TE Lvwg Erkenntnis 2021/5/31 LVwG-AV-1094/001-2020

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Veröffentlicht am 31.05.2021
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Entscheidungsdatum

31.05.2021

Norm

AWG 2002 §37 Abs3
AWG 2002 §50

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch

Mag. Eichberger, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde der Marktgemeinde ***, vertreten durch Bürgermeister A, ***, dieser vertreten durch B Rechtsanwälte GmbH, in ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 18. August 2020, Zl. ***, betreffend die Genehmigung einer Kompostieranlage und eines Erdenwerkes nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 18. August 2020, Zl. ***, wurde aufgrund des Antrags der C GmbH vom 12. Dezember 2018 die abfallrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Kompostieranlage und eines Erdenwerkes auf dem Grst. Nr. ***, KG ***, nach den Bestimmungen der §§ 37 Abs. 3 Z. 3, 38, 43, 47 und 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), des § 7 Abs. 1 Z. 6 iVm. Abs. 2 u. 4 NÖ Naturschutzgesetz und des § 93 Abs. 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes erteilt.

Begründet wurde diese Genehmigung unter Zugrundelegung von Befunden und Gutachten zu dem eingereichten Projekt von Amtssachverständigen für Bautechnik, Brandschutztechnik, Maschinenbautechnik, Verkehrstechnik, Luftreinhaltetechnik, Lärmtechnik und Umwelthygiene.

Aus den Projektunterlagen habe sich ergeben, dass bei der gegenständlichen Behandlungsanlage insgesamt maximal 9.900 to Inputmaterialien übernommen und verarbeitet werden sollen. Hierbei sollen 9.400 to für die Kompostieranlage und 500 to Bodenaushub für das Erdenwerk bereitgestellt werden.

Da dieses Projekt nach Begutachtung der beigezogenen Amtssachverständigen ergeben habe, dass es die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 Z. 3 AWG 2002 erfüllt habe, wurde die Genehmigung im vereinfachten Verfahren gemäß § 50 AWG 2002 erteilt.

Im Spruchpunkt H. des beschwerdegegenständlichen Bescheides wurde über die Einwendungen der Marktgemeinde ***, die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 03. Juni 2020 vorgebracht wurden, abgesprochen und die Einwendung der Marktgemeinde ***, dass das vereinfachte Genehmigungsverfahren gemäß § 50 AWG 2002 hinsichtlich des Antrages vom 12. Dezember 2018 zu Unrecht angewendet werde, abgewiesen.

Im Spruchpunkt I. des beschwerdegegenständlichen Bescheides wurden sämtliche übrigen Einwendungen der Marktgemeinde *** als unzulässig zurückgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 50 Abs. 4 AWG 2002 Parteistellung im vereinfachten Verfahren der Antragsteller, der der zu einer Duldung verpflichtet werden soll, das Arbeitsinspektorat gemäß dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung seiner Aufgaben und der Umweltanwalt mit dem Recht haben, die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften und hinsichtlich der Verfahren gemäß § 37 Abs. 3 Z. 2 bis 4 die Wahrung der öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 bis 4 im Verfahren geltend zu machen.

Anders als im regulären Verfahren habe die Standortgemeinde im vereinfachten Genehmigungsverfahren keine Parteistellung und verwies diesbezüglich auf das Erkenntnis des VwGH vom 23. Februar 2012, Zl. 2008/07/0012.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, es bestehe Parteistellung, da die Gemeinde zu einer Duldung verpflichtet werden soll, wurde ausgeführt, dass diesem Vorbringen nicht gefolgt werden könne, weil die Parteistellung kraft auferlegter Verpflichtung zu einem Dulden nur durch den Spruch des behördlichen Bescheides erwachsen könne, in welchem eine Duldungspflicht normativ statuiert werde und belegte dies mit dem Erkenntnis des VwGH vom 27. Mai 2003, Zl. 2002/07/0100.

Mangels der Parteistellung der Marktgemeinde *** seien daher die übrigen Einwendungen als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Ihre Äußerungen im Rahmen des Verfahrens gemäß § 50 AWG 2002 seien jedoch berücksichtigt worden.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Mit der rechtzeitigen Beschwerde vom 25. September 2020 wurde der Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 18. August 2020, Zl. ***, seinem gesamten Inhalt und Umfang mit der Begründung angefochten, dass dieser an Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge wesentlicher Verletzung von Verfahrensschriften leide.

Im Konkreten wurde vorgebracht, dass die Zurückweisung der Einwendungen zu Unrecht erfolgt sei, da ihr sehr wohl Parteistellung, auch im vereinfachten Verfahren, zukomme.

Die Beschwerdeführerin verkenne jedoch keinesfalls, dass ihr als Standortgemeinde im vereinfachten Verfahren die Parteistellung nicht schon als Formalpartei zukomme, wie dies die belangte Behörde festgestellt habe.

Dennoch ergebe sich die Parteistellung der Beschwerdeführerin aus § 50 Abs. 4 2. Fall AWG 2002, da sie zu einer Duldung verpflichtet werde. Diese Duldung bestehe darin, dass sie die mit dem Betrieb dieser Anlage einhergehenden schädlichen und umweltbelasteten Emissionen hinzunehmen habe. Im Konkreten betreffe dies erhebliche Geruchsimmissionen im Bereich des ***, welcher als Erholungsgebiet gelte als auch in dem an den Schlosspark angrenzenden Wohngebiet. Dies wirke sich extrem auf den Erholungswert und auf die Wohn- und Lebensqualität der zu einer Duldung verpflichteten Bevölkerung aus. Des Weiteren habe die Bevölkerung aufgrund der typischen Anfahrts- und Zufahrts- sowie Abtransporte von Kompost- und sonstigem Abfall und die diesem verstärkten Transportaufkommen geschuldeten Umwelt- und Verkehrsbelastungen zu ertragen als auch die mit dem Betrieb der Anlage einhergehende verstärkte Feinstaubbelastung hinzunehmen.

Die Beschwerdeführerin sehe sich als gewählte Volksvertretung dafür zuständig, sich für die Abwehr der Belastungen, welche von der gegenständlichen Anlage ausgehen und sich auf die Bevölkerung der Marktgemeinde auswirken, einzusetzen.

Stehe nun der Beschwerdeführerin im vereinfachten Verfahren keine Parteistellung zu, so werden all diese zu berücksichtigenden Interessen unberücksichtigt bleiben, was nicht der Zweck des vereinfachten Verfahrens sein könne.

Weiters wurde vorgebracht, dass die belangte Behörde, trotz Empfehlung, kein humanmedizinisches Gutachten eingeholt habe.

Unter Verweis auf § 50 Abs. 4 iVm. § 46 Abs. 1 AWG 2002 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass es sich hierbei um eine undifferenzierte Duldungspflicht handle, die jedem, der zu einer Duldung verpflichtet werde, im vereinfachten Verfahren als Partei teilzunehmen.

Die von der Behörde zur Begründung des Bescheides herangezogene höchstgerichtliche Rechtsprechung (VwGH vom 27. Mai 2003, Zl. 2002/07/0100) sei verfehlt, da dies ein wasserrechtliches Verfahren betroffen habe. Im Regime des Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) werden grundsätzlich andere Zielsetzungen verfolgt. Nur weil das WRG 1959 eine vergleichbare gesetzliche Textierung wie § 50 AWG 2002 verwende, lasse sich das VwGH Erkenntnis nicht ohne die nötige Differenzierung auf unterschiedliche Regelungsbedürfnisse umlegen.

Sowohl der Gesetzeswortlaut als auch die Intention des Gesetzgebers sprechen für die Parteistellung der Beschwerdeführerin.

Der die Öffentlichkeit und namentlich ihre GemeindebürgerInnen repräsentierenden Beschwerdeführerin werden bei Errichtung und Betrieb der Abfallbehandlungsanlage Duldungen abverlangt, die die Zuerkennung der Parteistellung nicht nur rechtfertige, sondern geradezu gebiete.

Es wurde daher beantragt, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Parteistellung der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren zuerkannt werde und die von ihr im Verfahren erhobenen Einwendungen einer inhaltlichen Behandlung zugeführt werden. In Eventu wurde beantragt, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge wesentlicher Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben und zur Verfahrensergänzung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Wie von der Beschwerdeführerin beantragt wurde für 19. Mai 2021 am Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt.

Eine schriftliche Eingabe der Vertretung der Konsenswerberin vom 08. Oktober 2020, gerichtet an die Landeshauptfrau von Niederösterreich, die dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gemeinsam mit der Beschwerde und den dazugehörigen Akten vorgelegt wurde, wurde der Beschwerdeführervertretung in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ausgehändigt.

Zusammengefasst wurde darin ausgeführt, dass der Marktgemeinde *** im gegenständlichen Genehmigungsverfahren keine Parteistellung zukomme, da dieses Verfahren gemäß § 50 AWG 2002 (vereinfachtes Verfahren) richtigerweise geführt wurde.

Zur von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Duldungsverpflichtung, welche ihr mit dem Bescheid auferlegt worden sei, wurde ausgeführt, dass eine Duldungsverpflichtung ausschließlich denjenigen trifft, der gemäß § 46 AWG 2002 verpflichtet werden soll. Die Beschwerdeführerin wurde jedoch durch keinen Bescheid zu einer Duldung verpflichtet. Hierzu wurde dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof mit der vergleichbaren Rechtslage zu § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 festgehalten habe, dass zu einer Duldung nur eine Person verpflichtet werden kann, deren Inanspruchnahme projektgemäß vorgesehen ist; lediglich indirekt auf die Bewilligung des Projektes zurückführende Maßnahmen oder Wirkungen sind nicht relevant (VwGH 26. Jänner 2012, 2010/07/0123).

Auch als Straßenverwalterin komme der Marktgemeinde *** im vereinfachten Verfahren keine Parteistellung zu (VwGH vom 17. Februar 2011, 2007/07/0134). Immissionen und andere Beeinträchtigungen als Folge des Fahrens auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr, die nicht Teil der Betriebsanlage ist, bilden keine der Betriebsanlage zurechenbaren Beeinträchtigungen (VwGH 15. September 2005, 2003/07/0025).

Auch habe der Verwaltungsgerichtshof mit der Entscheidung vom 17. Februar 2011, 2007/07/0134, ausgesprochen, dass der Standortgemeinde keinerlei Parteistellung im vereinfachten Genehmigungsverfahren zukomme.

Im vereinfachten Verfahren komme dem Umweltanwalt, neben der Geltendmachung naturschutzrechtlicher, auch die Wahrung besonderer öffentlicher Interessen zu.

Die von der Marktgemeinde *** vorgebrachten Einwendungen berühren keine, eine Parteistellung begründenden subjektiv- öffentlich rechtliche Interessen im vereinfachten Genehmigungsverfahren.

Die von der Beschwerdeführerin eingebrachte Behauptung, dass die Einholung eines humanmedizinischen Gutachtens erforderlich wäre, sei nicht korrekt. Dem Bescheid sei zu entnehmen, dass die Anlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nicht relevant erhöhe. Auch sei den Immissionsberechnungen zu entnehmen, dass Immissionen völlig irrelevant seien und deshalb ein humanmedizinisches Gutachten keinesfalls zielführend oder zweckmäßig sei.

Bei der Beschwerdeführerin zitierten Judikatur (Zl. 2012/07/0027) gehe es um die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 43 Abs. 1 AWG 2002. Im gegenständlichen Verfahren liege jedoch ein einfaches Genehmigungsverfahren vor, weshalb die zitierte Judikatur nicht einschlägig sei.

Folglich komme der Marktgemeinde *** keine Parteistellung zu, weil sie zu keiner Duldung verpflichtet werde.

Die Beschwerdeführervertretung nahm diese Eingabe in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zur Kenntnis, hatte zur eingebrachten Beschwerde kein weiteres Vorbringen und hielt die Beschwerde vollinhaltlich aufrecht.

Im durchgeführten Beweisverfahren wurde von der Beschwerdeführervertretung vorgebracht, dass die Institution Standortgemeinde im AWG-Regime Erwähnung finde. Es sei dadurch nicht verständlich, warum einer Standortgemeinde in einem vereinfachten Verfahren keine Parteistellung zukomme, da sie doch die Interessen der Bevölkerung zu vertreten habe. Eine Standortgemeinde werde durch die Errichtung und durch den Betrieb einer Behandlungsanlage zu einer Duldung verpflichtet und diese Duldung müsse die Parteistellung einer Standortgemeinde rechtfertigen.

Von der Vertretung der Konsenswerberin wurde keine diesbezügliche Stellungnahme abgegeben.

 

Der Vertreter der belangten Behörde verwies auf die rechtlichen Ausführungen des beschwerdegegenständlichen Bescheides.

Beweisanträge wurden von keiner der anwesenden Parteien gestellt.

In den Schlussausführungen wurde die Beschwerde vollinhaltlich aufrechterhalten, wobei die Vertretung der Konsenswerberin als auch der Vertreter der belangten Behörde die Abweisung der Beschwerde beantragten.

4.   Feststellungen:

Die C GmbH beantragte als Konsenswerberin mit 12. Dezember 2018 die abfallrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Kompostierungsanlage und eines Erdenwerkes am Grst. Nr. ***, KG ***.

Eigentümerin des Standortgrundstücks ist die Konsenswerberin.

Bei der Beschwerdeführerin, Marktgemeinde ***, handelt es sich um die Standortgemeinde.

Im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Genehmigungsverhandlung, durchgeführt von der belangten Behörde am 03. Juni 2020, wurde das Projekt von Amtssachverständigen für Bautechnik, Brandschutztechnik, Maschinenbautechnik, Verkehrstechnik, Luftreinhaltetechnik und Lärmtechnik begutachtet.

Mit 30. Juni 2020 wurde im Auftrag der belangten Behörde ein Gutachten für Umwelthygiene, basierend auf die in der Genehmigungsverhandlung abgegeben Gutachten, eingeholt.

Sämtliche Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen ergaben, dass unter Einhaltung der mit gegenständlichen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen, die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind und keine nachteiligen Auswirkungen im Sinne der öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs. 3 AWG 2002 zu erwarten sind.

Das umwelthygienische Gutachten ergab, dass keine nachteiligen Auswirkungen aus Lärm, Geruch, Feinstaub (PM10 und PM2,5) und Stickoxid (NO2) auf die Gesundheit der betrachteten Wohnnachbarschaft in einer Entfernung von ca. 1.100 m entfallen.

Aus den Projektunterlagen ergibt sich, dass die gegenständliche Behandlungsanlage eine jährliche Inputkapazität von 9.900 to aufweist. Diese Kapazität setzt sich zusammen aus 9.400 to Kompostabfällen und 500 to Bodenaushub.

In der Genehmigungsverhandlung vom 03. Juni 2018 wurde die Marktgemeinde *** angehört.

Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 18. August 2020, Zl. ***, wurde der Konsenswerberin im Rahmen des vereinfachten Bewilligungsverfahrens nach § 37 Abs. 3 Z. 3 iVm. § 50 AWG 2002 die beantragte Genehmigung erteilt.

Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin nicht normativ zu einer Duldung verpflichtet.

Die Beschwerdeführerin als Standortgemeinde hat daher in einem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 3 Z. 3 iVm. § 50 AWG 2002 keine Parteistellung.

Mit Spruchpunkt H. des Genehmigungsbescheides vom 18. August 2020 wurden die Einwendungen der Beschwerdeführer, betreffend die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens abgewiesen.

Mit Spruchpunkt I. des Genehmigungsbescheides vom 18. August 2020 wurden die übrigen Einwendungen der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen.

5.   Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf den unbedenklichen Inhalt des Verwaltungsaktes der belangten Behörde, dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, des Vertreters der belangten Behörde der Konsenswerberin und dem Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Es blieb unbestritten, dass der Konsenswerberin die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Kompostieranlange und eines Erdenwerkes am Grst. Nr. ***, KG ***, im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 3 Z. 3 iVm. § 50 AWG 2002 erteilt wurde.

Das Eigentum der Konsenswerberin am Standortgrundstück ergibt sich aus den Projektunterlagen und wurde dies auch von den Amtssachverständigen in ihren Gutachten bestätigt.

Die Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen sind der Verhandlungsschrift zur Genehmigung der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage vom 03. Juni 2020 und dem beschwerdegegenständlichen Bescheid zu entnehmen und ist aus ihnen zu erkennen, dass bei der Errichtung und beim Betrieb dieser Anlage unter Vorschreibung der im Spruchpunkt B. angeführten Auflagen keine negativen Auswirkungen auf die öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs. 3 AWG 2002 zu erwarten sind.

Insbesondere ist aus der medizinischen Stellungnahme und dem darin enthaltenen umwelthygienischen Gutachten vom 03. Juni 2020 zu entnehmen, dass keine nachteiligen gesundheitlichen Auswirkungen auf die betrachtete Wohnnachbarschaft in einer Entfernung von ca. 1.100 m entstehen.

Vor diesem Hintergrund ist auszuführen, dass das umwelthygienische Gutachten von einem Humanmediziner erstellt wurde und im Regime des Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) nicht als humanmedizinisches, sondern als umwelthygienisches Gutachten bezeichnet wird. Inhaltlich ist ein solches darauf auszurichten, ob gefährliche Einwirkungen auf den Menschen zu erwarten sind. Somit war aus der Einwendung, die belangte Behörde habe es trotz Empfehlung der Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik verabsäumt ein humanmedizinisches Gutachten einzuholen, kein Erfolg zu generieren.

Die Bewilligung des beantragten Projektes im Rahmen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens stützt sich auf zu genehmigende Projekt, wonach eine jährliche Kapazität von Abfällen im Ausmaß von 9.900 to in Behandlung gezogen werden. Überdies wird dies auch vom Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz in seinem Gutachten, abgegeben in der öffentlichen mündlichen Genehmigungsverhandlung vom 03. Juni 2020, bestätigt.

Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid wurden der Konsenswerberin durch Vorschreibung von Auflagen Verpflichtungen auferlegt, zu deren Erfüllung und Einhaltung sie verpflichtet wird.

Die Beschwerdeführerin wurde in keinem Spruchpunkt dieses Bescheides normativ zu einer Duldung verpflichtet. Dies ergibt sich auch eindeutig aus den Spruchpunkten H. und I., mit denen einerseits die Einwendungen der Gemeinde betreffend die Anwendung des vereinfachten Verfahrens abgewiesen und andererseits die übrigen Einwendungen als unzulässig zurückgewiesen wurden.

Das erkennende Gericht kann darin keine Duldungsverpflichtung erkennen, weshalb das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie müsse mit der Genehmigung sehr wohl negative Auswirkungen in Form von Geruch und Feinstaub erdulden, ins Leere geht.

Somit ergibt sich, dass eine Standortgemeinde in einem Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 3 Z. 3 AWG 2002 iVm. § 50 Abs. 4 AWG 2002 keine Parteistellung hat.

6.   Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes lauten auszugsweise:

Erkenntnisse und Beschlüsse

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

      1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

      2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes lautet:

Revision

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) lauten:

6. Abschnitt

Behandlungsanlagen

Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen

§ 37. (1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde. Die Genehmigungspflicht gilt auch für ein Sanierungskonzept gemäß § 57 Abs. 4.

[…]

(3) Folgende Behandlungsanlagen – sofern es sich nicht um IPPC-Behandlungsanlagen handelt – und Änderungen einer Behandlungsanlage sind nach dem vereinfachten Verfahren (§ 50) zu genehmigen:

      1. Deponien, in denen ausschließlich Bodenaushub- und Abraummaterial, welches durch Ausheben oder Abräumen von im Wesentlichen natürlich gewachsenem Boden oder Untergrund anfällt, abgelagert werden, sofern das Gesamtvolumen der Deponie unter 100 000 m3 liegt;

      2. Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlagen zur thermischen Verwertung für nicht gefährliche Abfälle mit einer thermischen Leistung bis zu 2,8 Megawatt;

      3. sonstige Behandlungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle, ausgenommen Deponien, mit einer Kapazität von weniger als 10 000 Tonnen pro Jahr;

     4. a) Behandlungsanlagen zur Zerlegung von Altfahrzeugen,

         b) Behandlungsanlagen zur Zerlegung von Elektro- und Elektronikgeräten, die gefährliche Abfälle darstellen,

         c) Lager von gefährlichen Abfällen

mit einer Kapazität von weniger als 1 000 Tonnen pro Jahr und

      5. eine Änderung, die nach den gemäß § 38 mitanzuwendenden Vorschriften oder nach dem Baurecht des jeweiligen Bundeslandes genehmigungspflichtig ist und keine wesentliche Änderung darstellt.

Konzentration und Zuständigkeit

§ 38. (1) (Verfassungsbestimmung) Im Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren für gemäß § 37 genehmigungspflichtige Behandlungsanlagen sind alle Vorschriften – mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren – anzuwenden, die im Bereich des Gas-, Elektrizitätswirtschafts-, Landesstraßen-, Naturschutz- und Raumordnungsrechts für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Projekts anzuwenden sind. Hinsichtlich dieser landesrechtlichen Vorschriften hat die Behörde im selben Bescheid in einem eigenen Spruchpunkt zu entscheiden. Die behördlichen Befugnisse und Aufgaben zur Überprüfung der Ausführung einer Behandlungsanlage und der Übereinstimmung mit dem Genehmigungsbescheid, zur Kontrolle, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands, zur Gefahrenabwehr, zur nachträglichen Konsensanpassung und zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen bei Errichtung, Betrieb, Änderung und Auflassung sind vom Landeshauptmann entsprechend den folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes wahrzunehmen. In Angelegenheiten des Landesrechts ist der Landeshauptmann als Mitglied der Landesregierung oberstes Organ der Landesvollziehung.

[…]

Duldungspflicht

§ 46. (1) Die Behörde hat erforderlichenfalls die Liegenschaftseigentümer und die an der Liegenschaft dinglich Berechtigten mit Bescheid zu verpflichten, Untersuchungen, die zur Beurteilung der Auswirkungen der Behandlungsanlage auf den Boden, das Wasser, die Luft oder die Pflanzen unbedingt erforderlich sind, zu dulden. Durch den Wechsel des Liegenschaftseigentümers oder des an der Liegenschaft dinglich Berechtigten wird die Wirksamkeit des Bescheides nicht berührt.

(2) Soweit dem Duldungspflichtigen ein Schaden entsteht, ist dieser angemessen zu entschädigen. Für die Entschädigung und das Verfahren gelten die §§ 18 bis 20a des Bundesstraßengesetzes, BGBl. Nr. 286/1971. Zuständige Behörde ist die Genehmigungsbehörde.

Vereinfachtes Verfahren

§ 50. (1) Im vereinfachten Verfahren sind die §§ 38, 39, 43 und 46 bis 49 nach Maßgabe der folgenden Absätze anzuwenden.

(2) Die Behörde hat einen Antrag für eine Genehmigung gemäß § 37 Abs. 3 vier Wochen aufzulegen. Die Auflage ist in geeigneter Weise, wie Anschlag in der Standortgemeinde oder Veröffentlichung auf der Internetseite der Behörde, bekannt zu geben. Die Nachbarn können innerhalb der Auflagefrist Einsicht nehmen und sich zum geplanten Projekt äußern. Die Behörde hat bei der Genehmigung auf die eingelangten Äußerungen Bedacht zu nehmen.

(3) Ein Bescheid ist innerhalb von vier Monaten nach Einlangen des Antrags zu erlassen.

(4) Parteistellung im vereinfachten Verfahren hat der Antragsteller, derjenige, der zu einer Duldung verpflichtet werden soll, das Arbeitsinspektorat gemäß dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung seiner Aufgaben und der Umweltanwalt mit dem Recht, die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften und hinsichtlich der Verfahren gemäß § 37 Abs. 3 Z 2 bis 4 die Wahrung der öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 4 im Verfahren geltend zu machen. Dem Umweltanwalt wird das Recht eingeräumt, Rechtsmittel zu ergreifen, einschließlich Beschwerde an das Verwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

7.   Erwägungen:

In ihrer rechtzeitigen Beschwerde begehrte die Beschwerdeführerin die Feststellung der Parteistellung in dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden vereinfachten Genehmigungsverfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002).

Sie begründete dies dahingehend, dass die Institution der Standortgemeinde im AWG-Regime Erwähnung findet und sie die Interessen der Bevölkerung zu vertreten hat. Durch die Errichtung und durch den Betrieb einer Behandlungsanlage wird die Standortgemeinde zu einer Duldung von Belästigungen durch Lärm, Geruch, Feinstaub und ähnlichem verpflichtet und es müsse daher diese Duldung die Parteistellung rechtfertigen.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerdeführerin nicht zum Erfolg.

Im gegenständlichen Genehmigungsverfahren einer Abfallbehandlungsanlage wurde der Konsenswerberin die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Kompostieranlage und eines Erdenwerkes im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs. 3 iVm. § 50 AWG 2002 erteilt.

Anders als im regulären Verfahren haben die Standortgemeinden, wie hier die Marktgemeinde ***, im vereinfachten Genehmigungsverfahren keine Parteistellung (VwGH vom 26. Februar 2020, Zl. Ra 2019/05/0047; VwGH vom 23. Februar 2012, Zl. 2008/07/0012).

Wie aus der Beschwerde selbst und auch im Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung hervorgeht, verkenne die Beschwerdeführerin nicht, dass ihr als Standortgemeinde im vereinfachten Verfahren die Parteistellung nicht schon als Formalpartei zukomme.

Dennoch geht ihr Vorbringen, sie werde im Sinne des § 50 Abs. 4 2. Fall AWG 2002 zu einer Duldung verpflichtet, da sie die schädlichen und umweltbelasteten Emissionen, die mit dieser Anlage einhergehen, hinzunehmen habe, auch ins Leere.

Im Rahmen der mündlichen öffentlichen Genehmigungsverhandlung wurde die Beschwerdeführerin angehört und wurde dieses Vorbringen auch bei der Erstellung der Gutachten der Amtssachverständigen berücksichtigt.

Das Projekt selbst als auch die Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen lies die belangte Behörde zum Ergebnis kommen, dass ein Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 3 Z. 3 iVm. § 50 AWG 2002 möglich ist.

Dies wurde von der belangten Behörde auch richtig beurteilt, da aus dem Projekt hervorgeht und auch vom Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz bestätigt wurde, dass von der Konsenswerberin maximal 9.900 to Inputmaterialien, und zwar nicht gefährliche Abfälle, jährlich übernommen werden und somit der Grenzwert der Bestimmung § 37 Abs. 3 Z. 3 AWG 2002 eingehalten wird.

Auch führt das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die von der belangten Behörde herangezogene VwGH Judikatur vom 27. Mai 2003, Zl. 2002/07/0100, sei nicht einschlägig, da dieses ein Verfahren nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) betreffe, nicht zum Erfolg.

Mit Erkenntnis des VwGH vom 24. Juni 2020, Zl. Ra 2019/05/0315, sprach dieser aus, dass eine Parteistellung nur bestehe, wenn im Spruch der Bewilligung eine Duldungspflicht verankert wird und verwies hierbei auf das von der belangten Behörde verwendete Judikat vom 27. Mai 2003, Zl. 2002/07/0100. Im gegenständlichen Fall wurde aber die Beschwerdeführerin im Spruch des beschwerdegegenständlichen Bescheides zu keiner Duldung verpflichtet.

Es wurden im Genehmigungsbescheid im Spruchpunkt H. die Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend die Anwendung des vereinfachten Verfahrens abgewiesen und im Spruchpunkt I. die übrigen Einwendungen als unzulässig zurückgewiesen. Eine Duldungsverpflichtung iSd. der o.a. Rechtsprechung ist darin nicht zu erkennen.

Es war daher zutreffend, dass die belangte Behörde die übrigen Einwendungen als unzulässig zurückgewiesen hat, da der Beschwerdeführerin im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß der höchstgerichtlichen Rechtsprechung keine Parteistellung zukommt.

Wie bereits ausgeführt, richtet sich die gegenständliche Beschwerde nicht gegen die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens des AWG-Regimes. Ihre Einwendungen dagegen wurden von der belangten Behörde abgewiesen und spricht sich nun auch im Beschwerdeverfahren nicht mehr dagegen aus.

Eine darüberhinausgehende Parteistellung im vereinfachten Genehmigungsverfahren kommt der Beschwerdeführerin aber weder als "Nachbarin" gemäß § 2 Abs. 6 Z 5 AWG 2002 noch als "Anrainergemeinde" im Sinne des § 42 Abs. 1 Z 6 AWG 2002 zu (vgl. VwGH vom 23.Februar 2012, Zl. 2008/07/0012).

Zur Einwendung, der Standortgemeinde müsse auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren Parteistellung zukommen, da sie doch im Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) Erwähnung finde und sie auch die Interessen der Bevölkerung zu vertreten habe, ist auszuführen, dass der VwGH mit Erkenntnis vom 23. Februar 2012, Zl 2008/07/0012, die mit Beschluss des VfGH vom 29. November 2007, Zl. B 1480/07-8, vertretene Rechtsansicht teilt, wonach dem Gesetzgeber ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum bei der Einräumung der Parteistellung und der Ausgestaltung der Parteirechte zukommt. Aus diesem Grund wurde auch von der Anregung einer Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahren abgesehen.

Zu diesem Vorbringen ist weiters auf die VwGH Judikatur vom 26. Februar 2020, Zl. Ra 2019/05/0047, zu verweisen.

In zu dieser Entscheidung eingebrachten Revision führte die Revisionswerberin, ebenfalls die Standortgemeinde, aus, dass gemäß Art. 2 Z. 4 AÜ (Aarhus Übereinkommen) zur Öffentlichkeit auch juristische Personen gehörten, die als Vereinigung des nationalen Rechts ordnungsgemäß gegründet worden und tätig seien (Verweis auf EuGH 20.12.2017, C-664/15, Protect-Urteil). Diese Voraussetzungen träfen nicht nur auf Umweltorganisationen, sondern erst recht auf Gemeinden zu, deren Organe nach rechtsstaatlich gebildeten und überprüfbaren Regeln demokratisch gewählt würden und die daher in erster Linie dazu legitimiert seien, Interessen der Öffentlichkeit zu repräsentieren und geltend zu machen. Es wäre daher unsachlich und gleichheitswidrig, wenn jene Rechte, die nunmehr auf Grund des Protect-Urteils Umweltorganisationen zukämen, nicht auch den betroffenen Gemeinden gewährt würden. Schon aus der Verpflichtung zur gleichheitskonformen Auslegung ergebe sich daher, dass die Gemeinden ebenfalls zur Öffentlichkeit im Sinne des Art. 2 Z 4 AÜ zählten.

Eine andere Auffassung würde auch gegen das demokratische Prinzip verstoßen. Hätten die nicht-demokratisch legitimierten Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzten, mehr Rechte zur Vertretung der Öffentlichkeit als die demokratisch gewählten Gemeindeorgane, würde die Stellung der demokratisch gewählten Organe als Repräsentanten des Volkes und somit der Öffentlichkeit wesentlich ausgehöhlt und entwertet. Nichtregierungsorganisationen würden dann nicht nur rechtsstaatlich und demokratisch gewählte Vertreter der Öffentlichkeit ergänzen, sondern sie erhielten in wichtigen Belangen ein Monopol zur Repräsentanz des mit der Öffentlichkeit mehr oder weniger gleichzusetzenden Volkes. Die Bevölkerung könnte sich dann zur Durchsetzung ihrer Interessen nicht mehr an die von ihr gewählten Organe wenden, sondern nur an Personen, die bestimmte öffentliche Interessen gewissermaßen als Geschäftsführer ohne Auftrag wahrnähmen, solange sie dazu bereit wären.

Zu dem nun nahezu gleich gelagerten Vorbringen führte der VwGH in seiner Entscheidung unter Verweis auf den selbstständigen Wirkungsbereich einer Gemeinde und deren Verantwortungsbereich aus, dass sich die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) gemäß § 3 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung,

BGBl. I Nr. 111/2013 idF Nr. 82/2019, zum umfassenden Umweltschutz bekennt.

Umfassender Umweltschutz ist gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. die Bewahrung der natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen vor schädlichen Einwirkungen. Der Umweltschutz besteht insbesondere in Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft, des Wassers und des Bodens sowie zur Vermeidung von Störungen durch Lärm.

Im Hinblick auf die Richtlinie 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie) wurde in der Folge mit dem Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 73, das AWG 2002 geändert, um den Anforderungen nach dem Protect-Urteil gerecht zu werden (vgl. 270 BlgNR. XXVI. GP). § 50 AWG 2002 erfuhr dabei allerdings keine Änderung. Auch die Umweltorganisationen finden in § 50 Abs. 4 AWG 2002 nach wie vor keine Erwähnung.

Im Revisionsverfahren zu Ra 2019/05/0047 vom 26. Februar 2020 ging es, wie auch im gegenständlichen, um die Frage, ob der Standortgemeinde im vereinfachten Verfahren eine Parteistellung zukomme und dadurch um die Frage, ob die Standortgemeinde unter den Begriff „Öffentlichkeit“ (Art. 2 Z. 4 AÜ) und in weiterer Folge unter den Begriff „betroffene Öffentlichkeit“ (Art. 2 Z. 5 AÜ) fällt.

Gemeinden kommt die Befugnis zu, sowohl hoheitlich als auch privatwirtschaftlich zu handeln. Art. 2 Z. 2 AÜ definiert die „Behörde“ als Stelle der öffentlichen Verwaltung auf nationaler, regionaler und anderer Ebene und in Z. 4 und 5 die Öffentlichkeit bzw. die betroffene Öffentlichkeit. Das AÜ stellt regelmäßig der „Behörde“ die Öffentlichkeit gegenüber und lässt eine Vermengung in keiner Weise erkennen. Auch zeigt die Präambel des AÜ eindeutig, dass des dem AÜ bei der Öffentlichkeitsbeteiligung um nichtstaatliche Einrichtungen bzw. Personen geht.

Es ist daher davon auszugehen, dass eine Organisationseinheit, die zwingend als staatliche eingerichtet ist, wie eben eine Gemeinde, nicht unter den Begriff „Öffentlichkeit“ im Sinne des AÜ fällt.

Daraus ergibt sich, dass eine Standortgemeinde selbst nicht zur Öffentlichkeit im Sinne des Art. 2 Abs. 2 bis 4 AÜ zählt und ihr daher auf Grund des Art. 9 Abs. 2 und 3 AÜ kein Zugang zu einem Gericht zusteht und ihr auch keine Parteistellung in einem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 50 AWG 2002 zukommt.

Der VwGH weist in seiner Entscheidung auch darauf hin, dass darin keine Verfassungswidrigkeit erblickt werden kann. Ausschlaggebend ist, dass Umweltorganisationen die Interessen des Umweltschutzes verfolgen, während es bei einer Gemeinde schon in Hinblick auf Art. 116 Abs. 2 B-VG durchaus ebenso in Betracht kommt, dass andere Interessen, wie z. B. ökonomische, allgemein raumplanerische oder auch solche der Wechselbeziehungen zu Nachbargemeinden, allenfalls auch zum Land oder zum Bund, auf Grund politischer Entscheidungen im Einzelfall im Vordergrund stehen. Das Bekenntnis zum umfassenden Umweltschutz vermag daran nichts zu ändern, zumal in einem rechtsstaatlichen Verfahren ohnedies davon auszugehen ist, dass die Behörde den einschlägigen gesetzlichen Verpflichtungen zu Beachtung des Umweltschutzes entspricht. Hinzu kommt, dass Umweltorganisationen insbesondere aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz ihre besondere verfahrensrechtliche Stellung zukommt, wohingegen nicht angenommen werden kann, dass entsprechendes Fachwissen in der typischen Gemeinde vorhanden ist.

So führte der VwGH mit seiner Entscheidung aus, dass gerade im Hinblick darauf, dass die Gemeindeorgane demokratisch legitimiert sind, sich also regelmäßig Wahlen stellen müssen, und dass die jeweils zu verfolgenden politischen Interessen, die in der Regel von der Mehrheit des Gemeinderates bestimmt werden, keineswegs in einem Ausmaß auf den Umweltschutz zielgerichtet sein müssen wie bei Umweltorganisationen. Daher kann angesichts des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Regelung der Parteistellung (vgl. z.B. VfGH 24.6.1999, G 427/97) keine Verfassungswidrigkeit darin gesehen werden, wenn er in Verfolgung des Zieles einer effizienteren Verfahrensgestaltung durch Einführung eines vereinfachten Verfahrens im AWG 2002 (vgl. 984 BlgNR XXI. GP, 66) der Standortgemeinde in diesem vereinfachten Verfahren keine Parteistellung einräumt, und zwar auch dann nicht, wenn Umweltorganisationen eine solche (nach Unionsrecht) zustehen sollte.

Vor dem Hintergrund der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung und dem klaren Wortlaut der in Anwendung kommenden gesetzlichen Bestimmungen war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung, wie in den Erwägungen ersichtlich, nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Überdies sind, wie in den Erwägungen ausgeführt, die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen in ihren Wortlaut klar und eindeutig.

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Genehmigungsverfahren; Verfahrensrecht; Parteistellung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1094.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

31.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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