TE Lvwg Erkenntnis 2021/6/1 LVwG-S-2195/001-2020

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Veröffentlicht am 01.06.2021
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Entscheidungsdatum

01.06.2021

Norm

AWG 2002 §15 Abs3
AWG 2002 §79 Abs2 Z3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde des A, vertreten durch B, ***, ***, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 01. September 2020, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) insofern stattgegeben, als die von der belangten Behörde festgesetzte Strafe in Höhe von € 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 130 Stunden) auf den Betrag von € 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 100 Stunden) herabgesetzt wird. Gleichzeitig wird die Übertretungsnorm von „§ 79 leg. cit.“ auf „§ 79 Abs. 2 letzter Satz AWG 2002“ präzisiert.

2.   Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens werden gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 38 VwGVG mit € 50,-- neu festgesetzt.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der Beschwerdeführer wird darauf hingewiesen, dass er somit gemäß § 54b Abs. 1 VStG den Strafbetrag in Höhe von € 500,-- zuzüglich des Kostenbeitrages des Verwaltungsverfahrens in Höhe von € 50,--, insgesamt sohin € 550,--, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses beim Magistrat der Stadt Wiener Neustadt zu bezahlen hat.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 01. September 2020, Zl. ***, wurde der Beschwerdeführer wie folgt für schuldig befunden:

„Sie haben auf den Grundstücken Nr. *** und ***, beide KG ***, zumindest in der Zeit von 12.12.2019 bis 18.12.2019 auf Nr. *** ca. 50 m³ Baurestmassen, hauptsächlich NF Ziegel (Fläche wurde über Imap mit 50 m² angeschätzt, durchschnittliche Höhe ca. 1m) und *** ca. 8 m³ Bodenaushub, wie Zwischenwandziegel, Altmetall (Zaunelemente, Baustellenabsperrgitter, Bewährungsmatten,), Holzabfälle (Paletten, Bretter, Wurzelstöcke, Weichfaserplatten), Dämmstoffe (Styropor, Strodur, Glas- und Steinwolle) , Matratzen, Isolierungen (Flämm,- Dachpappen) , Müllsäcke und Kunststoffabfälle (Kübelgebinde Fassadenputz) gelagert, obwohl Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten, nicht gesammelt gelagert oder behandelt werden dürfen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 15 Abs. 3 iVm. § 79 Abs. 2 Z. 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe          falls diese                            Gemäß

von Euro          uneinbringlich ist,

                           Ersatzfreiheitsstrafe von

600,--                    130 Stunden                            § 79 leg. cit.“

Weiters wurde der Beschwerdeführer zum Tragen der Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens verpflichtet. In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf den Einspruch des Beschuldigten, vertreten durch B, welcher in die Begründung vollinhaltlich aufgenommen wurde. Mit Schreiben vom 13. Mai 2020 wäre von der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt folgende Stellungnahme abgegeben worden:

„Aufgrund einer Anzeige der Stadtgemeinde *** vom 12.12.2019, dass auf den Grundstücken Nr. *** und ***, beide KG ***, illegale Müllablagerungen stattfinden, wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt als zuständiger Behörde eine Überprüfung durch die technische Gewässeraufsicht beauftragt. Das Ergebnis der durchgeführten Überprüfung (20.12.2019) ist bereits im Strafakt vorhanden. Aufgrund dessen wurde ein Strafantrag gestellt mit dem Inhalt, dass Frau B und Herr A zumindestens in der Zeit von 12.12.2019 (Anzeige der Stadtgemeinde ***) bis 18.12.2019 (Überprüfung durch TGA) Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten gelagert haben. Rechtsgrundlage ist § 15 Abs. 3 iVm. § 79 Abs. 2 Z 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002. Das Einspruchsvorbringen bezieht sich nicht auf diesen angezeigten und mit einer Verwaltungsstrafe versehenen Sachverhalt. Somit geht Ihr Vorbringen ins Leere.

Abschließend wird ausgeführt, dass es „nicht ausgemacht war, dass Sie bis 31.3.2020 keine Strafe bekommt“ und ich verwahre mich ganz entscheiden gegen dieses Vorbringen.“

Mit Schreiben vom 20. August 2020 wäre vom Beschuldigten mitgeteilt worden, dass er von der ganzen Sache nichts wisse. Er sei lediglich Miteigentümer. Nach Anführung der relevanten abfallrechtlichen Bestimmungen ging die belangte Behörde davon aus, dass aufgrund der Aktenlage feststehe, dass der Beschuldigte Miteigentümer der oben angeführten Grundstücke sei. Die Vertretende des Beschuldigten hätte lediglich ausgeführt, dass er von der Sache nichts wisse. Wie im Spruch angeführt stehe fest, dass zumindest vom 12. Dezember 2019 bis 18. Dezember 2019 auf der Liegenschaft Nr. *** und ***, beide KG ***, ca. 50 m³ Baurestmassen, hauptsächlich NF Ziegel und *** ca. 8 m³ Bodenaushub, wie Zwischenwandziegel, Altmetall, Holzabfälle, Dämmstoffe, abgelagert [gemeint wohl: gelagert] worden wären. Diese Gegenstände, welche offensichtlich nicht mehr in bestimmungsgemäßer Verwendung stehen würden und völlig systemlos, ungeschützt der Witterung ausgesetzt, abgelagert [gemeint wohl: gelagert] wurden, wären auch großteils nicht mehr verwertbar bzw. verwendbar. Unbestritten hätte festgestellt werden können, dass vom Beschuldigten die festgestellten Sachen auf ungedichteten Flächen im Freien im angelasteten Tatzeitpunkt gelagert worden wären. Der objektive Tatbestand sei zweifellos gegeben.

Zur Strafhöhe führte die belangte Behörde aus, dass mildernd kein Umstand zu werten wäre, Erschwerungsgründe würden ebenso nicht vorliegen.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In seiner rechtzeitig durch seine Vertreterin, nämlich durch seine Schwester, erhobenen Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und führte wie folgt aus:

„Ich würde gerne gegen den Brief eine Beschwerde erstatten. Ich denke das diese Strafe ungerecht ist,da der Großteil vom Müll der im Brief erwähnt wurde war in dem Haus das abgerissen wurde drinnen.Wir haben noch nicht einmal eine Fertigmeldung für den Abruch gegeben .Außerdem das ganze Material Zwischenlager hatte alles Frau B gemacht ich bin nur der Grundstück Eigentümer hatte gar nicht davon gewusst. Als das Schreiben ankam hatte Frau B alles rechtzeitg Weggeräumt.C hat uns zugesagt ,dass solange wir alles rechtzeitig wegräumen es kein Problem geben wird und das wir keine Strafe bekommen werde.Der Abfall war aus dem alten Haus das abgerissen wurde.Wir haben den Müll nicht mitgebracht.Ich finde diese Strafe ungerecht und zu hoch.“

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Am 12. Mai 2021 führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu der die Gerichtsparteien ordnungsgemäß geladen wurden und an der die Vertreterin des Beschwerdeführers teilgenommen hat. Der Beschwerdeführer blieb dieser Verhandlung fern. Weiters wurde Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt zur Zl. *** sowie in den abfallrechtlichen Akt der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt zur Zl. ***. Ebenso wurde durch Verlesung der Akt des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich mit der Zl. LVwG-S-2195/001-2020 in das Beweisverfahren einbezogen und die Schwester des Rechtsmittelwerbers einvernommen.

4.   Feststellungen:

Der Beschwerdeführer A ist Hälfteeigentümer des Grundstückes Nr. *** (zuvor Grundstück Nr. *** und ***), KG ***. Die andere Hälfte steht im Eigentum seiner Schwester B. Dieses Grundstück wurde von den Geschwistern angeschafft, weil geplant war, dass A auf diesem Grundstück eine Autowerkstätte errichtet. Zum Zeitpunkt des Kaufes der Liegenschaft war diese mit dichtem Baum- und Strauchbewuchs zugewachsen, ebenso war ein L-förmiges, ca. 400 m² großes Wohnhaus auf diesem errichtet, welches aufgrund seines Alters und Baufälligkeit jedoch nicht mehr bewohnbar war. Im Jahr 2018 wurde sodann mit der Entfernung des Baum- und Strauchbewuchses und schrittweise mit dem Abbruch des baufälligen Wohnhauses begonnen, wobei die dabei anfallenden Abfälle zu Beginn der Arbeiten immer wieder von dem Grundstück entfernt und entsorgt wurden, zumal für diese Gegenstände keine Verwendung mehr gegeben war. Die Abbruchgenehmigung wurde von B gemeinsam mit dem Beschwerdeführer bei der zuständigen Baubehörde beantragt.

In weiterer Folge wurden die vom Abbruch des Wohngebäudes stammenden Abfalllagerungen nicht mehr allesamt entfernt und lagerten systemlos, auf ungedichteten Flächen und nicht witterungsgeschützt im Freien.

Zumindest im Zeitraum 12. Dezember 2019 bis 18. Dezember 2019 lagerten auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, ca. 50 m³ Baurestmassen, hauptsächlich NF Ziegel, und auf Grundstück Nr. *** ca. 8 m³ Bodenaushub, Zwischenwandziegel, Altmetall (Zaunelemente, Baustellenabsperrgitter, Bewährungsmatten), Holzabfälle (Paletten, Bretter, Wurzelstöcke, Weichfaserplatten), Dämmstoffe (Strodur, Styropor, Glas- und Steinwolle), Matratzen, Isolierungen (Flämm-, Dachpappen), Müllsäcke, Kunststoff und Kunststoffabfälle (Kübelgebinde, Fassadenputz), welche Materialien beim Abbruch des Altgebäudes angefallen sind, welcher im Auftrag des A und der B durchgeführt wurde.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 13. Jänner 2020, Zl. ***, wurden in weiterer Folge A und B wie folgt verpflichtet:

„Die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt verpflichtet Sie folgende Maßnahmen durchzuführen:

Grundstück Nr. ***, KG ***

1.   Die ca. 50 m³ Baurestmassen, hauptsächlich NF Ziegel, sind nach den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, umgehend, spätestens jedoch bis 24.1.2020, nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen.

1.   Der Entsorgungsnachweis ist der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt bis spätestens 30.1.2020 vorzulegen.

Grundstück Nr. ***, KG ***

2.   Folgende Abfälle sind nach den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetz 2002, umgehend, spätestens jedoch bis 24.1.2020, nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen.

a.) ca. 8 m³ Bodenaushub im Haufenform,

b.) ca. 30 m³ Abfälle, bestehend aus

?    Zwischenwandziegel,

?    Altmetall (Zaunelemente, Baustellenabsperrgitter, Bewährungsmatten, AVI Schlaufen),

?    Holzabfälle (Paletten, Bretter, Wurzelstöcke, Weichfaserplatten),

?    Dämmstoffe (Styropor, Styrodur, Glas-, Steinwolle),

?    Kunststoffabfälle (Kübelleergebinde, Fassadenputz)

3.   Die Entsorgungsnachweise sind der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt bis spätestens 30.1.2020 vorzulegen.“

Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

5.   Beweiswürdigung:

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich insbesondere aufgrund der im abfallrechtlichen Akt inneliegenden Fotodokumentation samt dem Gutachten der Technischen Gewässeraufsicht der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 20. Dezember 2019. Die Feststellungen zum Lagerzweck ergeben sich aus der Aussage der Schwester des Beschwerdeführers, B, in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, an deren Richtigkeit das erkennende Gericht keine Zweifel hegt. Dass der Beschwerdeführer von diesen ganzen Lagerungen nichts wusste und diese lediglich von B durchgeführt worden wären, erscheint dem erkennenden Gericht in keinster Weise glaubwürdig, insbesondere deshalb, weil das Grundstück für eine Autowerkstätte angekauft wurde, welche vom Rechtsmittelwerber betrieben werden sollte. Es erscheint daher in keinster Weise nachvollziehbar, dass er lediglich gemeinsam mit seiner Schwester bei der zuständigen Baubehörde die Abbrucharbeiten beantragt hat und dann gegen den Abbruch gewesen sein soll. Im Übrigen hat der Einschreiter sich auch durch sein Nichterscheinen zur öffentlichen mündlichen Verhandlung das Beweismittel seiner eigenen Einvernahme genommen und das Recht, sein Vorbringen vor dem erkennenden Gericht glaubwürdig zu untermauern. Insgesamt hat sohin das erkennende Gericht keine Veranlassung, an der (Mit-)Täterschaft des Rechtsmittelwerbers zu zweifeln.

6.   Rechtslage:

§ 79 Abs. 2 Z 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) idF BGBl. I Nr. 103/2013 lautet wie folgt:

Wer nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt, begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8 400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 € bedroht.

§ 15 Abs. 3 AWG 2002 regelt Folgendes:

Abfälle dürfen außerhalb von

1.   hiefür genehmigten Anlagen oder

2.   für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

Normadressat des § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 ist der Abfallbesitzer iSd
§ 2 Abs. 6 Z 1 AWG 2002. Gemäß der Legaldefinition des § 2 Abs. 6 Z 1 AWG 2002 ist als Abfallbesitzer (und für die Einhaltung der Behandlungspflichten des § 15 leg. cit. Verantwortlicher), jene Person zu qualifizieren, welche die Abfälle innehat. Verpflichteter iSd § 32 Abs. 1 AWG 1990 [nunmehr § 73 Abs. 1 AWG 2002] ist jedenfalls der Verursacher. Verursacher ist der, der den Abbruch veranlasst, unabhängig davon, ob er sich dafür eines Gehilfen bedient oder nicht (VwGH 27.05.1997, 94/05/0087).

Verpflichteter im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung ist nämlich in der Regel derjenige, der einen Abfall ordnungswidrig sammelt, lagert, befördert oder behandelt, oder diese ordnungswidrige Vorgangsweise veranlasst (vgl. VwGH 27.05.1997, 94/05/0087). Die von der belangten Behörde herangezogene Strafnorm für das Lagern dieser Abfälle ist die Bestimmung des § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 und hat diese als Tatbild u.a. das Lagern selbst („wer nicht gefährliche Abfälle … lagert“) zum Inhalt; tatbildmäßig ausschlaggebend ist im gegenständlichen Fall somit also das Lagern selbst, nicht aber das „Verantwortlichsein“ als Liegenschaftseigentümer für das Lagern (so LVwG NÖ 29.03.2018, LVwG-S-656/001-2018).

Das verwaltungsgerichtliche Beweisverfahren hat ergeben, dass der Beschwerdeführer die Genehmigung der Abbrucharbeiten (gemeinsam mit seiner Schwester) beantragt und diese Arbeiten somit veranlasst hat, sodass an der behördlichen Entscheidung, den Rechtsmittelwerber als Normadressat des § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 zu verpflichten, keine Rechtswidrigkeit erkannt werden kann.

Die Anwendung des AWG 2002 setzt voraus, dass die verfahrensgegenständlichen Materialien den Abfallbegriff des AWG 2002 erfüllen.

Gemäß § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff), oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. nicht zu beeinträchtigen (objektiver Abfallbegriff). Abfall liegt bereits dann vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (VwGH 23.02.2012, 2008/07/0179).

Wie im Sachverhalt festgestellt stammen die Materialien von den im Auftrag des Beschwerdeführers durchgeführten Abbrucharbeiten am verfahrensinkriminierten Grundstück. Eine ungeschützte bzw. zumindest teilweise systemlos durchgeführte Lagerung von Gegenständen, welche augenscheinlich Großteils funktionsunfähig sind bzw. einen starken Verschleiß aufweisen und nicht bestimmungsgemäß verwendet werden, einhergehend mit der großen Gefahr eines Schadens des Gutes durch diese Art der Lagerung, manifestiert einen Entledigungswillen, sodass im konkreten Fall im Zeitpunkt der behördlichen Erledigung davon auszugehen ist, dass im Hinblick auf die verfahrensinkriminierten Gegenstände der subjektive Abfallbegriff iSd § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 erfüllt ist (vgl. LVwG NÖ 20. März 2018, LVwG-AV-625/001-2017).

Im konkreten Fall ist aber auch der objektive Abfallbegriff erfüllt, da bei den verfahrensgegenständlichen Materialien von der Technischen Gewässeraufsicht die Möglichkeit der Gefährdung von Schutzinteressen des § 1 Abs. 3 AWG 2002 attestiert wurde. Zu betonen ist dabei, dass für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes keine konkrete Kontamination, sondern bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 ausreicht (VwGH 22.12.2005, 2005/07/0088).

Die Lagerfläche wurde nicht dem Stand der Technik entsprechend, insbesondere mit Dichtfläche und Sickerwasserfassung, ausgestattet, sodass eine Gefährdung der Schutzgüter Boden und Gewässer durch die verfahrensgegenständliche Lagerung nicht ausgeschlossen werden konnte. Ein geeigneter Ort iSd § 15 Abs. 3 AWG 2002 liegt somit im gegenständlichen Fall nicht vor, sodass der Beschwerdeführer nicht gefährlichen Abfall im angelasteten Tatzeitraum auf der verfahrensgegenständlichen Fläche gelagert hat und den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt hat.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1991 genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nachdem es sich sohin bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 VStG handelt, hätte der Beschwerdeführer glaubhaft machen müssen, dass ihn an der Verletzung der gegenständlichen Rechtsvorschrift kein Verschulden trifft. Dieser Beweis ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Es ist demnach dem Rechtsmittelwerber auch in subjektiver Hinsicht diese Verwaltungsübertretung vorzuwerfen.

7.   Zur Strafhöhe:

§ 19 VStG lautet:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes war im konkreten Fall die Verletzung der vom Gesetz geschützten Interessen in nicht unerheblichem Ausmaß gegeben. Die Bestimmung des § 15 Abs. 3 AWG 2002 hat zum Inhalt, dass eine Behandlung von Abfällen nach den Zielen und Grundsätzen des Abfallwirtschaftsrechtes nur so sichergestellt wird. Die einschlägige Rechtsvorschrift des AWG 2002 soll garantieren, dass Abfall mit dem daraus resultierenden Gefährdungspotential für die Umwelt jedenfalls in einer solchen Weise gelagert wird, dass die Umwelt nicht beeinträchtigt wird.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, nämlich der umfangreiche Schutz der Umwelt, ist sehr hoch und die Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Lagerung von Abfällen als nicht unerheblich einzustufen.

Der Beschwerdeführer hat zumindest fahrlässig gehandelt.

Milderungs- und Erschwerungsgründe sind weder im behördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorgekommen.

Gründe für eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG und eine damit einhergehende Unterschreitung der Mindeststrafe sind im Verfahren somit nicht hervorgekommen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es nicht bloß auf das Vorliegen von Milderungsgründen an, vielmehr allein darauf, dass solche Gründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen, und zwar nicht der Zahl, sondern dem Gewicht nach. Es kommt sohin nicht auf die Zahl der gegebenen Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes an (vgl. etwa VwGH 11.05.2004, 2004/02/0005, mwH).

Auch die Anwendung des § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG schied aus, da von keinem geringen Verschulden des Beschwerdeführers auszugehen ist.

Sowohl in spezial- als auch in generalpräventiver Hinsicht bedarf es bei solchen Verwaltungsübertretungen jedenfalls der Verhängung entsprechender Geldstrafen. Dem Beschwerdeführer ist vor Augen zu führen, dass er mit dieser Tathandlung gegen fundamentale Rechtsvorschriften des Abfallwirtschaftsrechtes verstoßen hat. Zudem soll auch die Allgemeinheit vor der Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen abgeschreckt werden. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gelangt nach Würdigung der gesamten Sach- und Rechtslage zum Schluss, dass im Gegenstand mit der herabgesetzten Geldstrafe, welche nur geringfügig über der gesetzlichen Mindeststrafe bei Übertretungen gemäß § 79 Abs. 2 AWG 2002 liegt, gerade noch das Auslangen gefunden werden kann. Auch die nunmehr festgesetzte Strafe ist geeignet, dem Beschwerdeführer den Unrechtsgehalt seiner Tat vor Augen zu führen und ihn in Hinkunft von der Begehung gleichartiger, auf derselben schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen abzuhalten und dabei gerade noch generalpräventive Wirkung zu erzeugen.

Aufgrund der Herabsetzung der verhängten Geldstrafe war der vom Beschwerdeführer zu leistende Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens neu festzusetzen (§ 64 Abs. 2 VStG).

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung einerseits nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision in derartigen Fällen z.B. VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095) und überdies lediglich eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen war, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. z.B. VwGH 17.10.2016, Ro 2015/03/0035).

Die gegenständlich vorgenommene Ermessensübung erfolgte im Sinne des Gesetzes, weshalb eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen ist (vgl. zur Strafbemessung als Ermessensentscheidung im Übrigen etwa VwGH 18.6.2014, Ro 2014/09/0043).

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Verwaltungsstrafe; Ablagerung; Baurestmasse; objektiver Abfallbegriff, subjektiver Abfallbegriff;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.S.2195.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

31.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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