TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/22 W218 2168026-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.06.2021
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Entscheidungsdatum

22.06.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28

Spruch


W218 2168029-3/15E

W218 2168022-3/15E

W218 2168033-3/13E

W218 2168016-3/19E

W218 2168021-3/12E

W218 2168026-3/13E

W218 2242209-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX (BF1), XXXX geb. XXXX (BF2), XXXX , geb. XXXX (BF3), XXXX , geb. XXXX (BF4) XXXX , geb. XXXX (BF5), XXXX , geb. XXXX (BF6) und XXXX , geb. XXXX (BF7), alle StA. Afghanistan, BF4, BF6 und BF7 gesetzlich vertreten durch BF1 und BF2 und alle vertreten durch RA Mag. Martin SAUSENG, Rechtsanwalt in Graz, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 31.07.2017, Zl. 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , 4.) XXXX , 5.) XXXX , 6.) XXXX und vom 25.03.2021 Zl. XXXX jeweils wegen §§ 3, 8, 10, 57 AsylG und §§ 46, 52, 55 FPG nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am 11.11.2019, 17.01.2020 und am 08.06.2021, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide werden als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerden gegen den Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide wird XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.06.2022 erteilt.

IV. Die Spruchpunkte III. und IV. der angefochtenen Bescheide werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer XXXX (BF1) und seine Ehefrau XXXX (BF2), sowie deren gemeinsame Kinder XXXX (BF3), XXXX (BF4) und XXXX (BF5), alle Staatsangehörige Afghanistans, reisten illegal in Österreich ein und stellten am 18.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF1 an, Staatsangehöriger von Afghanistan, ledig, mit muslimischem Glaubensbekenntnis, am XXXX geboren und in Herat, Afghanistan wohnhaft gewesen zu sein.

Er habe vor ca. vier bis fünf Monaten Afghanistan illegal mit dem PKW verlassen und sei anschließend schlepperunterstützt bis nach Österreich gelangt.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der BF1 an, er habe für die afghanische Regierung Autos repariert und hätten die Taliban ihn aufgefordert, dies zu unterlassen. BF1 sei von den Taliban am Rücken verletzt worden und sei sein Sohn ins Feuer geworfen und verletzt worden. Der BF1 sei mit seiner Familie in den Iran geflohen und seien sie nach fünf Jahren nach Afghanistan zurückgekehrt. Vor ca. einem halben Jahr sei sein neunjähriger Sohn entführt worden und habe der BF1 im Fernsehen gesehen, dass dieser tot aufgefunden worden sei, vermutlich von den Taliban ermordet. Daraufhin sei der BF1 mit seiner Familie erneut aus Afghanistan geflohen.

Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 24.05.2017 gab BF1 unter anderem an, dass er psychische Probleme habe und Medikamente nehme. Der BF1 gab an, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken zu sein. Der Beschwerdeführer habe keine Schule besucht und sei Analphabet. Er habe als Automechaniker und als Fleischlieferant gearbeitet.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab BF1 an, der Sohn seines Onkels väterlicherseits, XXXX , sei Mitglied der Taliban. Vor ca. vier Jahren habe der BF1 für die afghanische Regierung Autos repariert und habe von XXXX einen Anruf erhalten, dass er auch für die Taliban Autos reparieren müsse. Der BF1 habe XXXX angeboten, dass er deren Autos in Herat reparieren würde, doch XXXX habe ihn aufgefordert nach Farrah zu kommen. BF1 habe sich geweigert und habe XXXX ihn bedroht. Nach 20 Tagen sei das Haus des BF1 angegriffen worden und sei der BF1 von XXXX und weiteren Männern festgehalten und misshandelt worden. Bei der Flucht hätten die Angreifen eine Brandbombe auf das Haus geworfen und habe der BF3 davon Brandnarben am Bauch davongetragen. Der BF1 habe mit seiner Familie Afghanistan verlassen und vier Jahre im Iran gelebt. Nach der Rückkehr nach Afghanistan habe die Mutter des XXXX für diesen um die Hand der BF4 angehalten, die BF2 habe jedoch verneint. Ein weiterer Sohn des BF1, XXXX , sei daraufhin am Schulweg verschwunden und getötet worden. Der BF1 habe anschließend mit seiner Familie abermals Afghanistan verlassen.

3. In der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab die BF2 an, Staatsangehörige von Afghanistan, verheiratet, mit muslimischem Glaubensbekenntnis, am XXXX geboren und in Herat wohnhaft gewesen zu sein.

Zu ihren Fluchtgründen befragt gab die BF2 zunächst die Fluchtgründe ihres Ehemannes an und führte zum vorgebrachten Angriff durch die Taliban ergänzend aus, dass sie bei diesem Angriff von drei verschiedenen Männern vergewaltigt worden sei.

Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 24.05.2017 gab BF2 unter anderem an, dass sie psychische Probleme habe.

Zu den Fluchtgründen befragt gab die BF2 an, der BF1 habe als Schweißer Autos repariert und sei es zu einem Angriff auf ihr Haus gekommen. Der BF1 habe vermutet, es handle sich um seinen Onkel und dessen drei Söhne, welche Mitglieder der Taliban seien. Bei diesem Angriff sei der BF1 geschlagen worden, die BF2 sei auch geschlagen, mit einem Messer verletzt und vergewaltigt worden.

Im Rahmen der fortgesetzten niederschriftlichen Einvernahme durch eine weibliche Person führte die BF2 zu ihren Fluchtgründen befragt aus, sie sei während des Überfalles auf ihr Haus in ihrem Schlafzimmer gewesen und zwei Männer hätten angefangen sie zu schlagen und hätten versucht ihr die Hose runterzuziehen. Einer der Männer hätte ihr den Mund zugehalten und sei ihr mit einem Messer in den linken Oberschenkel rückseitig gestochen und dabei ihr rechter Mittelfinger erwischt worden. Sie sei von beiden Männern abwechselnd vergewaltigt worden, sie sei dabei im fünften oder sechsten Monat schwanger gewesen. Nach den Vergewaltigungen habe sie Blut am Bein und auf der Hose gehabt und habe sie dabei auch den Brand im Kinderzimmer bemerkt.

4. Die BF6 XXXX wurde XXXX in Österreich geboren und wurde von ihren Eltern am 16.03.2017 ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 gestellt.

5. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.07.2017 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß
§ 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Den Beschwerdeführern wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß
§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß
§ 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

6. Gegen diese ordnungsgemäß zugestellten Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF1 von seinem Cousin XXXX aufgefordert worden sei, nicht nur die Autos der Regierung, sondern auch die der Taliban zu reparieren. Der BF1 habe dem zunächst zugestimmt und seinem Cousin angeboten, dieser solle die Autos nach Herat bringen, doch sei der BF1 aufgefordert worden, nach Farrah zu kommen. Dies habe der BF1 jedoch verweigert. Ca. drei Wochen später hätten drei oder vier Männer in der Nacht die Familie angegriffen und sei der BF1 schwer verletzt und die BF2 vergewaltigt worden, der BF3 habe durch eine geworfene Brandbombe schwere Verbrennungen erlitten. Der BF1 habe seinen Cousin erkennen können. Die Familie sei in den Iran geflüchtet, hätte mangels Aufenthaltstitels wieder zurück nach Afghanistan reisen müssen. Dort sei der damals neunjährige Sohn, XXXX , verschwunden und sei seine Leiche ca. zwei Wochen später aufgefunden worden. Die Mutter von XXXX habe für diesen um die Hand der BF4 angehalten, was die Eltern abgelehnt und mit ihren Kindern Afghanistan aus Angst verlassen hätten.

7. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die eingebrachte Beschwerde am 11.11.2019 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Parteienvernehmung der Beschwerdeführer. Am Ende der Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet und der BF4 der Status der Asylberechtigten zuerkannt, da diese einen Gesinnungswandel glaubhaft machen konnte und in Österreich im Sinne einer „westlichen Orientierung“ lebe und ihr unter diesen Umständen ein Leben im Herkunftsstaat nicht zumutbar sei. Aufgrund des Familienlebens wurde den anderen Beschwerdeführern ebenfalls der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.11.2019 erfolgte die gekürzte Ausfertigung des am 11.11.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2020 wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.01.2020 das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.11.2019 rechtskräftig abgeschlossene Verfahren betreffend BF4 auf Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.12.2019 wiederaufgenommen. Es wurde weiters ausgesprochen, dass die im Familienverfahren erlassenen Asylzuerkennungen betreffend BF1, BF2, BF3, BF5 und BF6 ebenfalls außer Kraft treten und die Verfahren wiederaufgenommen werden. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass berechtigte Zweifel an der gelebten „westlichen Orientierung“ der BF2 hervorgekommen seien.

9. Der Siebtbeschwerdeführer XXXX wurde am XXXX in Österreich geboren und wurde von seinen Eltern am 29.10.2020 ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß
§ 34 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 gestellt.

10. Mit Stellungnahme vom 28.04.2021 führten die Beschwerdeführer aus, der BF3 sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 07.09.2020 zu XXXX rechtskräftig freigesprochen worden. Der BF3 habe zwischenzeitlich die erste Klasse der HAK XXXX besucht und eine Maßnahme zur Vorbereitung auf den Beginn einer Berufsausbildung im Auftrag des AMS im Zeitraum 20.01.2020 bis 22.04.2020 absolviert, welche aufgrund der Wiederaufnahme des Verfahrens beendet worden sei. Der BF3 habe versucht eine Lenkerberechtigung zu erlangen, doch sei die praktische Prüfung gescheitert, da der BF3 über kein Lichtbilddokument verfüge. Die BF4 habe bereits zwei Praktika in Apotheken absolviert und wolle sie eine Ausbildung zur pharmazeutisch-kaufmännischen Assistentin machen. Die Beschwerdeführer übermittelten eine Schulbesuchsbestätigung vom 22.04.2021 sowie eine Schulnachricht vom 05.02.2021, eine Praktikumsbestätigung sowie ein Bewerbungsschreiben betreffend BF4 und eine fachliche Äußerung des Vereins Zebra betreffend BF2 sowie ein Empfehlungsschreiben der Unterkunftgeberin der Beschwerdeführer.

11. Es langte eine Verständigung ein, dass BF1 mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 19.06.2020 zu XXXX wegen der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB und der versuchten mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung nach §§ 15, 228 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Wochen verurteilt wurde. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wurde der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

12. Am 28.05.2021 langte eine Beschwerdeergänzung beim Bundesverwaltungsgericht ein. Ausgeführt wurde, dass es sich bei der BF4 auch weiterhin um eine westlich orientierte Frau handle und ihr ein Leben im Herkunftsstaat daher nicht zumutbar sei. Die BF4 trage das Kopftuch „nach Lust und Laune“ und zwar im Sinne einer eigenständigen und freien Entscheidung.

Darüber hinaus sei den Beschwerdeführern jedenfalls der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, da es sich bei den minderjährigen Fünft- bis Siebtbeschwerdeführern um minderjährige, teils weibliche, Kinder handle.

13. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die eingebrachte Beschwerde am 08.06.2021 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Parteienvernehmung der Beschwerdeführer.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige von Afghanistan und Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken. Der BF1 und die BF2 sind miteinander verheiratet und die Eltern des zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen BF3 und der zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen BF4 sowie des minderjährigen BF5, der minderjährigen BF6 und des minderjährigen BF7.

Der BF1 und die BF2 sowie der BF3, die BF4 und der BF5 sind in Afghanistan geboren und haben, bis auf einen Zeitraum von ca. vier bis fünf Jahren, wo sie sich im Iran aufhielten, in Herat gelebt bzw. zuletzt in einem Dorf nahe Herat. Die BF6 und der BF7 sind in Österreich geboren.

Der BF1 leidet an einer Lumbago ohne fokal neurologisches Defizit, Z.n. OP bei traumatischen WK Frakturen 2008, Kopfschmerzen unklarer Genese, Insomnie, Depression bei zusätzlicher Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen und einer Anpassungsstörung. Die BF2 leidet an einer funktionellen Störung bei offensichtlich bestehender Depressio.

1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer waren in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und wurden von ihnen asylrelevante Gründe für das Verlassen des Heimatstaates nicht glaubhaft dargetan. Es ist nicht glaubhaft, dass einem der Beschwerdeführer in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung Verfolgung droht.

Eine Tötung des einen Sohnes durch die Taliban kann nicht festgestellt werden.

Eine drohende Zwangsverheiratung der BF4 konnte nicht glaubhaft gemacht werden.

Eine nachhaltige Verfolgung durch die Taliban konnte nicht glaubhaft gemacht werden.

Die BF2 und BF4 konnten nicht glaubhaft machen, dass ihnen aufgrund ihrer inneren Einstellung und ihrer Wünsche, wie sie ihr Leben selbst gestalten und führen möchten, im Sinne einer „westlichen Orientierung“, in Afghanistan asylrelevante Verfolgung droht.

Die beschwerdeführenden Parteien hatten keine Probleme mit den Behörden im Heimatland.

Die Angaben der beschwerdeführenden Parteien zu den Fluchtgründen sind nicht glaubhaft und werden dem Verfahren nicht zugrunde gelegt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF1 seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung durch die Taliban verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe in diesem Zusammenhang zu befürchten hätte. Der BF1 wurde in Afghanistan weder unmittelbar noch mittelbar von den Taliban oder von anderen Personen mit dem Tod oder der Ausübung von psychischer oder physischer Gewalt bedroht. Die Taliban haben nicht versucht, den BF1 mit Zwang zu rekrutieren. Der BF1 hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in seine körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen. Die vom BF1 vorgebrachten Gründe für seine Ausreise werden mangels Glaubwürdigkeit des Vorbringens nicht festgestellt.

Im Falle der Rückkehr nach Afghanistan droht dem BF1 sowie seiner Familie aus den vorgebrachten Gründen weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in ihre körperliche Integrität durch die Taliban oder durch andere Personen.

Die Beschwerdeführer konnten insgesamt nicht glaubhaft machen, dass sie ihren Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung verlassen haben oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätten.

1.3. Zum Leben der Beschwerdeführer in Österreich:

Die Beschwerdeführer leben von der Grundversorgung, weder der BF1 noch die BF2, der BF3 oder die BF4 gehen einer legalen Beschäftigung nach.

Der BF3 absolvierte im Zeitraum 09.09.2019 bis 20.01.2020 die HAK/HAS XXXX und nahm von 20.01.2020 bis 22.04.2020 an der Maßnahme zur Vorbereitung auf den Beginn einer Berufsausbildung „Perspektivenwerkstatt 2019/2020“ teil.

Die BF4 absolvierte im Zeitraum 23.11.2020 bis 27.11.2020 ein Praktikum in XXXX in Graz.

Der BF1 wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 19.06.2020 zu XXXX wegen der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB und der versuchten mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung nach §§ 15, 228 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Wochen verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wurde der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Die übrigen Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten.

Der BF1 und die BF2 können sich kaum auf Deutsch verständigen. Der BF3, die BF4 und der BF5 können sich sehr gut in der deutschen Sprache verständigen.

In Österreich lebt ein Cousin des BF1 mütterlicherseits, zu dem jedoch kaum Kontakt besteht.

1.4. Zur Rückkehr der Beschwerdeführer nach Afghanistan

Die Beschwerdeführer haben kaum Kontakt zu in Afghanistan lebenden Familienangehörigen, Verwandten, Freunden oder sonstigen Personen. Die BF6 und der BF7 sind bereits in Österreich geboren.

Die Beschwerdeführer haben glaubhaft gemacht, dass ihnen im Falle ihrer Verbringung in den Herkunftsstaat aufgrund ihrer individuellen Situation im Zusammenhang mit der Lage in ihrer Herkunftsregion ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), droht.

Durch die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Heimatstaat könnten diese - unter Beachtung der Lage im Herkunftsstaat und der individuellen Situation - derzeit in den Rechten gemäß Artikel 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden.

1.6. Zur relevanten Situation in Afghanistan:

Hinsichtlich der relevanten Situation in Afghanistan wird zunächst prinzipiell auf die Länderfeststellungen der belangten Behörde zu Afghanistan verwiesen. Bis zum Entscheidungsdatum sind dem Bundesverwaltungsgericht keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen der Ländersituation bekannt geworden.

Ergänzend wird Folgendes festgestellt:

Entwicklung der COVID-19 Pandemie in Afghanistan

Der erste offizielle Fall einer COVID-19 Infektion in Afghanistan wurde am 24.2.2020 in Herat festgestellt (RW 9.2020; vgl UNOCHA 19.12.2020). Laut einer vom afghanischen Gesundheitsministerium (MoPH) durchgeführten Umfrage hatten zwischen März und Juli 2020 35% der Menschen in Afghanistan Anzeichen und Symptome von COVID-19. Laut offiziellen Regierungsstatistiken wurden bis zum 2.9.2020 in Afghanistan 103.722 Menschen auf das COVID-19-Virus getestet (IOM 23.9.2020). Aufgrund begrenzter Ressourcen des öffentlichen Gesundheitswesens und der Testkapazitäten, der Testkriterien, des Mangels an Personen, die sich für Tests melden, sowie wegen des Fehlens eines nationalen Sterberegisters werden bestätigte Fälle von und Todesfälle durch COVID-19 in Afghanistan wahrscheinlich insgesamt unterrepräsentiert (HRW 14.1.2021; vgl. UNOCHA 18.2.2021, USAID 12.1.2021, UNOCHA 19.12.2020, RFE/RL 23.2.2021a).

Die fortgesetzte Ausbreitung der Krankheit in den letzten Wochen des Jahres 2020 hat zu einem Anstieg der Krankenhauseinweisungen geführt, wobei jene Einrichtungen die als COVID-19- Krankenhäuser in den Provinzen Herat, Kandahar und Nangarhar gelten, nach Angaben von Hilfsorganisationen seit Ende Dezember voll ausgelastet sind. Gesundheitseinrichtungen sehen sich auch zu Beginn des Jahres 2021 großen Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung ihrer Kapazitäten zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 sowie bei der Aufrechterhaltung grundlegender Gesundheitsdienste gegenüber, insbesondere, wenn sie in Konfliktgebieten liegen (BAMF 8.2.2021; vgl. IOM 18.3.2021).

Die WHO äußerte ihre Besorgnis über die Gefahr der Verbreitung mutierter Viren in Afghanistan. In Pakistan ist bereits ein deutlicher Anstieg der Infektionen mit einer neuen Variante, die potenziell ansteckender ist und die jüngere Bevölkerung trifft, festgestellt worden. Das afghanische Gesundheitsministerium bereite sich auf eine potenzielle dritte Welle vor. Die Überwachung an der Grenze soll ausgeweitet und Tests verbessert werden. Angesichts weiterer Berichte über unzureichende Testkapazitäten im Land bleibt die Wirkung der geplanten Maßnahmen abzuwarten (BAMF 29.3.2021).

Laut Meldungen von Ende Mai 2021 haben afghanische Ärzte Befürchtungen geäußert, dass sich die erstmals in Indien entdeckte COVID-19-Variante nun auch in Afghanistan verbreiten könnte. Viele der schwerkranken Fälle im zentralen Krankenhaus für COVID-Fälle in Kabul, wo alle 100 Betten belegt seien, seien erst kürzlich aus Indien zurückgekehrte Personen (BAMF 31.5.2021; vgl. TG 25.5.2021, DW 21.5.2021, UNOCHA 3.6.2021). Seit Ende des Ramadans und einige Woche nach den Festlichkeiten zu Eid al-Fitr konnte wieder ein Anstieg der COVID- 19 Fälle verzeichnet werden. Es wird vom Beginn einer dritten Welle gesprochen (UNOCHA 3,6,2021; vgl. TG 25.5.2021). Waren die [Anm.: offiziellen] Zahlen zwischen Februar und März relativ niedrig, so stieg die Anzahl zunächst mit April und dann mit Ende Mai deutlich an (WHO 4.6.2021; vgl. TN 3.6.2021, UNOCHA 3.6.2021). Es gibt in Afghanistan keine landeseigenen Einrichtungen, um auf die aus Indien stammende Variante zu testen (UNOCHA 3.6.2021; vgl. TG 25.5.2021).

Mit Stand 3.6.2021 wurden der WHO offiziell 75.119 Fälle von COVID-19 gemeldet (WHO 3.6.2021), wobei die tatsächliche Zahl der positiven Fälle um ein Vielfaches höher eingeschätzt wird (IOM 18.3.2021; vgl. HRW 14.1.2021).

Maßnahmen der Regierung und der Taliban

Das afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) hat verschiedene Maßnahmen zur Vorbereitung und Reaktion auf COVID-19 ergriffen. „Rapid Response Teams“ (RRTs) besuchen Verdachtsfälle zu Hause. Die Anzahl der aktiven RRTs ist von Provinz zu Provinz unterschiedlich, da ihre Größe und ihr Umfang von der COVID-19-Situation in der jeweiligen Provinz abhängt.

Sogenannte „Fix-Teams“ sind in Krankenhäusern stationiert, untersuchen verdächtige COVID- 19-Patienten vor Ort und stehen in jedem öffentlichen Krankenhaus zur Verfügung. Ein weiterer Teil der COVID-19-Patienten befindet sich in häuslicher Pflege (Isolation). Allerdings ist die häusliche Pflege und Isolation für die meisten Patienten sehr schwierig bis unmöglich, da die räumlichen Lebensbedingungen in Afghanistan sehr begrenzt sind (IOM 23.9.2020). Zu den Sensibilisierungsbemühungen gehört die Verbreitung von Informationen über soziale Medien, Plakate, Flugblätter sowie die Ältesten in den Gemeinden (IOM 18.3.2021; vgl. WB 28.6.2020).

Allerdings berichteten undokumentierte Rückkehrer immer noch von einem insgesamt sehr geringen Bewusstsein für die mit COVID-19 verbundenen Einschränkungen sowie dem Glauben an weitverbreitete Verschwörungen rund um COVID-19 (IOM 18.3.2021; vgl. IOM 1.2021).

Gegenwärtig gibt es in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif keine Ausgangssperren. Das afghanische Gesundheitsministerium hat die Menschen jedoch dazu ermutigt, einen physischen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, eine Maske zu tragen, sich 20 Sekunden lang die Hände mit Wasser und Seife zu waschen und Versammlungen zu vermeiden (IOM 18.3.2021). Auch wenn der Lockdown offiziell nie beendet wurde, endete dieser faktisch mit Juli bzw. August 2020 und wurden in weiterer Folge keine weiteren Ausgangsperren erlassen (ACCORD 25.5.2021).

Laut IOM sind Hotels, Teehäuser und andere Unterkunftsmöglichkeiten derzeit [Anm.: März 2021] nur für Geschäftsreisende geöffnet. Für eine Person, die unter der Schirmherrschaft der IOM nach Afghanistan zurückkehrt und eine vorübergehende Unterkunft benötigt, kann IOM ein Hotel buchen. Personen, die ohne IOM nach Afghanistan zurückkehren, können nur in einer Unterkunftseinrichtung übernachten, wenn sie fälschlicherweise angeben, ein Geschäftsreisender zu sein. Da die Hotels bzw. Teehäuser die Gäste benötigen, um wirtschaftlich überleben zu können, fragen sie nicht genau nach. Wird dies durch die Exekutive überprüft, kann diese - wenn der Aufenthalt auf der Angabe von falschen Gründen basiert - diesen jederzeit beenden. Die betreffenden Unterkunftnehmer landen auf der Straße und der Unterkunftsbetreiber muss mit einer Verwaltungsstrafe rechnen (IOM AUT 22.3.2021). Laut einer anderen Quelle gibt es jedoch aktuell [Anm.: März 2021] keine Einschränkungen bei der Buchung eines Hotels oder der Unterbringung in einem Teehaus und es ist möglich, dass Rückkehrer und Tagelöhner die Unterbringungsmöglichkeiten nutzen (RA KBL 22.3.2021). Indien hat inzwischen zugesagt, 500.000 Dosen seines eigenen Impfstoffs zu spenden, erste Lieferungen sind bereits angekommen. 100.000 weitere Dosen sollen über COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) verteilt werden. Weitere Gespräche über Spenden laufen mit China (BAMF 8.2.2021; vgl. RFE/RL 23.2.2021a). Die Taliban erlauben den Zugang für medizinische Helfer in Gebieten unter ihrer Kontrolle im Zusammenhang mit dem Kampf gegen COVID-19 (NH 3.6.2020; vgl. Guardian 2.5.2020) und gaben im Januar 2020 ihre Unterstützung für eine COVID-19-Impfkampagne in Afghanistan bekannt, die vom COVAX-Programm der Weltgesundheitsorganisation mit 112 Millionen Dollar unterstützt wird. Nach Angaben des Taliban-Sprechers Zabihullah Mudschahid würde die Gruppe die über Gesundheitszentren durchgeführte Impfaktion „unterstützen und erleichtern“ (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021), wenn der Impfstoff in Abstimmung mit ihrer Gesundheitskommission und in Übereinstimmung mit deren Grundsätzen eingesetzt wird (NH 7.4.2021). Offizielle Stellen glauben, dass die Aufständischen die Impfteams nicht angreifen würden, da sie nicht von Tür zu Tür gehen würden (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021). Bei der Bekanntgabe der Finanzierung sagte ein afghanischer Gesundheitsbeamter, dass das COVAX-Programm 20% der 38 Millionen Einwohner des Landes abdecken würde (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021, IOM 18.3.2021). Das Gesundheitsministerium plant 2.200 Einrichtungen im ganzen Land, um Impfstoffe zu verabreichen, und die Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen, die in Taliban-Gebieten arbeiten (NH 7.4.2021). Die Weltbank und die asiatische Entwicklungsbank gaben laut einer Sprecherin des afghanischen Gesundheitsministeriums an, dass sie bis Ende 2022 Impfstoffe für weitere 20% der Bevölkerung finanzieren würden (REU 26.1.2021; vgl. RFE/RL 23.2.2021a). Um dies zu erreichen, müssen sich die Gesundheitsbehörden sowohl auf lokale als auch internationale humanitäre Gruppen verlassen, die dorthin gehen, wo die Regierung nicht hinkommt (NH 7.4.2021). Im Februar 2021 hat Afghanistan mit seiner COVID-19-Impfkampagne begonnen, bei der zunächst Mitglieder der Sicherheitskräfte, Mitarbeiter des Gesundheitswesens und Journalisten geimpft werden (RFE/RL 23.2.2021a). Die Regierung kündigte an, 60% der Bevölkerung zu impfen, als die ersten 500.000 Dosen COVID-19-Impfstoff aus Indien in Kabul eintrafen. Es wurde angekündigt, dass zuerst 150.000 Mitarbeiter des Gesundheitswesens geimpft werden sollten, gefolgt von Erwachsenen mit gesundheitlichen Problemen. Die Impfungen haben in Afghanistan am 23.2.2021 begonnen (IOM 18.3.2021). Wochen nach Beginn der ersten Phase der Einführung des Impfstoffs gegen COVID-19 zeigen sich in einige Distrikten die immensen Schwierigkeiten, die das Gesundheitspersonal, die Regierung und die Hilfsorganisationen überwinden müssen, um das gesamte Land zu erreichen, sobald die Impfstoffe in größerem Umfang verfügbar sind. Hilfsorganisationen sagen, dass 120 von Afghanistans rund 400 Distrikten - mehr als ein Viertel - als „schwer erreichbar“ gelten, weil sie abgelegen sind, ein aktiver Konflikt herrscht oder mehrere bewaffnete Gruppen um die Kontrolle kämpfen. Ob eine Impfkampagne erfolgreich ist oder scheitert, hängt oft von den Beziehungen zu den lokalen Befehlshabern ab, die von Distrikt zu Distrikt sehr unterschiedlich sein können (NH 7.4.2021).

Mit Stand 2.6.2021 wurden insgesamt 626.290 Impfdosen verabreicht (WHO 4.6.2021; vgl UNOCHA 3.6.2021). Etwa 11% der Geimpften haben beide Dosen des COVID-19-Impfstoffs erhalten. Insgesamt gibt es nach wie vor große Bedenken hinsichtlich des gerechten Zugangs zu Impfstoffen für Afghanen, insbesondere für gefährdete Gruppen wie Binnenvertriebene, Rückkehrer und nomadische Bevölkerungsgruppen sowie Menschen, die in schwer zugänglichen Gebieten leben (UNOCHA 3.6.2021).

Gesundheitssystem und medizinische Versorgung

COVID-19-Patienten können in öffentlichen Krankenhäusern stationär diagnostiziert und behandelt werden (bis die Kapazitäten für COVID-Patienten ausgeschöpft sind). Staatlich geführte Krankenhäuser bieten eine kostenlose Grundversorgung im Zusammenhang mit COVID-19 an, darunter auch einen molekularbiologischen COVID-19-Test (PCR-Test). In den privaten Krankenhäusern, die von der Regierung autorisiert wurden, COVID-19-infizierte Patienten zu behandeln, werden die Leistungen in Rechnung gestellt. Ein PCR-Test auf COVID-19 kostet 3.500 Afghani (AFN) (IOM 18.3.2021). Krankenhäuser und Kliniken haben nach wie vor Probleme bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung der Kapazität ihrer Einrichtungen zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 sowie bei der Aufrechterhaltung wesentlicher Gesundheitsdienste, insbesondere in Gebieten mit aktiven Konflikten. Gesundheitseinrichtungen im ganzen Land berichten nach wie vor über Defizite bei persönlicher Schutzausrüstung, medizinischem Material und Geräten zur Behandlung von COVID-19 (USAID 12.1.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, HRW 13.1.2021, AA 16.7.2020, WHO 8.2020). Bei etwa 8% der bestätigten COVID-19-Fälle handelt es sich um Mitarbeiter im Gesundheitswesen (BAMF 8.2.2021). Mit Mai 2021 wird vor allem von einem starken Mangel an Sauerstoff berichtet (TN 3.6.2021; vgl. TG 25.5.2021).

Während öffentliche Krankenhäuser im März 2021 weiterhin unter einem Mangel an ausreichenden Testkapazitäten für die gesamte Bevölkerung leiden, können stationäre Patienten während ihres Krankenhausaufenthalts kostenfreie PCR-Tests erhalten. Generell sind die Tests seit Februar 2021 leichter zugänglich geworden, da mehr Krankenhäuser von der Regierung die Genehmigung erhalten haben, COVID-19-Tests durchzuführen. In Kabul werden die Tests beispielsweise im Afghan-Japan Hospital, im Ali Jennah Hospital, im City Hospital, im Alfalah- Labor oder in der deutschen Klinik durchgeführt (IOM 18.3.2021). Seit Mai 2021 sind 28 Labore in Afghanistan in Betrieb - mit Plänen zur Ausweitung auf mindestens ein Labor pro Provinz. Die nationalen Labore testen 7.500 Proben pro Tag. Die WHO berichtet, dass die Labore die Kapazität haben, bis zu 8.500 Proben zu testen, aber die geringe Nachfrage bedeutet, dass die Techniker derzeit reduzierte Arbeitszeiten haben (UNOCHA 3.6.2021). In den 18 öffentlichen Krankenhäusern in Kabul gibt es insgesamt 180 Betten auf Intensivstationen. Die Provinzkrankenhäuser haben jeweils mindestens zehn Betten auf Intensivstationen. Private Krankenhäuser verfügen insgesamt über 8.000 Betten, davon wurden 800 für die Intensivpflege ausgerüstet. Sowohl in Kabul als auch in den Provinzen stehen für 10% der Betten auf der Intensivstation Beatmungsgeräte zur Verfügung. Das als Reaktion auf COVID-19 eingestellte Personal wurde zu Beginn der Pandemie von der Regierung und Organisationen geschult (IOM 23.9.2020). UNOCHA berichtet mit Verweis auf Quellen aus dem Gesundheitssektor, dass die niedrige Anzahl an Personen die Gesundheitseinrichtungen aufsuchen auch an der Angst der Menschen vor einer Ansteckung mit dem Virus geschuldet ist (UNOCHA 15.10.2020) wobei auch die Stigmatisierung, die mit einer Infizierung einhergeht, hierbei eine Rolle spielt (IOM

18.3.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, UNOCHA 18.2.2021, USAID 12.1.2021). Durch die COVID-19 Pandemie hat sich der Zugang der Bevölkerung zu medizinischer Behandlung verringert (AAN 1.1.2020). Dem IOM Afghanistan COVID-19 Protection Monitoring Report zufolge haben 53 % der Bevölkerung nach wie vor keinen realistischen Zugang zu Gesundheitsdiensten. Ferner berichteten 23 % der durch IOM Befragten, dass sie sich die gewünschten Präventivmaßnahmen, wie den Kauf von Gesichtsmasken, nicht leisten können. Etwa ein Drittel der befragten Rückkehrer berichtete, dass sie keinen Zugang zu Handwascheinrichtungen (30%) oder zu Seife/Desinfektionsmitteln (35%) haben (IOM 23.9.2020).

Sozioökonomische Auswirkungen und Arbeitsmarkt

COVID-19 trägt zu einem erheblichen Anstieg der akuten Ernährungsunsicherheit im ganzen Land bei (USAID 12.1.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, UNOCHA 19.12.2020). Die kürzlich veröffentlichte IPC-Analyse schätzt, dass sich im April 2021 12,2 Millionen Menschen - mehr als ein Drittel der Bevölkerung - in einem Krisen- oder Notfall-Niveau der Ernährungsunsicherheit befinden (UNOCHA 3.6.2021; vgl. IPC 22.4.2021). In der ersten Hälfte des Jahres 2020 kam es zu einem deutlichen Anstieg der Lebensmittelpreise, die im April 2020 im Jahresvergleich um rund 17% stiegen, nachdem in den wichtigsten städtischen Zentren Grenzkontrollen und Lockdown-Maßnahmen eingeführt worden waren. Der Zugang zu Trinkwasser war jedoch nicht beeinträchtigt, da viele der Haushalte entweder über einen Brunnen im Haus verfügen oder Trinkwasser über einen zentralen Wasserverteilungskanal erhalten. Die Auswirkungen der Handelsunterbrechungen auf die Preise für grundlegende Haushaltsgüter haben bisher die Auswirkungen der niedrigeren Preise für wichtige Importe wie Öl deutlich überkompensiert. Die Preisanstiege scheinen seit April 2020 nach der Verteilung von Weizen aus strategischen Getreidereserven, der Durchsetzung von Anti-Preismanipulationsregelungen und der Wiederöffnung der Grenzen für Nahrungsmittelimporte nachgelassen zu haben (IOM 23.9.2020; vgl. WHO 7.2020), wobei gemäß dem WFP (World Food Program) zwischen März und November 2020 die Preise für einzelne Lebensmittel (Zucker, Öl, Reis…) um 18-31% gestiegen sind (UNOCHA 12.11.2020). Zusätzlich belastet die COVID-19-Krise mit einhergehender wirtschaftlicher Rezession die privaten Haushalte stark (AA 16.7.2020).

Die Lebensmittelpreise haben sich mit Stand März 2021 auf einem hohen Niveau stabilisiert:

Nach Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft, Bewässerung und Viehzucht waren die Preise für Weizenmehl von November bis Dezember 2020 stabil, blieben aber auf einem Niveau, das 11 %, über dem des Vorjahres und 27 % über dem Dreijahresdurchschnitt lag. Insgesamt blieben die Lebensmittelpreise auf den wichtigsten Märkten im Dezember 2020 überdurchschnittlich hoch, was hauptsächlich auf höhere Preise für importierte Lebensmittel zurückzuführen ist (IOM 18.3.2021).

Laut einem Bericht der Weltbank zeigen die verfügbaren Indikatoren Anzeichen für eine stark schrumpfende Wirtschaft in der ersten Hälfte des Jahres 2020, was die Auswirkungen der COVID- 19-Krise im Kontext der anhaltenden Unsicherheit widerspiegelt. Die Auswirkungen von COVID-19 auf den Landwirtschaftssektor waren bisher gering. Bei günstigen Witterungsbedingungen während der Aussaat wird erwartet, dass sich die Weizenproduktion nach der Dürre von 2018 weiter erholen wird. Lockdown-Maßnahmen hatten bisher nur begrenzte Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion und blieben in ländlichen Gebieten nicht durchgesetzt. Die Produktion von Obst und Nüssen für die Verarbeitung und den Export wird jedoch durch Unterbrechung der Lieferketten und Schließung der Exportwege negativ beeinflusst (IOM 18.3.2021; vgl. WB 15.7.2020).

Es gibt keine offiziellen Regierungsstatistiken, die zeigen, wie der Arbeitsmarkt durch COVID-19 beeinflusst wurde bzw. wird. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass die COVID-19-Pandemie erhebliche negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage in Afghanistan hat, einschließlich des Arbeitsmarktes (IOM 23.9.2020; vgl. AA 16.7.2020). Die afghanische Regierung warnt davor, dass die Arbeitslosigkeit in Afghanistan um 40% steigen wird. Die Lockdown-Maßnahmen haben die bestehenden prekären Lebensgrundlagen in dem Maße verschärft, dass bis Juli 2020 84% der durch IOM-Befragten angaben, dass sie ohne Zugang zu außerhäuslicher Arbeit (im Falle einer Quarantäne) ihre grundlegenden Haushaltsbedürfnisse nicht länger als zwei Wochen erfüllen könnten; diese Zahl steigt auf 98% im Falle einer vierwöchigen Quarantäne (IOM 23.9.2020). Insgesamt ist die Situation vor allem für Tagelöhner sehr schwierig, da viele Wirtschaftssektoren von den Lockdown-Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 negativ betroffen sind (IOM 23.9.2020; vgl. Martin/Parto 11.2020).

Die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, die durch die COVID-19-Pandemie geschaffen wurden, haben auch die Risiken für vulnerable Familien erhöht, von denen viele bereits durch lang anhaltende Konflikte oder wiederkehrende Naturkatastrophen ihre begrenzten finanziellen, psychischen und sozialen Bewältigungskapazitäten aufgebraucht hatten (UNOCHA 19.12.2020).

Die tiefgreifenden und anhaltenden Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die afghanische Wirtschaft bedeuten, dass die Armutsquoten für 2021 voraussichtlich hoch bleiben werden. Es wird erwartet, dass das BIP im Jahr 2021 um mehr als 5% geschrumpft sein wird (IWF). Bis Ende 2021 ist die Arbeitslosenquote in Afghanistan auf 37,9% gestiegen, gegenüber 23,9% im Jahr 2019 (IOM 18.3.2021). Nach einer Einschätzung des Afghanistan Center for Excellence sind die am stärksten von der COVID-19-Krise betroffenen Sektoren die verarbeitende Industrie (Non-Food), das Kunsthandwerk und die Bekleidungsindustrie, die Agrar- und Lebensmittelverarbeitung, der Fitnessbereich und das Gesundheitswesen sowie die NGOs (IOM 18.3.2021). Nach Erkenntnissen der WHO steht Afghanistan [Anm.: mit März 2021] vor einer schleppenden wirtschaftlichen Erholung inmitten anhaltender politischer Unsicherheiten und einem möglichen Rückgang der internationalen Hilfe. Das solide Wachstum in der Landwirtschaft hat die afghanische Wirtschaft teilweise gestützt, die im Jahr 2020 um etwa zwei Prozent schrumpfte, deutlich weniger als ursprünglich geschätzt. Schwer getroffen wurden aber der Dienstleistungs- und Industriesektor, wodurch sich die Arbeitslosigkeit in den Städten erhöhte. Aufgrund des schnellen Bevölkerungswachstums ist nicht zu erwarten, dass sich das Pro-Kopf-Einkommen bis 2025 wieder auf das Niveau von vor der COVID-19-Pandemie erholt (BAMF 12.4.2021).

Frauen, Kinder und Binnenvertriebene

Auch auf den Bereich Bildung hatte die COVID-19 Pandemie Auswirkungen. Die Regierung ordnete im März 2020 an, alle Schulen zu schließen (IOM 23.9.2020; vgl. ACCORD 25.5.2021), wobei diese ab August 2020 wieder stufenweise geöffnet wurden (ACCORD 25.5.2021). Angesichts einer zweiten COVID-19-Welle verkündete die Regierung jedoch Ende November die abermalige Schließung der Schulen (SIGAR 30.4.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021) wobei diese im Laufe des ersten Quartals 2021 wieder geöffnet wurden (SIGAR 30.4.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021, UNICEF 4.5.2021). Im Oktober 2020 berichtete ein Beamter, dass 56 Schüler und Lehrer in der Provinz Herat positiv getestet wurden (von 386 Getesteten). 35 bis 60 Schüler lernen in einem einzigen Raum, weil es an Einrichtungen fehlt und die Richtlinien zur sozialen Distanzierung nicht beachtet werden (IOM 18.3.2021). Ende Mai 2021 wurde berichtet, dass in 16 Provinzen aufgrund steigender Fallzahlen für 14 Tage die Schulen geschlossen würden (BAMF 31.5.2021).

Kinder (vor allem Jungen), die von den Auswirkungen der Schulschließungen im Rahmen von COVID-19 betroffen waren, waren nun auch anfälliger für Rekrutierung durch die Konfliktparteien (IPS 12.11.2020; vgl. UNAMA 10.8.2020, ACCORD 25.5.2021). In den ersten Monaten des Jahres 2021 wurde im Durchschnitt eines von drei Kindern in Afghanistan außer Haus geschickt, um zu arbeiten. Besonders außerhalb der Städte wurde ein hoher Anstieg der Kinderarbeit berichtet (IOM 18.3.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021). Die Krise verschärft auch die bestehende Vulnerabilität von Mädchen betreffend Kinderheirat und Schwangerschaften von Minderjährigen

(UNOCHA 19.12.2020; vgl. IPS 12.11.2020, UNAMA 10.8.2020, ACCORD 25.5.2021). Die Pandemie hat auch spezifische Folgen für Frauen, insbesondere während eines Lockdowns, einschließlich eines erhöhten Maßes an häuslicher Gewalt (ACCORD 25.5.2021; vgl. AI 3.2021, HRW 13.1.2021, UNOCHA 19.12.2020). Frauen und Mädchen sind durch den generell geringeren Zugang zu Gesundheitseinrichtungen zusätzlich betroffen (AI 3.2021; vgl. HRW 13.1.2021, Martins/Parto 11.2020, AAN 1.10.2020).

Binnenvertriebene sind besonders gefährdet, sich mit COVID-19 anzustecken, da sie bereits vorher anfällig waren, es keine Gesundheitseinrichtungen gibt, die Siedlungen überfüllt sind und sie nur begrenzten Zugang zu Wasser und sanitären Anlagen haben. Aufgrund ihrer schlechten Lebensbedingungen sind die vertriebenen Gemeinschaften nicht in der Lage, Präventivmaßnahmen wie soziale Distanzierung und Quarantäne zu praktizieren und sind daher anfälliger für die Ansteckung und Verbreitung des Virus (AI 3.2021).

Bewegungsfreiheit

Im Zuge der COVID-19 Pandemie waren verschiedene Grenzübergänge und Straßen vorübergehend gesperrt (RFE/RL 21.8.2020; vgl. NYT 31.7.2020, IMPACCT 14.8.2020, UNOCHA 30.6.2020), wobei später alle Grenzübergänge geöffnet wurden (IOM 18.3.2021). Seit dem 29.4.2021 hat die iranische Regierung eine unbefristete Abriegelung mit Grenzschließungen verhängt (UNOCHA 3.6.2021; vgl. AnA 29.4.2021). Die Grenze bleibt nur für den kommerziellen Verkehr und die Bewegung von dokumentierten Staatsangehörigen, die nach Afghanistan zurückkehren, offen. Die Grenze zu Pakistan wurde am 20.5.2021 nach einer zweiwöchigen Abriegelung durch Pakistan wieder geöffnet (UNOCHA 3.6.2021).

Die internationalen Flughäfen in Kabul, Mazar-e Sharif, Kandarhar und Herat werden aktuell international wie auch national angeflogen und auch findet Flugverkehr zu nationalen Flughäfen statt (F 24 o.D.; vgl. IOM 18.3.2021). Derzeit verkehren Busse, Sammeltaxis und Flugzeuge zwischen den Provinzen und Städten. Die derzeitige Situation führt zu keiner Einschränkung der Bewegungsfreiheit (IOM 18.3.2021). IOM Österreich unterstützt auch derzeit Rückkehrer im Rahmen der freiwilligen Rückkehr und Teilnahme an Reintegrationsprogrammen. Neben der Reiseorganisation bietet IOM Österreich dabei Unterstützung bei der Ausreise am Flughafen Wien Schwechat an (STDOK 14.7.2020). Von 1.1.2020 bis 22.9.2020 wurden 70 Teilnahmen an dem Reintegrationsprojekt Restart III akzeptiert und sind 47 Personen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt (IOM 23.9.2020). Mit Stand 18.3.2021 wurden insgesamt 105 Teilnahmen im Rahmen von Restart III akzeptiert und sind 86 Personen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt (IOM 18.3.2021). Mit Stand 25.5.2021 ist das Projekt Restart III weiter aktiv und Teilnehmer melden sich (IOM AUT 25.5.2021).

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WHO - World Health Organisation (7.2020): AFGHANISTAN DEVELOPMENT UPDATE JULY 2020 - SURVIVING THE STORM, https://documents.worldbank.org/en/publication/documents-reports/documentdetail/132851594655294015/afghanistan-development-update-surviving-the-storm, Zugriff 19.11.2020

Balkh

Balkh liegt im Norden Afghanistans und grenzt im Norden an Usbekistan, im Nordosten an Tadschikistan, im Osten an Kunduz und Baghlan, im Südosten an Samangan, im Südwesten an Sar-e Pul, im Westen an Jawzjan und im Nordwesten an Turkmenistan (UNOCHA Balkh 13.4.2014; vgl. GADM 2018). Die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz ist in die folgenden Distrikte unterteilt: Balkh, Char Bolak, Char Kent, Chimtal, Dawlat Abad, Dehdadi, Kaldar, Kishindeh, Khulm, Marmul, Mazar-e Sharif, Nahri Shahi, Sholgara, Shortepa und Zari (NSIA 1.6.2020; vgl. IEC Balkh 2019).

Die National Statistics and Information Authority of Afghanistan (NSIA) schätzt die Bevölkerung in Balkh im Zeitraum 2020-21 auf 1,509.183 Personen, davon geschätzte 484.492 Einwohner in Mazar-e Sharif (NSIA 1.6.2020). Balkh ist eine ethnisch vielfältige Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern, sunnitischen Hazara (Kawshi) (PAJ Balkh o.D.; vgl. NPS Balkh o.D.) sowie Mitgliedern der kleinen ethnischen Gruppe der Magat bewohnt wird (AAN 8.7.2020).

Balkh bzw. die Hauptstadt Mazar-e Sharif ist ein Import-/Exportdrehkreuz sowie ein regionales Handelszentrum (SH 16.1.2017). Die Ring Road (auch Highway 1 genannt) verbindet Balkh mit den Nachbarprovinzen Jawzjan im Westen und Kunduz im Osten sowie in weiterer Folge mit Kabul (TD 5.12.2017). Rund 30 km östlich von Mazar-e Sharif zweigt der National Highway (NH) 89 von der Ring Road Richtung Norden zum Grenzort Hairatan/Termiz ab (OSM o.D.; vgl. TD 5.12.2017). Dies ist die Haupttransitroute für Warenverkehr zwischen Afghanistan und Usbekistan (LCA 4.7.2018).

Entlang des Highway 1 westlich der Stadt Balkh in Richtung der Provinz Jawzjan befindet sich der volatilste Straßenabschnitt in der Provinz Balkh, es kommt dort beinahe täglich zu sicherheitsrelevanten Vorfällen. Auch besteht auf diesem Abschnitt in der Nähe der Posten der Regierungstruppen ein erhöhtes Risiko von IEDs - nicht nur entlang des Highway 1, sondern auch auf den Regionalstraßen (STDOK 21.7.2020). In Gegenden mit Talibanpräsenz, wie zum Beispiel in den südlichen Distrikten Zari (AAN 23.5.2020), Kishindeh und Sholgara, ist das Risiko, auf Straßenkontrollen der Taliban zu stoßen, höher (STDOK 21.7.2020; vgl. TN 20.12.2019).

In Mazar-e Sharif gibt es einen Flughafen mit Linienverkehr zu nationalen und internationalen Zielen (Kam Air o.D.; vgl. F 24 o.D.).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Balkh zählte zu den relativ friedlichen Provinzen im Norden Afghanistans, jedoch hat sich die Sicherheitslage in den letzten Jahren in einigen ihrer abgelegenen Distrikte verschlechtert (KP 10.2.2020; vgl. STDOK 21.7.2020), da militante Taliban versuchen, in dieser wichtigen nördlichen Provinz Fuß zu fassen (KP 10.2.2020; vgl. AA 16.7.2020). Ziel der Anschläge sind oftmals Sicherheitskräfte, jedoch kommt es auch zu zivilen Opfern. Wie auch in anderen großen Städten Afghanistans ist Kriminalität in Mazar-e Sharif ein Problem. Bewohner der Stadt berichteten insbesondere von bewaffneten Raubüberfällen (STDOK 21.7.2020). Im Jahr 2020 gehörte Balkh zu den konfliktreichsten Provinzen des Landes (UNGASC 9.12.2020; vgl. UNGASC 17.6.2020, UNGASC 17.3.2020, LWJ 10.3.2020) und in der Hauptstadt und den Distrikten kommt auch im Jahr 2021 weiterhin zu sicherheitsrelevanten Vorfällen (ACCORD 27.1.2021; vgl. KP 3.3.2021). Nach Schätzungen des Long War Journal befindet sich der Distrikt Dawlat Abad mit Stand Mai 2021 unter Talibankontrolle, während Balkh, Char Bolak, Char Kent, Chimtal, Dehdadi, Kishindeh, Nahri Shahi, Sholgara, Shortepa und Zari umkämpft sind (LWJ o.D.).

Auf Regierungsseite befindet sich Balkh im Verantwortungsbereich des 209. Afghan National Army (ANA) "Shaheen" Corps (USDOD 1.7.2020; vgl. TN 22.4.2018), das der NATO-Mission Train Advise Assist Command - North (TAAC-N) untersteht, welche von deutschen Streitkräften geleitet wird (USDOD 1.7.2020). Das Hauptquartier des 209. Afghan National Army (ANA) "Shaheen" Corps befindet sich im Distrikt Dehdadi (TN 22.4.2018). Die meisten Soldaten der deutschen Bundeswehr sind in Camp Marmal stationiert (SP 7.4.2019). Weiters unterhalten die US-amerikanischen Streitkräfte eine regionale Drehscheibe

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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