TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/28 I410 2011758-7

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Veröffentlicht am 28.05.2021
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Entscheidungsdatum

28.05.2021

Norm

AVG §78 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
BVwAbgV §1 Abs1
EMRK Art8
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §60
FPG §60 Abs1
FPG §60 Abs2
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I410 2011758-7/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Eva LECHNER, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geboren am XXXX (alias XXXX ), Staatsangehörigkeit Nigeria (alias Kamerun), vertreten durch RA Mag. Hubert WAGNER, LL.M., Wattmanngasse 8/6, 1130 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.04.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom 21.01.2021 nicht zurückgewiesen, sondern als unbegründet abgewiesen wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2019 wurde der dritte Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zugleich wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPFG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde dem Beschwerdeführer keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt und überdies gegen ihn gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid wurde ordnungsgemäß und nachweislich am 16.01.2019 dem damals zustellbevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers und am 18.01.2019 dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 12.03.2019, I420 2011758-4/7E, die gegen den Bescheid vom 14.01.2019 erhobene Beschwerde als verspätet zurückgewiesen und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen. Dieser Beschluss erwuchs mit seiner Zustellung am 12.03.2019 in Rechtskraft.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 03.10.2019, E 1349/2019-10, die Behandlung der gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.03.2019 eingebrachten Beschwerde abgelehnt und zuvor bereits, mit Beschluss vom 18.04.2019 dem Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen keine Folge gegeben, weil dem zwingende öffentliche Interessen entgegenstünden.

Mit Eingabe vom 21.01.2021 an die belangte Behörde stellte der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehrigen Rechtsvertretung den Antrag das im Jahr 2019 erlassene „Einreise- und Aufenthaltsverbot aufzuheben“. Weiters wurde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer seit nunmehr einem Jahr seiner Meldeverpflichtung in der PI XXXX nachkomme, dass er weiter unbescholten sei und sich um sein mj. Kind und seine Ehegattin, die wieder schwanger sei und ein Risikoschwangerschaft bettlägerig austrage, kümmere. Er sei durch das Einkommen und die Lebensumstände seiner Ehefrau abgesichert, er sei krankenversichert und es lege eine notariell beglaubigte Verpflichtungserklärung der Schwiegereltern vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 21.01.2021 „auf Aufhebung des mit Bescheid der BFA RD Wien vom 14.01.2019, Zahl XXXX gegen [ihn] erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 60 Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF zurückgewiesen“ (Spruchpunkt I.) und ihm zugleich gemäß „§ 78 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF“ aufgetragen, binnen einer Zahlungsfrist von vier Wochen Bundesverwaltungsabgaben in Höhe von EUR 6,50 zu entrichten (Spruchpunkt II.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht fristgerecht ausgereist sei und damit diese gesetzliche Voraussetzung für eine Aufhebung oder Herabsetzung des Einreiseverbotes nicht erfüllt sei.

Mit Schriftsatz vom 05.05.2021 wurde rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Inhaltlich wurde im Wesentlichen auf ein schützenswertes Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich mit seiner Ehefrau und einem gemeinsamen minderjährigen Sohn verwiesen. Weiters wurde ausgeführt, dass gerade aufgrund der täglichen und engen Betreuung und engen Bindung des Beschwerdeführers zu seinem Sohn der Antrag gem. § 60 Abs. 2 FPG von der Behörde nicht hätte abgewiesen werden dürfen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird – um Wiederholungen zu vermeiden – als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht nach und hält sich nach wie vor unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.

Dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht nachkam und sich nach wie vor unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ergibt sich aus den diesbezüglich getroffenen Feststellungen im bekämpften Bescheid, welchen in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

§ 60 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2021, lautet:

„Verkürzung, Gegenstandslosigkeit und Aufhebung

§ 60. (1) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(2) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(3) Die Rückkehrentscheidung wird gegenstandslos, wenn einem Drittstaatsangehörigen

1.       der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird;

2.       ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 erteilt wird.“

3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Zur Abweisung des Antrags auf Aufhebung des erlassenen Einreiseverbotes (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gegenständlich wurde gegen den Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 14.01.2019 eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf die Dauer von fünf Jahren befristeten Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG erlassen. Eine Frist für eine freiwillige Ausreise stand ihm dabei nicht zu. Da mit dem Bescheid vom 14.01.2019 der dritte Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden worden war, kam der gegen diesen Bescheid erhobenen – und in weiterer Folge mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.03.2019, Zl. I420 2011758-4/7E, rechtskräftig als verspätet zurückgewiesenen – Beschwerde gemäß § 16 Abs. 2 Z 1 BFA-VG keine aufschiebende Wirkung zu. Der Bescheid war somit ab dem Zeitpunkt der rechtswirksamen Zustellung, konkret dem 16.01.2019, durchsetzbar. Ab diesem Zeitpunkt wäre der Beschwerdeführer zum Verlassen des Gebietes der Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtet gewesen.

Dass der Beschwerdeführer, wie bereits von der belangten Behörde festgestellt wurde, das Bundesgebiet bzw. das Gebiet der Mitgliedstaaten trotz der ihn treffenden Ausreiseverpflichtung nicht verlassen hat, ist gegenständlich unstrittig.

Die Aufhebung eines Einreiseverbotes nach § 60 Abs. 1 FPG – wie auch die gegenständlich überhaupt nur in Frage kommende Verkürzung eines Einreiseverbotes nach § 60 Abs. 2 FPG – setzt allerdings voraus, dass der Beschwerdeführer das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Diese zwingende Erfolgsvoraussetzung einer fristgerechten Ausreise ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Schon aus diesem Grund war dem Antrag des Beschwerdeführers nicht statt zu geben. Dies wurde auch von der belangten Behörde in der Bescheidbegründung nachvollziehbar dargelegt.

Wenn die belangte Behörde daher im Spruch des bekämpften Bescheides den verfahrensgegenständlichen Antrag gemäß § 60 Abs. 2 FPG zurückgewiesen anstatt richtiger Weise abgewiesen hat, liegt darin offenbar nur ein Vergreifen im Ausdruck, sodass Spruchpunkt I insoweit zu korrigieren war.

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen betreffend das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wird auf die grundsätzliche Möglichkeit hingewiesen, bei zwingenden Gründen des Art. 8 EMRK, im Wege der Antragstellung nach § 55 AsylG die Gegenstandslosigkeit (§ 60 Abs. 3 Z 2 FPG) eines – mangels fristgerechter Ausreise keiner Verkürzung oder Aufhebung nach § 60 Abs. 1 oder 2 FPG zugänglichen – Einreiseverbotes zu erwirken (vgl. VfGH 29.02.2016, G534/2015).

3.2.2. Zur Vorschreibung von Bundesverwaltungsabgaben (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Die belangte Behörde sprach mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 78 AVG eine Verwaltungsabgabe in Höhe von Euro 6,50 binnen einer Zahlungsfrist von zwei Wochen zu entrichten habe.

Gemäß Tarifpost A Z 2 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung (BVwAbgV), BGBl. Nr. 235/1984 idgF BGBl. I Nr. 5/2008, haben Parteien für sonstige Amtshandlungen, die wesentlich in ihrem Privatinteresse liegen, soweit nicht eine andere Tarifpost zur Anwendung kommt, eine Bundesverwaltungsabgabe in der Höhe von Euro 6,50 zu entrichten.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom 21.01.2021 die Aufhebung des gegen ihn bestehenden Einreiseverbotes, somit die Erlassung eines ihn begünstigenden Verwaltungsaktes.

Auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung daher unterbleiben konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung Aufhebung Einreiseverbot freiwillige Ausreise Privat- und Familienleben Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Straftat Verkürzung des Einreiseverbotes Verwaltungsabgabe Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I410.2011758.7.00

Im RIS seit

30.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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