TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/26 W121 2165101-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.07.2021
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Entscheidungsdatum

26.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W121 2165105-1/37E
W121 2165119-1/36E
W121 2165101-1/28E
W121 2165114-1/28E
W121 2165117-1/28E
W121 2165113-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , 5.) XXXX , geb. XXXX , 6.) XXXX , geb. XXXX , alle StA Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Nadja Lorenz, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zlen. XXXX (ad 1.), XXXX (ad 2.), XXXX (ad 3.), XXXX (ad 4.), XXXX (ad 5.) und XXXX (ad 6.), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und die angefochtenen Bescheide ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) ist der Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin (BF2), ihre gemeinsamen minderjährigen Kinder sind die im Herkunftsland geborenen Drittbeschwerdeführer (BF3) und Viertbeschwerdeführer (BF4) sowie der in Österreich geborene Fünftbeschwerdeführer (BF5) und die ebenfalls in Österreich geborene Sechstbeschwerdeführerin (BF6).

Die beschwerdeführenden Parteien führen laut eigenen Angaben die im Spruch genannten Namen, sind Staatsangehörige Afghanistans, gehören der Volksgruppe der XXXX an, sind XXXX Moslems, und reisten illegal in das Bundesgebiet ein (mit Ausnahme der BF5 und BF6, die in Österreich geboren wurden) und stellten am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz, die in Österreich geborenen BF5 und BF6 nach ihrer Geburt durch ihre gesetzliche Vertreterin (BF1, BF2).

Mit Bescheid des Bundesasylamts vom XXXX wurde dem BF1 aufgrund seines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt, da er eine drohende Verfolgung durch die XXXX wegen seiner früheren politischen Tätigkeit glaubhaft gemacht hat. Den übrigen Familienangehörigen (BF2 bis BF6) wurde der Asylstatus im Familienverfahren aufgrund der Asylgewährung des BF1 ebenfalls zuerkannt.

Am XXXX ging eine Verständigung der LPD XXXX beim BFA ein, wonach der BF1 bei der Einreise über die Schengen-Außengrenze kontrolliert worden sei. Dabei sei festgestellt worden, dass er nach Zuerkennung des Status des Asylberechtigten aufgrund der Eintragung im Pass nachweislich in den Herkunftsstaat zurückgereist sei und sich dort aufgehalten habe.

Mit XXXX wurde vom BFA das gegenständliche Aberkennungsverfahren gegen die Beschwerdeführer eingeleitet.

In weiterer Folge wurde der BF1 niederschriftlich bei der belangten Behörde einvernommen, wo er im Wesentlichen angab, dass er XXXX in XXXX bei XXXX gewesen sei, um einen Familienstreit wegen eines Grundstücks zu schlichten.

Mit Bescheiden des BFA vom XXXX wurde den Beschwerdeführern der mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom XXXX zuerkannte Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihnen keine Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes mehr zukomme. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen nicht erteilt und es wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten des BF1 begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass die Voraussetzungen, die zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten geführt haben, nicht mehr vorliegen würden. Er sei freiwillig in das Land, das er aus behaupteter Furcht vor Verfolgung verlassen hätte, zurückgekehrt und habe sich in XXXX bei seinen Angehörigen auch wieder für etwa XXXX aufgehalten. Zudem hätte er sich dem Schutz des Herkunftsstaates unterstellt. Damit hätte er demonstriert, dass die Gründe, die früher zur Zuerkennung des Status geführt hätten, nicht mehr vorliegen würden, da davon auszugehen sei, dass seine Person in der Zwischenzeit aus dem öffentlichen Leben völlig in Vergessenheit geraten sei und sich die Umstände zwischenzeitlich derartig nachhaltig und nicht nur vorübergehend geändert hätten, sodass ihm keine Verfolgung mehr drohen könne und auch nicht drohen werde. Ebenso sei der im Rahmen des Familienverfahrens an seine Familienangehörigen zuerkannte Schutz mit gesonderten Bescheiden gleichzeitig aberkannt worden.

Gegen diese Bescheide richten sich die fristgerecht erhobenen Beschwerden, die im Wesentlichen mit der Unrichtigkeit der Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung begründet werden.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache XXXX eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der BF1 und die BF2 in Anwesenheit ihrer Rechtsvertreterin neuerlich befragt wurden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nahm ebenfalls an der Verhandlung teil. Hierbei gab der BF1 im Wesentlichen an, dass seine Fluchtgründe nach wie vor aktuell seien. Überdies bestätigte er, dass er aufgrund einer Streitschlichtung einer Grundstücksstreitigkeit innerhalb der Familie XXXX lang in Afghanistan in XXXX bei XXXX gewesen sei.

Mit Schreiben vom XXXX übermittelte das BFA eine Stellungnahme.

Mit Schreiben vom XXXX übermittelten die Beschwerdeführer eine Urkunde.

Mit Schreiben vom XXXX übermittelte das BFA eine weitere Stellungnahme.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , wies das BVwG die gegen die Bescheide erhobenen Beschwerden vollinhaltlich ab.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer eine außerordentliche Revision.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom XXXX , XXXX , wurde das angefochtene Erkenntnis des BVwG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründend führte der VwGH im Wesentlichen aus, dass nach Art. 1 Abschnitt C Z 1 GFK dieses Abkommen auf Personen, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fallen, nicht mehr anzuwenden sei, wenn sie sich freiwillig erneut dem Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, unterstellen. Hierzu hielt der VwGH fest, dass sich aus der bloßen Feststellung der besuchsweisen Heimreise des BF1 die rechtliche Schlussfolgerung, der BF1 habe sich nach seiner Anerkennung als Flüchtling in Österreich – unter Zurücklassung seiner übrigen Familie - freiwillig unter den Schutz seines (damaligen) Heimatlandes, nämlich Afghanistan, begeben, nicht in gesetzmäßiger Weise ableiten ließe. Vielmehr seien die konkreten Umstände der Reise zu erheben, die Aufschluss über das Motiv der Heimreise, den Ablauf des konkreten Aufenthaltes und der vom Flüchtling vorgefundenen Gefahrenlage, geben. Es werde auch eine Gewichtung der Motivation zur Heimreise und der Gefahrenlage im Herkunftsstaat, sowohl in subjektiver als auch objektiver Hinsicht, vorzunehmen sein, um den Aufenthalt als „beabsichtigte“ Unterschutzstellung werten zu können. Die alleinige Feststellung des temporären Aufenthaltes im Heimatstaat reiche weder für die Annahme der Unterschutzstellung noch für deren Verneinung aus. Bereits aus diesem Grund sei das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Zudem habe das BVwG die Aberkennung des gewährten Asylstatus auch auf Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK gestützt. Nach dieser Bestimmung sei dieses Abkommen auf Personen, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fallen, nicht mehr anzuwenden, wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden seien, nicht mehr bestünden und sie daher nicht weiterhin ablehnen könnten, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen. Das BVwG habe den Eintritt des genannten Tatbestandes (auch) darauf gegründet, dass beim BF1 die subjektive Furcht, in seinem Heimatstaat verfolgt zu werden, nicht mehr gegeben sei. Hierzu führte der VwGH aus, dass der Wegfall subjektiv empfundener Furcht allenfalls ein Indiz dafür sein könne, dass auch objektiv kein asylrechtlich relevanter Verfolgungsgrund mehr vorliegt, doch könne die subjektiv empfundene Furcht eines Flüchtlings vor Verfolgung allein nicht als einer der in Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK angeführten Umstände gewertet werden; vielmehr sei davon auszugehen, dass es sich bei den „Umständen“ im Sinne der zitierten Bestimmung insbesondere um solche handeln müsse, die sich auf grundlegende, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention angeführten Fluchtgründe betreffende (objektive) Veränderungen im Heimatstaat des Flüchtlings beziehen, auf Grund deren angenommen werden könne, dass der Anlass für die – begründete – Furcht vor Verfolgung nicht mehr länger bestehe. Es fehlten Feststellungen, die die Annahme rechtfertigen würden, dass – ausgehend vom Vorbringen des BF1 – die XXXX von einer weiteren Verfolgung des BF1 absehen würden. Die Einschätzung des BVwG, dass allein durch die seit der Ausreise verstrichene Zeit sowie die freiwillige Rückreise des BF1 keine Verfolgung mehr drohe, finde in den vom BVwG getroffenen Feststellungen keine Deckung. Das Erkenntnis leide aus diesem Grund auch hinsichtlich der BF2-BF6 an Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge dessen an sekundären Feststellungsmängeln, weshalb es aufzuheben gewesen sei.

Mit Schreiben vom XXXX übermittelten die Beschwerdeführer Integrationsunterlagen und verwiesen auf das in dieser Rechtssache ergangene Erkenntnis des VwGH.

Mit Schreiben vom XXXX übermittelten die Beschwerdeführer neuerlich Unterlagen.

Mit Stellungnahme vom XXXX übermittelte das BFA eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom XXXX zu den Fragen, inwieweit sich zwei näher genannte Parteien und deren Vertreter in Afghanistan frei betätigen könnten. Das BFA bekräftigte zudem, weiterhin davon auszugehen, dass dem BF1 keine Verfolgung mehr drohe, was auch letztlich durch dessen freiwillige Unterschutzstellung durch seine Rückreise bestätigt worden sei.

Mit Schreiben vom XXXX gaben die Beschwerdeführer an, dass es unverständlich sei, warum die in der Anfragebeantwortung genannten zwei Parteien bzw. deren Situation in Afghanistan irgendeinen Einfluss auf die Frage der Aberkennung des Status des Asylberechtigten hinsichtlich der Beschwerdeführer haben sollte, da diese Parteien mit dem Vorbringen des BF1 in keinerlei Zusammenhang stünden. Darüber hinaus habe der BF1 bei seiner Einvernahme vom XXXX beim BAA insbesondere Bedrohungen aufgrund ganz konkreter Vorfälle durch XXXX vorgebracht und habe dementsprechend der VwGH auch ausgeführt, dass es einer Prüfung bedürfe, ob bei einer Abwesenheit von XXXX eine Verfolgungsgefahr durch XXXX womöglich nicht mehr zu befürchten sei sowie dass nur grundlegende politische Veränderungen im Herkunftsstaat die Annahme begründen könnten, der Anlass für Furcht vor Verfolgung bestehe nicht mehr länger.

Mit Schreiben vom XXXX machten die Beschwerdeführer Angaben zu einem bestehenden Familienleben mit ihrem Sohn namens XXXX (dessen Aberkennungsverfahren gesondert hg. zur Zahl XXXX geführt wird).

Mit Schreiben vom XXXX übermittelten die Beschwerdeführer Integrationsunterlagen und teilten mit, dass der am XXXX in Österreich geborenen XXXX des BF1 mit Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX , der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Zu den Beschwerdeführern:

Die Beschwerdeführer tragen die im Spruch angeführten Namen. Die BF1-BF6 sind allesamt afghanische Staatsangehörige, XXXX Glaubens, gehören der Volksgruppe der XXXX an und waren mit Ausnahme der BF5 und BF6 (diese wurden in Österreich geboren) zuletzt in der Provinz XXXX , in XXXX wohnhaft.

Der BF1 und die BF2 sind verheiratet und die Eltern der BF3 bis BF6. Die BF3-BF4 wurden in Afghanistan geboren, während die BF5-BF6 in Österreich auf die Welt gekommen sind.

Am XXXX kam XXXX weitere gemeinsame XXXX des BF1 und der BF2 namens XXXX in Österreich auf die Welt, der mit Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX , der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde.

Zudem befindet sich ein weiterer Sohn namens XXXX in Österreich, dessen Aberkennungsverfahren gesondert hg. zur Zahl XXXX geführt wird.

Der BF1 hat in Afghanistan vom Jahr XXXX bis XXXX als XXXX in XXXX gearbeitet. Davor war er XXXX bei der XXXX . Er war zuletzt XXXX politisch tätig und hatte bei Wahlen kandidiert. Er spricht XXXX und XXXX , XXXX sowie XXXX . In Afghanistan hat er einen XXXX , der in XXXX in einem Haus nahe des Flughafens lebt, sowie eine XXXX , die ebenfalls in XXXX lebt. Zu diesen hält er regelmäßig Kontakt. Er hat seinen XXXX bereits in XXXX besucht. Er besitzt nach wie vor Grundstücke in Afghanistan. Der Beschwerdeführer hat sein Haus in XXXX verkauft, um sich und seiner Familie die Flucht nach Europa zu finanzieren. In Afghanistan hat er überdies einen XXXX , der in XXXX lebt.

Die BF2 hat keine Schule besucht und stammt ebenfalls aus der Provinz XXXX . Sie lebte mit dem BF2 und ihren Kindern gemeinsam im Haus des BF1. Sie übte in Afghanistan keine Erwerbstätigkeit aus, sondern war im Haushalt tätig. Ihre Familie (Eltern sowie neun Geschwister) lebt nach wie vor in Afghanistan in der Provinz XXXX .

Dem BF1 wurde im Jahr XXXX der Status des Asylberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt, da er zusammengefasst eine Verfolgung durch XXXX aufgrund seiner früheren politischen Tätigkeit glaubhaft machte. Im Familienverfahren wurde aufgrund der Asylgewährung des BF1 auch den BF2-BF6 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Sie halten sich seit ihrer Asylantragstellung am XXXX im Bundesgebiet auf. Der BF1 hingegen reiste am XXXX freiwillig für etwa XXXX in den Herkunftsstaat aus und hielt sich ausschließlich bei XXXX und dessen Familie im Haus des XXXX in XXXX auf. Der Beschwerdeführer reiste vorübergehend – unter Zurücklassung seiner übrigen Familie – nach Afghanistan, um Grundstücksstreitigkeiten innerhalb der Familie zu beseitigen. Dieser kurzfristige Aufenthalt des BF1 allein stellt keine „beabsichtigte“ Unterschutzstellung im Herkunftsstaat dar. Der Beschwerdeführer reiste am XXXX wieder in Österreich ein.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF1 in Afghanistan zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt keiner konkreten individuellen Verfolgung (mehr) ausgesetzt wäre. Es haben sich im Verfahren auch keine grundlegenden objektiven Veränderungen in Afghanistan ergeben, die Anlass für die Annahme geben würden, dass die – begründete – Furcht vor Verfolgung (durch XXXX ) nicht mehr länger besteht.

Vielmehr ist der BF1 in Afghanistan nach wie vor mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt.

Die BF2-BF6 sind seit der Zuerkennung von internationalem Schutz nicht (mehr) nach Afghanistan gereist bzw. haben sich seither auch nicht unter den Schutz Afghanistans gestellt.

Die BF1-BF6 sind allesamt strafgerichtlich unbescholten.

Zu Afghanistan:

1.       Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (UNGASC 17.3.2020). Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die Provinzhauptstädte, die meisten Distriktzentren und die meisten Teile der wichtigsten Transitrouten. Mehrere Teile der wichtigsten Transitrouten sind umkämpft, wodurch Distriktzentren bedroht sind. Seit Februar 2020 haben die Taliban ein hohes Maß an Gewalt gegen die ANDSF (Afghan National Defense Security Forces) aufrechterhalten, vermeiden aber gleichzeitig Angriffe gegen Koalitionstruppen, welche in der Nähe von Provinzhauptstädten stationiert sind - wahrscheinlich um das US-Taliban-Abkommen nicht zu gefährden. Unabhängig davon begann IS/ISKP im Februar 2020 (zum ersten Mal seit dem Verlust seiner Hochburg in der Provinz Nangarhar im November 2019) Terroranschläge gegen die ANDSF und die Koalitionstruppen durchzuführen (USDOD 1.7.2020). Die Zahl der Angriffe der Taliban auf staatliche Sicherheitskräfte entsprach im Jahr 2020 dem Niveau der Frühjahrsoffensiven der vergangenen Jahre, auch wenn die Offensive dieses Jahr bisher nicht offiziell erklärt wurde (AA 16.7.2020; vgl. REU 6.10.2020).

Die Umsetzung des US-Taliban-Abkommens, angefochtene Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen, regionale politische Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran, Diskussionen über die Freilassung von Gefangenen, Krieg und die globale Gesundheitskrise COVID-19 haben laut dem Combined Security Transition Command-Afghanistan (CSTC-A) das zweite Quartal 2020 für die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) zum „vielleicht komplexesten und herausforderndsten Zeitraum der letzten zwei Jahrzehnte“ gemacht (SIGAR 30.7.2020).

Der Konflikt in Afghanistan befindet sich nach wie vor in einer „strategischen Pattsituation“, die nur durch Verhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban gelöst werden kann (SIGAR 30.1.2020). Die afghanische Regierung führte zum ersten Mal persönliche Gespräche mit den Taliban, inhaltlich wurde über den Austausch tausender Gefangener verhandelt (BBC 1.4.2020). Diese Gespräche sind ein erster Schritt Richtung inner-afghanischer Verhandlungen, welche Teil eines zwischen Taliban und US-Amerikanern unterzeichneten Abkommens sind (TD 2.4.2020). Die Gespräche fanden vor dem Hintergrund anhaltender Gewalt im Land statt (BBC 1.4.2020; vgl. HRW 13.1.2021), was den afghanischen Friedensprozess gefährden könnte (SIGAR 30.1.2021).

Die Sicherheitslage im Jahr 2020

Vom 1.1.2020 bis zum 31.12.2020 verzeichnete UNAMA die niedrigste Zahl ziviler Opfer seit 2013 (UNAMA 2.2021). Laut AAN (Afghanistan Analysts Network) war 2020 in Afghanistan genauso gewalttätig wie 2019, trotz des Friedensprozesses und der COVID-19-Pandemie. Seit dem Abkommen zwischen den Taliban und den USA vom 29. Februar haben sich jedoch die Muster und die Art der Gewalt verändert. Das US-Militär spielt jetzt nur noch eine minimale direkte Rolle in dem Konflikt, so dass es sich fast ausschließlich um einen afghanischen Krieg handelt, in dem sich Landsleute gegenseitig bekämpfen, wenn auch mit erheblicher ausländischer Unterstützung für beide Seiten. Seit der Vereinbarung vom 29.2.2020 haben die Taliban und die afghanische Regierung ihre Aktionen eher heruntergespielt als übertrieben, und die USA haben die Veröffentlichung von Daten zu Luftangriffen eingestellt (AAN 16.8.2020).

Die Taliban starteten wie üblich eine Frühjahrsoffensive, wenn auch unangekündigt, und verursachten in den ersten sechs Monaten des Jahres 2020 43 Prozent aller zivilen Opfer, ein größerer Anteil als 2019 und auch mehr in absoluten Zahlen (AAN 16.8.2020). Afghanistans National Security Council (NSC) zufolge nahmen die Talibanattacken im Juni 2020 deutlich zu. Gemäß NATO Resolute Support (RS) nahm die Anzahl an zivilen Opfern im zweiten Quartal 2020 um fast 60% gegenüber dem ersten Quartal und um 18% gegenüber dem zweiten Quartal des Vorjahres zu (SIGAR 30.7.2020). Während im Jahr 2020 Angriffe der Taliban auf größere Städte und Luftangriffe der US-Streitkräfte zurückgingen, wurden von den Taliban durch improvisierte Sprengsätze (IEDs) eine große Zahl von Zivilisten getötet, ebenso wie durch Luftangriffe der afghanischen Regierung. Entführungen und gezielte Tötungen von Politikern, Regierungsmitarbeitern und anderen Zivilisten, viele davon durch die Taliban, nahmen zu (HRW 13.1.2021; vgl. AAN 16.8.2020).

In der zweiten Jahreshälfte 2020 nahmen insbesondere die gezielten Tötungen von Personen des öffentlichen Lebens (Journalisten, Menschenrechtler usw.) zu. Personen, die offen für ein modernes und liberales Afghanistan einstehen, werden derzeit landesweit vermehrt Opfer von gezielten Attentaten (AA 14.1.2021, vgl. AIHRC 28.1.2021).

Obwohl sich die territoriale Kontrolle kaum verändert hat, scheint es eine geografische Verschiebung gegeben zu haben, mit mehr Gewalt im Norden und Westen und weniger in einigen südlichen Provinzen, wie Helmand (AAN 16.8.2020).

Zivile Opfer

Vom 1.1.2020 bis zum 31.12.2020 dokumentierte UNAMA 8.820 zivile Opfer (3.035 Getötete und 5.785 Verletzte), während AIHRC (Afghanistan Independent Human Rights Commission) für das gesamte Jahr 2020 insgesamt 8.500 zivile Opfer registrierte, darunter 2.958 Tote und 5.542 Verletzte. Das ist ein Rückgang um 15% (21% laut AIHRC) gegenüber der Zahl der zivilen Opfer im Jahr 2019 (UNAMA 2.2021; vgl. AIHRC 28.1.2021) und die geringste Zahl ziviler Opfer seit 2013 (UNAMA 2.2021).

Nach dem Abkommen zwischen den USA und den Taliban dokumentierte UNAMA einen Rückgang der Opfer unter der Zivilbevölkerung bei groß angelegten Angriffen in städtischen Zentren durch regierungsfeindliche Elemente, insbesondere die Taliban, und bei Luftangriffen durch internationale Streitkräfte. Dies wurde jedoch teilweise durch einen Anstieg der Opfer unter der Zivilbevölkerung durch gezielte Tötungen von regierungsfeindlichen Elementen, durch Druckplatten-IEDs der Taliban und durch Luftangriffe der afghanischen Luftwaffe sowie durch ein weiterhin hohes Maß an Schäden für die Zivilbevölkerung bei Bodenkämpfen ausgeglichen (UNAMA 2.2021).

Die Ergebnisse des AIHRC zeigen, dass Beamte, Journalisten, Aktivisten der Zivilgesellschaft, religiöse Gelehrte, einflussreiche Persönlichkeiten, Mitglieder der Nationalversammlung und Menschenrechtsverteidiger das häufigste Ziel von gezielten Angriffe waren. Im Jahr 2020 verursachten gezielte Angriffe 2.250 zivile Opfer, darunter 1.078 Tote und 1.172 Verletzte. Diese Zahl macht 26% aller zivilen Todesopfer im Jahr 2020 aus (AIHRC 28.1.2021).

Die von den Konfliktparteien eingesetzten Methoden, die die meisten zivilen Opfer verursacht haben, sind in der jeweiligen Reihenfolge folgende: IEDs und Straßenminen, gezielte Tötungen, Raketenbeschuss, komplexe Selbstmordanschläge, Bodenkämpfe und Luftangriffe (AIHRC 28.1.2021).

Während des gesamten Jahres 2020 dokumentierte UNAMA Schwankungen in der Zahl der zivilen Opfer parallel zu den sich entwickelnden politischen Ereignissen. Die „Woche der Gewaltreduzierung“ vor der Unterzeichnung des Abkommens zwischen den Vereinigten Staaten und den Taliban in Doha am 29.2.2020 zeigte, dass die Konfliktparteien die Macht haben, Schaden an der Zivilbevölkerung zu verhindern und zu begrenzen, wenn sie sich dazu entschließen, dies zu tun. Ab März wuchs dann die Besorgnis über ein steigendes Maß an Gewalt, da UNAMA zu Beginn des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie eine steigende Zahl von zivilen Opfern und Angriffen auf Gesundheitspersonal und -einrichtungen dokumentierte. Regierungsfeindliche Elemente verursachten mit 62% weiterhin die Mehrzahl der zivilen Opfer im Jahr 2020. Während UNAMA weniger zivile Opfer dem Islamischen Staat im Irak und in der Levante – Provinz Chorasan (ISIL-KP, ISKP) und den Taliban zuschrieb, hat sich die Zahl der zivilen Opfer, die durch nicht näher bestimmte regierungsfeindliche Elemente verursacht wurden (diejenigen, die UNAMA keiner bestimmten regierungsfeindlichen Gruppe zuordnen konnte), im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt (UNAMA 2.2021; vgl. AAN 16.8.2020). Pro-Regierungskräfte verursachten ein Viertel der getöteten und verletzten Zivilisten im Jahr 2020 (UNAMA 2.2021; vgl. HRW 13.1.2021). Nach den Erkenntnissen der AIHRC (Afghanistan Independent Human Rights Commission) sind von allen zivilen Opfern in Afghanistan im Jahr 2020 die Taliban für 53 % verantwortlich, regierungsnahe und verbündete internationale Kräfte für 15 % und ISKP (ISIS) für fünf Prozent. Bei 25 % der zivilen Opfer sind die Täter unbekannt und 2 % der zivilen Opfer wurden durch pakistanischen Raketenbeschuss in Kunar, Chost, Paktika und Kandahar verursacht (AIHRC 28.1.2021).

High-Profile Angriffe (HPAs)

Sowohl in den ersten fünf Monaten 2019, als auch im letzten Halbjahr 2019 führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen (USDOD 12.2019; vgl. USDOD 1.7.2020). Die Gesamtzahl der öffentlichkeitswirksamen Angriffe ist sowohl in Kabul als auch im ganzen Land in den letzten anderthalb Jahren stetig zurückgegangen (USDOD 12.2019). Zwischen 1.6.2019 und 31.10.2019 fanden 19 HPAs in Kabul statt (Vorjahreswert: 17) (USDOD 12.2019), landesweit betrug die Zahl 88 (USDOD 12.2019). Angriffe auf hochrangige Ziele setzen sich im Jahr 2021 fort (BAMF 18.1.2021).

Öffentlichkeitswirksame Angriffe durch regierungsfeindliche Elemente setzten sich fort. Der Großteil der Anschläge richtet sich gegen die ANDSF und die internationalen Streitkräfte; dazu zählte ein komplexer Angriff der Taliban auf den Militärflughafen Bagram im Dezember 2019. Im Februar 2020 kam es in der Provinz Nangarhar zu einer sogenannten ’green-on-blue-attack’: der Angreifer trug die Uniform der afghanischen Nationalarmee und eröffnete das Feuer auf internationale Streitkräfte, dabei wurden zwei US-Soldaten und ein Soldat der afghanischen Nationalarmee getötet. Zu einem weiteren Selbstmordanschlag auf eine Militärakademie kam es ebenso im Februar in der Stadt Kabul; bei diesem Angriff wurden mindestens sechs Personen getötet und mehr als zehn verwundet (UNGASC 17.3.2020). Dieser Großangriff beendete mehrere Monate relativer Ruhe in der afghanischen Hauptstadt (DS 11.2.2020; vgl. UNGASC 17.3.2020). Seit Februar haben die Taliban ein hohes Maß an Gewalt gegen die ANDSF aufrechterhalten, vermeiden aber gleichzeitig Angriffe gegen Koalitionstruppen um Provinzhauptstädte – wahrscheinlich um das US-Taliban-Abkommen nicht zu gefährden (USDOD 1.7.2020). Die Taliban setzten außerdem bei Selbstmordanschlägen gegen Einrichtungen der ANDSF in den Provinzen Kandahar, Helmand und Balkh an Fahrzeugen befestigte improvisierte Sprengkörper (SVBIEDs) ein (UNGASC 17.3.2020).

Anschläge gegen Gläubige, Kultstätten, religiöse Minderheiten

Nach Unterzeichnung des Abkommens zwischen den USA und den Taliban war es bereits Anfang März 2020 zu einem ersten großen Angriff des ISKP gekommen (BBC 6.3.2020; vgl. AJ 6.3.2020). Der ISKP hatte sich an den Verhandlungen nicht beteiligt (BBC 6.3.2020) und bekannte sich zu dem Angriff auf eine Gedenkfeier eines schiitischen Führers; Schätzungen zufolge wurden dabei mindestens 32 Menschen getötet und 60 Personen verletzt (BBC 6.3.2020; vgl. AJ 6.3.2020).

Am 25.3.2020 kam es zu einem tödlichen Angriff des ISKP auf eine Gebetsstätte der Sikh (Dharamshala) in Kabul. Dabei starben 25 Menschen, 8 weitere wurden verletzt (TN 26.3.2020; vgl. BBC 25.3.2020, USDOD 1.7.2020). Regierungsnahe Quellen in Afghanistan machen das Haqqani-Netzwerk für diesen Angriff verantwortlich, sie werten dies als Vergeltung für die Gewalt an Muslimen in Indien (AJ 26.3.2020; vgl. TTI 26.3.2020). Am Tag nach dem Angriff auf die Gebetsstätte, detonierte eine magnetische Bombe beim Krematorium der Sikh, als die Trauerfeierlichkeiten für die getöteten Sikh-Mitglieder im Gange waren. Mindestens eine Person wurde dabei verletzt (TTI 26.3.2020; vgl. NYT 26.3.2020, USDOD 1.7.2020). Beamte, Journalisten, Aktivisten der Zivilgesellschaft, religiöse Gelehrte, einflussreiche Persönlichkeiten, Mitglieder der Nationalversammlung und Menschenrechtsverteidiger waren im Jahr 2020 ein häufiges Ziel gezielter Anschläge (AIHRC 28.1.2021).

Opiumproduktion und die Sicherheitslage

Afghanistan ist das Land, in dem weltweit das meiste Opium produziert wird. In den letzten fünf Jahren entfielen etwa 84 % der globalen Opiumproduktion auf Afghanistan. Im Jahr 2019 ging die Anbaufläche für Schlafmohn zurück, während der Ernteertrag in etwa dem des Jahres 2018 entsprach (UNODC 6.2020; vgl. ONDCP 7.2.2020). Der größte Teil des Schlafmohns in Afghanistan wird im Großraum Kandahar (d.h. Kandahar und Helmand) im Südwesten des Landes angebaut (AAN 25.6.2020). Opium ist eine Einnahmequelle für Aufständische sowie eine Quelle der Korruption innerhalb der afghanischen Regierung (WP 9.12.2019); der Opiumanbau gedeiht unter Bedingungen der Staatenlosigkeit und Gesetzlosigkeit wie in Afghanistan (Bradford 2019; vgl. ONDCP 7.2.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (14.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/docu ment/2043856.html , Zugriff 1.2.2021

-        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (16.7.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2035827/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_LageJn_derJslamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juni_2020%29%2C_16.pdf, Zugriff 22.10.2020

-        AAN - Afghanistan Analysts Network (16.8.2020): War inAfghanistan in 2020: Just as much vio- lence, but no one wants to talk about it, https://www.afghanistan-analysts.org/en/reports/war-an d-peace/war-in-afghanistan-in-2020-just-as-much-violence-but-no-one-wants-to-talk-about-it/, Zugriff 5.3.2021

-        AAN - Afghanistan Analysts Network (25.6.2020): New World Drug Report: Opium production in Afghanistan remained the same in 2019, https://www.afghanistan-analysts.org/en/reports/econom y-development-environment/new-world-drug-report-opium-production-in-afghanistan-remained-t he-same-in-2019/, Zugriff 3.12.2020

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1.1. Kabul

Die Provinz Kabul liegt im Zentrum Afghanistans (PAJ Kabul o.D.) und grenzt an Parwan und Kapisa im Norden, Laghman im Osten, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden sowie Wardak im Westen. Provinzhauptstadt ist Kabul-Stadt (NPS Kabul o.D.). Die Provinz besteht aus den folgenden Distrikten: Bagrami, Chahar Asyab, Dehsabz, Estalef, Farza, Guldara, Kabul, Kalakan, Khak-e-Jabar, Mir Bacha Kot, Musahi, Paghman, Qara Bagh, Shakar Dara und Surubi/Surobi/Sarobi (NSIA 1.6.2020; vgl. IEC Kabul 2019). Die National Statistics and Information Authority of Afghanistan (NSIA) schätzt die Bevölkerung in Kabul im Zeitraum 2020-21 auf 4.459.463 Personen (NSIA 1.6.2020).

Kabul-Stadt – Geographie und Demographie

Kabul-Stadt ist die Hauptstadt Afghanistans und auch ein Distrikt in der Provinz Kabul. Es ist die bevölkerungsreichste Stadt Afghanistans, mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 4.434.550 Personen für den Zeitraum 2020-21 (NSIA 1.6.2020). Die genaue Bevölkerungszahl ist jedoch umstritten, und Schätzungen reichen von 3,5 Millionen bis zu möglichen 6,5 Millionen Einwohnern (AAN 19.3.2019; vgl. IGC 13.2.2020). Laut einem Bericht expandierte die Stadt, die vor 2001 zwölf Stadtteile - auch Police Distrikts (USIP 4.2017), PDs oder Nahia genannt (AAN 19.3.2019) - zählte, aufgrund ihres signifikanten demographischen Wachstums und ihrer horizontalen Expansion auf 22 PDs (USIP 4.2017). Die Bevölkerung besteht aus Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus (PAJ Kabul o.D.; vgl. NPS Kabul o.D.).

Hauptstraßen verbinden die afghanische Hauptstadt mit dem Rest des Landes (UNOCHA 4.2014), inklusive der Ring Road (Highway 1), welche die fünf größten Städte Afghanistans - Kabul, Herat, Mazar-e Sharif, Kandarhar und Jalalabad - miteinander verbindet (USAID o.D.).

Der Highway zwischen Kabul und Kandarhar gilt als unsicher (TN 7.7.2020a). Aufständische sind auf dem Highway aktiv (UNGASC 28.2.2019; vgl. UNOCHA 23.2.2020) und kontrollieren Teile der Straße und es wurde von Straßenblockaden und Checkpoints durch Aufständische berichtet, die sich gegen Regierungsmitglieder und Sicherheitskräfte richten (LI 22.1.2020; vgl. EASO 9.2020).

Der Kabul-Jalalabad-Highway ist eine wichtige Handelsroute, die oft als „eine der gefährlichsten Straßen der Welt“ gilt (was sich auf die zahlreichen Verkehrsunfälle bezieht, die sich auf dieser Straße ereignet haben) und durch Gebiete führt, in denen Aufständische aktiv sind (TD 13.12.2015; vgl. EASO 9.2020).

Es wird berichtet, dass 20 Kilometer der Kabul-Bamyan-Autobahn, welche die Region Hazarajat mit der Hauptstadt verbindet, unter der Kontrolle der Taliban stehen (AAN 16.12.2019) und Reisenden zufolge haben die sicherheitsrelevanten Vorfälle auf der Autobahn, die Kabul mit den Provinzen Logar und Paktia verbindet, im Juli 2020 zugenommen (TN 7.7.2020a).

In Kabul-Stadt gibt es einen Flughafen, der mit Stand März 2021 für die Abwicklung von internationalen und nationalen Passagierflügen geöffnet ist (F 24 o.D.).

Die Stadt besteht aus drei konzentrischen Kreisen: Der erste umfasst Shahr-e Kohna, die Altstadt, Shahr-e Naw, die neue Stadt, sowie Shash Darak und Wazir Akbar Khan, wo sich viele ausländische Botschaften, ausländische Organisationen und Büros befinden. Der zweite Kreis besteht aus Stadtvierteln, die zwischen den 1950er und 1980er Jahren für die wachsende städtische Bevölkerung gebaut wurden, wie Taimani, Qala-e Fatullah, Karte Se, Karte Chahar, Karte Naw und die Microraions (sowjetische Wohngebiete). Schließlich wird der dritte Kreis, der nach 2001 entstanden ist, hauptsächlich von den „jüngsten Einwanderern“ (USIP 4.2017) (afghanische Einwanderer aus den Provinzen) bevölkert (AAN 19.3.2019), mit Ausnahme einiger hochkarätiger Wohnanlagen für VIPs (USIP 4.2017).

Was die ethnische Verteilung der Stadtbevölkerung betrifft, so ist Kabul Zielort für verschiedene ethnische, sprachliche und religiöse Gruppen, und jede von ihnen hat sich an bestimmten Orten angesiedelt, je nach der geografischen Lage ihrer Heimatprovinzen. Dies gilt für die Altstadt ebenso wie für weiter entfernte Stadtviertel, und sie wird in den ungeplanten Gebieten immer deutlicher (Noori 11.2010). In den zuletzt besiedelten Gebieten sind die Bewohner vor allem auf Qawmi-Netzwerke angewiesen, um Schutz und Arbeitsplätze zu finden sowie ihre Siedlungsbedingungen gemeinsam zu verbessern. Andererseits ist in den zentralen Bereichen der Stadt die Mobilität der Bewohner höher und Wohnsitzwechsel sind häufiger. Dies hat eine negative Wirkung auf die sozialen Netzwerke, die sich in der oft gehörten Beschwerde manifestiert, dass man „seine Nachbarn nicht mehr kenne“ (AAN 19.3.2019).

Nichtsdestotrotz, ist in den Stadtvierteln, die von neu eingewanderten Menschen mit gleichem regionalem oder ethnischem Hintergrund dicht besiedelt sind, eine Art „Dorfgesellschaft“ entstanden, deren Bewohner sich kennen und direktere Verbindungen zu ihrer Herkunftsregion haben als zum Zentrum Kabuls (USIP 4.2017). Einige Beispiele für die ethnische Verteilung der Kabuler Bevölkerung sind die folgenden: Hazara haben sich hauptsächlich im westlichen Viertel Chandawal in der Innenstadt von Kabul und in Dasht-e-Barchi sowie in Karte Se am Stadtrand niedergelassen; Tadschiken bevölkern Payan Chawk, Bala Chawk und Ali Mordan in der Altstadt und nördliche Teile der Peripherie wie Khairkhana; Paschtunen sind vor allem im östlichen Teil der Innenstadt Kabuls, Bala Hisar und weiter östlich und südlich der Peripherie wie in Karte Naw und Binihisar (Noori 11.2010; vgl. USIP 4.2017), aber auch in den westlichen Stadtteilen Kota-e-Sangi und Bazaar-e-Company (auch Company) ansässig (Noori 11.2010); Hindus und Sikhs leben im Herzen der Stadt in der Hindu-Gozar-Straße (Noori 11.2010; vgl. USIP 4.2017).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul (USDOD 1.7.2020) und alle Distrikte gelten als unter Regierungskontrolle stehend (LWJ o.D.), dennoch finden weiterhin High-Profile-Angriffe - auch in der Hauptstadt - statt (UNAMA 2.2021; vgl. HRW 13.1.2021, USDOD 1.7.2020, NYTM 26.3.2020, HRW 12.5.2020), wie Angriffe auf schiitische Feiernde und einen Sikhtempel in März (USDOD 1.7.2020) sowie auf Bildungseinrichtungen wie die Universität in Kabul (GN 2.11.2020; vgl. AJ 2.11.2020) oder ein Selbstmordattentat auf eine Schule in Kabul im Oktober 2020 (HRW 26.10.2020) für die alle der Islamische Staat die Verantwortung übernahm (HRW 26.10.2020; vgl. AJ 2.11.2020, GN 2.11.2020). Den Angriff auf eine Geburtenklinik im Mai 2020 reklamierte bislang keine Gruppierung für sich (AJ 15.6.2020; vgl. AP 16.6.2020, HRW 12.5.2020), wobei die Taliban eine Verantwortung abstritten (AP 16.6.2020, vgl. HRW 12.5.2020). Bei Angriffen in Kabul kommt es oft vor, dass keine Gruppierung die Verantwortung übernimmt oder es werden diese von nicht identifizierten bewaffneten Gruppen durchgeführt (UNAMA 2.2021; vgl. UNGASC 2.2019, EASO 9.2020).

Das U.S. Department of Defence (USDOD) beschreibt die Ziele militanter Gruppen, die in Kabul Selbstmordattentate verüben, als den Versuch internationale Medienaufmerksamkeit zu erregen, den Eindruck einer weit verbreiteten Unsicherheit zu erzeugen und die Legitimität der afghanischen Regierung sowie das Vertrauen der Bevölkerung in die afghanischen Sicherheitskräfte zu untergraben (USDOD 23.1.2020; vgl. EASO 9.2020). Afghanische Regierungsgebäude und -beamte, die afghanischen Sicherheitskräfte und hochrangige internationale Institutionen, sowohl militärische als auch zivile, gelten als die Hauptziele in Kabul-Stadt (USDOS 24.6.2020; vgl LI 22.1.2020, LIFOS 15.10.2019, EASO 9.2020).

Aufgrund öffentlichkeitswirksamer Angriffe auf Kabul-Stadt kündigte die afghanische Regierung bereits im August 2017 die Entwicklung eines neuen Sicherheitsplans für Kabul an (AAN 25.9.2017). So wurde unter anderem das Green Village errichtet, ein stark gesichertes Gelände im Osten der Stadt, in dem unter anderem, Hilfsorganisationen und internationale Organisationen (RFE/RL 2.9.2019; vgl. FAZ 2.9.2019) sowie ein Wohngelände für Ausländer untergebracht sind (FAZ 2.9.2019). Die Anlage wird von afghanischen Sicherheitskräften und privaten Sicherheitsmännern schwer bewacht (AJ 3.9.2019). Die Green Zone hingegen ist ein separater Teil, der nicht unweit des Green Village liegt. Die Green Zone ist ein stark gesicherter Teil Kabuls, in dem sich mehrere Botschaften befinden - so z.B. auch die US-amerikanische Botschaft und britische Einrichtungen (RFE/RL 2.9.2019; vgl. GN 15.7.2020) und der von hohen Mauern umgeben ist (GN 15.7.2020).

Wie auch in anderen großen Städten Afghanistans ist Straßenkriminalität in Kabul ein Problem (AVA 1.2020; vgl. ArN 11.1.2020, AAN 11.2.2020, AAN 21.2.2020, TN 4.10.2020, TN 17.10.2020, TN 21.10.2020, EASO 9.2020). Im vergangenen Jahr [Anm.: 2020] wurden in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif Tausende von Fällen von Straßenraub und Hausüberfällen gemeldet (ArN 11.1.2020; vgl. TN 24.7.2020). Nach einem Anstieg der Kriminalität und der Sicherheitsvorfälle in Kabul kündigte der Vizepräsident Amrullah Saleh im Oktober 2020 an, dass er auf Anordnung von Präsident Ashraf Ghani für einige Wochen die Verantwortung für die Sicherheit in Kabul übernehmen und hart gegen Kriminalität in Kabul vorgehen werde (TN 17.10.2020; vgl. AN 17.10.2020, TN 21.10.2020). Die Regierung kündigte einen Sicherheitsplan mit der Bezeichnung „Security Charter“ an, um das Sicherheitspersonal in die Gewährleistung der Sicherheit Kabuls und anderer Großstädte des Landes zu integrieren. Als Teil dieses Plans wies Präsident Ghani die Sicherheitsbehörden an, gegen schwere Verbrechen in der Stadt vorzugehen (TN 21.10.2020; vgl. TN 17.10.2020, AN 17.10.2020).

Auf Regierungsseite befindet sich die Provinz Kabul mit Ausnahme des Distrikts Surubi im Verantwortungsbereich der 111. ANA Capital Division, die unter der Leitung von türkischen Truppen und mit Kontingenten anderer Nationen der NATO-Mission Train Advise Assist Command - Capital (TAAC-C) untersteht. Der Distrikt Surubi fällt in die Zuständigkeit des 201. ANA Corps (USDOD 1.7.2020). Darüber hinaus wurde eine spezielle Krisenreaktionseinheit (Crisis Response Unit) innerhalb der afghanischen Polizei geschaffen, um Angriffe zu verhindern und auf Anschläge zu reagieren (LI 5.9.2018).

Im Distrikt Surubi wird von der Präsenz von Taliban-Kämpfern berichtet (TN 27.9.2020; vgl. GW 14.7.2020, EASO 9.2020, UNOCHA 3.2.2020). Aufgrund seiner Nähe zur Stadt Kabul und zum Salang-Pass hat der Distrikt große strategische Bedeutung (WOR 10.9.2018; vgl. TN 27.9.2020). Er gilt als unter Regierungskontrolle, wenn auch unsicher. Die Taliban fokussieren ihre Angriffe auf die Straße zwischen Surubi und Jagdalak und konnten diesen Straßenabschnitt auch kurzzeitig unter ihre Kontrolle bringen (TN 27.9.2020). Im Juli 2020 wurde über eine steigende Talibanpräsenz im Distrikt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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