TE Bvwg Beschluss 2021/8/9 W181 2243496-1

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Veröffentlicht am 09.08.2021
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Entscheidungsdatum

09.08.2021

Norm

AVG §53a Abs2
B-VG Art133 Abs4
GebAG §31 Abs1 Z5
GebAG §32
GebAG §33
GebAG §34
GebAG §43 Abs1 Z1 litd
VwGVG §17

Spruch


W181 2243496-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald PERL als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 27.10.2020 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Sachverständigen XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG mit

€ 218,70 (inkl. USt.)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.02.2020, GZ. XXXX , wurde der Antragsteller von der Leiterin der Gerichtsabteilung XXXX in der Beschwerdesache des XXXX , geb. XXXX , gemäß § 52 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG zum Sachverständigen auf dem Fachgebiet der Psychiatrie bestellt und ihm, nach entsprechender Untersuchung des Beschwerdeführers, die Beantwortung von Fragen in einem Gutachten aufgetragen. Das Gutachten war schriftlich zu erstatten.

2. Am 29.10.2020 langte sowohl das Gutachten als auch die diesbezügliche Honorarnote XXXX im Wege des webERV beim Bundesverwaltungsgericht – wie folgt – ein:

Honorarnote ( XXXX )

Psychiatrisches Gutachten

Herr XXXX , geb. XXXX

GZ XXXX

Untersuchung am 21.07.2020

 

 

GebAG

 

 

Aktenstudium

€ 30,00

Mühewaltung § 34; 6 Std. à € 300,00

€ 1.800,00

Schreibgebühren § 31 (1) 3.: 12 Seiten Original à € 2,00

€ 24,00

ERV Übermittlung

€ 12,00

Barauslagen (Porto, Telefon, Parkgebühren, etc.)

€ 10,00

Zwischensumme

€ 1.876,00

20 % Mwst.

€ 375,20

Gesamtsumme € (gerundet)

€ 2.251,00

3. Mit E-Mail der Verrechnungsstelle vom 29.12.2020 wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Gebühr für Mühewaltung in Bezug auf die Sachverständigengruppe der „Ärzte“ gemäß § 43 Abs. 1 GebAG nach Tarif zu erfolgen hat. Der Antragsteller entgegnete daraufhin, dass lediglich in § 34 Abs. 2 GebAG jene Ausnahmen von der Verrechnung nach Tarif iSd § 43 Abs. 1 GebAG aufgelistet wären, wobei Beschwerdesachen beim Verwaltungsgericht seiner Ansicht nach nicht darunter zu subsumieren seien und er daher die Mühewaltung auch richtigerweise iSd § 34 Abs. 3 GebAG abgerechnet habe. Mit E-Mail der Verrechnungsstelle vom 11.01.2021 wurde der Antragsteller darauf aufmerksam gemacht, dass seine Gebühren aus Amtsgeldern bezahlt werden (siehe hiezu § 34 Abs. 2 GebAG) und er sohin zu einer Verrechnung nach Tarif iSd § 43 Abs. 1 GebAG verpflichtet sei.

4. Am 27.01.2021 langte eine korrigierte Honorarnote – wie folgt – ein:

Aktenstudium

€ 30,00

Mühewaltung § 49 (2); 6 Std. à € 300,00*

€ 1.800,00

§ 34 Abs. 2: Abschlag von 20 % zum Wohle der Allgemeinheit

-        € 360,00

Schreibgebühren § 31 (1) 3.: 12 Seiten Original à € 2,00

€ 24,00

ERV Übermittlung

€ 12,00

Barauslagen (Porto, Telefon, Parkgebühren, etc.)

€ 15,00

Zwischensumme

€ 1.521,00

20 % Mwst.

€ 304,20

Gesamtsumme € (gerundet)

€ 1.825,00

In einer E-Mail des Antragstellers vom selben Tag teilte er mit, dass er zur Berechnung der Gebühr für Mühewaltung § 49 GebAG zur Anwendung herangezogen habe, da das von ihm erstattete Gutachten aufgrund seiner Komplexität und des tatsächlichen Arbeitsaufwandes weit über die in den Tarifen des § 43 vorgesehenen Leistungen hinausgehe und somit mit einem wissenschaftlichen Gutachten vergleichbar sei. Des Weiteren hat er die „Barauslagen (Porto, Telefon, Parkgebühren, etc.)“ von € 10,00 auf € 15,00 erhöht.

5. Mit E-Mail vom 03.05.2021 teilte die Verrechnungsstelle unter Bezugnahme auf den Gebührenbestimmungsbeschluss vom 16.04.2021, GZ. XXXX , mit, dass die Gebühr für Mühewaltung in Bezug auf die Sachverständigengruppe der „Ärzte“ gemäß § 43 Abs. 1 GebAG nach Tarif zu erfolgen habe.

6. Am 18.05.2021 langte eine neuerlich korrigierte Honorarnote – wie folgt – ein:

Aktenstudium

€ 30,00

Psychiatrisches Gutachten § 43 (1) 1. d)

€ 116,20

6 Fragenkomplexe § 43 (1) 1. d)

€ 813,40

Zeitversäumnis Terminvereinbarung § 35

€ 22,70

Schreibgebühren § 31 (1) 3.: 12 Seiten Original à € 2,00

€ 24,00

ERV Übermittlung

€ 12,00

Barauslagen (Porto, Telefon, Parkgebühren, etc.)

€ 15,00

Zwischensumme

€ 1.033,30

20 % Mwst.

€ 206,66

Gesamtsumme € (gerundet)

€ 1.239,00

In dieser (nunmehr zuletzt korrigierten) Honorarnote hat sich der Antragsteller für die Beantwortung von insgesamt acht Fragen- bzw. Themenkomplexe eine Gebühr für Mühewaltung iSd § 43 Abs. 1 Z 1 lit d GebAG in Höhe von jeweils € 116,20, sohin € 929,60 verzeichnet. Darüber hinaus hat er auch eine Stunde Zeitversäumnis in Höhe von € 22,70 verrechnet.

6. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 23.06.2021, nachweislich zugestellt am 29.06.2021, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass, da er die erste Frage laut Bestellungsbeschluss in seinem Gutachten verneint habe, sich – wie den übrigen Fragen zu entnehmen war – die Beantwortung der weiteren Fragen als nicht mehr erforderlich dargestellt habe. Es wurde daher lediglich eine Frage bzw. ein Themenkomplexe beantwortet, sodass eine einfache Honorierung der Mühewaltung nach dem Tarif des § 43 Abs. 1 Z 1 lit d GebAG zulässig sei. Darüber hinaus könne ihm die von ihm verzeichnete Stunde Zeitversäumnis iHv € 22,70 nicht zuerkannt werden, da sowohl das Gutachten als auch die Honorarnote im Wege des ERV eingebracht wurden und sich eine anderweitige Zeitversäumnis auch aus dem Akteninhalt nicht ableiten lasse. In Bezug auf die „Barauslagen (Porto, Telefon, Parkgebühren, etc.)“ iHv € 15,00 wurde der Antragssteller aufgefordert, dazulegen bzw. zu erläutern wie sich dieser Betrag zusammensetze, andernfalls ihm dieser nicht zuerkannt werden könne.

6. In weiterer Folge langte keine Stellungnahme oder (nochmals) korrigierte Honorarnote seitens des Antragstellers ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller im Rahmen des Verfahrens zur GZ. XXXX als Sachverständiger auf dem Fachgebiet der Psychiatrie bestellt wurde und dabei, nach entsprechender Untersuchung des Beschwerdeführers und unter Beantwortung der ihm mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.02.2020, GZ. XXXX , auferlegten Fragen, ein schriftliches Gutachten zu erstatten hatte. Die dem Gutachten zugrundliegende Honorarnote wurde erstmals am 29.10.2020 im Wege des ERV eingebracht und vom Antragsteller am 27.01.2021 und am 18.05.2021 – ebenfalls im Wege des ERV – korrigiert übermittelt.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren GZ. XXXX , dem Bestellungsbeschluss vom 20.02.2020, GZ. XXXX , dem Gebührenantrag vom 29.10.2020, der korrigierten Honorarnoten vom 27.01.2021 und 18.05.2021, der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 23.06.2021, GZ. XXXX , und dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53a Abs. 1 AVG haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren im Umfang der sinngemäß anzuwendenden §§ 24 bis 37 und 43 bis 49 und 51 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.

§ 38 Abs. 1 GebAG zufolge hat der Sachverständige den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss ihrer Tätigkeit bei sonstigem Verlust, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.

Gemäß § 89c Abs. 5a Gerichtsorganisationsgesetz – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, sind Sachverständige sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, insbesondere zum Zweck der Übermittlung von Gutachten, Übersetzungen und Gebührenanträgen, zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a) verpflichtet. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher im Einzelfall nicht zumutbar ist; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher verbunden wäre, etwa im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen. Von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs kann abgesehen werden, wenn diese im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf den Gutachtensgegenstand oder die Verwertbarkeit des Gutachtens, untunlich ist.

Gemäß § 24 GebAG umfasst die Gebühr des Sachverständigen

1.       den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2.       den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;

3.       die Entschädigung für Zeitversäumnis;

4.       die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.

Zu A)

Zur geltend gemachten Mühewaltungsgebühr gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 GebAG

Gemäß § 34 Abs. 1 und 2 GebAG steht die Gebühr für Mühewaltung den Sachverständigen für die Aufnahme des Befundes und die Erstattung des Gutachtens zu und deckt alle damit im Zusammenhang entstandenen Kosten, soweit dafür nicht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ein gesonderter Ersatz vorgesehen ist. Insoweit in anderen Vorschriften auf die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verwiesen wird, ist die Gebühr für Mühewaltung nach den Tarifen (§ 43 ff GebAG) dieses Bundesgesetzes zu bestimmen.

Im, für das gegenständliche Verfahren gemäß § 17 VwGVG anwendbaren § 53a Abs. 1 AVG, wird auf die Bestimmungen des GebAG dahingehend verwiesen, dass nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren haben, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes – GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, sinngemäß anzuwenden.

Aus diesem Grund ist die Gebühr für Mühewaltung im gegenständlichen Fall nach den Tarifen des § 43 ff GebAG zu bestimmen.

Für die Sachverständigengruppe „Ärzte“ ist in § 43 GebAG ein Tarif vorgesehen worden, welcher als Pauschalabgeltung für – wie im gegenständlichen Fall – Befund und Gutachten, Mühewaltungsgesamtgebühren für dort beschriebene Leistungskataloge vorsieht.

§ 43 Abs. 1 GebAG normiert in diesem Zusammenhang Folgendes:

„§ 43 (1) Die Gebühr für Mühewaltung beträgt
1.         für die Untersuchung samt Befund und Gutachten
a) bis c) [….]

d)       bei einer besonders zeitaufwändigen körperlichen, neurologischen, psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, je mit eingehender Begründung des Gutachtens         116,20 Euro;

e)       bei einer besonders zeitaufwändigen körperlichen, neurologischen, psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, je mit besonders eingehender, sich mit widersprüchlichen Ergebnissen von Befundaufnahmen ausführlich auseinandersetzender oder besonders ausführlicher und außergewöhnliche Kenntnisse auf dem Fachgebiet des Sachverständigen voraussetzender Begründung des Gutachtens         195,40 Euro

[…]“

Ein einheitlich in Auftrag gegebenes Gutachten ist nach § 43 Abs. 1 GebAG dann mehrfach zu honorieren, wenn nach dem erteilten Auftrag in Wahrheit mehrere Gutachten zu erstatten sind, die unabhängig voneinander bestehen können (vgl. OLG Graz SV 2010/4, 222).

Voraussetzung für eine mehrfache Honorierung ist dabei nach überwiegender Rechtsprechung, dass für die Begutachtung jeder Frage die dem Sachverständigen eigenen Fachkenntnisse erforderlich sind, ein weitergehender Befund notwendig war und durch die Beantwortung der einen Frage nicht die weiteren vom Richter selbst gelöst werden können (vgl. LG Salzburg SV 2010/2, 91; LG Feldkirch SV 2010/4, 220; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG,4 E 130f, 133f zu § 43 GebAG; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4, Rz 7 und 9 zu § 43 GebAG).

Maßgeblich für die Frage, ob mehrere gutachterliche Stellungnahmen vorliegen, ist nicht rein formell danach zu beurteilen, wie viele Fragen der Gutachtensauftrag enthält bzw. in wie viele Fragestellungen der Sachverständige den Auftrag zerlegt, sondern zu wie vielen selbstständigen Themenkreisen der Sachverständige nach dem Inhalt des Gutachtensauftrags gutachterliche Aussagen zu machen hat (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 134 zu § 43; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4, Rz 10 zu § 43 GebAG).

Laut Bestellungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.02.2020, GZ. XXXX , waren folgende Fragen vom Antragsteller zu beantworten bzw. folgende Punkte näher zu erörtern:

1.       Liegt beim Beschwerdeführer eine krankheitswertige, psychische Störung oder eine psychische Behinderung vor? Wenn ja, welche?

2.       Wenn Frage 1. mit „Ja“ zu beantworten ist - Ist diese behandelbar? Wenn ja, wie? Bitte um Bekanntgabe der allfällig notwendigen Medikamente.

3.       Wenn die Frage 1. Mit „Ja“ zu beantworten ist – Ist der Beschwerdeführer eigen- oder fremdgefährdend?

4.       Wenn Frage 1. mit „Ja“ zu beantworten ist - Ist der Beschwerdeführer aufgrund seiner psychischen Krankheit oder einer geistigen Behinderung in der Lage, alle oder einzelne seiner Angelegenheiten ohne die Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu erledigen?

5.       Wenn Frage 1. mit „Ja“ zu beantworten ist - Ist der Beschwerdeführer psychisch in der Lage sich ohne fremde Hilfe selbständig Arbeit, Unterkunft, Verpflegung und medizinische Betreuung zu verschaffen, oder sich in einer fremden Stadt zu orientieren?

6.       Wenn Frage 1. mit „Ja“ zu beantworten ist - Ist der Beschwerdeführer psychisch in der Lage, dauerhaft einer Arbeit nachzugehen, um selbst für seinen Unterhalt aufkommen zu können?

7.       Wenn Frage 1. mit „Ja“ zu beantworten ist - Ist im Falle einer Abschiebung nach Afghanistan davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich auf Grund einer krankheitswertigen, psychischen Störung oder geistigen Behinderung das Leben nehmen werde?

Da der Antragsteller die erste Frage laut Bestellungsbeschluss in seinem Gutachten verneinte, hat sich – wie bereits den übrigen Fragen zu entnehmen war – die Beantwortung der weiteren Fragen als nicht mehr erforderlich dargestellt. Es wurde daher lediglich eine Frage bzw. ein Themenkomplexe beantwortet, sodass eine einfache Honorierung der Mühewaltung nach dem Tarif des § 43 GebAG zulässig ist.

Beinhalten die Leistungen des Sachverständigen eine besonders zeitaufwendige Ganzkörperuntersuchung und Einbeziehung mehrerer Nebenbefunde, sowie eine eingehende, alle Untersuchungsergebnisse berücksichtigende Begründung, so ist der Tarifsatz nach § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d gerechtfertigt. Auf den Umfang des sorgfältig begründeten, zu allen relevanten Fragen Stellung nehmenden Gutachtens kommt es nicht an (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 53 zu § 43 GebAG).

Die Beantwortung der ersten Frage bzw. des ersten Themenkomplexes ist daher nach dem Tarif des § 43 Abs. 1 Z 1 lit d GebAG zu vergüten.

Zu der geltend gemachten Gebühr für Zeitversäumnis gemäß §§ 32 und 33 GebAG

Gemäß § 32 Abs. 1 und 2 Z 1 GebAG hat der Sachverständige für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von € 22,70, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1, von € 15,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde. Der Anspruch auf Entschädigung durch Zeitversäumnis besteht so weit nicht, als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat.

Für den Weg zwischen der Wohnung und Ordination gebührt dem SV keine Entschädigung für Zeitversäumnis. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 32 Abs. 1 ist vielmehr, dass sich der SV zur Durchführung des gerichtlichen Auftrages an einen von der Wohnung und der Arbeitsstätte verschiedenen Ort begibt (vgl. OLG Wien 7 R 107/76; LGZ Wien 44 R 163/79; LGZ Wien 43 R 905/79; OLG Wien 17a R 143/79; LGZ Wien 42 R 650/02b EFSlg 102.606; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 39 zu § 32).

In der vom Antragsteller zuletzt korrigierten Honorarnote XXXX vom 18.05.2021 beantragte er eine Gebühr für „Zeitversäumnis Terminvereinbarung § 35“ in Höhe von € 22,70.

Ungeachtet des Umstandes, dass der Gebührenanspruch des Sachverständigen nach Ablauf der 14tägigen Frist weder ausgedehnt, noch auf eine andere Gebührenposition ersatzweise gestützt werden darf/kann (vgl. hiezu LGZ Wien, EFSlg 112.719; Feil, Gebührenanspruchsgesetz7 (2015) Rz 1 zu § 38), ist auch auf Folgendes zu verweisen:

Da sowohl das Gutachten als auch die Honorarnote – wie gesetzlich vorgesehen – im Wege des ERV eingebracht wurden und sich eine anderweitige Zeitversäumnis (insbesondere im Zusammenhang mit dem vom Antragsteller vermerkten § 35) auch aus dem Akteninhalt nicht ableiten lässt, kann ihm diese auch nicht zuerkannt werden.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer sowie sein Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 06.07.2020, GZ. XXXX , direkt vom Bundesverwaltungsgericht zur Untersuchung (Beweisaufnahme) am 21.07.2020, 14:00 Uhr in der Ordination des Antragstellers geladen wurden. Eine (weitere) Ladung bzw. Verständigung des Beschwerdeführers seitens des Antragstellers war sohin nicht erforderlich. Die beantragte Stunde Zeitversäumnis in Höhe von € 22,70 kann daher nicht zuerkannt werden.

Zu den sonstigen Kosten gemäß § 31 Abs. 1 Z 5 GebAG

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 5 GebAG sind dem Sachverständigen ausschließlich folgende mit der Erfüllung ihres jeweiligen Gutachtensauftrags notwendigerweise verbundene variable Kosten, nicht aber Fixkosten zu ersetzen: die von den Sachverständigen zu entrichtenden Entgelte und Gebühren für Leistungen und Dienste, die für Befundaufnahme und Gutachtenserstattung durch die Sachverständigen notwendig sind und welche die Sachverständigen üblicherweise nicht selbst erbringen und die auch nicht zur üblichen Grundausstattung und Infrastruktur der in diesem Fachgebiet tätigen Sachverständigen gehören (insbesondere Porto, Transportkosten, Kosten für Fremduntersuchungen und –analysen, Pflegegebühren, durch die Besonderheit des Auftrags zusätzlich erforderliche Versicherungsprämien, Kosten für Großräumlichkeiten, für den Erwerb rein fallspezifischen Zusatzwissens und für Übersetzungen);

In der vom Antragsteller zuletzt übermittelten korrigierten Honorarnote vom 18.05.2021 verzeichnete er einen Betrag iHv € 15,00 als „Barauslagen (Porto, Telefon, Parkgebühren, etc.)“.

Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichtes haben ergeben, dass sowohl das Gutachten als auch sämtliche (korrigierte) Honorarnoten stets elektronisch übermittelt wurden und auch dem Aktenverlauf eine postalische Übermittlung des Aktes oder Aktbestandteile nicht entnommen werden konnte.

Da der Antragsteller keine Erklärung hinsichtlich der Zusammensetzung dieses Betrages abgegeben hat bzw. von seinem Recht, sich zu diesem Vorhalt zu äußern, keinen Gebrauch gemacht hat, kann ihm dieser Betrag auch nicht zuerkannt werden.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

 

EURO

Mühewaltung gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 GebAG (Befund und Gutachten)

 

ein Fragen-/Themenkomplexe gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 lit d

116,20

Aktenstudium gemäß § 36 GebAG

30,00

Schreibgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Z 3 GebAG
12 Seiten Original à € 2,00

24,00

ERV

12,00

Zwischensumme

182,20

20 % USt.

36,44

Gesamtsumme

218,64

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

218,70

Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 218,70 (inkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

ärztlicher Sachverständiger elektronischer Rechtsverkehr Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Gebührensätze Mehrbegehren mehrfache Honorierung Mühewaltung Sachverständigengebühr Sachverständigengutachten Sachverständiger Teilstattgebung variable Kosten Zeitversäumnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W181.2243496.1.00

Im RIS seit

08.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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