TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/17 LVwG-AV-1059/001-2021, LVwG-AV-1060/001-2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.08.2021
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Entscheidungsdatum

17.08.2021

Norm

GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §77
GewO 1994 §81
GewO 1994 §359 Abs1
BauO NÖ 2014 §6
BauO NÖ 2014 §48

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Mag. Wimmer als Einzelrichter über die Beschwerde der A und des B, beide wohnhaft in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 30.04.2021, Zl.en. *** und ***, betreffend eine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung (protokolliert zu LVwG-AV-1059/001-2021) und eine baurechtliche Bewilligung (protokolliert zu LVwG-AV-1060/001-2021) für die Änderung der Betriebsanlage der C Aktengesellschaft, im Standort ***, ***, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Aus Anlass der Beschwerdeentscheidung wird im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides unter Spruchpunkt A „Projektbeschreibung“ auf Seite 2, 3. Absatz, dem Satz „An Sonn- und Feiertagen wird dieser Teil der Betriebsanlage zwischen 06:00 Uhr und 22:00 Uhr als Kaffeeausschank/Bistro und Brötchenverkauf betrieben.“ Folgendes hinzugefügt:
„Dieser Teil der Betriebsanlage kann auch an Sonn- und Feiertagen zwischen 07:00 Uhr und 14:00 Uhr geöffnet werden. Festgehalten wird, dass dazu besondere Feiertage - wie derzeit der 08. Dezember - nicht zählen; An diesen Tagen können gemäß anderen Sonderbestimmungen oder Kollektivverträgen erweiterte Öffnungszeiten festgelegt werden.“

Zudem entfällt auf Seite 7 (lärmtechnische Beschreibung) der Satz „Angemerkt wird, dass die Betriebszeit des Bistrobereichs an Sonntagen nunmehr mit 07:00 bis 14:00 Uhr festgelegt wurde“.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Folgender für die Entscheidung relevanter Sachverhalt wird festgestellt:


Mit Schreiben vom 24.8.2020 (baurechtlich) bzw. 7.9.2020 (gewerberechtlich) beantragte die C AG (in der Folge „Konsenswerberin“) die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung und baubehördlichen Bewilligung für den Zubau und die Abänderung der gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage im Standort: ***, ***, GSTNR ***, KG ***, Gemeinde ***.

Nach Vorprüfung, die auch eine Überarbeitung der Projektunterlagen zur Folge hatte, wurde von der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten mit Schreiben vom 30.3.2021 den Verfahrensparteien Parteiengehör zum durchgeführten Ermittlungsverfahren gewährt; insbesondere wurden die eingeholten bau-, maschinenbau- und wasserbautechnischen Gutachten sowie eine lärmtechnische Stellungnahme zur Kenntnis gebracht.

Mit E-Mail vom 08.04.2021 wurde von B dazu folgende Stellungnahme abgegeben:

„Stellungnahme zum Projekt “Zubau und Abänderung“ der Fa. C im Standort

***:

Bistro derzeit: Sonntagsverkauf von 07:00-11:00 Uhr - wurde vor Jahren ohne unsere

Zustimmung genehmigt.

Jetzt soll Bistro und Gastgarten an Sonn- und Feiertagen von 06:00-22:00 Uhr als

Kaffeeausschank und Brötchenverkauf betrieben werden, und das ist für uns

unzumutbar!

Abgesehen davon, sind die zu erwartenden Lärmemissionen durch den

vorgelagerten Gastgarten, der Kundenfrequenz und den Westwind, eine zusätzliche

Lärmbelastung!

Wann sollen wir unsere Gärten benützen? Vor 06:00 und nach 22:00 Uhr?

Die tägliche Lärmbelästigung ist durch Nichteinhalten der Genehmigungsbescheide

ohnedies unerträglich - Umsatz um jeden Preis und Ignoranz!

Jetzt soll zusätzlich zu den nicht genehmigten Sonntags-/Feiertagslieferungen auch

noch durch Bistro und Gastgarten unsere Sonn- und Feiertagsruhe gestört werden!“

Ergänzend wurde von Familie A und B – B und A – (in der Folge „Beschwerdeführer“) am 12.04.2021 Folgendes vorgebracht:

„Es sind erfahrungsgemäß folgende Lärmemissionen und nach jahrelangem

Procedere nachteilige Auswirkungen zu erwarten:

?    Jugendtreffen mit Moped Fahrten und Discomusik

?     Motorradgruppen mit entsprechendem Sound

?    quietschende Reifen

?     Autoalarmanlagen

?    Hupkonzerte

?    Abgestellte Autos mit HiFi-Anlagen

?    Übungsfahrten

?    Erschütterungen und Dröhnen der Fenster und Glastüren durch Verschub der

40t-LKW und laufende Aggregate


Es werden weder die ASV- Gutachten umgesetzt, noch die Verfahrensanordnungen

eingehalten, und nun ist die Sonntags-/ Feiertagsöffnung eine weitere über den "Kopf-hinweg" Entscheidung!

Der Parkplatz ist bereits jetzt übermäßig frequentiert und es gibt derzeit keine

Parkplatzlösung. Abgesehen davon, wurde auf ein relevantes verkehrstechnisches Gutachten für die Vergrößerung des Marktes anscheinend vergessen!


Der Parkplatz ist bereits jetzt übermäßig frequentiert und es gibt derzeit keine

Parkplatzlösung. Abgesehen davon, wurde auf ein relevantes verkehrstechnisches

Gutachten für die Vergrößerung des Marktes anscheinend vergessen!“

Hinsichtlich der Parkplatzsituation wurde sodann von der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten eine ergänzende bautechnische Stellungnahme eingeholt:

 

„Stellungnahme aus bautechnischer Sicht hinsichtlich der Anfrage der BH PL zu den

PKW-Abstellplätze der bestehenden Betriebsanlage vom 20.04.2021

Für diese Stellungnahme liegen folgende Projektunterlagen zur Verfügung:

- Einreichplan – Grundriss EG und Lageplan, erstellt von Bmst. D,

***, vom 10.08.2020 (vorgelegt bei BH PL am 23.09.2020)

- Betriebsanlagenbeschreibung, erstellt von der C, vom 24.08.2020

(vorgelegt bei BH PL am 23.09.2020)

- Befund und Gutachten der bautechnischen ASV vom 22.10.2020

Entsprechend dem Lageplan stehen 106 PKW-Stellplätze für die Betriebsanlage zur

Verfügung.


Gemäß § 11 Abs. 1 Z 8 NÖ BTVO 2014 sind für

- Handelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von mehr als 750 m² - 1 PKW

Abstellplatz für 30 m²

- Gaststätten Bistro für 10 Sitzplätze - 1 PKW-Abstellplatz

erforderlich.

Die neue Verkaufsfläche der Betriebsanlage weist nunmehr eine Größe von 1.602,60

m² auf. Dafür sind 54 PKW-Abstellplätze erforderlich.

Im Bistro stehen 24 Verabreichungsplätze im Inneren und 12 Verabreichungsplätze

im Gastgarten zur Verfügung. Dafür sind 4 PKW-Abstellplätze erforderlich. In Summe

sind lt. § 11 NÖ BTVO 2014 58 PKW-Abstellplätze notwendig.

Für die Betriebsanlage stehen laut Lageplan und Befund 106 PKW-Abstellplätze zur

Verfügung.“

Schließlich erteilte die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten mit kombinierten Bescheid vom 30.4.2021, Zl. *** und ***, mit Spruchpunkt A. der C Aktiengesellschaft, vertreten durch das vorsitzende Vorstandsmitglied E, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage im Standort ***, ***, Gst.Nr. ***, KG ***, Gemeinde ***, durch folgenden Zubau und Abänderung der Betriebsanlage:

?    Vergrößerung des Verkaufsraumes an der Nordseite um ein Bistro mit einer Größe von 32,88 m²

?    Abbruch und Neuerrichtung des Windfangs

?    Errichtung eines Besprechungsraumes im Obergeschoss

?    Vergrößerung Aufenthaltsräume, Herren- bzw. Damengarderoben

Die Anlagenänderung müsse mit den Projektunterlagen und mit der angeführten Projektbeschreibung übereinstimmen. Diese Unterlagen würden einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden. Vorgeschrieben wurden zudem 16 Auflagen.

Mit Spruchpunkt B. wurde die Baubewilligung für das gegenständliche Vorhaben erteilt; unter Spruchpunkt C. wurden Verfahrenskosten vorgeschrieben.

In der Begründung des Bescheides wurden der Verfahrensgang und insbesondere die Gutachten der Amtssachverständigen dargelegt. Die Behörde hat insbesondere – soweit beschwerderelevant - wie folgt erwogen:

„Zu A. Gewerberechtliche Genehmigung:

Im gewerbebehördlichen Verfahren kann festgestellt werden, dass aufgrund der nicht

anzuzweifelnden Sachverständigengutachten, bei plan- und beschreibungsgemäßer

Ausführung des Vorhabens sowie bei Einhaltung der vorgeschriebenen

Auflagenpunkte erwartet werden kann, dass die nach den Umständen des

Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO

1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige

Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß

beschränkt werden.

Zu den Einwendungen von Frau A und Herrn B wird

Folgendes ausgeführt:

Es war zunächst zu prüfen, ob den genannten Person die Stellung eines Nachbarn

im Sinne der Gewerbeordnung zusteht.

Aufgrund der Tatsache, dass Herr und Frau B und A unmittelbare Anrainer der

verfahrensgegenständlichen Liegenschaft Grundstück Nr. ***, KG ***, sind,

sind die Voraussetzungen für die Erhebung von Einwendungen erfüllt, d.h. Sie sind grundsätzlich berechtigt, Einwendungen im Verfahren zur Genehmigung einer

gewerblichen Betriebsanlage nach der Gewerbeordnung zu erheben.

 

Folglich war daher zu prüfen, ob die Einwendungen als geeignete Einwendungen zu

werten sind. Dabei hat die Behörde die Erklärung der Nachbarn nicht nur ihrem

Wortlaut nach, sondern auch ihrem Sinn nach zu beurteilen. Eine Einwendung muss

so gestaltet sein, dass aus ihrem Inhalt die Behauptung der Verletzung eines durch

die oben genannten anzuwendenden Materiengesetze geschützten subjektiv

öffentlichen Rechts hervorgeht.

Hinsichtlich der Öffnungs- und Betriebszeiten der Kaffeeausschank/Bistro:

Die Öffnungszeiten vom Kaffeeausschank und Bistro mit Brötchenverkauf bleiben

unverändert. Die Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen wurden bereits mit

Bescheid vom 03.01.2007 *** von 7:00 bis 14:00 Uhr festgelegt. Die

Betriebszeiten des Bistros an Samstagen und Sonntagen sind zwischen 6.00

Uhr und 22.00 Uhr festgelegt. Daraus folgt, dass es sich hinsichtlich der

Öffnungszeiten und Betriebszeiten um keine Änderung der Betriebsanlage handelt,

sondern diese bereits laut Bescheid vom 03.01.2007 in der oben erwähnten Form

genehmigt wurden.

Da sich dieses Vorbringen sohin auf den bereits genehmigten Bestand beziehen und

es diesbezüglich zu keinen Änderungen kommt, konnte diesen Einwendungen keine

Folge gegeben werden.

Hinsichtlich allfälliger erhöhter Emissionen durch eine Erhöhung der Sitzplatzanzahl,

liegt ein lärmtechnisches Gutachten und eine Beurteilung durch den

Amtssachverständigen für Lärmtechnik vor und wurde diesem nicht in gleicher

fachlicher Weise entgegengetreten.

Hinsichtlich des Vorbringens betreffend der Lärmemissionen, welche zu erwarten

seien, wird ausgeführt, dass diesbezügliche Vorbringen nicht Gegenstand der

Änderungsgenehmigung sind und demnach keiner Folge zu geben sind. Die allfällig

vorgebrachten Lärmemissionen sind keine Auswirkungen, welche durch den Betrieb

des Bistros entstehen und sind diese sohin der Betriebsanlage nicht zuzurechnen.

Hinsichtlich der Parkplatzsituation wurde durch die Bezirkshauptmannschaft St.

Pölten um eine ergänzende Stellungnahme der Amtssachverständigen für

Bautechnik ersucht …

Auf Grund der schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme der

Amtssachverständigen für Bautechnik ergibt sich, dass jedenfalls ausreichend PKW

Abstellplätze zur Verfügung stehen. Auch dieser Einwendung war demnach keine

Folge zu geben.

Es wurden demnach keine geeigneten Einwendungen vorgebracht, welche

subjektive Rechte der Betroffenen beeinträchtigen. Auf Grund der schlüssigen

Gutachten der Amtssachverständigen, in welchen diese feststellen, dass bei

projektgemäßer Umsetzung und unter Einhaltung der im Spruch auferlegten

Auflagen mit keinen Beeinträchtigungen im Sinne des § 74 Abs. 1 Z. 2 GewO zu

rechnen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Amtssachverständigen wurde

nicht in gleicher fachlicher Weise entgegengetreten.

Zusammenfassend wird sohin festgehalten, dass die Einwendungen nicht geeignet

waren um die Änderung der Betriebsanlagengenehmigung zu versagen.

Die Baubewilligung konnte auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens,

der Gutachten der Amtssachverständigen und nach Wahrung sämtlicher

Parteienrechte erteilt werden. Die Behörde hat festgestellt, dass kein Widerspruch zu

den im § 20 Abs. 1 Ziffer 1-7 NÖ Bauordnung angeführten Bestimmungen besteht.

Die Prüfung nach der NÖ Bauordnung wurde jedoch auf jene Bestimmungen

eingeschränkt, deren Regelungsinhalt nicht durch das Betriebsanlagenrecht (GewO

1994) erfasst ist. Subjektiv-öffentliche Rechte nach § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung

werden durch das Bauvorhaben nicht verletzt.

…“

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Dagegen wurde von den Beschwerdeführern fristgerecht Beschwerde erhoben. In dieser wird Nachstehendes vorgebracht:

„Beschwerde gegen den Bescheid - Änderung der Betriebsanlage der C AG

§74.2 (GewO 1994) Emissionen, Immissionen, Lärm, Erschütterungen

        Laufende Aggregate und Motoren außerhalb der Ladezone

        Tägliches Verkehrs - und Verschub – Chaos: zusätzlich zur Lieferfrequenz der Fa. C bis zu 12 Sattelzüge der Fa. F in der Kundenausfahrt der Fa. C und es wird überall entladen

        Tägliche Emissionen und Immissionen von LKW und mehreren tausend PKW

        Erweiterung der Parkplatzfläche um 6 Parkplätze mit zusätzlichem Verkehrsaufkommen

        Widerspruch der Öffnungszeiten in gewerbebehördlicher Genehmigung und Bescheiden-

welche Strategie wird mit diesem “Wirrwarr“ verfolgt?

1.       Gewerbebehördliche Genehmigung vom 30.03.2021- Seite 2: Im Bistro werden kleine Snacks, Kaffee, Kuchen, Brötchen usw. angeboten. An Sonn- und Feiertagen wird dieser Teil der Betriebsanlage zwischen 06.00 und 22:00 Uhr als Kaffeeausschank/Bistro und Brötchenverkauf betrieben.

2.       Bescheid: 30.04.2021

a.       Seite 7: A. Gewerbebehördliche Genehmigung - angemerkt wird, dass die Betriebszeit des Bistrobereichs an Sonntagen nunmehr mit 07.00 bis 14.00 Uhr festgelegt wurde.

b.       Seite 16: Die Öffnungszeiten für den Kaffeeausschank/Bistro wurden für Sonn- und Feiertage mit 7:00 -14:00 Uhr festgelegt.

Der Sonntagsverkauf ist ohnedies eine über den ,,Kopf-hinweg“ Entscheidung. Der Betrieb des Bistros über all die Jahre von 7:00- 11:00 Uhr hat von den Nachbarn keine Zustimmung und stört unsere Sonntagsruhe.

Eine Erweiterung der Betriebsanlage bedeutet mehr Kundenfrequenz und mehr Verkehrsaufkommen, dies wird aus unserer Sicht von der Behörde verkehrstechnisch und lärmtechnisch nicht berücksichtigt. Es wird immer mehr, lauter und länger! Es gibt keinen Lärmschutz, keine Parkplatzlösung und keine Verkehrsregelung.

Durch den Neubau der Fa. C 2006 und Abriss des alten Gebäudes sowie Entfernung des Grüngürtels nach jahrzehntelangem Bestand sind Lärm -, Licht - und Sichtschutz nicht mehr vorhanden. Zusätzlich wurde die Abfahrtsladezone parallel zu uns errichtet. Seitdem gibt es für uns Belästigungen, Beeinträchtigungen und nachteilige Einwirkungen.

Derzeitiges Szenario: Seit den Umbauarbeiten der Fa. C wird trotz Absperrung (Baustelle = Betreten verboten) der Parkplatz von den F -Mitarbeitern geöffnet und selbstverständlich für LKW-Verschub mit Entladung und Kundenparkplatz benützt! Das ist die Normalität a la F.

Aus unserer Sicht kommt es hier zu mangelnder Gleichbehandlung der Parteien und Parteilichkeit zugunsten des Antragsstellers Fa. C und behördlicher Willkür in der Anwendung von Verfassungsrecht und Auslegungsfragen!“

Mit Schreiben vom 15.6.2021 legte die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten die Beschwerde samt Verwaltungsverfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht mit dem Ersuchen um Entscheidung vor.

Nach Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht präzisierten die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.6.2021 wie folgt:

„Im Folgenden finden Sie unser Anliegen zur derart angespannten Situation:

        Wir wünschen -wie bei allen anderen Konzernen- eine eingehaltene Sonntags -/ Feiertagsruhe, d.h. keine Betriebszeiten.

Derzeit findet eine Sonntagsöffnung von 07:00-11:00 Uhr statt, und jeweils um 13:30 Uhr eine Lieferung inklusive Rückfahrwarner, Hänger abkuppeln, Verschub und laufendem Aggregat. Entspricht das einer Sonntagsruhe?!

        Nachtruhe betreffend: Ruhestörung durch nächtliche Zufahrten zum Zigarettenautomaten, welcher erst nach einem Jahrzehnt Bestand bei der zweiten Verhandlung anstandslos behördlich genehmigt wurde.

        Geplanter Gastgarten mit 12 Plätzen und Bistro mit 24 Plätzen: Jegliche Erweiterung = mehr Frequenz = mehr Lärm= mehr Emissionen. Zusätzlicher Anziehungspunkt außerhalb der Betriebszeiten, weil der Parkplatz jederzeit zugänglich ist.

Wir fordern aufgrund der oben genannten Punkte einen entsprechenden Lärm- und Lichtschutz für LKW und E-Mobilität auf dem Betriebsgelände von der Fa. C, der nach wie vor nicht vorhanden ist.

Unsere Belastbarkeitsgrenze ist längst überschritten!“

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht führte am 17.8.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser wurde in Anwesenheit der Beschwerdeführer die Sach- und Rechtslage umfassend erörtert.

Die Beschwerdeführer verwiesen auf ihr bisheriges Vorbringen. Im Wesentlichen störe sie, dass entgegen der bisherigen Gepflogenheit anstelle einer Öffnung an Sonn- und Feiertagen bis 11:00 Uhr nun bis 14:00 Uhr geöffnet werden soll. Darüber hinaus wurden diverse Verkehrsprobleme im Bereich der Betriebsanlage bzw. im Nahebereich der Betriebsanlage dargelegt.

Der Rechtsanwalt der Konsenswerberin legte dar, dass die errichtete Schallschutzwand im nordöstlichen Bereich der Betriebsanlage nochmals auf nunmehr 3 m erhöht wurde und auch unter diesem Gesichtspunkt eine zusätzliche Verbesserung bei den Nachbarn feststellbar sein müsste. Darüber hinaus sei zwischenzeitig ein schalltechnischer Prüfbericht eingeholt worden, wonach die vom lärmtechnischen Amtssachverständigen vorgeschlagene Auflage (Auflagenpunkt 16. des bekämpften Bescheides) eingehalten werden kann. Zur Verkehrsproblematik wurde dargelegt, dass die Zubringerstraße, von welcher die C AG großteils Eigentümerin ist, im nördlichen Bereich der Liegenschaft eine Straße mit öffentlichen Verkehr ist und neben der Zubringerfunktion zur Betriebsanlage der Konsenswerberin auch als Zufahrtstraße zur Firma F sowie von Ladeplätzen der G dient.

Auf eine Verlesung des behördlichen Verfahrensaktes und des Gerichtsaktes wurde von allen Parteien verzichtet.

4.   Beweiswürdigung:

Der dargelegte Verfahrensgang konnte auf Grund des baubehördlichen und gewerbebehördlichen Verwaltungsaktes und des Gerichtsaktes, in welchem die einzelnen Verfahrensschritte übersichtlich in chronologischer Form dokumentiert sind, festgestellt werden. In diesen Akten erliegen auch die im behördlichen Verfahren herangezogenen Sachverständigengutachten aus den einzelnen Fachbereichen. Im Übrigen basieren die Feststellungen auf dem Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich.

5.   Rechtslage:

5.1.     Allgemein

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28. Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

5.2.     Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994)

§ 74 Abs. 2 GewO lautet:

Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

         1.       das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

         2.       die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

         3.       die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

         4.       die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

         5.       eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

§ 75 Abs. 2 GewO lautet:

Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.

§ 77 GewO lautet:

(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, daß bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.

(2) Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

(3) Die Behörde hat Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik (§ 71a) zu begrenzen. Die für die zu genehmigende Anlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der jeweils geltenden Fassung, sind anzuwenden. Sofern in dem Gebiet, in dem eine neue Anlage oder eine emissionserhöhende Anlagenerweiterung genehmigt werden soll, bereits mehr als 35 Überschreitungen des Tagesmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L oder eine Überschreitung

         -        des um 10 µg/m3 erhöhten Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

         -        des Jahresmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L,

         -        des Jahresmittelwertes für PM2,5 gemäß Anlage 1b zum IG-L,

         -        eines in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 5 IG-L festgelegten Immissionsgrenzwertes,

         -        des Halbstundenmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

         -        des Tagesmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

         -        des Halbstundenmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

         -        des Grenzwertes für Blei in PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L oder

         -        eines Grenzwertes gemäß Anlage 5b zum IG-L

vorliegt oder durch die Genehmigung zu erwarten ist, ist die Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn

         1.       die Emissionen der Anlage keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten oder

         2.       der zusätzliche Beitrag durch emissionsbegrenzende Auflagen im technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Ausmaß beschränkt wird und die zusätzlichen Emissionen erforderlichenfalls durch Maßnahmen zur Senkung der Immissionsbelastung, insbesondere auf Grund eines Programms gemäß § 9a IG-L oder eines Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes-Luft in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003, ausreichend kompensiert werden, so dass in einem realistischen Szenario langfristig keine weiteren Überschreitungen der in diesem Absatz angeführten Werte anzunehmen sind, sobald diese Maßnahmen wirksam geworden sind.

(4) Die Betriebsanlage ist erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter geeigneter Auflagen zu genehmigen, wenn die Abfälle (§ 2 Abfallwirtschaftsgesetz) nach dem Stand der Technik (§ 71a) vermieden oder verwertet oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß entsorgt werden. Ausgenommen davon sind Betriebsanlagen, soweit deren Abfälle nach Art und Menge mit denen der privaten Haushalte vergleichbar sind.

§ 81 GewO 1994 lautet:

(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

(2) Eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 ist jedenfalls in folgenden Fällen nicht gegeben:

         1.       bescheidmäßig zugelassene Änderungen gemäß § 79c Abs. 2,

         2.       Änderungen zur Einhaltung von anderen oder zusätzlichen Auflagen gemäß § 79 Abs. 1 oder § 79b,

         3.       Änderungen zur Anpassung an Verordnungen auf Grund des § 82 Abs. 1,

         4.       Bescheiden gemäß § 82 Abs. 3 oder 4 entsprechende Änderungen,

         5.       Ersatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen durch gleichartige Maschinen, Geräte oder Ausstattungen; Maschinen, Geräte oder Ausstattungen sind gleichartig, wenn ihr Verwendungszweck dem der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen entspricht und die von ihnen zu erwartenden Auswirkungen von den Auswirkungen der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen nicht so abweichen, daß der Ersatz als genehmigungspflichtige Änderung gemäß Abs. 1 zu behandeln ist.

         6.       Änderungen durch den Einsatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen, die unter Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 fallen oder in Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind, sofern § 76 Abs. 3 nicht entgegensteht,

         7.       Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage zu den Nachbarn nicht nachteilig beeinflussen und die auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles erwarten lassen, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden Auflagen Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit von Personen vermieden und Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 3 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden,

         8.       Sanierung gemäß § 12 des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen, BGBl. Nr. 380/1988,

         9.       Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen,

         10.      Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzeptes (§ 353 Z 1 lit. c),

         11.      Änderungen von vorübergehender, vier Wochen nicht überschreitender Dauer, die keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Personen bewirken und aus Anlass von Ereignissen oder Veranstaltungen, die in kulturellem oder sportlichem Interesse überregional breiter Kreise der Bevölkerung stattfinden, vorgenommen werden.

(3) Änderungen gemäß Abs. 2 Z 7 sind der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen.

(4) Im Fall einer genehmigungspflichtigen Änderung nach Abs. 1, jedoch mindestens alle sieben Jahre, ist das Abfallwirtschaftskonzept fortzuschreiben. Die Fortschreibung einer gültigen Umwelterklärung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 über die freiwillige Teilnahme von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung (EMAS), ABl. Nr. L 342 vom 22. 12. 2009, S. 1, gilt als Fortschreibung im Sinne dieses Bundesgesetzes.

§ 359 Abs. 1 GewO lautet:

Im Bescheid, mit dem die Errichtung und der Betrieb der Anlage genehmigt werden, sind die allenfalls erforderlichen Auflagen anzuführen. Wenn es aus Gründen der Überwachung der Einhaltung der Auflagen notwendig ist, hat die Behörde im Genehmigungsbescheid anzuordnen, dass ihr die Fertigstellung der Anlage angezeigt wird; der Inhaber einer dem Abschnitt 8a betreffend die Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen unterliegenden Betriebsanlage hat deren Fertigstellung der zur Genehmigung dieser Anlage zuständigen Behörde anzuzeigen, ohne dass es einer diesbezüglichen Anordnung im Genehmigungsbescheid bedarf. Die Behörde hat in den Genehmigungsbescheid gegebenenfalls einen Hinweis darauf aufzunehmen, dass ihrer Ansicht nach im Standort das Errichten und Betreiben der Anlage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch Rechtsvorschriften verboten ist.

5.3.     Bestimmungen der NÖ Bauordnung 2014:

Gemäß § 75 Abs. 16 NÖ Bauordnung 2014 sind die am Tag des Inkrafttretens der Bestimmungen der NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 32/2021, (Abs. 14) anhängigen Verfahren nach den bisherigen Bestimmungen zu Ende zu führen. Maßgeblich sind daher die Bestimmungen der NÖ Bauordnung 2014 in der Fassung LGBl. Nr.53/2018.

§ 6 NÖ Bauordnung 2014 lautet:

Parteien und Nachbarn

(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:

         1.       der Bauwerber und der Eigentümer des Bauwerks

         2.       der Eigentümer des Baugrundstücks

         3.       die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z. B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und

         4.       die Eigentümer eines ober- oder unterirdischen Bauwerks auf den Grundstücken nach Z 2 und 3, z. B. Superädifikat, Baurechtsobjekt, Keller (Nachbarn).

Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das fertiggestellte Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten oder als Inhaber eines Fahr- und Leitungsrechtes nach § 11 Abs. 3 beeinträchtigt werden können.

Vorhaben im Sinn des § 18 Abs. 1a lösen keine Parteistellung der Nachbarn aus.

(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung, der NÖ Aufzugsordnung 2016, LGBl. Nr. 9/2017 in der geltenden Fassung, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

         1.       die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der bewilligten oder angezeigten Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z 4)

sowie

         2.       den Schutz vor Emissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Zwecken jeder Art der Wohnnutzung ergeben (z. B. aus Heizungs- und Klimaanlagen),

gewährleisten und

         3.       durch jene Bestimmungen über

         a)       die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung auf Hauptfenster (§ 4 Z 3 und 21) der künftig zulässigen Gebäude der Nachbarn dienen,

sowie

         b)       gesetzlich vorgesehene Abweichungen von den Festlegungen nach lit. a, soweit die ausreichende Belichtung

         -        auf Hauptfenster der zulässigen Gebäude der Nachbarn (§ 50 Abs. 2 und 4, § 51 Abs. 2 Z 3, Abs. 4 und 5, § 67 Abs. 1) oder

         -        auf bestehende bewilligte Hauptfenster (§ 52 Abs. 2 Z 4, § 53a Abs. 8) der Nachbarn

beeinträchtigt werden könnte.

(3) Grenzt eine Straße an das Baugrundstück, dann hat der bzw. haben die Straßenerhalter Parteistellung im Sinne des Abs. 1. Abweichend davon darf der bzw. dürfen die Straßenerhalter nur jene Rechte geltend machen, die die Benützbarkeit der Straße und deren Verkehrssicherheit gewährleisten.

(4) In den Fällen des § 2 Abs. 2 sowie in jenen Bauverfahren, die aufgrund der NÖ Bau-Übertragungsverordnung 2017 (NÖ BÜV 2017), LGBl. Nr. 87/2016, auf die Bezirksverwaltungsbehörde übertragen sind, hat die Gemeinde Parteistellung. Sie ist berechtigt, die Einhaltung der von ihr wahrzunehmenden öffentlichen Interessen hinsichtlich der Raumordnung (Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan) und des Orts- und Landschaftsbildes im Verfahren geltend zu machen und Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

(5) Keine Parteistellung hinsichtlich des Abs. 2 Z 2 und 3 haben Eigentümer von Grundstücken im Grünland, die im Sinne des Abs. 1 an das Baugrundstück angrenzen, wenn für diese Grundstücke noch keine Baubewilligung für ein Gebäude mit Aufenthaltsräumen erteilt wurde.

(6) Nachbarn haben in einem Baubewilligungsverfahren keine Parteistellung im Sinn des Abs. 1 und 2, wenn sie einem Vorhaben nach § 14 unter ausdrücklichem Hinweis auf den Verzicht der Parteistellung nachweislich auf den Planunterlagen zugestimmt haben.

(7) Nachbarn, die einem Bauverfahren nicht beigezogen wurden oder denen gegenüber ein Baubewilligungsbescheid nicht erlassen wurde, verlieren ihre Parteistellung, wenn die Ausführung des Bauvorhabens begonnen wurde und seit der Anzeige des Beginns der Ausführung des Bauvorhabens mehr als ein Jahr vergangen ist, sofern nicht innerhalb dieser Frist die Parteistellung geltend gemacht wurde.

6.   Erwägungen

Vorweg ist für den gegenständlichen Beschwerdefall festzuhalten, dass die Beschwerdeführer im gegenständlichen gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahren ihre Parteistellung nicht verloren haben und somit auch beschwerdelegitimiert waren. Die Wohnliegenschaft der Beschwerdeführer liegt östlich der Betriebsanalage, im Wesentlichen von dieser getrennt durch einen Bach und eine Straße. Nachdem die Liegenschaft der Beschwerdeführer mehr als 14 m vom Baugrund entfernt ist, liegt im parallel geführten Bauverfahren keine Parteistellung vor.

Bezogen auf die konkret erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführer bzw. auf das Beschwerdevorbringen gilt es zunächst in genereller Hinsicht Folgendes zu bedenken:

Das Mitspracherecht des Nachbarn im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt. Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, die ihm nach den in Betracht kommenden Vorschriften eingeräumt sind und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. z.B. VwGH 29.09.2015, 2013/05/0179 uva). Der Nachbar hat auf Grund seiner beschränkten Mitsprachemöglichkeit also ganz allgemein keinen Rechtsanspruch darauf, dass ein Vorhaben sämtlichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, sondern besitzt dieser nur einen Rechtsanspruch darauf, dass ein Vorhaben seine rechtzeitig geltend gemachten, durch Vorschriften eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte nicht verletzt. Hierbei ist auch zu beachten, dass die dem Nachbarn eingeräumten prozessualen Rechte nicht weiterreichen können als die ihm durch das Gesetz gewährleistete Sphäre materieller Rechte (vgl. u.a. VwSlg. 8.070A). Soweit die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes also gar nicht in Frage kommt, kann die Verletzung der Rechte eines Nachbarn auch nicht etwa aus allfälligen Verletzungen von Verfahrensvorschriften abgeleitet werden. Nicht jede objektive Rechtswidrigkeit des Bescheides der Behörde kann daher zu dessen Aufhebung oder Abänderung führen; vielmehr hat die Aufhebung oder Abänderung zur Voraussetzung, dass die vom Nachbarn geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechte durch das beantragte Vorhaben verletzt werden (vgl. u.a. VwSlg. 7.873A).

Dementsprechend ist auch die Prüfungsbefugnis des Landesverwaltungsgerichtes auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich derer der Nachbar ein Mitspracherecht besitzt und ein solches auch – rechtzeitig – geltend gemacht hat und ist das Landesverwaltungsgericht nicht berechtigt, aus Anlass des Rechtsmittels eines Nachbarn andere Fragen als Fragen der Verletzung der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte aufzugreifen (vgl. u.a. VwGH 21.02.1984, 82/05/0158; VwGH 29.09.2015, 2013/05/0179). Zudem ist auch zu beachten, dass die Aufzählung der Nachbarrechte im § 74 Abs 2 GewO taxativ ist (vgl. dazu VwGH 28.02.2012, 2009/05/0346).

Abgesehen davon ist des Weiteren festzuhalten, dass auch zufolge des

§ 27 VwGVG das Verwaltungsgericht den bekämpften Bescheid nur im angefochtenen Umfang, das heißt nur hinsichtlich der in der Beschwerde vorgebrachten Beschwerdepunkte und der Beschwerdebegründung zu prüfen hat, wobei „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfangs jedenfalls nur jene Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat. Der äußere Rahmen für die Prüfbefugnis ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides (vgl. VwGH 03.08.2016, Ro 2016/07/0008). Die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes ist zudem eben durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt.

Zusammenfassend ist somit unter Zugrundelegung dieser herrschenden Judikatur, dass die Prüfbefugnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich im gegenständlichen Verfahren in zweierlei Hinsicht beschränkt ist. Zum einen waren und sind lediglich nur jene Einwendungen des Beschwerdeführers zu prüfen, die von diesem rechtzeitig im erstinstanzlichen Verfahren erhoben wurden, und dies inhaltlich auch nur so weit, soweit durch diese Einwendungen subjektiv-öffentliche Nachbarrechte betroffen sind bzw. sein können („Zulässigkeit“), und zum anderen auch nur so weit, soweit eben diese Einwendungen auch noch im Rahmen der Beschwerden aufrecht gehalten wurden („Sache des Beschwerdeverfahrens“).

Gemäß dem (auch für die hier beantragte Änderung einer Betriebsanlage gemäß
§ 81 GewO 1994 maßgebenden) § 77 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Die Frage, ob eine nach den Umständen des Einzelfalls voraussehbare Gefährdung von Leben und Gesundheit iSd § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 vermieden wird, ist unter Bedachtnahme auf die in der Umwelt bereits gegebenen Gefährdungen zu beurteilen. Dieser Beurteilung ist daher die durch das Hinzutreten der durch die beantragte Anlage bewirkten Immissionen zu der – aus anderen Quellen stammenden – Grundbelastung entstehende Gesamtsituation zugrunde zu legen. Maßgeblich ist nicht, wie sich die Veränderung der Gesamtsituation auf Leben und Gesundheit iSd § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 auswirkt, maßgeblich sind vielmehr die Auswirkungen der veränderten Gesamtsituation (zB VwGH vom 26. September 2005, 2003/04/0103).

Die Auswirkungen der zu genehmigenden Betriebsanlage bzw. der zu genehmigenden Änderung einer genehmigten Betriebsanlage sind unter Zugrundelegung jener Situation zu beurteilen, in der die Immissionen für die Nachbarn am ungünstigsten, d.h. am belastendsten sind (zB VwGH vom 9. September 2015, Ra 2015/04/0030).

Im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren sind die Einreichunterlagen zugrunde zu legen und diese auf ihre Genehmigungsfähigkeit zu prüfen. Dementsprechend umfasst die behördliche Genehmigung auch nur das in diesen Unterlagen beschriebene Projekt (zB VwGH vom 7. Juli 2015, Ra 2015/07/0049, mwN).

Für den vorliegenden Fall:

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass die Immissionen der Betriebsanlage und die aufgrund der Betriebsanlage veränderte Gesamtsituation selbst im ungünstigsten Fall weder eine Gesundheitsgefährdung noch eine unzumutbare Belästigung der Beschwerdeführer erwarten lassen, weshalb bei projektgemäßem Betrieb und Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen, die Genehmigungsvoraussetzungen der §§ 74 und 77 GewO 1994 vorliegen.

Im Gegenstand wurde neben bau-, maschinenbau- und wasserbautechnischen Gutachten insbesondere eine lärmtechnische Begutachtung durchgeführt. Diesen schlüssigen Gutachten kann mit bloßen Behauptungen, ohne Argumenten auf gleicher fachlicher Ebene in tauglicher Art und Weise nicht entgegengetreten werden (vgl. VwGH vom 13.11.1999, 87/07/0126, 20.2.1992, 91/09/0154, 31.1.1995, 92/07/0188 u.a.).

Im Detail zu den Betriebs- und Öffnungszeiten:

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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