TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/2 VGW-031/042/9449/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.11.2020
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Entscheidungsdatum

02.11.2020

Index

90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

KFG 1967 §102 Abs1
KFG 1967 §50 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. DDr. Tessar über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Innere Stadt, vom 09.07.2020, Zl. ..., betreffend der Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz (KFG), zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 15,20 (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Spruch und die Begründung des gegenständlich bekämpften Straferkenntnisses lauten wie folgt:

„1. Datum/Zeit: 20.01.2020, 16:23 Uhr

Ort: Wien, C.-Ring, (HOTEL D.) Richtung

E.-ring

Betroffenes Fahrzeug: PKW mit dem Kennzeichen: W-... (A)

Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass durch das Anbringen einer Anhängevorrichtung das hintere Kennzeichen des Fahrzeuges teilweise verdeckt war. Es war insbesondere die Ziffer 0 des Kennzeichens nicht ablesbar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 50 Abs. 1 KFG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von Freiheitsstrafe von Gemäß

€ 76,00 0 Tage(n) 15 Stunde(n) 0 Minute(n) § 134 Abs. 1 KFG

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 86,00.

Begründung

Das Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige vom 23.01.2020, welche aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung des Meldungslegers erstattet wurde und dem durchgeführten Ermittlungsverfahren.

Sie erhoben gegen die Strafverfügung vom 13.03.2020 innerhalb offener Frist Einspruch mit der Begründung, dass Sich die Behauptungen des Einsatzbeamten widersprechen und fügen 3 Lichtbilder an.

Der Meldungsleger gibt in seiner Anzeige vom 23.01.2020 an, dass Ihr Kennzeichen teilweise verdeckt war und hat ebenfalls ein Lichtbild angefertigt. Am Lichtbild ist klar zu erkennen, dass die zweite Ziffer durch die Anhängevorrichtung verdeckt ist.

Für die erkennende Behörde bestand kein Grund die Angaben des Meldungslegers, die dieser unter der besonderen Voraussetzung zur wahrheitsgemäßen Darstellung der Tat auf Grund seines Diensteides erstattet hat, in Zweifel zu ziehen. Darüber hinaus ist dem Meldungsleger als besonders geschultem Organ der Verkehrsüberwachung die Fähigkeit zuzumuten, maßgebliche Sachverhalte und Vorgänge im Straßenverkehr einwandfrei zu erkennen und wiederzugeben.

Der Meldungsleger unterliegt auf Grund seines Diensteides und seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht und träfe ihn bei Verletzen dieser Pflicht dienst- und strafrechtliche Sanktionen. Die Angaben des Meldungslegers sind schlüssig, klar und nachvollziehbar und hätte der Meldungsleger auch keinen Grund, eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig zu belasten.

Mit Schreiben vom 30.03.2020, zugestellt am 02.04.202, wurde Ihnen das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht. In Ihrer Stellungnahme vom 06.04.2020 verweisen Sie auf die bereits gemachten Angaben in Ihrem Einspruch und ersuchen das Verfahren einzustellen.

Der Kraftfahrzeuglenker darf gem. § 102 Abs 1 KFG ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesen zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hierfür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen; die Überprüfung der Wirksamkeit der Vorrichtungen zum Abgeben von akustischen Warnzeichen darf jedoch nur erfolgen, sofern nicht ein Verbot gemäß § 43 Abs. 2 lit. a StVO 1960 besteht. Berufskraftfahrer haben bei Lastkraftwagen, Sattelzugfahrzeugen, Omnibussen oder Anhängern unverzüglich den Zulassungsbesitzer nachweisbarzu verständigen, wenn das Fahrzeug diesen Vorschriften nicht entspricht.

Das Ändern der Kennzeichentafeln und das Anbringen von Vorrichtungen, mit denen das Kennzeichen eines Fahrzeuges ganz oder teilweise verdeckt oder unlesbar gemacht werden kann, ist gem. § 50 Abs 1 KFG verboten.

Es war somit das Verfahren ohne weitere Anhörung durchzuführen und auf Grund der vorliegenden Aktenlage spruchgemäß zu entscheiden.

Die verhängte Strafe entspricht dem Unrechtsgehalt der vorliegenden Verwaltungsübertretung und ist im Hinblick auf die gesetzliche Strafobergrenze eher gering angesetzt.

Mildernd war das Fehlen einschlägiger verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen zu werten. Erschwerend war kein Umstand zu werten.

Bei der Strafbemessung wurde von einem durchschnittlichen Einkommen ausgegangen und es wurde auf §19 VStG Bedacht genommen.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 64 Abs. 2 VStG.“

In der gegen dieses Straferkenntnis eingebrachten Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht wie folgt:

„1. Feststellung bezugnehmend auf die Begründung des o.a. Spruches der Behörde 4. und 5. Absatz:

Der in den beiden Absätzen von der Behörde vorausgesetzte Wahrheitsgehalt der Angaben und die Beurteilungsfähigkeit des amtshandelnden Beamten (Meldungslegers) wurde und wird in keinster Weise in Frage gestellt.

2. Der Grund der Beschwerde ist vielmehr u. a., weil auf die Argumente in meinem „Einspruch vom 19.03.2020“ und meiner „Stellungnahme zur Beweisaufnahme vom 03.04.2020“ nahezu überhaupt nicht eingegangen wird.

Im Wesentlichen wird in meinem Einspruch vermutet und durch die Beweisaufnahme auch eindeutig bestätigt, dass die belastende Aufnahme aus einem Blickwinkel erfolgt ist, der für die Beurteilung eines Kennzeichens als äußerst unüblich betrachtet werden kann. Das Foto ist offensichtlich mit einer Kamera gemacht worden, die höchstwahrscheinlich im oder am Kühlergrill des Einsatzfahrzeuges positioniert wurde (siehe Pkt. 4 „Einspruch vom 19.03.2020“ und Pkt. 2 „Stellungnahme vom 03.04.2020“) - also aus sehr niedriger Position. Hierzu ist anzumerken, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fahrzeugteil das Kennzeichen teilweise verdeckt oder unleserlich macht, mit der Höhe des Blickpunktes verkehrt proportional zunimmt.

3. Bezugnehmend auf die Begründung des o.a. Spruches der Behörde 8. Absatz:

Der zur Beurteilung erforderliche Blickwinkel, von dem aus .teilweise verdeckt oder unlesbar gemacht...“ vorliegt, wird nirgends näher definiert. Sehr wohl wird aber angenommen, dass der Blickwinkel aus ca. Kniehöhe (Beweisfoto Behörde) für die Erkennbarkeit eines Kennzeichens relevant ist, aus jener Höhe, aus der eine zumutbare Kontrolle durch einen Fahrzeughalter vor Fahrtantritt üblicherweise erfolgt, aber offensichtlich nicht. Sehr wohl wird jedoch unbeweisbar behauptet, dass diese Kontrolle gänzlich unterblieben ist.

4. Auf die Argumente aus meinem „Einspruch vom 19.03.2020“ Punkte 1-3 und 6 wird überhaupt nicht eingegangen. Insbesondere unerklärlich ist, dass die Beseitigung des angeblich nicht gesetzeskonformen Zustands weder vor Ort (wäre leicht möglich gewesen), noch im späteren Verfahren begehrt wurde. Es wurde nicht ansatzweise dargelegt, inwiefern die ausschließliche Bezahlung eines Bußgeldes die angeblich verkehrswidrige Situation beseitigen oder verbessern würde. Aber auch dazu wurde bisher keine Stellung genommen.

5. Weiters finde ich es befremdlich, dass unter dem Titel „Beweisaufnahme“ kommentarlos ausschließlich eine Kopie jenes Fotos übermittelt wurde, auf das sich dieses ganze Verfahren stützt. Meiner Meinung nach wäre es unbedingt erforderlich gewesen dazu eine schlüssige Begründung beizufügen, warum meine Argumentation unberechtigt wäre. Aber auch das ist unterblieben.

Abseits aller juristischen Feinsinnigkeiten möchte ich noch einmal vortragen, dass diese - in meinen Augen - kleinliche Herangehensweise der Behörde ein äußerst unvorteilhaftes Bild auf sie selbst und die Exekutive wirft. Meiner Meinung nach versteckt sich die Behörde in dieser Angelegenheit hinter Paragrafen und nutzt die Möglichkeiten der Gesetze um den Autofahrer zur Kasse zu bitten.

Verständlich wäre dies noch, wenn aus einer derartigen Handlungsweise zumindest ein verkehrssicherheitstechnischer Nutzen entstehen würde. Dieser ist aber nicht erkennbar und konnte von der Behörde im bisherigen Verfahren auch nicht schlüssig dargelegt werden.

Aus diesem Grund begehre ich eine Verhandlung vor einem neutralen Schiedsgericht, um zu erfahren, ob ich mit meiner Sichtweise richtig oder daneben liege.“

Aus dem der Beschwerde beigeschlossenen erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich:

Dem Beschwerdeführer wurde durch die Landespolizeidirektion Wien auf Grundlage der eigenen Wahrnehmung des Meldungslegers mit Anzeige vom 23.1.2020 angelastet, dass dieser das gegenständliche Fahrzeug am 20.1.2020, 16.23 Uhr, in Wien, C.-Ring, benutzt hatte, obgleich „durch das Anbringen einer Anhängevorrichtung das hintere Kennzeichen des Fahrzeuges teilweise verdeckt“ gewesen sei, sodass insbesondere die Ziffer „0“ des Kennzeichens nicht lesbar gewesen sei. Dies wurde durch ein vom Meldungsleger aufgenommenes Foto vom Tatfahrzeug, aus welchen sich ergibt, dass die zweite Ziffer des Kennzeichens nicht ablesbar war, dokumentiert.

Seitens des erkennenden Gerichts wurde am 14.10.2020 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher der Beschwerdeführer auf sein bisheriges Vorbringen verwies und mittteilte, über ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 3.300,-- zu verfügen, vermögenslos zu sein und keine Sorgepflichten zu tragen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

§ 50 KFG samt Überschrift lauten wie folgt:

„§ 50. Zustand der Kennzeichentafeln

(1) Das Ändern der Kennzeichentafeln und das Anbringen von Vorrichtungen, mit denen das Kennzeichen eines Fahrzeuges ganz oder teilweise verdeckt oder unlesbar gemacht werden kann, ist verboten.

(2) Ist das Kennzeichen auf einer Kennzeichentafel nicht mehr dauernd gut lesbar, so ist dem Zulassungsbesitzer auf Antrag eine neue Kennzeichentafel auszufolgen; dies gilt hinsichtlich des Wappens sinngemäß. Handelt es sich um eine weiße Kennzeichentafel ohne EU-Emblem, so sind neue Kennzeichentafeln mit EU-Emblem auszufolgen. Handelt es sich dabei aber um eine Tafel mit einem Kennzeichen, das nicht dem § 48 Abs. 4 entspricht (alte schwarze Kennzeichentafel) so sind dem Zulassungsbesitzer bei aufrechter Zulassung ein neues Kennzeichen gemäß § 48 Abs. 4 zuzuweisen und Kennzeichentafeln gemäß § 49 Abs. 4 auszufolgen; bei dieser Gelegenheit sind von Amts wegen alle entsprechenden Änderungen, das neue Kennzeichen betreffend, durchzuführen. Der Betrag für den Ersatz der Gestehungskosten der neuen Kennzeichentafel(n) ist gleichzeitig mit dem Antrag zu erlegen. Die neue(n) Kennzeichentafel(n) sind nur gegen Ablieferung der alten Kennzeichentafel(n) auszufolgen. Der Anspruch auf Ausfolgung der Tafel(n) erlischt, wenn sie vom Antragsteller sechs Monate nach Einbringung des Antrages nicht abgeholt wurde(n).“

Gemäß § 102 Abs. 1 KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

Nach der höchstgerichtlichen Judikatur ist § 50 Abs. 1 KFG dahingehend auszulegen, dass durch diese Bestimmung das Anbringen von Vorrichtungen, mit denen das Kennzeichen eines Fahrzeuges ganz oder teilweise verdeckt oder unlesbar gemacht werden kann, verboten wird, wobei diese Regelung dahingehend zu verstehen ist, dass das Kennzeichen - von welchem Standort auch immer hinter dem Kraftfahrzeug - durch eine angebrachte Vorrichtung u.a. weder ganz noch teilweise verdeckt werden darf (vgl. VwGH 18.11.2003, 2001/03/0322).

Das Wort "kann" im § 50 Abs. 1 KFG bedeutet, dass das Verbot sich auf alle Vorrichtungen erstreckt, die geeignet sind, das Kennzeichen eines Fahrzeuges ganz oder teilweise zu verdecken oder unlesbar zu machen, bei deren Verwendung also nicht auszuschließen ist, dass sie die in dieser Bestimmung angeführten Wirkungen hervorrufen könnte (vgl. VwGH 27.2.1980, 1049/78).

Das Gesetz macht hinsichtlich der verlangten Ablesbarkeit eines Kennzeichens keinen Unterschied, ob die Ablesung mittels des menschlichen Auges oder eines technischen Gerätes (z. B. Radar) erfolgt (vgl. VwGH 9.10.1979, 3065/78).

Aufgrund der unwidersprochen gebliebenen Aktenlage wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer das gegenständliche Fahrzeug am 20.1.2020 nach Wien, C.-Ring, gelenkt hatte, sodass dieses dort angetroffen worden war. Aus dem vom Meldungsleger gemachten Fahrzeugfoto geht hervor, dass durch die am Fahrzeug angebrachte Anhängerkupplung aus dem damaligen Blickwinkel des Meldungslegers die Ziffer „0“ der Kennzeichentafel nicht lesbar war.

Schon eine teleologische Gesetzesauslegung gebietet, dass die Buchstaben und Ziffern auf einer Kennzeichentafel von jedem Blickwinkel aus ablesbar sein müssen.

Unter Zugrundelegung der getätigten Sachverhaltsfeststellungen wurde sohin das dem erstinstanzlichen Straferkenntnis zugrundeliegende Tatbild des § 50 Abs. 1 KFG i.V.m. § 102 Abs. 1 KFG erfüllt.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine verwaltungsstrafrechtliche Vorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässig handelt gemäß § 6 Abs. 1 StGB, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm auch zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Bei Prüfung des Vorliegens eines Verschuldens ist zunächst maßgebend, welches Maß an Sorgfalt den Umständen nach zur Vermeidung des tatbildmäßigen Unrechts objektiv geboten und pflichtgemäß aufzuwenden ist. Hier handelt es sich um jene Sorgfalt, wie sie ein mit den rechtlich geschützten Werten angemessen verbundener, besonnener und einsichtiger Mensch in der Lage des Täters aufwenden würde, um die Gefahr einer Rechtsgutbeeinträchtigung zu erkennen und hintanzuhalten. In Ermangelung einschlägiger Vorschriften richtet sich das Maß der einzuhaltenden objektiven Sorgfalt nach dem, was von einem sich seiner Pflichten gegen die Mitwelt bewussten, dem Verkehrskreis des Täters angehörigen Menschen billigerweise verlangt werden kann (vgl. Foregger-Serrini, StGB, S. 43; VwGH 23.2.1996; 95/17/0491).

Mangels einer eigens bestimmten Verschuldensform reicht zur Verwirklichung der angelasteten Verwaltungsübertretung sohin Fahrlässigkeit aus.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG gilt weiters bei Ungehorsamkeitsdelikten die gesetzliche Vermutung des Vorliegens der fahrlässigen Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung, wenn das Vorliegen eines tatbildmäßigen Verhaltens festgestellt worden ist, und das mangelnde Verschulden durch die beschwerdeführende Partei nicht glaubhaft gemacht worden ist.

Ein Ungehorsamsdelikt liegt bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes vor, wenn erstens zum Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört und zweitens für die Tatbegehung kein besonderes Verschulden gefordert ist.

Die angelastete Verwaltungsübertretung ist als Ungehorsamkeitsdelikt zu qualifizieren.

Bei solchen Delikten obliegt es sohin gemäß § 5 Abs. 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass im konkreten Fall die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne vorwerfbares Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung geeigneter Beweismittel bzw. die Stellung entsprechender konkreter Beweisanträge (vgl. VwGH 30.6.1998, 96/11/0175).

Seitens der beschwerdeführenden Partei wurde nicht vorgebracht, dass im konkreten Fall die Einhaltung der übertretenen Verwaltungsnorm nicht möglich gewesen wäre. Folglich konnte die beschwerdeführende Partei nicht im Sinne der Bestimmungen des § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft machen, dass hinsichtlich der tatbildlichen Verletzung der Verwaltungsvorschrift die beschwerdeführende Partei kein Verschulden trifft.

Somit ist die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Die erstinstanzlich verhängte Strafe konnte aus nachfolgenden Gründen nicht herabgesetzt werden:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der schnellen Identifizierbarkeit eines Kraftfahrzeugs, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig zu bewerten war.

Als erschwerend war kein Umstand zu werten.

Als mildernd wurde die verwaltungsrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt.

Das Ausmaß des Verschuldens kann im vorliegenden Fall in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und der beschwerdeführenden Partei zuzumutenden Sorgfalt nicht als geringfügig bezeichnet werden, da weder hervorgekommen, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift durch die beschwerdeführende Partei im konkreten Fall eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Aus den angeführten Gründen erscheint unter Zugrundelegung eines monatlichen Einkommens von EUR 3.300,--, bei gleichzeitig vorliegender Vermögenslosigkeit und keiner bestehenden Sorgepflicht das verfügte Strafausmaß durchaus als angemessen und nicht als überhöht.

Gemäß § 16 Abs. 2 letzter Satz VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

Eine Strafherabsetzung kam unter Bedachtnahme auf die vorangeführten Strafbemessungsgründe, die general- und spezialpräventive Funktion der Verwaltungsstrafe und den Strafsatz nicht in Betracht.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG.

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers; Zustand der Kennzeichentafeln; Inbetriebnahme des Fahrzeugs; Anhängevorrichtung; Anbringen von Vorrichtungen, mit denen das Kennzeichen eines Fahrzeuges ganz oder teilweise verdeckt oder unlesbar gemacht werden kann

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.042.9449.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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