TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/13 87/07/0126

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Veröffentlicht am 13.11.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde der Marktgemeinde B gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 26. Juni 1987, Zl. 511.152/02-I4/85, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. Jänner 1985 erteilte der Landeshauptmann von Niederösterreich der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 11, 12, 13, 14, 32, 38, 99, 105 und 111 WRG 1959 unter einer Reihe von Vorschreibungen die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines zweistufigen, unbelüfteten Abwasserteiches in einer Ausbaugröße entsprechend 1.300 EGW sowie zur Errichtung der erforderlichen Anschlußkanäle vom bestehenden Ortsnetz zum künftigen Kläranlagenstandort sowie zur Einleitung der vollbiologisch gereinigten Abwässer im Ausmaß von maximal 528 m3/d bzw. maximal 10,7 l/s bei einer organischen Tagesfracht von 5,2 kg BSB5/d in den G-Bach. Unter anderem wurde der Beschwerdeführerin folgende Verpflichtung auferlegt:

"B Auflagen bzw. Bedingungen

1. Bis spätestens 30. November 1987 sind Sauerstoffeintragsvorrichtungen vorzusehen, die im Sinne einer Unterstützungsbelüftung bzw. einer Eisfreihaltung auch bei länger dauernder geschlossener Eisdecke auf dem Abwasserteich eine zur vollbiologischen Reinigung ausreichende Sauerstoffversorgung sicherstellen."

Der gegen die eben genannte Auflage gerichteten Berufung der Beschwerdeführerin gab sodann der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 26. Juni 1987 gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge, wobei die Frist für die Erfüllung der bezeichneten Auflage mit 1. August 1989 neu bestimmt wurde. Begründend führte die Rechtsmittelbehörde aus, der wasserbautechnische Amtssachverständige habe zum Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin folgendermaßen Stellung genommen:

"Die Sauerstoffversorgung in Oxidationsgräben erfolgt in erster Linie durch die Photosynthese der Algen und ist damit auf den Bereich der Sonneneinstrahlung beschränkt. Auf Grund anerkannter Werte aus der Literatur kann im Sommer mit einer Sauerstoffproduktion von 6 - 8 g/O2/m2/d und im Winter mit höchstens 2 g/O2/m2/d (bei geschlossener Eisdecke mit praktisch Null) gerechnet werden. Die Sauerstoffaufnahme aus der Luft über der Teichoberfläche beträgt demgegenüber nur etwa 1 g/O2/m2/d. Neben dem Einfluß der Sonneneinstrahlung ist jener der Temperatur keineswegs zu vernachlässigen. Wird für die Photosynthese der Bereich von 25 Grad C als Optimum angesehen, so kommt der Stoffwechsel der Algen bei rund 10 Grad C fast völlig zum Erliegen. Es wird daher empfohlen, was auch im gegenständlichen Fall geschehen ist, die Anlage größer zu dimensionieren, um damit eine größere biologische Stabilität zu erzielen. Es würde sicherlich den Intentionen dieses relativ einfachen Abwasserreinigungsverfahrens widersprechen, einen komplizierten Regelaufwand zu betreiben. In unseren klimatischen Bereichen muß jedoch, um die geforderte Reinigungsleistung jahreskonstant zu erzielen, zum Ausgleich der niedrigeren Temperaturen und der geringeren Sonnenscheindauer insbesondere während der Wintermonate zur Unterstützung der O2-Versorgung eine künstliche Belüftung eingesetzt werden. Auch über einen längeren Zeitraum durchgeführte Messungen würden die bei tiefen Temperaturen zur Erzielung der geforderten Reinigungsleistung notwendigen und im angefochtenen Bescheid genannten zusätzlichen Belüftungseinrichtungen nicht ersetzen."

Dieses Gutachten sei der Beschwerdeführerin in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden. In ihrer dazu abgegebenen Stellungnahme habe die Beschwerdeführerin die Feststellung dieses Sachverständigen nicht in Zweifel gezogen, sondern lediglich vermeint, daß im Gutachten nicht auf das Ersuchen um Durchführung eines Probebetriebes eingegangen worden sei. Im vorliegenden Fall ergebe sich nun aus dem eben genannten, schlüssigen Gutachten sowie aus jenem des erstinstanzlichen Verfahrens, daß die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Bescheidauflage nach dem Stand der wasserwirtschaftlichen Entwicklung im Sinne des Gewässerschutzes erforderlich sei. Zum Vorschlag der Beschwerdeführerin, vorerst einen Probebetrieb durchzuführen, sei auf das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten zu verweisen, wonach auch über einen längeren Zeitraum durchgeführte Messungen nichts an der Tatsache der Notwendigkeit der zusätzlichen Belüftungseinrichtungen ändern würden. Von dieser Bescheidauflage könne daher aus öffentlichen Rücksichten nicht abgegangen werden. Der Beschwerdeführerin bleibe es unbenommen, im Rahmen des Betriebes der Kläranlage Erfahrungen zu sammeln und gegebenenfalls späterhin um Bewilligung möglicher Änderungen anzusuchen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wobei sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf den ihr bewilligten Betrieb "ohne Einbau einer zusätzlichen Sauerstoffeintragsvorrichtung" verletzt erachtet.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der

sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde vor, die in erster und zweiter Instanz abgegebenen wasserbautechnischen Amtssachversätndigengutachten seien in bezug auf das Verlangen nach Einbau einer zusätzlichen Belüftungsanlage unschlüssig geblieben. Die Beschwerdeführerin hält die Gutachten für unvollständig, weil die Bedachtnahme darauf fehle, daß der ihr bewilligte Abwasserteich fünffach überdimensioniert sei und daher auch ohne zusätzliche Belüftungsanlage bei geschlossener Eisdecke seine Reinigungskraft behalte, ferner weil von lediglich aus Bayern vorliegenden Untersuchungsergebnissen ausgegangen, dabei aber der Zeitraum für den Verlust der Reinigungskraft im Winter nicht aufgezeigt worden sei, schließlich weil - wie zwei der Beschwerde beigeschlossene Untersuchungsberichte der NÖ Umweltschutzanstalt vom 3. Dezember 1986 und vom 11. Februar 1987 illustrierten - die Anlage eine befriedigende Reinigungsleistung auch ohne zusätzliche Belüftung erbringe.

In dem im Berufungsverfahren abgegebenen wasserbautechnischen Gutachten ist jedoch die Frage der Bedeutung der Eisdeckenbildung nur noch am Rand erwähnt, aber vor allem betont worden, daß neben dem Einfluß der Sonneneinstrahlung jener der Temperatur nicht vernachlässigt werden dürfe und der Stoffwechsel der Algen bei rund 10 Grad C fast völlig zum Erliegen komme, sodaß zum Ausgleich der niedrigeren Temperaturen und der geringeren Sonnenscheindauer insbesondere während der Wintermonate zur Unterstützung der O2-Versorgung eine künstliche Belüftung eingesetzt werden müsse; auf die Dimension ist Bezug genommen, ihr genaues Ausmaß mit den Worten "trotz großzügiger Bemessung (25 m2 pro EGW)" bereits im Gutachten der ersten Instanz wiedergegeben worden. Diese Ausführungen können nicht für unschlüssig erachtet werden. Die in der Beschwerde erwähnten beiden Untersuchungsberichte sind im angefochtenen Bescheid nicht verwertet worden. Die Beschwerdeführerin hat sich ihrerseits im Verwaltungsverfahren hierauf auch nicht berufen. Auf die Frage eines Probebetriebes zum Zweck der Durchführung entsprechender Messungen ist im Gutachten auf Berufungsebene eingegangen worden. Zur Abhaltung eines von der Beschwerdeführerin erbetenen eigenen Besprechungstermines, um, wie die Beschwerdeführerin ausführte, "ihre Anliegen persönlich vorbringen zu können", war die belangte Behörde in Anbetracht der der Beschwerdeführerin bereits gebotenen Gelegenheit zur Stellungnahme nicht verpflichtet. Eine Verletzung des Parteiengehörs ist nicht zu erkennen. Auf gleicher fachlicher Ebene ist die Beschwerdeführerin den sachverständigen Äußerungen nicht entgegengetreten.

Die demnach unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Gutachten Parteiengehör Parteieneinwendungen Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1987070126.X00

Im RIS seit

14.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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