TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/20 W170 2241671-1

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Veröffentlicht am 20.05.2021
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Entscheidungsdatum

20.05.2021

Norm

BDG 1979 §112 Abs1 Z3
BDG 1979 §112 Abs2
BDG 1979 §112 Abs4
BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §44 Abs1
BDG 1979 §46 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch


W170 2239879-1/7E
W170 2241671-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von KontrInsp XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Sebastian LENZ, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18.01.2021, Zl. 2021-0.032.774, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 3 VwGVG, 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von KontrInsp XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Sebastian LENZ, gegen den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 15.03.2021, Zl. 2021-0.057.417 (Suspendierung), Senat 26, soweit dieser die Suspendierung des KontrInsp XXXX verfügt, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 3 VwGVG, 112 Abs. 1 Z 3, Abs. 2 BDG 1979 mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch hinsichtlich der Verfügung der Suspendierung des KontrInsp XXXX zu lauten hat:

„Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 15.03.2021 durch MR Dr. Ingrid SPERL als Senatsvorsitzende sowie Obstlt Christian HEGEDÜS und RR ADir Sylvia SCHEIBLAUER als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates beschlossen, bezüglich KontrInsp XXXX , geb. XXXX , eine Suspendierung gemäß § 112 Abs. 1 Z 3, Abs. 2 BDG 1979 zu verfügen.“

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgegenstand:

Aufgabe des KontrInsp XXXX (in Folge: Beschwerdeführer), der als Exekutivbeamter im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingesetzt wird, ist es, Sammelrückführungen von rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältigen Fremden zu organisieren.

Dem Beschwerdeführer wurde von seinen Dienstvorgesetzten vorgeworfen, dass es in seinem Arbeitsbereich Unregelmäßigkeiten gebe. Zusammengefasst (näheres siehe hiezu unten) wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dass er Angebote von Airbrokern an deren Mitbewerber weitergebe, sodass diese billiger oder zumindest zum selben Preis anbieten könnten und somit den Zuschlag erhalten hätten. Der Beschwerdeführer sei mit den Verantwortlichen dieser Mitbieter befreundet. Auch sei einmal ein Zuschlag nicht dem Bestbieter gegeben und der dazugehörige Akt nicht entsprechend geführt worden.

Diese Vorwürfe wurden einerseits an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die – unter Heranziehung des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptions-bekämpfung – ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eröffnete und andererseits an die Dienstbehörde, die den Beschwerdeführer vorläufig vom Dienst suspendierte, weitergeleitet.

Die vorläufige Suspendierung wurde an die Bundesdisziplinarbehörde weitergeleitet, die schließlich eine Suspendierung aussprach.

Sowohl gegen die vorläufige Suspendierung als auch gegen die Suspendierung wurde vom Beschwerdeführer jeweils Beschwerde erhoben und die jeweiligen Akten dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, das hinsichtlich beider Rechtssachen am 06.05.2021 eine mündliche Verhandlung durchführte, in deren Rahmen die Parteien auf die mündliche Verkündung der Erkenntnisse verzichteten.

Diese sind daher nunmehr schriftlich auszufertigen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitigen und zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. KontrInsp XXXX ist Exekutivbeamter und wurde bis zur Suspendierung in der Direktion des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Referat B/1/2, eingesetzt. Seine Aufgabe war – soweit hier relevant – die Vorbereitung von Sammelrückführungen von rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältigen Fremden per Flugzeug. Neben KontrInsp XXXX gingen bzw. gehen weitere Referenten dieser Aufgabe nach, wobei jeder Geschäftsfall von einem Referenten eigenverantwortlich geführt und von der Referatsleitung nur stichprobenartig überprüft wurde.

Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18.01.2021, Zl. 2021-0.032.774, zugestellt am 20.01.2021, wurde KontrInsp XXXX vorläufig, mit Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 15.03.2021, Zl. 2021-0.057.417 (Suspendierung), Senat 26, zugestellt am 17.03.2021, (endgültig) vom Dienst suspendiert.

1.2. Im Rahmen seines Aufgabengebiets hatte KontrInsp XXXX , sobald ein Abschiebetermin zu organisieren war, drei Airbroker, das sind die Vermittler der notwendigen Flugleistungen, anzuschreiben und diesen die Umstände der geplanten Abschiebung mitzuteilen. Dieses Vorgehen war nicht öffentlich. Von diesen Airbrokern, die im Falle der Erteilung des Auftrages Vertragspartner des Bundesamtes wurden und ihrerseits die notwendigen Verträge mit den Fluglinien abschlossen, wurden entsprechende Angebote gelegt, aus denen KontrInsp XXXX das Angebot des Bestbieters auszuwählen gehabt hatte. Diesem war dann eine Zusage zu schicken und dieser um die Übermittlung der relevanten Verträge zu ersuchen. Der ausgewählte Bieter übermittelte dann den entsprechenden Vertrag, der von KontrInsp XXXX dem Direktor des Bundesamtes oder dessen Vertreter zur Zeichnung vorgelegt wurde. In weiterer Folge leitete KontrInsp XXXX dann den notwendigen Schriftverkehr ein, der zur Durchführung der Sammelrückführung notwendig war.

1.3. Mit zwei Verantwortlichen der Airbroker hatte KontrInsp XXXX eine über eine berufliche Beziehung hinausgehendes persönliche Bekanntschaft, mit dem Verantwortlichen des Airbrokers XXXX hat KontrInsp XXXX (zumindest) einmal einen Familienurlaub in Malaga verbracht und zweimal in der Adria eine Segelyacht gechartert, mit dem Verantwortlichen des Airbrokers XXXX XXXX hat KontrInsp XXXX zumindest zweimal ein Fußballspiel, einmal in Wien, einmal in München, besucht.

1.4. Am 18.02.2019, zwischen 10:42 und 10:47 Uhr, wurde von KontrInsp XXXX jeweils eine Anfrage für eine Sammelrückführung nach Nigeria/Gambia am 16.05.2019 an die Airbroker XXXX , XXXX und XXXX verschickt.

Am 18.02.2019, um 10:49 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 266.200 „all in“ bzw. (mit einem anderen Flugzeug) auf € 336.900 „all in“, wobei Catering jeweils noch gesondert zu vereinbaren wäre.

Am 18.02.2019, um 13:50 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 266.000. Am 14.03., 12:44 Uhr, wurde ein weiteres Angebot gelegt, um € 255.400 („Taxes included“). Am 15.03.2019, 13:17 Uhr, wurde dieses Angebot auf € 271.900 erhöht und enthielt nunmehr auch „Taxes und Catering“ bzw. als zweite Option Hin- und Rückflug mit zwei verschiedenen Flugzeugen um € 255.400 („Taxes included“).

Am 27.02.2019, um 16:00 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein, das sich in verschiedenen Varianten auf € 261.200 bzw. € 250.300 belief; am 28.02.2019, 14:55 Uhr, langte ein weiteres Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein, das sich auf € 259.600 belief. Am 13.03.2019, um 14:05 Uhr, langte ein weiteres Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein, das sich auf € 272.100 inkl. Catering belief.

Mit E-Mail vom 19.03.2019, 09:55 Uhr, wurde dem Airbroker XXXX von KontrInsp XXXX mitgeteilt, dass sich das Bundesamt für diesen und dessen Angebot um € 271.900 entschieden habe und um Übersendung der Verträge ersuche.

1.5. Am 21.03.2019, zwischen 8:13 und 8:15 Uhr, wurde von KontrInsp XXXX jeweils eine Anfrage für eine Sammelrückführung nach Nigeria/Gambia am 27.06.2019 an die Airbroker XXXX , XXXX und XXXX verschickt.

Am 01.04.2019, um 15:47 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 343.000 „all in“, wobei Catering noch gesondert zu vereinbaren wäre. Weder aus der Anfrage, noch aus dem Angebot vom 01.04.2019, noch aus dem schlussendlich abgeschlossenen Vertrag ergibt sich ein Stopp in München.

Am 10.04.2019, um 17:33 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich hinsichtlich Option 1 auf € 325.400 und hinsichtlich Option 2 auf € 394.200.

Am 16.04.2019, um 14:06 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 429.500.

Mit E-Mail vom 16.04.2019 wurde dem Airbroker XXXX von KontrInsp XXXX mitgeteilt, dass sich das Bundesamt für diesen entschieden habe und um Übersendung der Verträge ersuche.

Im Votum des entsprechenden Geschäftsvorgangs, das erst nach mehrmaliger Aufforderung durch die Referatsleitung gelegt worden sein soll, wird hinsichtlich des Airbrokers XXXX anstatt des Fluggerätes „Angebot zu spät eingetroffen“ und anstatt des Preises „---“ angeführt, obwohl das Angebot des Airbrokers XXXX , das sechs Tage nach dem Angebot des Airbrokers XXXX einlangte, mit Bezeichnung des Fluggeräts und Preises aufgeführt ist.

In weiterer Folge wurde durch den (damaligen) Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, HR XXXX , am 30.04.2019 der entsprechende Vertrag mit dem Airbroker XXXX unterzeichnet.

1.6. Am 20.11.2019, zwischen 14:08 und 14:17 Uhr, wurde von KontrInsp XXXX jeweils eine Anfrage für eine Sammelrückführung nach Nigeria/Gambia am 19.02.2020 an die Airbroker XXXX , XXXX und XXXX verschickt (ursprünglich inkl. Stopp in München). Am 25.11.2019, um 15:31 Uhr, teilte KontrInsp XXXX der XXXX die Änderung der Route (ohne München) mit.

Am 03.12.2019, um 14:19 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX (jeweils ohne Stopp in München) beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 247.900 (Option 1) bzw. € 264.000 (Option 2).

Am 04.12.2019, um 14:39 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich, je nach Fluglinie und Fluggerät (aber jeweils ohne Stopp in München), auf € 247.500 (Option 1a), bzw. € 256.500 (Option 1b), bzw. € 291.500 (Option 2), bzw. € 305.000 (Option 3a), bzw. € 314.000 (Option 3b).

Am 12.12.2019, 10:57 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 247.500. Auch dieses Angebot enthielt keinen Stopp in München.

Mit E-Mail vom 12.12.2019, um 11:51 Uhr, wurde dem Airbroker XXXX von KontrInsp XXXX mitgeteilt, dass sich das Bundesamt für diesen entschieden habe und um Übersendung der Verträge ersuche.

1.7. Am 12.12.2019, zwischen 10:01 und 10:03 Uhr, wurde von KontrInsp XXXX jeweils eine Anfrage für eine Sammelrückführung nach Nigeria/Gambia am 19.03.2020 an die Airbroker XXXX , XXXX und XXXX verschickt.

Am 02.01.2020, um 14:02 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 278.000 (Option 1) bzw. € 302.000 (Option 2).

Am 07.01.2020, um 14:59 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 275.300.

Am 07.01.2020, um 13:34 Uhr, urgierte KontrInsp XXXX bei der XXXX . Am 08.01.2020, 10:20 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich vorerst auf € 277.800 (Option 1) bzw. € 305.500 (Option 2) bzw. € 306.000) (Option 3) und wurde am 08.01.2020, 11:58 Uhr, auf € 275.300 (Option 1) bzw. € 305.500 (Option 2) bzw. € 306.000 (Option 3) nachgebessert (jedoch mit derselben Airline, demselben Fluggerät und Routing).

Mit E-Mail vom 08.01.2020, 12:24 Uhr, wurde dem Airbroker XXXX von KontrInsp XXXX mitgeteilt, dass sich das Bundesamt für diesen entschieden habe und um Übersendung der Verträge ersuche.

1.8. Am 12.12.2019, zwischen 10:20 und etwa 10:23 Uhr, wurde von KontrInsp XXXX eine Anfrage für eine Sammelrückführung nach Georgien/Armenien am 13.02.2020 an die Airbroker XXXX , XXXX und XXXX verschickt.

Am 02.01.2020, um 12:40 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 71.900 (Option 1) bzw. € 78.900 (Option 2).

Am 07.01.2020, um 15:24 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 78.800. Dieses wurde als „Angebot 1“ bezeichnet, allerdings wurde in der E-Mail vom 07.01.2020 auf einen „besseren Preis“ Bezug genommen und ein E-Mail vom 18.12.2019 der XXXX weitergeleitet, aus der eine vorherige Angebotslegung (jedoch ohne konkrete Höhe) hervorgeht.

Am 08.01.2020, um 13:55 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 78.650.

Mit E-Mail vom 08.01.2020, um 14:08 Uhr, wurde dem Airbroker XXXX von KontrInsp XXXX mitgeteilt, dass sich das Bundesamt für diesen entschieden habe und um Übersendung der Verträge ersuche.

1.9. Am 13.05.2020, zwischen 10:23 und 10:29 Uhr, wurde von KontrInsp XXXX jeweils eine Anfrage für eine (in weiterer Folge stornierte) Sammelrückführung nach Nigeria am 25.06.2020 an die Airbroker XXXX , XXXX und XXXX verschickt.

Am 18.05.2020, um 12:55 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 216.200 (Option 1), bzw. € 221.200 (Option 2), bzw. € 228.200 (Option 3), jeweils exklusive Catering.

Ebenfalls am 18.05.2020, um 13:07 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses belief sich auf € 295.000 inklusive aller Steuern und Catering.

Am 19.05.2020, um 14:29 Uhr, langte das Angebot des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein; dieses wurde in drei Optionen gestellt und belief sich je nach Option auf € 279.000, € 290.000 bzw. € 249.000. Ein mit 20.05.2020 datiertes Angebot der XXXX beläuft sich auf € 285.000.

Mit E-Mail vom 20.05.2020, um 13:00 Uhr, wurde dem Airbroker XXXX von KontrInsp XXXX mitgeteilt, dass sich das Bundesamt für dessen Angebot in der Höhe von € 279.000 entschieden habe und um Übersendung der Verträge ersuche.

Nach entsprechender Nachfrage durch die Referatsleitung, warum nicht zugunsten des Billigstbieters entschieden wurde, sei KontrInsp XXXX die Weisung erteilt worden, die Zusage zu widerrufen. In weiterer Folge langten weitere Angebote des Airbrokers XXXX beim Bundesamt ein, nämlich am 21.05.2020, um 21:05 Uhr, ein Angebot in der Höhe von € 221.100 („Angebot 5“) bzw. € 223.000 („Angebot 6“) und am 27.05.2020, um 16:59 Uhr, ein Angebot in der Höhe von € 221.100 („Angebot 7“).

Mit E-Mail vom 02.06.2020, um 15:55 Uhr, wurde dem Airbroker XXXX von KontrInsp XXXX mitgeteilt, dass sich das Bundesamt nunmehr für dessen Angebot in der Höhe von € 221.100 entschieden habe und um Übersendung der Verträge ersuche.

1.10. Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wird gegen KontrInsp XXXX (unter anderem) wegen der unter 1.4. bis 1.9. geführten Vorfälle (unter anderem) wegen des Verdachts der Weitergabe der Angebotsdetails insbesondere des Airbrokers XXXX an seine Konkurrenten ein Ermittlungsverfahren geführt, in dem es am 15.01.2021 zu einer Durchsuchung an den Wohnanschriften des KontInsp XXXX und an seinem Arbeitsplatz gekommen ist. Das Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

1.11. In einer vor dem Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung am 07.12.2020 erfolgten zeugenschaftlichen Einvernahme führte XXXX , der Vorgesetzte des KontrInsp XXXX , an, dass es im Verlauf des Sommers 2020 zu internen Revisionen gekommen sei, für die neben den (oben unter 1.4. bis 1.9. festgestellten) „Unregelmäßigkeiten bei der Chartervergabe auch die schon länger im Raum stehenden Naheverhältnisse von XXXX zu Mitarbeitern, der von uns beauftragten Airbroker-Gesellschaften“ Anlass gewesen sei.

1.12. KontrInsp. XXXX hat keine auf der Hand liegenden und ohne aufwendiges Ermittlungsverfahren festzustellenden Einstellungsgründe geltend gemacht.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich aus der Aktenlage, diesen wurde nicht widersprochen.

2.2. Die Feststellungen zu 1.2. ergeben sich aus der Aktenlage, diesen wurde nicht widersprochen. Insbesondere erfolgte durch den Beschwerdeführer keine Vergabe von Sammelrückführungen, er hat nur die Vorbereitungshandlungen – nach seinen Schil-derungen im Wesentlichen ohne die Durchführung von entsprechender Dienstaufsicht – durchgeführt.

2.3. Die Feststellungen zu 1.3. ergeben sich aus der Aktenlage und den Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, wo dieser, zu seinem Verhältnis zu XXXX befragt angegeben hat, dass er diese Personen auch privat kenne und mit ersterem einmal auf Familienurlaub in Malaga gewesen sei sowie mit diesem zweimal eine Segelyacht gechartert habe während er mit letzterem zweimal bei einem Fußballspiel, einmal in Wien, einmal in München gewesen sei. Dass der Beschwerdeführer angab, alle Kosten jeweils selbst bezahlt zu haben und XXXX sogar einmal eingeladen zu haben, spielt hier keine Rolle, weil es nur um die Feststellung zur Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer einerseits und XXXX andererseits geht.

2.4. Die Feststellungen zu 1.4. bis 1.9. ergeben sich aus der Aktenlage, im Disziplinarakt sind die oben getroffenen Feststellungen durch die einliegenden E-Mails nachvollziehbar, lediglich hinsichtlich der Auftragsvergabe und Votumslegung zum unter 1.5. festgestellten Vorgang sowie zur hinsichtlich des unter 1.9. festgestellten Vorgangs erteilten Weisung ist auf die Ausführungen in der Zusammenfassung des Dienstvorgesetzten zu verweisen.

2.5. Die Feststellungen zu 1.10. ergeben sich aus der Aktenlage sowie aus den Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Anzumerken ist, dass die Datierung des Sicherstellungsprotokolls des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung vom 15.01.2021 mit „2020“ (AS 161) offensichtlich ein Irrtum ist, da die Durchsuchung im Jänner 2020 nicht mit der restlichen Aktenlage in Einklang zu bringen wäre (und im betreffenden Protokoll selbst als „Zeit der Amtshandlung“ der 15.01.2021 angegeben wird) und laut dem Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.01.2021 die gleichzeitige Durchsuchung bzw. Amtshilfe im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15.01.2021 stattfand.

2.6. Die Feststellungen zu 1.11. ergeben sich aus der im Akt einliegenden, dem Beschwerdeführer bekannten Niederschrift des Vorgesetzten XXXX bei der Sicherheitsbehörde, die zu 1.12. aus der Aktenlage, insbesondere den Beschwerden und der Stellungnahme vom 10.03.2021.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu I. und II. A)

3.1. Zur Rechtslage:

Gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung einer Beamtin oder eines Beamten zu verfügen, wenn durch ihre oder seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden.

Gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 ist jede vorläufige Suspendierung unverzüglich der Bundesdisziplinarbehörde mitzuteilen, die über die Suspendierung innerhalb eines Monats zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde oder des Bundesverwaltungsgerichts über die Suspendierung. Ab dem Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Bundesdisziplinarbehörde hat diese bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.

Gemäß § 112 Abs. 4 1. Satz BDG 1979 hat jede Suspendierung, auch eine vorläufige, die Kürzung des Monatsbezuges der Beamtin oder des Beamten auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge.

3.2. Zu den vorliegenden Beschwerden:

Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18.01.2021, Zl. 2021-0.032.774, zugestellt und somit erlassen am 20.01.2021, vorläufig und mit Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 15.03.2021, Zl. 2021-0.057.417 (Suspendierung), Senat 26, zugestellt und somit erlassen am 17.03.2021, (endgültig) vom Dienst suspendiert wurde.

Da gegen den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 15.03.2021, Zl. 2021-0.057.417 (Suspendierung), Senat 26, rechtzeitig Beschwerde erhoben wurde, befindet sich der Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18.01.2021, Zl. 2021-0.032.774, bis zur Erlassung dieses Erkenntnisses im Rechtsbestand – die vorläufige Suspendierung endet erst mit rechtskräftiger Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde oder des Bundesverwaltungsgerichts über die Suspendierung; eine solche lag bis zur Erlassung dieses Erkenntnisses nicht vor, da gegen den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 15.03.2021, Zl. 2021-0.057.417 (Suspendierung), Senat 26, rechtzeitig Beschwerde erhoben wurde.

Darüber hinaus hat die vorläufige Suspendierung, so die (endgültige) Suspendierung verhängt wurde, weiterhin Wirkung, da diesfalls der Monatsbezug des Beschwerdeführers auf zwei Drittel gekürzt wird. Darüber hinaus kommt dem Interesse des Beschwerdeführers an der Ausübung seines Dienstes auch während der Dauer der vorläufigen Suspendierung Bedeutung zu (VwGH 22.02.2001, AW 2001/09/0003).

Die Beschwerden sind daher zulässig und auch rechtzeitig.

3.3. Zur Verbindung der Entscheidung über die Beschwerden gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18.01.2021, Zl. 2021-0.032.774, und den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 15.03.2021, Zl. 2021-0.057.417 (Suspendierung), Senat 26:

Da die Voraussetzungen für die vorläufige und die (endgültige) Suspendierung – siehe hiezu oben 3.1. – die gleichen sind und das Bundesverwaltungsgericht über beide Beschwerden unter Berücksichtigung der zum Entscheidungszeitpunkt bestehenden Sach- und Rechtslage zu entscheiden hat (VwGH VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076), sind die Verfahren zu verbinden und unter einem zu entscheiden.

3.4. Voraussetzungen für eine (vorläufige) Suspendierung:

Im Suspendierungsverfahren genügt es zur Rechtfertigung des Ausspruchs einer Suspendierung, wenn gegen den Beschuldigten ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht, die "ihrer Art nach" geeignet ist, das Ansehen des Amtes oder wesentliche dienstliche Interessen zu gefährden (VwGH 24.04.2014, 2013/09/0195).

Es muss daher ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung oder mehrerer Dienstpflichtverletzungen bestehen, die geeignet sind das Ansehen des Amtes oder wesentliche dienstliche Interessen zu gefährden. Ein "begründeter Verdacht" liegt vor, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der endgültigen Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der das Disziplinarverfahren abschließenden Entscheidung eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. (VwGH 24.04.2014, 2013/09/0195, VwGH 23.04.2013, 2012/09/0072) Es braucht nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat (VwGH 23.04.2013, 2012/09/0072). Allerdings genügt es nicht, dass die Behörde den Tatverdacht gegen den Beamten ausschließlich damit begründet, dass gegen diesen ein gerichtliches Strafverfahren anhängig sei. Ob der Beamte schuldhaft vorgegangen ist oder ob seine Fehlleistungen ausschließlich die Folgen einer disziplinär noch nicht vorwerfbaren nachlässigen Arbeitsweise gewesen sind, ist im Disziplinarverfahren zu klären. Es sagt dies über bzw. gegen das Vorliegen eines begründeten Verdachtes schuldhaften Verhaltens nichts aus (VwGH 05.04.1990, 90/09/0008). Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen zur Verfügung der Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die von § 112 Abs. 1 BDG 1979 geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt (VwGH 09.11.2009, 2008/09/0298).

Wie sich aus den Feststellungen zu 1.4. sowie 1.6. bis 1.9. ergibt, hat vor allem der Airbroker XXXX , aber auch der Airbroker XXXX regelmäßig nach dem Airbroker XXXX sein letztgültiges Angebot abgegeben und war immer – trotz Auftragssummen zwischen rund € 70.000 bis rund € 250.000 – um wenige hundert Euro billiger als das Angebot von XXXX und das Angebot des jeweils unterliegenden anderen Airbroker der beiden oben genannten.

Dies stellt sich folgendermaßen dar:

?        Charter nach Nigeria/Gambia am 16.05.2019 (2. Angebotsrunde): letztes Angebot von XXXX am 15.03.2019, Auftragssumme: € 271.900, um € 200 billiger als das am 13.03.2019 eingegangene Angebot von XXXX ;

?        Charter nach Nigeria/Gambia am 19.02.2020: letztes Angebot von XXXX am 12.12.2019 und von XXXX am 04.12.2019, Auftragssumme: € 247.500, jeweils gleichhoch und um € 400 billiger als das am 03.12.2019 eingegangene Angebot von XXXX ;

?        Charter nach Nigeria/Gambia am 19.03.2020: letztes Angebot von XXXX am 07.01.2020 und (nachgebessert) von XXXX am 08.01.2020, Auftragssumme: € 275.300, jeweils gleichhoch und um € 2.700 billiger als das am 02.01.2020 eingelangte Angebot von XXXX ;

?        Charter nach Georgien/Armenien am 13.02.2020: letztes Angebot von XXXX am 08.01.2020 (€78.650) und von XXXX vom 07.01.2020, Auftragssumme: € 78.800, um € 250 bzw. € 100 billiger als das am 02.01.2020 eingelangte Angebot von XXXX ;

?        Für 25.06.2020 geplanter Charter nach Nigeria: letztes Angebot von XXXX am 27.05.2020, Auftragssumme: € 221.100, um € 100 billiger als das bereits am 18.05.2020 eingelangte Angebot von XXXX .

Unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer mit den zwei Verantwortlichen von XXXX und XXXX mehr oder weniger enge private Kontakte pflegt, die insbesondere hinsichtlich des Verantwortlichen von XXXX über das professionelle Maß hinausgehen – hier wurden schon mehrere gemeinsame Urlaube verbracht – und im Lichte dessen, dass die Angebote von XXXX und XXXX – mit Ausnahme des Charters nach Nigeria/Gambia am 19.03.2020 – immer nur wenige hundert Euro unter dem Angebot des Airbrokers XXXX liegen und immer nach diesem Angebot erstattet werden, ist der Verdacht, dass der Beschwerdeführer die Angebotshöhe des letztgenannten Airbrokers an die (ihm persönlich näher bekannten) Verantwortlichen von XXXX und XXXX weitergegeben hat, lebensnahe, naheliegend und hinreichend.

Gemäß § 46 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist, gegenüber jedermann, dem er über solche Tatsachen nicht eine amtliche Mitteilung zu machen hat, zur Verschwiegenheit verpflichtet (Amtsverschwiegenheit).

Dadurch, dass der Beschwerdeführer in Verdacht steht, die Angebote insbesondere der XXXX an die oben genannten Mitbewerber weitergegeben zu haben, steht er im Verdacht, hinsichtlich ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen, nämlich die jeweilige Höhe des Angebotes der XXXX , deren Geheimhaltung (zumindest) jedenfalls im Interesse der XXXX gelegen ist, an die Konkurrenz weitergegeben zu haben. Dies würde eine (schwerwiegende) Dienstpflichtverletzung darstellen, sodass der Verdacht von deren Begehung durch den Beschwerdeführer besteht.

Wenn in der Beschwerde vom 14.04.2021 gerügt wird, dass die Bekanntschaft mit zwei Vertretern von Charterunternehmen weder gesetzwidrig noch geeignet sei, eine Suspendierung zu rechtfertigen, mag dies zutreffen (wobei es unter Umständen zu den Dienstpflichten eines Beamten gehören kann, sich privater Beziehungen zu von ihm regelmäßig „zu beamtshandelnder“ Personen zu enthalten), wieso diese Beziehungen aber nicht zur Begründung der Verdachtslage herangezogen werden dürfen, wie dies die Beschwerde vermeint, entzieht sich dem Bundesverwaltungsgericht, weil solche nahen persönlichen Beziehungen der Lebenserfahrung nach regelmäßig das Motiv für gerade solches wie hier im Verdachtsbereich vorgehaltenes Verhalten darstellen.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer hinsichtlich der Charterabschiebung nach Nigeria/Gambia am 27.06.2019 aus nicht nachvollziehbaren Gründen das - als günstigstes - anzusehende Angebot der XXXX (€ 325.400) im Votum des Aktes als verspätet vermerkt, während er das sechs Tage später eingelangte Angebot der XXXX (€ 429.500) im Votum erwähnt hat. Dies hat zur Vergabe des Auftrages an den Airbroker XXXX (€ 343.000) geführt. Zwar ist die Vergabe nicht durch den Beschwerdeführer, sondern durch den Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erfolgt (hier irrt die Bundesdisziplinarbehörde, wenn sie dem Beschwerdeführer die unrichtige Vergabe vorhält, er hat diese allenfalls vorbereitet), aber wäre es Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, seinem mittelbaren Vorgesetzten, den Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, durch korrekte Vorbereitung die richtige Entscheidung zu ermöglichen.

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen, gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 hat der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

Träfe der Verdacht zu, hätte der Beschwerdeführer seine Aufgaben diesfalls in Bezug auf den gegenständlichen Geschäftsfall weder unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung noch treu und gewissenhaft wahrgenommen, da er durch sein Verhalten dafür gesorgt hätte, dass nicht der billigste Bieter zum Zug gekommen wäre. Weiters hätte er seinen Vorgesetzten über die Tatsache, dass XXXX der Billigstbieter war, getäuscht und somit mit Sicherheit nicht unterstützt. Daher liegt der Verdacht der Dienstpflichtverletzungen nach §§ 43 Abs. 1, 44 Abs. 1 BDG 1979 vor.

Selbiges gilt im Wesentlichen für die (später stornierte) Sammelrückführung nach Nigeria im Juni 2020, da sich der Beschwerdeführer hier im Verdachtsbereich entschieden hat, das billigste Angebot, wiederum das Angebot der XXXX (€ 221.200) zu ignorieren und (vorerst) dem Airbroker XXXX mitgeteilt hat, dass dessen Angebot (€ 279.000) zum Zug kommen werde, was im Regelfall zu einer Auftragsvergabe an diesen geführt hätte. Nur durch das Eingreifen der Referatsleitung konnte diese Auftragsvergabe vorerst verhindert werden. In weiterer Folge legte der Airbroker XXXX ein Angebot in der Höhe von € 221.100 vor und teilte der Beschwerdeführer diesem mit, dass sich das Bundesamt für dessen Angebot entschieden habe.

Illustrierend sei darauf hingewiesen, dass auch der Umstand, dass im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren Zwangsmaßnahmen gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigter – nämlich die Durchführung einer Hausdurchsuchung – gesetzt wurden, für das Vorliegen des gegenständlichen Tatverdachtes spricht; hinreichend begründet ist dieser Verdacht aber auch ohne diesen Umstand.

Insgesamt zeichnet sich daher im Verdachtsbereich das Bild eines Beamten, der seine Rechtstellung nützt, um dem ihn persönlich näher bekannten Airbrokern Aufträge zuzuschanzen, sei es durch Weitergabe von Informationen, sei es durch Manipulation der Akten. Dies steht zwar – und das ist ausdrücklich festzuhalten – erst im Verdachtsbereich fest, stellt aber selbst unter Bedachtnahme darauf, dass die Vorgesetzten bzw. die Behörde Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, jedenfalls bis zu den angelasteten Taten, es unterlassen haben, ein dem BVerG entsprechendes Ausschreibungsverfahren zu etablieren, den Verdacht einer so schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung fest, dass das Belassen des Beschwerdeführers im Dienst das Ansehen des Amtes gefährden würde.

Wenn der Beschwerdeführer den Verdacht in der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18.01.2021 daher als haltlos bezeichnet, kann dem nicht gefolgt werden. Auch ändert der Umstand, dass keine konkreten Regelungen für die Durchführung der „Vergabe“ vorhanden waren, nichts am oben dargestellten Verdacht der Dienstpflichtverletzung und kann dem Argument, der Beschwerdeführer habe stets im Sinne der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit gehandelt, nicht gefolgt werden. Weiters wird dem Beschwerdeführer – er ist kein Jurist – nicht vorgeworfen, dass er sich bei den Vergaben außerhalb des Rahmens des BVerG bewegt hat; dies ist allenfalls den rechtskundigen Vorgesetzten des Beschwerdeführers vorzuwerfen. Ebenso spielt es im Lichte der obigen Vorwürfe keine Rolle, auf welche Weise die Verträge zustande gekommen sind bzw. zustande hätten kommen sollen, ob das Verfahren von Transparenz (die konträr zur Amtsverschwiegenheit steht) geprägt war und Österreich europaweit die günstigsten Flüge zustande gebracht hat.

Hinsichtlich der Kritik an den Aussagen des Vorgesetzten des Beschwerdeführers ist dieser darauf zu verweisen, dass der Umstand, ob sich der für die Suspendierung herangezogene Vorfall so ereignet hat, wie dies von den Belastungszeugen dargestellt wurde, erst im Disziplinarverfahren zu prüfen ist (VwGH 06.11.2012, 2012/09/0036).

Mangels näherer Ausführungen kann das Bundesverwaltungsgericht auch dem Argument, die Angebote des Airbrokers XXXX seien mangelhaft gewesen, nicht folgen, zumal diese inhaltlich bzw. hinsichtlich der Aussagekraft zumindest den Angeboten von XXXX entsprochen haben.

Ob der Beschwerdeführer für die im Verdachtsbereich festgestellten Dienstpflichtverletzungen Geld genommen hat oder nicht, spielt für die Frage der Suspendierung keine Rolle. Die persönliche Nahebeziehung zu den Verantwortlichen von XXXX und XXXX hat er selbst zugestanden.

Die Gegenausführungen zum geplanten Charter nach Nigeria im (März, Mai und) Juni 2020 müssen auf das Disziplinarverfahren verwiesen werden, da es für die diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers keine Hinweise im Akt gibt, ob diese Verschiebungen bzw. diese Stornierung oder das Verhalten des Beschwerdeführers Grund für die innere Revision war, spielt für das gegenständliche Verfahren keine Rolle. Darüber hinaus ist eine bloße Gegendarstellung nicht ausreichend, den gegen den Beamten bestehenden Verdacht zu erschüttern bzw. die Rechtswidrigkeit des im Verdachtsbereich ergangenen angefochtenen Bescheides über die Suspendierung darzutun (VwGH 07.07.1999, 97/09/0181; VwGH 27.10.1999, 97/09/0204).

Selbiges gilt für die Gegenausführungen in der Stellungnahme vom 10.03.2021 und der Beschwerde vom 14.04.2021 gegen den Bescheid des Bundesdisziplinarbehörde vom 15.03.2021; die Ausführungen sind Gegenbehauptungen, die nicht durch Beweismittel unterlegt sind oder die nicht offensichtlich den Verdacht entkräften bzw. den Vorgang so erklären, dass dieser offensichtlich als richtig zu erkennen ist, zumal im Wesentlichen darauf hingewiesen wird, dass das billigste Angebot vorgeschlagen wurde, ohne auf den jeweiligen Vorwurf der Informationsweitergabe hinsichtlich der Angebote der anderen Airbroker einzugehen. Die Ausführungen in der Beschwerde zum Nigeria/Gambia-Charter vom 27.06.2019 entsprechen nicht der Aktenlage, da das Angebot der XXXX nicht offensichtlich zu spät eingegangen ist (siehe Feststellungen und Ausführungen oben). Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass die geringen Preisdifferenzen auch bei anderen Charter-Referenten vorkommen, wird dies im Disziplinarverfahren zu überprüfen sein. Der Beschwerdeführer hat zum jetzigen Zeitpunkt diesen Umstand nur behauptet und nicht bewiesen, entsprechende Erhebungen sind aber Sache des Disziplinar- und nicht des Suspendierungsverfahrens. Selbiges gilt hinsichtlich der Vorwürfe zum Nigeria-Charter vom 25.06.2020.

Selbiges gilt schließlich auch für die Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Auch hier wurden nur allgemeine, nicht durch aus der Aktenlage oder auf Grund von in der Verhandlung vorgelegten Beweisen überprüfbare Aussagen getätigt und noch dazu waren manche Teile der Verantwortung des Beschwerdeführers widersprüchlich, wie etwa die Ausführungen zu Punkt 3 des Bescheides zur Frage, ob XXXX über München geflogen wäre oder nicht.

Hinsichtlich der – nicht relevanten – Frage, ob der Einsatz des Beschwerdeführers in einem anderen Bereich des Bundesministeriums für Inneres der Suspendierung vorzuziehen gewesen wäre, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (VwGH 24.05.1995, 94/09/0105), nach der diese Frage nicht zu prüfen ist.

Soweit der Beschwerdeführer die Mängel in den Vorgaben bei der Organisation von Charterabschiebungen aufzeigt, mag er im Recht sein, die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit, die Verpflichtung seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu und gewissenhaft zu besorgen und die Verpflichtung, seine Vorgesetzten zu unterstützen trifft ihn aber schon ex lege und bedarf keiner behördeninternen Vorgaben.

Soweit der Beschwerdeführer Mängel im Verfahren vor den Behörden rügt, ist er darauf zu verweisen, dass diese durch ein mangelfreies Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geheilt werden; dem Beschwerdeführer wurde schon durch die Bundesdisziplinarbehörde der wesentliche – auch dieser Entscheidung zu Grunde gelegte – Akteninhalt zugestellt, sodass das Parteiengehör schon vor der mündlichen Verhandlung gewahrt war. In der mündlichen Verhandlung hatte der Beschwerdeführer mit diesem Wissen die Möglichkeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Daher liegt nunmehr ein mängelfreies Verfahren vor. Soweit die Ermittlung des relevanten Sachverhaltes gerügt und entsprechende Beweisanträge gestellt werden, verkennt der Beschwerdeführer den Inhalt des Suspendierungsverfahrens; es ist vom Bundesverwaltungsgericht und zuvor von der Behörde der Akteninhalt zu prüfen und dem Betroffenen die Möglichkeit zu einer Äußerung zu geben, Beweisaufnahmen bleiben aber dem Disziplinarverfahren vorbehalten. Soweit der der Beamte keine offenkundigen, auf der Hand liegenden und ohne aufwendiges Ermittlungsverfahren festzustellenden Einstellungsgründe geltend gemacht hat, sondern sein Vorbringen vielmehr typisch auf die Klärung jener Fragen abzielt, die im Disziplinarverfahren abschließend zu beurteilen sind, beruht es also auf der Verwechslung der Funktion des Suspendierungsverfahrens mit der des Disziplinarverfahrens im engeren Sinn; so ist es nicht rechtswidrig, wenn ohne nähere Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen vom Vorliegen einer Verdachtssituation ausgegangen wird (VwGH 18.09.2008, 2007/09/0383). Das gilt auch für die in der Beschwerde vom 14.04.2021 unter 3.3. dargelegten Beweise bzw. Rügen hinsichtlich mangelhafter Ermittlungen der Behörde (etwa: Beschwerde vom 14.04.2021, Pkt. 3.3.).

Richtig ist, dass die Bundesdisziplinarbehörde den Beschwerdeführer zu hören hat bzw. ihm Parteiengehör einzuräumen hat; dies ist hier aber einerseits erfolgt und andererseits jedenfalls durch die Äußerungsmöglichkeit in der mündlichen Verhandlung saniert.

Soweit der Beschwerdeführer eine gegen ihn geführte Intrige als Grund für seine Suspendierung sieht, ist er auf das eben ausgeführte sowie auf die gerichtliche Strafbarkeit einer vorsätzlich falschen Beschuldigung mit einer Dienstpflichtverletzung zu verweisen (§ 297 StGB), die diesfalls die Anzeiger treffen würde.

Daher sind auch die Beweisanträge, die auf eine weitere Klärung (und ggf. Ausräumung) des vorliegenden Verdachtes abzielen, als nicht die Sache des Suspendierungsverfahrens treffend abzuweisen. Es kommt auf sie in diesem Verfahren nicht an.

Daher sind beide Beschwerden abzuweisen, wobei die Sprüche jeweils auf den Verdacht einzuengen bzw. zu konkretisieren sind, der sich für das Bundesverwaltungsgericht augenscheinlich ergibt. Dies stellt kein Präjudiz für die noch ausstehende Einleitung des Disziplinarverfahrens dar, mit Ausnahme dessen, dass der Verdacht hinsichtlich der im Spruch genannten Dienstpflichtverletzungen rechtskräftig festgestellt wurde und diesbezüglich die Behörde - so das gegenständliche Erkenntis im Rechtsbestand ist - bei gleicher Sach- und Rechtslage bindet.

Zu I. und II. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter A) die relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargestellt, beachtet und seiner Entscheidung unterstellt. Eine grundsätzliche Rechtsfrage kann es daher nicht erkennen.

Schlagworte

Amtsverschwiegenheit Ansehen des Amtes Auftragsvergabe Beamter Dienstpflichtverletzung Disziplinarverfahren Ermittlungsverfahren Exekutivdienst Parteiengehör Schwere der Dienstpflichtverletzung Spruchpunkt - Abänderung Strafverfahren Suspendierung Verdacht Verdachtslage Verfahrensverbindung wesentliche Interessen des Dienstes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2241671.1.00

Im RIS seit

01.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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