TE Bvwg Beschluss 2021/8/26 W195 2244558-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.08.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.08.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
EO §68
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W195 2244558-1/2E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX gegen die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Vollzugsorgan des Bezirksgerichtes XXXX am 01.07.2021 beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.) Mit E-Mail, eingelangt am Landesverwaltungsgericht Tirol am 02.07.2021, erhob XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und führte darin aus, sich gegen das Verhalten des Gerichtsvollziehers des Bezirksgerichtes Kitzbühel, Herrn XXXX , im Zuge der Vornahme einer Vollzugshandlung nach der Exekutionsordnung, in mehreren Punkten zu beschweren.

Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen kurz zusammengefasst vor, dass sich der Gerichtsvollzieher nicht an das geltende Exekutionsrecht und das Corona-Maßnahmengesetz gehalten habe und er seine Behauptungen auch via Videobeweis darlegen könne. Darüber hinaus habe er auch Eigentum des Beschwerdeführers im Rahmen der Vornahme seiner Vollzugshandlung beschädigt.

2.) Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts XXXX vom 16.07.2021, XXXX , hat das Landesverwaltungsgericht Tirol die Maßnahmenbeschwerde des Beschwerdeführers gemäß § 17 VwGVG iVm § 6 Abs 1 AVG an das Bundesverwaltungsgericht abgetreten (Spruchpunkt 1.) und die (ordentliche) Revision gemäß Art. 144 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt 2.).

Begründend führte des Landesverwaltungsgericht hiezu kurz zusammengefasst aus, dass Angelegenheiten des Zivilrechtswesens, zu denen auch der Vollzug nach der Exekutionsordnung (EO) zähle, gemäß Art. 10 Z 6 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sei. Das Bundesverwaltungsgericht sei gemäß Art. 131 Abs. 2 erster Satz B-VG zuständig für alle Arten von Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Rechtssachen, die in die Vollziehungskompetenz des Bundes fallen und in unmittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden. Die gegenständliche Vollzugshandlung sei dem Kompetenztatbestand des „Zivilrechtswesens“ iSd Art. 10 Z 6 B-VG zuzurechnen und stelle folglich eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung dar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter I.A erfolgte Darstellung des Verfahrensganges ergibt sich aus der Maßnahmenbeschwerde vom 01.07.2021, der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes XXXX vom 16.07.2021, XXXX , sowie dem übrigen Akteninhalt. Ein Widerspruch hinsichtlich des Verfahrensganges in der Beschwerde und der ergangenen Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes XXXX konnte nicht festgestellt werden; es haben sich auch keine Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Schriftstücke ergeben oder wäre dies behauptet worden. Es wird somit der dargestellte Verfahrensgang als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die unter I. erfolgte Darstellung des Verfahrensganges ergibt sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht übermittelten Unterlagen, insbesondere der Beschwerde vom 01.07.2021, der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes XXXX vom 16.07.2021, XXXX , sowie dem übrigen Akteninhalt. Offensichtliche Widersprüche, insbesondere zum Vorbringen in der Beschwerde, liegen nicht vor, sodass der Sachverhalt im ausreichenden Maße für eine (kompetenzrechtliche) Beurteilung dargestellt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.1. Maßgebliche Rechtslage

Gemäß Art. 129 B-VG besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3). Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes, soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Die Zuständigkeiten, die den Verwaltungsgerichten von Verfassung wegen zukommen, sind in Art. 130 Abs. 1 B-VG geregelt. Darüber hinaus ist es gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG möglich, durch Bundes- oder Landesgesetz sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze (Z 1) oder Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens (Z 2) oder Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten (Z 3) oder Beschwerden, Streitigkeiten oder Anträge in sonstigen Angelegenheiten (Z 4) vorzusehen.

Gemäß Art. 94 Abs. 2 B-VG kann durch Bundes- oder Landesgesetz in einzelnen Angelegenheiten anstelle der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein Instanzenzug von der Verwaltungsbehörde an die ordentlichen Gerichte vorgesehen werden. In den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, sowie in den Angelegenheiten der Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 dürfen Bundesgesetze gemäß dem ersten Satz nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden. Für Landesgesetze gemäß dem ersten Satz gilt Art. 97 Abs. 2 sinngemäß.

Gemäß § 68 Exekutionsordnung (EO) kann sich derjenige, der sich durch einen Vorgang des Exekutionsvollzugs, insbesondere durch eine Amtshandlung des Vollstreckungsorgans oder des Verwalters oder durch die Verweigerung einer Exekutionshandlung, für beschwert erachtet, vom Exekutionsgericht Abhilfe verlangen. Die Vollzugsbeschwerde ist dabei innerhalb von 14 Tagen nach Kenntnis vom Exekutionsvollzug oder von der Verweigerung der Exekutionshandlung einzubringen.

Zuständig für eine sogenannte Vollzugsbeschwerde sind iSd § 68 EO ausschließlich ordentliche, nicht jedoch Verwaltungsgerichte.

Diesbezüglich sei auch auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.12.1993 verwiesen, wonach dem Beschwerdeführer gegen den gerügten Vorgang des Exekutionsvollzuges das Instrument der Vollzugsbeschwerde zur Verfügung gestanden wäre und der UVS sohin mit einer Zurückweisung der an ihn erhobenen Maßnahmenbeschwerde hätte vorgehen müssen. Eine meritorische Entscheidung des UVS erweist sich als unzulässig (VwGH vom 17.12.1993, 92/15/0117).

Würde bei sämtlichen Handlungen der Justiz ohne Unterschied, ob diese der ordentlichen oder der Verwaltungsgerichtsbarkeit zugeordnet werden, nur auf die Kompetenzzugehörigkeit des Art. 10 Z 6 B-VG bzw. dessen Auflistung in Art. 102 Abs. 2 B-VG („Justizwesen“) abgestellt werden, wäre eine Unterscheidung zwischen ordentlicher und Verwaltungsgerichtsbarkeit obsolet und fielen diese aufgrund ihres unmittelbaren Vollzugs durch Bundesorgane in die (ausschließliche) Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes. Dieser Argumentation kann schon aus dem Grund nicht gefolgt werden, zumal der Kompetenztatbestand selbst, insbesondere in Bezug auf das Strafrechtswesen, eine Unterscheidung zwischen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und dem Verwaltungsstrafrecht vornimmt und hat diese Unterscheidung daher auch in den einzelnen zum „Justizwesen“ zählenden Rechtsbereichen/-materien zu gelten.

Die förmliche Beschlussfassung ist im gegenständlichen Fall schon deshalb geboten, weil der gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 3 B-VG über Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsgerichten erkennende Verwaltungsgerichtshof nur dann in einem allfälligen Revisionsverfahren die Zuständigkeit bindend beurteilen kann, wenn diese zuvor von einem Verwaltungsgericht „in einer in den Verfahrensgesetzen vorgesehenen Form (Beschluss über die Zurückweisung wegen Unzuständigkeit oder Erkenntnis in der Sache bzw. Zurückweisung aus anderen Gründen oder Einstellung unter Bejahung der Zuständigkeit)“ getroffen wurde (vgl. dazu VwGH 18.02.2015, Ko 2015/03/0001 bzw. VwGH 24.06.2015, Ra 2015/04/0035).

Da die vorliegende Beschwerde mittel Beschluss zurückzuweisen war, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) Anm 7 zu § 24 VwGVG mwN).


Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die vorliegende Entscheidung hat die Zurückweisung der Beschwerde infolge Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zum Inhalt und folgt dabei der bisher hierzu ergangenen (einschlägigen) oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass schon deshalb nicht von einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, ausgegangen werden kann.

Schlagworte

Exekutionsverfahren Gerichtsvollzieher Maßnahmenbeschwerde Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2244558.1.00

Im RIS seit

01.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten