TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/21 96/11/0269

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Veröffentlicht am 21.01.1997
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §66 Abs1 litb;
KFG 1967 §66 Abs2 litd;
KFG 1967 §66 Abs3;
StGB §142 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. Mai 1996, Zl. MA 65-8/143/96, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer von zwei Jahren, nämlich vom 15. Februar 1996 (dem Tag der Zustellung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides der Bundespolizeidirektion Wien) bis 15. Februar 1998, keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Grund für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 3. Dezember 1985 (in diesem Punkt bestätigt durch ein Urteil des OGH vom 24. Juni 1986) des am 15. April 1985 begangenen Verbrechens des Raubes (§ 142 Abs. 1 StGB) schuldig erkannt worden war. Über ihn war eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von neun Jahren verhängt worden. Diese strafbare Handlung stelle eine bestimmte, die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers ausschließende Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. d KFG 1967 dar. Zur Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 wurde ausgeführt, eine zweijährige "Entziehungszeit" müsse "als Minimum des Erforderlichen angesehen werden, da frühestens nach Ablauf dieser Bewährungsfrist aus einem bis dahin gezeigten Wohlverhalten auf eine entsprechende Änderung der Sinnesart geschlossen werden kann". Die Haftzeiten des Beschwerdeführers vom 26. April 1985 bis 15. Juni 1993 und vom 1. November 1995 bis 17. März 1996 seien in diese Zeit nicht einzurechnen gewesen. Das gleiche gelte für den Zeitraum vom 16. Juni 1993 bis 31. Oktober 1995, während dessen er sich unerlaubt (infolge Nichtrückkehr von einem Haftausgang) in Freiheit befunden habe. Bemerkt wird, daß das im Zusammenhang mit der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 genannte Datum 15. Februar 1996 der Tag der Zustellung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides (und nicht etwa der Tag der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft - diese erfolgte erst am 17. März 1996) war.

Der Beschwerdeführer ist zunächst im Recht, wenn er ausführt, das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. d KFG 1967 allein begründe noch nicht die Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person, sondern hiefür sei noch eine Wertung im Sinne des § 66 Abs. 3 KFG 1967 erforderlich. Eine solche Wertung sei in Ansehung des am 15. April 1985 begangenen Raubes nicht erfolgt. Der Beschwerdeführer irrt aber in der Hinsicht, daß sich die Wertung nur vor dem Hintergrund der Verkehrssicherheit abspielen dürfe. Gemäß § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 ist auch eine Person verkehrsunzuverlässig, von der zu befürchten ist, daß sie sich der erleichternden Umstände bedient, welche sich durch die Benützung eines Kraftfahrzeuges für die Begehung schwerer strafbarer Handlungen ergeben. Neben der - im Lichte der Verkehrssicherheit relevanten (§ 66 Abs. 1 lit. a KFG 1967), mit der Begehung eines Raubes verbundenen - Gewalttätigkeit hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch diesen Aspekt ausdrücklich angesprochen. Es geht daher ins Leere, wenn der Beschwerdeführer auf sein Verhalten im Straßenverkehr rekurriert.

Der Beschwerdeführer ist zwar ferner im Recht, daß sich der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnehmen läßt, welche Erwägungen die belangte Behörde im Rahmen der Wertung im Sinne des § 66 Abs. 3 KFG 1967 angestellt hat. Der vom Beschwerdeführer hervorgehobene Satz der Begründung, es sei offensichtlich, daß die strafbare Handlung des Beschwerdeführers als verwerflich und gefährlich zu werten sei, ist zwar nicht unzutreffend, als Begründung einer Wertung in dem in Rede stehenden Sinn aber nicht ausreichend.

Dieser Begründungsmangel ist aber nicht wesentlich und hat daher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen. Die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers ist nach der Aktenlage darin zu erblicken, daß es sich bei der als bestimmte Tatsache herangezogenen strafbaren Handlung vom 15. April 1985 bereits um die zweite der gleichen Art gehandelt hat. Zwischen der Entlassung aus der (laut Urteil sechsjährigen) Strafhaft wegen des ersten Raubes und der Begehung des zweiten sind lediglich etwa vier Jahre verstrichen. In diesem Zusammenhang kann von einer Neigung des Beschwerdeführers zur Begehung von mit Gewalttätigkeit verbundenen Delikten gesprochen werden.

Daß die strafbare Handlung ohne Verwendung eines Kraftfahrzeuges begangen wurde, ist nicht erheblich, kommt es doch nur darauf an, ob die Begehung durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges typischerweise erleichtert wird (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Mai 1989, Zl. 89/11/0059, betreffend Sittlichkeitsdelikte, und vom 1. Dezember 1992, Zl. 92/11/0057, betreffend ein Suchtgiftdelikt). Daß der Beschwerdeführer bloß eine Waffenattrappe verwendet habe, schließt die Gefährlichkeit der Handlung - vor allem in Ansehung der möglichen Reaktionen der sich als bedroht fühlenden Personen - nicht aus.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110269.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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