TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/19 W164 2223413-1

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Veröffentlicht am 19.08.2021
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Entscheidungsdatum

19.08.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z4
GSVG §40

Spruch


W164 2223413-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, nun Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vom 15.07.2019, GZ VSNR XXXX betreffend Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG, Feststellung der Beitragsgrundlage und Beitragsnachverrechnung zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:


Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, nun Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, im Folgenden SVS, fest, dass der Beschwerdeführer, im Folgenden BF, im Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2005 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG unterlag (Spruchpunkt 1.), dass die Beitragsgrundlage im Kalenderjahr 2005 € 499,13 betrage (Spruchpunkt 2.) und dass der BF für das Jahr 2005 monatliche Beiträge zur Krankenversicherung iHv € 27,76, sowie zur Pensionsversicherung iHv 74,87 und weiters einen monatlichen Beitragszuschlag iHv € 9,50, sohin insgesamt € 1.399,56 zu zahlen habe (Spruchpunkt 3).

Zur Begründung stützte sich die SVS auf den den BF betreffenden rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheid 2005 vom 25.10.2006, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv € 6000,00 auswies. Dieser Einkommenssteuerbescheid entfalte bezüglich der Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Bindungswirkung. Die SVS legte weiters die Ermittlung der Beitragsgrundlage und der nachverrechneten Beträge rechnerisch dar.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und brachte vor, er habe im Jahr 2005 keine gewerbliche Tätigkeit entfaltet, sondern sei unselbständig tätig gewesen. Der BF habe auch kein Gewerbe angemeldet. Im Jahr 2005 sei der BF als Freiberufler tätig gewesen. Ein Freiberufler sei aber kein Gewerbetreibender. Der BF habe bislang keinen Einkommenssteuerbescheid 2005 vom Finanzamt erhalten. Es sei daher denkunmöglich, dass er ein Einkommen als Gewerbetreibender, wie im angefochtenen Bescheid behauptet wird, erzielt hätte. Die von der SVS vorgenommene Nachverrechnung an Beiträgen sei daher zu Unrecht erfolgt.

Die SVS legte die Beschwerde samt dem Bezug habenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht vor (Einlangen 13.09.2019) und verwies mit ihrem Vorlageschreiben auf den im Akt befindlichen Einkommenssteuerbescheid 2005 sowie darauf, dass die geschuldeten Beiträge iSd § 40 GSVG rechtzeitig festgestellt und regelmäßig eingefordert wurden.

Mit Schreiben vom 09.06.2021 sendete das Bundesverwaltungsgericht dem BF den im Akt befindlichen Einkommenssteuerbescheid 2005 und bot dem BF die Möglichkeit der Stellungnahme.

Der BF machte von dieser Möglichkeit der Stellungnahme keinen Gebrauch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):


Hinsichtlich der Feststellung des Sachverhaltes wird auf die in Punkt 1 (Verfahrensgang) gemachten Ausführungen verwiesen.

2.       Beweiswürdigung:


Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage. Der Bezug habende Einkommenssteuerbescheid wurde dem BF nachweislich zur Kenntnis gebracht. Da der BF von der Möglichkeit im Zuge des ihm gewährten schriftlichen Parteiengehörs gewährten Stellung zu nehmen keinen Gebrauch gemacht hat, kann der sich aus dem Akt ergebende Sachverhalt als erwiesen angenommen werden.

3.       Rechtliche Beurteilung:


Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

§ 194 GSVG verweist hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes grundsätzlich auf die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, wobei aber gemäß § 194 Z 5 GSVG § 414 Abs. 2 ASVG nicht anzuwenden ist. Es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)


Gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung (und in der Pensionsversicherung) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes richtet sich die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG nach der Einkommensteuerpflicht, sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die die Versicherungsgrenzen übersteigenden Einkünfte der in § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG genannten Art hervorgehen, Versicherungspflicht nach dieser Bestimmung besteht, sofern die zu Grunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum weiter ausgeübt wurde und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist (vgl. VwGH 2004/08/0257 vom 21.02.2007).

Mit der unmittelbaren Anknüpfung an die steuerrechtlichen Tatbestände lässt der Gesetzgeber keinen Raum dafür, aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer selbständigen betrieblichen Tätigkeit vorzunehmen und damit materiell die im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides von den Finanzbehörden im Hinblick auf die Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten entschiedene Rechtsfrage erneut zu prüfen. Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist, ist im Verfahren betreffend die Versicherungspflicht nach dem GSVG daher nicht (mehr) zu prüfen. (vgl. VwGH 2003/08/0231 vom 24.01.2006).

Im vorliegenden Fall ist ein rechtskräftiger Einkommenssteuerbescheid 2005 vor, der Einkünfte des BF aus Gewerbebetrieb iHv € 6000,--, somit in einer die anzuwendende Versicherungsgrenze übersteigenden Höhe, ausweist.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht mit Spruchpunkt 1 die Pflichtversicherung des BF gem. § 2 Abs 1 Z 4 GSVG festgestellt.

Gegen die rechnerische Richtigkeit der festgestellten Beitragsgrundlage (Spruchpunkt 2) und der nachverrechneten Beiträge (Spruchpunkt 3) hat der BF in seiner Beschwerde keine Einwendungen gemacht. Die diesbezüglichen Beträge wurde im angefochtenen Bescheid im Detail ausgeschlüsselt, sodass sich bei amtswegiger Prüfung keine Anhaltspunkte für diesbezügliche Bedenken ergaben.

Auch Verjährung ist im vorliegenden Fall nicht eingetreten:

Gem. § 40 Abs 1 GSVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.

Gemäß § 40 Abs 2 GSVG verjährt das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung), unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin gelten die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung.

Als die Feststellungverjährung unterbrechende Maßnahme ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jede nach außen hin in Erscheinung tretende und dem Beitragsschuldner zur Kenntnis gebracht der Tätigkeit des Versicherungsträgers zu verstehen, die der rechtswirksamen Feststellung der Beitragsschuld diente. Eine solche Maßnahme stellt schon eine durch ausgewiesene Bedienstete des Versicherungsträgers beim Beitragsschuldner vorgenommene Beitragsprüfung dar. Auch andere objektiv dem Feststellungsziel dienenden Aktivitäten des Versicherungsträgers, wie die Übersendung von Kontoauszügen über Rückstände an bestimmten Beiträgen durch den Versicherungsträger sind als verjährungsunterbrechende Maßnahmen anzusehen, ebenso die Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung eines auf Zahlung der Beiträge gerichteten Leistungsbescheides. Solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts über die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist, ist die Verjährung gehemmt.

Als die Einbringungsverjährung unterbrechende Maßnahme ist jede objektiv dem Zweck der Hereinbringung der offenen Forderung dienende Maßnahme des Versicherungsträgers anzusehen. Ist etwa die Anschrift des Beitragsschuldners nicht bekannt, zählen etwa auch Maßnahmen zur Feststellung des tatsächlichen Aufenthaltsortes des Beitragsschuldners (Abfrage der HV-Daten) als verjährungsunterbrechend, ebenso Mahnungen iSd § 40 Abs 2 GSVG und die Einleitung von Exekutionsschritten.

Im vorliegenden Fall hat der BF keine Verjährung eingewendet.

Auch die amtswegige Überprüfung des vorgelegten Aktes diesbezüglich ergab, dass die gegenständliche Beitragsschuld dem BF erstmals mit Schreiben vom 04.05.2007, somit vor Ablauf der Feststellungsverjährung, zur Kenntnis gebracht wurde. Auch in der Folge hat die SVS den BF jährlich mit der ausständigen Beitragsschuld konfrontiert bis schließlich der angefochtene Bescheid erging. Das nun geführte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat die Verjährung gehemmt. Es finden sich keine Anhaltspunkte, die für den Eintritt der Verjährung sprechen würden.

Zusammenfassend hat die belangte Behörde zur Recht die Pflichtversicherung des BF gem § 2 Abs 1 Z 4 GSVG für die Zeit von 01.01.2005 bis 31.12.2005 festgestellt. Die laut dem angefochtenen Bescheid daraus resultierende Beitragsgrundlage und die nachverrechneten Beiträge sind nicht zu beanstanden. Verjährung ist nicht eingetreten.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.


Schlagworte

Beitragsgrundlagen Beitragsnachverrechnung Einkommenssteuerbescheid Gewerbebetrieb Pflichtversicherung Verjährungsfrist Versicherungsgrenze

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W164.2223413.1.00

Im RIS seit

27.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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