TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/24 96/19/2159

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Veröffentlicht am 24.01.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/19/0385 E 16. Mai 1997 96/19/1089 E 13. Februar 1998

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des V in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. September 1995, Zl. 302.837/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. September 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides entscheidungswesentlich davon aus, daß die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf Anfrage durch die Behörde erster Instanz die Unbedenklichkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 AufG nicht bestätigt habe. Daraus habe sich für die Behörde "nach dem AufG der Umstand" ergeben, den Antrag des Beschwerdeführers abzulehnen. Sodann heißt es in der Begründung weiter:

"Dies deshalb, weil Ihrem Antrag vom 28.02.1995 eine beabsichtigte Beschäftigung in Österreich zugrunde lag bzw. Sie auch in der mit Ihnen am 04.04.1995 aufgenommenen Niederschrift der Magistratsabteilung 62 angegeben haben, hier arbeiten zu wollen und Sie gemäß § 2 AuslBG einer Berechtigung nach diesem Bundesgesetz zur Ausübung einer solchen Tätigkeit bedürfen. Da Sie weder über eine gültige Sicherungsbescheinigung, Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein verfügen, noch eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice im Sinne des § 5 Abs. 4 AufG vorliegt, war Ihr beabsichtigter Aufenthaltszweck aufgrund der tatsächlichen Arbeitsmarktsituation verfehlt. Somit steht fest, daß Sie nicht berechtigt sind, sich zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufzuhalten.

Die Beurteilung der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes wurde von der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice mit ausreichender Determination und Nachvollziehbarkeit vorgenommen, dabei wurde ein ordnungsgemäßes Verfahren, welches das AuslBG dafür vorsieht, durchgeführt, sodaß kein Zweifel an der Tatsache, daß der Arbeitsmarkt für Ihren angestrebten Beruf nicht aufnahmefähig ist, besteht."

Da der Beschwerdeführer - so setzt die Bescheidbegründung fort - nicht zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit (in Österreich) berechtigt sei, sei der Schluß, daß er über keine ausreichenden eigenen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG verfüge, "nicht unzulässig". Da sein Unterhalt allein durch Zuwendungen seines Bruders bestritten werden solle, sei auch aus diesem Grunde die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG nicht gewährleistet, da eine solche Finanzierung (dazu) "nicht geeignet" sei.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG in der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 351/1995 darf eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz Fremden unter anderem dann nicht erteilt werden, wenn deren Lebensunterhalt in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist. Nach Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle darf eine Bewilligung zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG nur erteilt werden, wenn die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf Anfrage durch die gemäß § 6 AufG zuständige Behörde mitgeteilt hat, daß im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes keine Bedenken gegen die Aufnahme der vom Antragsteller angestrebten Beschäftigung bestehen. Anträge auf Erteilung solcher Bewilligungen sind unverzüglich und ohne unnötigen Aufschub zu erledigen. Der Antragsteller hat mit dem Antrag die Art der angestrebten Beschäftigung anzugeben und die hiefür erforderliche entsprechende Qualifikation glaubhaft zu machen. § 5 Abs. 3 AufG bestimmt, daß die Feststellung der Unbedenklichkeit durch die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aus dem Aufenthaltszweck der Bewilligung hervorzugehen hat. Die Bewilligung berechtigt den Fremden unter Zuhilfenahme des Arbeitsmarktservice zur Arbeitssuche. Nach § 5 Abs. 4 AufG wird die nach Abs. 2 erforderliche Feststellung durch die einem Arbeitgeber für einen namentlich genannten Ausländer ausgestellte gültige Sicherungsbescheinigung, eine gültige Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis, einen Befreiungsschein oder durch eine von der zuständigen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice für die Änderung des Aufenthaltszwecks ausgestellte Bestätigung ersetzt.

In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Behörde erster Instanz am 4. April 1995 hat der Beschwerdeführer angegeben, als Maschinenschlosser oder Installateur unselbständig erwerbstätig in Österreich sein zu wollen. Mit Datum 5. April 1995 hat die Behörde erster Instanz eine Anfrage gemäß § 5 Abs. 2 AufG betreffend den Beschwerdeführer an das "Landesarbeitsamt" gerichtet. Mit Datum 12. April 1995 hat die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf einem Formblatt mitgeteilt, daß die "Unbedenklichkeit für die Berufsgruppe F 07" nicht bestätigt wird. Offenbar in Stellungnahme dazu hat der Beschwerdeführer ein Schreiben einer Elektrobau GmbH vom 5. Mai 1995 vorgelegt, nach dessen Inhalt der Beschwerdeführer als Elektroinstallateur-Helfer beschäftigt werden könnte, wenn er eine Beschäftigungsbewilligung erhalte. (Ob der Beschwerdeführer damit eine Änderung der beruflichen Verwendung im Rahmen des angestrebten Aufenthaltszwecks vornehmen wollte, geht aus dem Akt nicht hervor.)

In seiner Berufung gegen den abweislichen Bescheid der ersten Instanz führte der Beschwerdeführer aus, daß er auf Befragung durch die Behörde erster Instanz (offenbar am 4. April 1995) ausdrücklich erklärt habe, an einer Arbeitsaufnahme nicht interessiert zu sein, jedoch über ein "Schlosserdiplom" zu verfügen. Die Anfrage gemäß § 5 Abs. 2 AufG sei durch die Behörde erster Instanz in "Eigeninitiative" erfolgt.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 12. Oktober 1995, G 65/95 und Folgezahlen, den § 5 Abs. 2 AufG (idF vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) verfassungskonform interpretiert und dabei (unter anderem) ausgeführt:

"Der über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG absprechende Bescheid der gemäß § 6 AufG zuständigen Behörde muß in seiner Begründung auch auf das Tatbestandselement allfälliger Bedenken gegen die Aufnahme der vom Antragsteller angestrebten Beschäftigung unter dem Gesichtspunkt der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes eingehen. Dabei hat die gemäß § 6 AufG zuständige Behörde die Begründung, die diesbezüglich von der zuständigen Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu geben ist - insoweit wirkt nämlich die Verpflichtung, die sich aus § 58 Abs. 2 und § 60 AVG ergibt, auf diese Behörde zurück - zu übernehmen. Ferner unterliegt die solcherart ergangene bescheidmäßige Erledigung des Antrages auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG der Überprüfung im administrativen Instanzenzug. Auch diesbezüglich gilt für das im § 5 Abs. 2 erster Satz AufG geregelte Tatbestandselement allfälliger Bedenken gegen die Aufnahme der vom Antragsteller angestrebten Beschäftigung im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes nichts anderes als für die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsbewilligung. In diesem Zusammenhang ist der im Instanzenzug zuständige Bundesminister für Inneres (vgl. § 15 Abs. 2 AufG) zur Überprüfung des erstinstanzlichen Bescheides auch insoweit zuständig, als dieser auf die diesbezügliche Feststellung der zuständigen Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zurückgeht. Anders als im erstinstanzlichen Verfahren ist der im Instanzenzug zuständige Bundesminister auch nicht an diese Feststellung gebunden."

Eine Änderung der hier maßgeblichen Rechtslage ist durch die Novelle zum AufG BGBl. Nr. 351/1995 nicht eingetreten (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 1996, G 1409/95 und Folgezahlen).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt im Hinblick auf die dargelegte Auslegung durch den Verfassungsgerichtshof die Ansicht, daß eine den §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG entsprechende Begründung der die gemäß § 6 AufG zuständige (erstinstanzliche) Behörde bindenden Feststellung des Arbeitsmarktservice gegeben sein muß. Nur eine den abweisenden aufenthaltsrechtlichen Bescheid auch in dieser Hinsicht voll tragende, nachvollziehbare Begründung ermöglicht unter den vom Verfassungsgerichtshof dargelegten rechtsstaatlichen Gesichtspunkten eine entsprechende Bekämpfung durch die Partei des verwaltungsbehördlichen Verfahrens und damit die vom Verfassungsgerichtshof angesprochene umfassende Kontrolle durch den Bundesminister für Inneres. Dies bedeutet aber weiters, daß ein allfälliger (sich aus den die Erstbehörde bindenden Feststellungen des Arbeitsmarktservice herleitender) Begründungsmangel des erstinstanzlichen Bescheides bei der belangten Berufungsbehörde (dem Bundesminister für Inneres) zu einem Begründungsmangel im Sinne des § 58 Abs. 2 und § 60 AVG des Bescheides führt, wenn diese keine ausreichend begründeten eigenen Erwägungen anstellt.

Es kommt dabei entgegen der Ansicht der belangten Behörde im hier angefochtenen Bescheid nicht darauf an, ob die Beurteilung der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes von der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem ordnungsgemäßen Verfahren vorgenommen wurde, sondern allein darauf, ob der angefochtene Berufungsbescheid selbst eine den §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG entsprechende Begründung enthält. Da dies durch die bloße Verweisung in der hier dargestellten Weise nicht der Fall ist, ist auch die weitere Begründung der belangten Behörde im hier bekämpften Bescheid, wonach "eine ausreichende Determination und Nachvollziehbarkeit" diesbezüglich vorliege, ohne Bedeutung.

Der belangten Behörde fällt somit, insoweit sie ihren Bescheid auf § 5 Abs. 2 AufG stützt, ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last.

Dies trifft aber auch auf die weitere, auf § 5 Abs. 1 AufG gestützte Begründung zu, wobei - soweit nicht ohnedies ein ursächlicher Zusammenhang mit § 5 Abs. 2 AufG besteht - hier gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612, verwiesen werden kann.

Der Bescheid der belangten Behörde war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996192159.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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