TE Bvwg Beschluss 2021/6/28 I408 2209799-1

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Veröffentlicht am 28.06.2021
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Entscheidungsdatum

28.06.2021

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs4 Z1
ZustG §23 Abs2
ZustG §8 Abs1
ZustG §8 Abs2

Spruch


I408 2209799-1/10E
I408 2209799-2/3E

B E S C H L U S S

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.01.2018, Zl. XXXX und über dessen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 27.12.2018 beschlossen:

A)

I. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG zuständigkeitshalber an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , weitergeleitet.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 07.12.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass im Irak Krieg herrsche, die Lage dort sehr schlecht sei und er dort auch keine Arbeit habe. Am 16.12.2017 verschwand er aus dem ihm zugewiesenen Quartier, worauf die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 08.01.2018 als unbegründet abwies. Die Zustellung des Bescheides erfolgte durch Hinterlegung im Akt.

2.       Am 17.09.2018 erfolgte die Rücküberstellung des Beschwerdeführers aus Großbritannien und gleichzeitig stellte er einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, den der damit begründete, dass im Irak Krieg herrsche und er von IS Kämpfern geflohen sei.

3.       In seiner Einvernahme am 5.10.2018 gab er dann als Fluchtgrund Stammesprobleme an. Er habe bei seinem Studium ein Mädchen kennenglernt, eine Beziehung begonnen und werde deshalb von ihren Brüdern und Verwandten mit dem Tod bedroht. Er sei darauf zu Hause geblieben und habe keinen anderen Ausweg gesehen, als das Land zu verlassen.

4.       Am 09.10.2018 brachte seine damalige Rechtsberatung eine Stellungnahme ein, in der sie die unrechtsmäßige Erlassung des (ersten) Bescheides vom 08.01.2018 monierte und beantragte den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 68 AVG zu beheben, in eventu dem Antragsteller nach Ausfolgung des Bescheides die Möglichkeit der der Erhebung eines Rechtsmittels zu gewähren.

5.       Mit Bescheid vom 12.10.2018 wies die belangte Behörde den zweiten Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurück. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 15.10.2018 persönlich ausgefolgt.

6.       Ebenfalls am 15.10.2018 brachte der Beschwerdeführer über seine Rechtsberatung eine Beschwerde gegen den (ersten) Bescheid vom 08.01.2018.

7.       Diese Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 23.11.2018 vorgelegt.

8.       Mit Schriftsatz vom 27.12.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend den (zweiten) Bescheid vom 12.10.2018. stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und erhob u.e. Beschwerde gegen den Bescheid vom 12.10.2018.

9.        Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 26.05.2021 wurden beide Verfahren der Abteilung I408 neu zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Aufgrund des engen Konnex beider Verfahren werden sie zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsbürger verfügt seit 18.04.2019 über keinen gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet. Er hielt sich in Österreich vom 07.12.2017 bis 17.12.2027 sowie vom 09.10.2018 bis 18.04.2019 auf, stellte hier zwei Anträge auf internationalen Schutz und bezog währen beiden Aufenthalten Leistungen aus der Grundversorgung.

Mangels eines feststellbaren Aufenthaltes in Österreich seit 18.04.2019 und des Fehlens einer rechtlichen Vertretung nach Neuorganisation der Rechtsberatung erfolgt eine Zustellung dieser Entscheidung gemäß § 23 Abs. 1 ZustG.

Zu Spruchpunkt I.)

Der erste Antrag des Beschwerdeführers vom 07.12.2017 wurde mit Bescheid vom 08.01.2018 rechtskräftig abgewiesen. Am 15.10.2018 bekämpfte die Rechtsberatung des Beschwerdeführers diesen Bescheid mit dem Rechtsmittel der Beschwerde.

Zu Spruchpunkt II.)

Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer am 15.10.2018 der Bescheid zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz persönlich ausgefolgt und blieb in weiterer Folge unbekämpft. Am 27.12.2018 übermittelte dann die Rechtsberatung der belangten Behörde einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand iVm einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und den Beschwerdeausführungen. Ohne über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden, legte die belangte Behörde diesen Schriftsatz dem Bundesverwaltungsgericht vor.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten.

Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer seit 18.04.2019 nicht mehr in Bundesgebiet aufhält, ist der Abfrage aus ZMR und GVS zu entnehmen. Auch sonst haben sich keine Hinweise ergeben, dass er sich hier noch aufhält.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchteil I. Zurückweisung der Beschwerde vom 15.10.2018 als verspätet:

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG (vgl. hierzu auch § 16 Abs. 1 BFA-VG) beträgt die Frist zu Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn er ihm nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

Gemäß § 8 Abs. 1 ZustG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung gemäß § 8 Abs. 2 ZustG durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

Hat die Behörde auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift angeordnet, dass ein Dokument ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen ist, so ist gemäß § 23 Abs. 1 ZustG dieses sofort bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes, beim Gemeindeamt oder bei der Behörde selbst zur Abholung bereitzuhalten.

Gemäß § 23 Abs. 2 ZustG ist die Hinterlegung von der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes oder vom Gemeindeamt auf dem Zustellnachweis, von der Behörde auch auf andere Weise zu beurkunden.

Soweit dies zweckmäßig ist, ist gemäß § 23 Abs. 3 ZustG der Empfänger durch eine an die angegebene inländische Abgabestelle zuzustellende schriftliche Verständigung oder durch mündliche Mitteilung an Personen, von denen der Zusteller annehmen kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Hinterlegung zu unterrichten.

Das so hinterlegte Dokument gilt gemäß § 23 Abs. 4 ZustG mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt.

Der Beschwerdeführer verfügte zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides am 08.01.2018 über keinen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet und die belangte Behörde stellte ihm daher den Bescheid durch Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Abs. 2 ZustG zu.

Wenn der Beschwerdeführer vermeint, dass überhaupt kein Bescheid zu erlassen, sondern ob seiner Weiterreise nach Großbritannien das Verfahren einzustellen gewesen wäre, so vermag dieses Vorbringen jedenfalls nichts an der Verspätung der Beschwerde vom 15.10.2018 zu ändern, zumal nicht die wirksame Zustellung, sondern nur die gewählte Erledigungsform der belangten Behörde bekämpft wurde.

Es war daher beschlussgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen.

3.2. Zu Spruchteil II. Weiterleitung gemäß § 6 AVG:

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Verfahrensgegenständlich hat die belangte Behörde den Antrag samt Beschwerde und Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dem Bundegericht weitergeleitet.

Gemäß § 33 Abs 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Diese Bestimmung ist noch bis zum 30.06.2021 in Kraft, sodass dieser Schriftsatz an die belangte Behörde weiterzuleiten ist.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Eine mündliche Verhandlung in Bezug auf den Wiedereinsetzungsantrag ist gemäß § 24 VwGVG aufgrund der klaren Aktenlage nicht erforderlich, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt dem Vorbringen des Beschwerdeführers bzw. seiner Rechtsvertretung im Wiedereinsetzungsantrag gefolgt wurde. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Daher konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden.

Betreffend die Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung (Spruchteil I.) wird in Bezug auf den Entfall der Verhandlung auf § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG verwiesen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ergeht in Anlehnung an die zitierte Rechtsprechung zu § 33 VwGVG sowie zu § 71 AVG. Sofern die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur zur Bestimmung des § 71 AVG ergangen ist, so ist auch diese Judikatur auf den gegenständlichen Fall übertragbar.

Schlagworte

Asylverfahren Beschwerdefrist Fristablauf Fristüberschreitung Fristversäumung Rechtskraft der Entscheidung Rechtsmittelfrist verspätete Beschwerde Verspätung Wohnsitz Zurückweisung Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I408.2209799.1.00

Im RIS seit

14.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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