TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/6 2002/02/0107

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Veröffentlicht am 06.11.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §24 Abs1 litn;
StVO 1960 §43;
StVO 1960 §44;
StVO 1960 §52 Z1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der AB in G, vertreten durch Dr. Martin Wandl, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Kremsergasse 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 28. Februar 2002, ZI. Senat-PL-01-0166, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Februar 2002 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 14. September 2000 um 8.10 Uhr ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug in St. Pölten, Reinkeweg 4, auf einer Straßenstelle, die nur durch das Verletzen eines gesetzlichen Verbots erreicht werden konnte, abgestellt.

Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs. 1 lit. n in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Stunden) verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, das dem Kennzeichen nach näher bestimmte, von der Beschwerdeführerin gelenkte Kraftfahrzeug sei (zumindest) von 08.10 bis 08.30 Uhr am 14. September 2000 an dem im Spruch genannten Ort abgestellt gewesen. Die Zufahrt zu diesem Ort sei gemäß Punkt 4 der gemäß § 43 StVO erlassenen Verordnung der Landeshauptstadt St. Pölten vom 7. Juli 1988, GZ 120/9/Dr.Pfl., auf Grund eines Fahrverbotes, von dem lediglich der Anrainerverkehr ausgenommen sei, verboten. Dieser Punkt 4 der genannten Verordnung laute: "Für den Reinkeweg gilt ein Fahrverbot, von dem lediglich der Anrainerverkehr ausgenommen ist." Anrainer sei auch ein Gasthaus, das aber erst ab 9.00 Uhr geöffnet habe. Die Beschwerdeführerin sei nach ihren Angaben zum gegenständlichen Ort zugefahren, um das dort befindliche Gasthaus aufzusuchen. Die Zufahrt der Beschwerdeführerin - unter der Annahme, sie sei erfolgt, um das Gasthaus aufzusuchen - sei zunächst zulässig gewesen. Das Abstellen bzw. das Abgestelltlassen des Fahrzeugs, auch wenn es nur erfolgt sein sollte, um die Zeit (zumindest 50 min) bis zum Aufsperren des Lokals zu überbrücken, für einen Spaziergang zu nützen odgl., sei unzulässig. Die Beschwerdeführerin wäre nach Feststellung der Öffnungszeiten bzw. der Unmöglichkeit, den Anrainer zu besuchen, verpflichtet gewesen, den Verbotsbereich zu verlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin behauptet zunächst einen Kundmachungsmangel. Insofern sich dieses Vorbringen auf Punkt 3 der bereits genannten Verordnung des Magistrates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 7. Juli 1988 betreffend Kundmachung von Verkehrszeichen gemäß § 53 Abs. 1 lit. a StVO samt Widmung (für Gäste des Gasthausbetriebes bzw. für Mitglieder des TC St. Pölten auf Zusatztafeln) bezieht, übersieht sie, dass diese Hinweiszeichen für den gegenständlichen Fall nicht von Bedeutung sind, weil die Beschwerdeführerin wegen einer Übertretung gemäß § 24 Abs. 1 lit. n StVO bestraft wurde.

Die Beschwerdeführerin rügt als weiteren Kundmachungsmangel, dass nach der "Intention in Punkt 4" der genannten Verordnung für den Reinkeweg ein Fahrverbot gelte, von dem lediglich der Anrainerverkehr ausgenommen sei, im nächsten Satz der Verordnung jedoch stehe: "Die Kundmachung hat durch Anbringung eines Verbotszeichens gemäß § 52 Zif. 1 StVO mit der Zusatztafel 'ausgenommen Anrainer' bei der Abzweigung des Reinkeweges von der Clichystraße zu erfolgen." Tatsächlich sei die oben angeführte Ausnahme jedoch betreffend den "Anrainerverkehr" kundgemacht worden. Damit zeigt sie keinen Kundmachungsmangel auf. Denn in einer gemäß § 43 StVO erlassenen Verordnung betreffend Verkehrsbeschränkungen müsste gar keine Anleitung darüber stehen, wie die Kundmachung der Verkehrsbeschränkung zu erfolgen hat, da die Art und Weise, wie Verordnungen kundzumachen sind, ohnehin durch § 44 StVO geregelt wird. Dass der - somit keinen normativen Gehalt aufweisende und demnach überflüssige - Satz über die Art der Kundmachung noch dazu "verunglückt" ist, in dem der intendierte Verordnungsinhalt (ausgenommen Anrainerverkehr) durch Nennung einer unpräzisen Zusatztafel nicht richtig umgesetzt worden wäre, macht die den tatsächlich gewollten Verordnungsinhalt in die Praxis umsetzende Kundmachung nicht rechtswidrig.

Des Weiteren wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin bei Erkennen des Umstandes, dass das Gasthaus (noch) nicht geöffnet hatte, den Parkplatz wieder verlassen hätte müssen. Diesbezüglich stützte sich die belangte Behörde zu Recht auf das zu einem vergleichbaren Sachverhalt (Fahrverbot, ausgenommen Zufahrt zum Bankfahrzeugschalter; Abstellen eines Fahrzeuges, um nach Abschluss einer Erledigung am Bankschalter noch andere Angelegenheiten zu erledigen) ergangene hg. Erkenntnis vom 24. September 1986, Zl. 86/03/0101. Zwar bringt die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die hg. Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1984, Zl. 84/03/0079) richtig vor, dass der "Anrainerverkehr" auch "den Verkehr Dritter zu den Anrainern" umfasst, was für "Lieferanten, Kunden, Gäste, Besucher und Angestellte" zutreffe. Sie übersieht aber, dass eine Ausnahme für Gäste eines Gasthauses (als Gast des Gasthauses bezeichnet sich die Beschwerdeführerin) nur dann in Frage kommt, wenn das Gasthaus geöffnet hat. Im Falle unverschuldeter Unkenntnis der Öffnungszeiten (etwa wegen Fehlens eines Hinweises am Beginn der Zufahrt) ist die (bloße) Zufahrt auf Grund fehlenden Verschuldens nicht strafbar. Die belangte Behörde führt aber zu Recht aus, dass die Beschwerdeführerin das Fahrzeug nach Erkennen des Umstandes, dass das Gasthaus (noch) nicht geöffnet hatte, nicht weiterhin hätte abgestellt lassen dürfen, um - wie sie vorbringt - den H.- Park und den T.-Strand aufzusuchen.

Sodann bringt die Beschwerdeführerin vor, ihr Verhalten sei unter "Anrainerverkehr" selbst dann zu subsumieren, wenn sie "nur in dem im Eigentum der Landeshauptstadt St. Pölten stehenden H.- Park selbst, der an den Reinkeweg bzw. an den einen Bestandteil dieser Straße bildenden Parkplatz angrenzt, spazieren gewesen wäre, ohne nachher noch das Gasthaus aufzusuchen". Diese - geradezu spitzfindige - Auslegung scheitert schon an der - von der Beschwerdeführerin zuvor richtig wiedergegebenen - Definition, wonach Anrainer - hinsichtlich der Zufahrtsgestattung - die (Rechts-)Besitzer der neben der Straße befindlichen Liegenschaften sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 1980, VwSlg. 10.226/A). Anrainerverkehr ist der Verkehr zu diesen Rechtsbesitzern. Dass mit einem Spaziergang in einem Park dessen Besitzer, die Landeshauptstadt St. Pölten, aufgesucht werde, kann wohl nicht im Ernst behauptet werden.

Wenn die Beschwerdeführerin abschließend einen Spruchfehler dergestalt rügt, dass die Ausnahmen des Fahrverbotes (sowohl die im Gesetz selbst vorgesehenen als auch die kundgemachte) nicht in den Spruch aufgenommen worden seien, ist ihr zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27. Mai 1992, Zl. 92/02/0124, mit näherer Begründung - auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird - erkannt hat, dass die Konkretisierung einer Übertretung des § 24 Abs. 1 lit. n StVO in einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG auch ohne Nennung der (verschiedenen) Verletzungsmöglichkeit(en) rechtmäßig erfolgt. Dies hat auch für den Spruch gemäß § 44a VStG zu gelten. Bedarf es aber bei einer Übertretung des § 24 Abs. 1 lit. n StVO nicht der Nennung eines oder des Verbotes, unter dessen Verletzung der Abstellort nur erreicht werden konnte, so braucht auch eine Ausnahme zu dem oder den Verbot(en), auf die sich ein Lenker beruft, nicht in den Spruch aufgenommen werden (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 24. September 1986, Zl. 86/03/0101).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 6. November 2002

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Mängel im Spruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002020107.X00

Im RIS seit

05.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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