.

2.2.           Im Zuge des Ermittlungsverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht brachte die Beschwerdeführerin (bzw deren Ehegatte) mit Schreiben vom 20.09.2021 eine Stellungnahme ein.

In dieser wird im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin sowie ihr Ehegatte seien Landwirte und würden in M Grundstücke (einige Grundstücksnummern wurden angeführt) anfahren. Im Lageplan seien ihre Fahrten, die ausschließlich für landwirtschaftliche Zwecke genutzt würden, sowie einige Grundstücke eingezeichnet.

Schließlich wird in der Stellungnahme vorgebracht, dass aus dem Fotos oder Videoaufnahmen des Anzeigers nur dessen Bereich (gemeint: gegenständlicher Fahrverbotsbereich) zu erkennen sei und nicht wo sie aus- oder einfahren würden bzw was auf der weiteren Strecke durchgeführt werde.

3.              Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Beschwerdeführerin hat am 05.03.2021 gegen 14.27 Uhr mit ihrem Fahrzeug, Porsche Cayenne GTS, schwarz, Kennzeichen: XXX, in M, Rstraße, Fahrtrichtung Westen, den gesamten Straßenzug des beschilderten Fahrverbotes durchfahren.

Das gegenständliche Fahrverbot ist mit einer Zusatztafel versehen, auf welcher als Ausnahmen „Anrainerverkehr, Radfahrer und landwirtschaftlicher Verkehr“ bezeichnet werden.

4.              Der obige Sachverhalt ergibt sich bereits aus der Aktenlage und ist unbestritten.

5.              Gemäß § 52 lit a Z 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 37/2019, zeigt das Zeichen „Fahrverbot“ an, dass das Fahren in beiden Fahrtrichtungen verboten ist; das Schieben eines Fahrrades ist erlaubt.

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO, BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 154/2021, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2d, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2002, 2002/02/0107, ergibt sich zum Begriff „Anrainerverkehr“ ua, dass Anrainer – hinsichtlich der Zufahrtsgestattung – die (Rechts-)Besitzer der neben der Straße befindlichen Liegenschaften seien (Hinweis E 12. 09. 1980, 807/80, VwSlg 10226 A/1980). Anrainerverkehr sei der Verkehr zu diesen Rechtsbesitzern.

Gegenständlich scheidet für die Beschwerdeführerin das Befahren des vorliegenden Fahrverbotes gemäß der Ausnahme Anrainerverkehr aus. Dazu ergibt sich aus dem bekämpften Straferkenntnis, dass die Beschwerdeführerin mit der belangten Behörde telefonischen Kontakt hatte und dabei ausführte, dass sich das Grundstück nicht in diesem Teilstück des Fahrverbotes befinden würde, sie nicht angehalten, sondern dieses Teilstück durchfahren habe. Dies zeigt sich auch aus den dem Landesverwaltungsgericht im Ermittlungsverfahren vorgelegten Fotografien, welche die Beschwerdeführerin mit dem genannten Fahrzeug bei Einfahren und Ausfahren des vorliegenden Fahrverbotsbereiches zeigen.

Als weitere Ausnahme für das Befahren des Fahrverbotsbereiches ist der landwirtschaftliche Verkehr genannt. Dazu wurde von der Beschwerdeführerin ergänzend vorgebracht, dass sie in M Grundstücke anfahren würden, wozu ein Lageplan mit gekennzeichneten Grundstücken vorgelegt worden ist. Weiters wird dazu ausgeführt, dass ihre Fahrten ausschließlich zu landwirtschaftlichen Zwecken stattfinden würden sowie nicht zu erkennen sei, wo sie aus- oder einfahren würden bzw was auf der weiteren Strecke durchgeführt werde. Somit möchte die Beschwerdeführerin wohl vorbringen, dass ihre gegenständliche Fahrt von der Ausnahme „landwirtschaftlicher Verkehr“ umfasst gewesen war.

Neben dem Umstand, dass der Begriff „landwirtschaftlicher Verkehr“ ein wohl breit interpretierbarer ist, ist es für das Landesverwaltungsgericht nicht mit Sicherheit ausschließbar, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich zu einem landwirtschaftlichen Zweck mit ihrem Fahrzeug den Fahrverbotsbereich befahren hat.

Dabei übersieht das Landesverwaltungsgericht nicht, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Fahrzeug – Porsche Cayenne GTS, schwarz – das gegenständliche Fahrverbot durchfahren hat. Es kann jedoch nicht mit einer für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass es sich um eine reine Privatfahrt der Beschwerdeführerin gehandelt hat, welche nicht in irgendeiner Weise der „Landwirtschaft“ oder einem landwirtschaftlichen Zweck zugerechnet werden könnte. Wenn jedoch Zweifel betreffend die Strafbarkeit der Beschwerdeführerin vorliegen, hat eine Bestrafung nicht zu erfolgen, womit spruchgemäß zu entscheiden war.

6.              Gemäß § 25a Abs 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde. Im vorliegenden Fall durfte eine Geldstrafe von bis zu 726 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden. Auch wurde im Erkenntnis nur eine Geldstrafe von 50 Euro ausgesprochen. Eine Revision wegen Verletzung in Rechten gemäß Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist daher nicht zulässig.

Schlagworte

Fahrverbot, Zusatztafel „ausgenommen landwirtschaftlicher Verkehr“

Anmerkung

Andere Rechtsansicht wird vom LVwG Vorarlberg im Erkenntnis vom 14.12.2015, LVwG-1-651/R14-2014, vertreten.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2021:LVwG.1.353.2021.R7

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten