TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/14 95/19/1804

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Veröffentlicht am 14.02.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs2;
AufG 1992 §5 Abs4;
AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. November 1995, Zl. 304.087/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. November 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) "sowie" § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe die Unbedenklichkeit für die vom Beschwerdeführer angestrebte unselbständige Beschäftigung im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes nicht bestätigt, woraus sich für die belangte Behörde "der Umstand" ergeben habe, "aus diesem Grunde" den Antrag des Beschwerdeführers abzulehnen. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer gemäß § 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) einer Berechtigung nach diesem Bundesgesetz zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit bedürfe. Da er weder über eine gültige Sicherungsbescheinigung, Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder über einen Befreiungsschein verfüge noch eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice im Sinne des § 5 Abs. 4 AufG voliege, sei der vom Beschwerdeführer beabsichtigte Aufenthaltszweck aufgrund der tatsächlichen Arbeitsmarktsituation verfehlt. Somit stehe fest, daß der Beschwerdeführer nicht berechtigt sei, sich zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufzuhalten.

Die Beurteilung der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes sei von der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice "mit ausreichender Determination und Nachvollziehbarkeit" vorgenommen worden; dabei sei ein ordnungsgemäßes Verfahren, welches das AuslBG dafür vorsehe, durchgeführt worden, "sodaß kein Zweifel an der Tatsache, daß der Arbeitsmarkt für" den "angestrebten Beruf nicht aufnahmefähig" sei, bestehe.

Da der Beschwerdeführer nicht zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sei, sei der Schluß, daß er über keine ausreichenden eigenen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfüge, nicht unzulässig.

Die Finanzierung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers durch die von ihm vorgelegte "Verpflichtungserklärung" (nach dem Akteninhalt seines Vaters) sei "nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet", die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG sei ein Sichtvermerk zu versagen, "wenn der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichend EIGENE MITTEL zur Sicherung seines Lebensunterhaltes oder nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz" verfüge.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Der hier zu beurteilende Fall gleicht in den entscheidungswesentlichen Punkten (Anfrage an die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice und deren formularmäßige Antwort, daß die Unbedenklichkeit für die gewählte Berufsgruppe nicht bestätigt werde; allein darauf verweisende Begründung des Bescheides der belangten Behörde) demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/2159, zu beurteilen hatte. Aus den dort näher dargelegten Gründen war daher der belangten Behörde insoweit, als sie ihren Bescheid auf § 5 Abs. 2 AufG stützte, ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last zu legen.

Einen weiteren Verstoß gegen die Begründungspflicht erblickt der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang darin, daß die belangte Behörde es unterließ, sich mit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheinigung gemäß § 20b AuslBG für die auch der gemäß § 5 Abs. 2 AufG gerichteten Anfrage zugrundeliegende Tätigkeit "Hilfsarbeiter" auseinanderzusetzen. Nach dem Inhalt dieser Bescheinigung war nämlich ein näher bezeichneter österreichischer Unternehmer vorläufig berechtigt, den Beschwerdeführer zu beschäftigen.

Aber auch soweit sich die belangte Behörde auf den mangelnden Lebensunterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG stützt, genügt der bekämpfte Bescheid nicht der in § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG normierten Pflicht zur Begründung. Was die Möglichkeit des Beschwerdeführers betrifft, einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich nachzugehen und dadurch ein für seinen Unterhalt ausreichendes Einkommen zu erzielen, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen; denknotwendig könnte eine im Hinblick auf § 5 Abs. 2 AufG anders lautende Entscheidung den Mangel der zur Deckung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehenden Mittel im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG beseitigen.

Soweit die belangte Behörde aber auf die "Verpflichtungserklärung" Bezug nimmt, leidet auch dieses Begründungselement an einer mangelnden Überprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit, wobei hiezu gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612, verwiesen werden kann.

Aber auch die weitere, den Versagungsgrund des (§ 5 Abs. 1 AufG iVm) § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG betreffende Begründung der belangten Behörde erachtet der Verwaltungsgerichtshof als nicht ausreichend im Sinne des § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG. Was die angesprochenen (und hervorgehobenen) "eigenen Mittel" des Fremden zur Sicherung seines Lebensunterhaltes betrifft, so genügt es auf den denknotwendigen Zusammenhang mit der Begründung nach § 5 Abs. 2 AufG zu verweisen. Sollte die belangte Behörde aber überdies der Ansicht gewesen sein, es liege ein nicht alle Risken abdeckender Krankenversicherungsschutz vor, so hat sie es unterlassen, sich mit der im Akt erliegenden Anmeldung des Beschwerdeführers zur Wiener Gebietskrankenkasse auseinanderzusetzen.

Der Bescheid der belangten Behörde war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebühren waren allerdings nur für die zwei vorgelegten Beschwerdeausfertigungen und die Ablichtung des bekämpften Bescheides zuzusprechen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 48/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995191804.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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