TE Bvwg Beschluss 2021/8/16 W282 2172522-5

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Veröffentlicht am 16.08.2021
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Entscheidungsdatum

16.08.2021

Norm

VwGG §25a Abs2 Z1
VwGG §30 Abs2

Spruch


W282 2172522-5/23E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA über den Antrag von XXXX , der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.08.2021, Zl. W282 2172522-5/18E, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:

Der Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 13.08.2021 brachte die revisionswerbende Partei eine Revision gegen das im Spruch angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes ein.

Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führte die revisionswerbende Partei Folgendes an:

„Ergibt eine im Provisorialverfahren vorzunehmende vorläufige Beurteilung der Erfolgschancen der erhobenen Revision die Rechtswidrigkeit des Fortsetzungsausspruches, so sind die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 VwGG als erfüllt anzusehen (vgl dazu wie auch zum – im Hinblick auf das Spannungsverhältnis zwischen dem im Provisorialverfahren maßgeblichen – Vorwegnahmeverbot der Entscheidung in der Hauptsache einerseits und dem mit einem Freiheitsentzug einhergehenden schwerwiegenden Grundrechtseingriff andererseits ausführlich und mit weiteren Nachweisen: VwGH 12.08.2016, Ra 2016/21/0251, auch VwGH 25.05.2018, Ra 2018/21/0094 zu einer „auf der Hand liegende[n] Rechtswidrigkeit“ des Fortsetzungsausspruchs).

Im vorliegenden Fall stellt der weitere Vollzug der Schubhaft für den Revisionswerber einen unverhältnismäßigen Nachteil iSd § 30 Abs 2 VwGG dar. Dieser Nachteil ergibt sich schon aus der mit dem Freiheitsentzug zwangsläufig verbundenen Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit. Durch eine Einschränkung dieses Grundrechts ergibt sich zudem eine Einschränkung in der Ausübung zahlreicher weiterer Grundrechte, wie etwa dem Recht auf Privat- und Familienleben.

In der gegenständlichen Revision wird dargelegt, dass der der Haftanordnung zugrundeliegende Haftzweck, die Sicherung der Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan, nicht mehr vorliegt, zumal dem Folgeantrag des RW der faktische Abschiebeschutz zukommt.

Die weitere Anhaltung des RW unter dem Titel der Schubhaft erweist sich auch deshalb als nicht zulässig, da einer Effektuierung der Abschiebung nach Afghanistan eine einstweilige Maßnahme des EGMR entgegensteht. Angesichts der Komplexität des Falles, sowie der sich kontinuierlich verschlechternden Lage in Afghanistan ist zu erwarten, dass Abschiebungen in absehbarer Zukunft nicht stattfinden werden. Die Taliban nahmen in den vergangenen Wochen große Teile des Landes ein und bedrohen unter anderem auch die Städte Mazar-e-Sharif und Herat.

Aus aktuellen Medienberichten ergibt sich, dass auch seitens Frontex bereits von weiteren Charterabschiebungen nach Afghanistan abgesehen wird. Ein entsprechendes Schreiben datiert den Berichten zur Folge vom 17.07.2021. Die afghanische Botschafterin in Österreich unterstrich unterdessen ihr Ersuchen, von Abschiebungen nach Afghanistan aus Sicherheitsgründen abzusehen.

Nicht zuletzt wurde der zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle, erheblich beeinträchtigte Gesundheitszustand des RW im angefochtenen Erkenntnis in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der Fortsetzung der Haft nicht berücksichtigt, bzw. in Folge einer aktenwidrigen Feststellung in seiner Tragweite verkannt.

Damit tritt nach Ansicht des Revisionswerbers die Rechtswidrigkeit des die Grundlage für die weitere Anhaltung des Revisionswerbers bietenden Fortsetzungsausspruchs im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts klar zu Tage. Der Revisionswerber erachtet daher die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 VwGG für gegeben. Der Fortsetzungsausspruch kann nicht als weiterer Hafttitel taugen.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung:

§ 30 Abs. 2 VwGG lautet: „Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.“

Nach ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern es ist - wenn das in der Beschwerde (nunmehr: Revision) selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist - zunächst von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen (vgl. etwa VwGH vom 30. September 2013, AW 2013/04/0036, mwN). In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits erkannt, dass eine aufschiebende Wirkung Zl. Ra 2014/04/0004-3 - zuzuerkennen ist, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potentieller, sondern ein evidenter ist, mit anderen Worten die Partei mit den Folgen eines offenkundig vorliegenden Fehlers der belangten Behörde belastet würde (vgl. abermals den Beschluss vom 30. September 2013, AW 2013/04/0036, mit Verweis auf den Beschluss vom 10. Oktober 2002, AW 2002/08/0031).

Bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 30 Abs. 2 VwGG ist darüber hinaus in Schubhaftfällen ein strenger Maßstab anzulegen (siehe des Näheren den Beschluss VwGH 12.8.2016, Ra 2016/21/0251). Demnach ist die aufschiebende Wirkung (nur) dann zu gewähren, wenn die Vorprüfung der Erfolgschancen der Revision ergibt, dass eine auf der Hand liegende, somit evidente Rechtswidrigkeit des vom BVwG getroffenen Ausspruchs über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft gegeben ist (vgl. dazu auch noch VwGH 25.5.2018, Ra 2018/21/0094, Rn. 5 und 7, sowie jüngst VwGH 10.3.2020, Ro 2020/21/0004, Rn. 6).

Gegenständlich ist nach der Aktenlage von einem solchen offenkundig vorliegenden Fehler bzw. einer evidenten Rechtswidrigkeit des in Revision gezogenen Erkenntnisses nicht auszugehen. Daher ist im vorliegenden Provisorialverfahren von den Annahmen der angefochtenen Entscheidung auszugehen. Darin wurden die berührten öffentlichen Interessen bereits klar dargestellt.

Mit Urteil des LG Eisenstadt vom XXXX wurde die revisionswerbende Partei wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 SMG sowie wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 SMG und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt, wobei ein Teil von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit Urteil des LG Wiener Neustadt vom XXXX wurde die revisionswerbende Partei wegen des Vergehens der Vorbereitung zum Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt. Die mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom XXXX ausgesprochene bedingte Strafnachsicht wurde widerrufen.

Vor dem Hintergrund, dass die Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonderes großes öffentliches Interesse gegeben ist und in Anbetracht des massiven Fehlverhaltens stehen der beantragten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen (vgl. zuletzt VwGH 12.09.2019, Ra 2019/20/0322), zumal der Revisionswerber allergrößte Anstrengungen unternimmt, seine Abschiebung nach Afghanistan zu verzögern bzw. zu vereitelten. Der Revisionswerber stellte bereits zwei objektiv unbegründete Folgeanträge auf internationalen Schutz um seine Abschiebung zu vereiteln bzw. zu verzögern und wird bei einer Entlassung aus der Schubhaft mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit untertauchen, um sich seiner Abschiebung zu entziehen.

Soweit sich die Begründung für den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auf „aktuelle Medienberichte“ bezieht, verkennt sie die Rechtslage, da hierfür entgegen der Notwendigkeit auf die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt (04.08.2021) abzustellen, auf erst nach diesem Zeitpunkt eingetretene Lageänderungen im Herkunftsland des Revisionswerbers Bezug genommen wird. Soweit der Revisionswerber seine Freilassung erreichen möchte, und er dies auf Umstände stützen möchte, die nach der Erlassung des ggst. verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses eingetreten sind, steht die neuerliche Erhebung einer Schubhaftbeschwerde gem. § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG jederzeit offen.

Schon aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Revision

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W282.2172522.5.01

Im RIS seit

05.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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