TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/6 W164 2211720-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.04.2021
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Entscheidungsdatum

06.04.2021

Norm

ASVG §113 Abs4
ASVG §34
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W164 2211720-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse, nun Österreichische Gesundheitskasse, vom 31.10.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 12.02.2018, Zl. XXXX , schrieb die Burgenländische Gebietskrankenkasse (nun Österreichische Gesundheitskasse, im Folgenden: BGKK) der Beschwerdeführerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, (im Folgenden: BF) gemäß § 410 Abs. 1 Z 5 iVm. § 113 Abs. 4 ASVG einen Beitragszuschlag in Höhe von EUR 80,- wegen nicht fristgerechter Vorlage von Abrechnungsunterlagen vor.

Begründend führte die BGKK aus, die BF sei auf Grund der Abrechnung der Beiträge nach dem Lohnsummenverfahren gemäß § 34 Abs. 2 ASVG verpflichtet, nach Ablauf eines jeden Beitragszeitraumes die Gesamtsumme der in diesem Zeitraum gebührenden und darüber hinaus gezahlten Entgelte bis zum 15. des Folgemonats mittels Beitragsnachweisung zu melden. Die Beitragsnachweisung für den Beitragszeitraum September 2018sei der Kasse nicht vorgelegt worden, weshalb der oben angeführte Betrag als Beitragszuschlag vorgeschrieben worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde und brachte vor, der Beitragsnachweis 09/18 sei sehr wohl am 04.10.2018 an die BGKK über das System für den elektronischen Datenaustausch mit den österreichischen Sozialversicherungsträgern ELDA übermittelt worden. Die BF legte zum Beweis den Ausdruck eines elektronischen Sendearchivs vor.

Die BGKK legte den Bezug habenden Akt mit Einlangensdatum 27.12.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vor. Mit ihrem Begleitschreiben führte die BGKK aus, dass es sich bereits um den zweiten Meldeverstoß handle: Auch die Beitragsnachweisung für November 2017 sei nicht fristgerecht vorgelegt worden. Damals habe die BGKK von der Verhängung eines Beitragszuschlages abgesehen und lediglich gemahnt. Das von der BGKK vorgelegte Sendearchiv stehe in keinem Zusammenhang mit dem System für den elektronischen Datenaustausch mit den österreichischen Sozialversicherungsträgern ELDA. Im ELDA Sendeprotokoll scheine keine Übermittlung der Beitragsgrundlagen für den fraglichen Zeitraum September 2018 auf. Dem vorgelegten Sendearchiv komme keine Beweiskraft zu.

Mit ergänzender Stellungnahme vom 02.05.2019 führte die BGKK aus, ELDA-Meldungen seien mit der ELDA-Software, mit der ELDA-Online-Erfassung oder mit einem Lohnprogramm zu erstellen. Nach jeder Datensendung über ELDA werde ein Protokoll der erhaltenen Meldedateien inklusive einer ELDA-Protokollnummer ausgegeben. Das ELDA-Protokoll diene als einziger gesicherter Übermittlungsnachweis. Ein Übermittlungsprotokoll vom 04.10.2018 für den verfahrensgegenständlichen Beitragszeitraum sei nicht vorhanden. Die BF hätte die erfolgreiche Übermittlung der Beitragsnachweisungen durch Einsichtnahme in das Übertragungsjournal von ELDA-Online überprüfen können. Das von der BF vorgelegte Sendearchiv stamme aus einem Lohnprogramm eines Drittanbieters und stehe in keinem Zusammenhang mit ELDA. Eine Nachfrage beim ELDA-Competence-Center der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (nun Österreichische Gesundheitskasse) habe ergeben, dass ein genereller oder länger andauernder Ausfall des Sendebetriebes von ELDA für den 04.10.2018 ausgeschlossen werden könne.

Die BF erhielt diese Stellungnahme der BGKK im Sinne des schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis. Mit Stellungnahme vom 02.05.2019 wurde vorgebracht, die Geschäftsführerin der BF sei der Meinung gewesen, dass alles gewissenhaft gesendet wurde, da die Meldung im Sendearchiv des Lohnverrechnungsprogrammes mit Datum und Uhrzeit gelistet gewesen sei. Aufgrund gravierender Umstrukturierungen im Betrieb und der Auslagerung der Lohnverrechnung sei die BF nun nicht in der Lage, das ELDA-Sendeprotokoll vorzulegen. Die Daten seien ihr aus lizenzrechtlichen Gründen nicht mehr zugänglich. Die BF könne daher lediglich Screenshots des Sendearchives ihres damaligen Lohnprogrammes und den Beitragsnachweis mit Erstelldatum vom 04.10.2018 vorweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Hinsichtlich der Feststellung des Sachverhaltes wird auf Punkt I. „Verfahrensgang“ verwiesen

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist soweit hier wesentlich unbestritten. Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung erscheint nicht geboten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch Senat.

Die vorliegende Angelegenheit ist nicht von § 414 Abs. 2 ASVG umfasst. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 34 Abs. 2 ASVG in der anzuwendenden Fassung hat der Dienstgeber, wenn die Abrechnung der Beiträge nach dem Lohnsummenverfahren (§ 58 Abs. 4) erfolgt, nach Ablauf eines jedes Bezugszeitraumes mittels elektronischer Datenfernübertragung die Gesamtsumme der in diesem Zeitraum gebührenden und darüber hinaus gezahlten Entgelte zu melden (Beitragsnachweisung). Die Frist für die Vorlage der Beitragsnachweisung endet mit dem 15. des Folgemonats.

Gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG können dem Dienstgeber, […] Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn
1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder
2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder
3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder
4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

Gemäß § 113 Abs. 4 ASVG kann ein Beitragszuschlag bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage vorgeschrieben werden, wenn gesetzlich oder satzungsmäßig festgesetzte oder vereinbarte Fristen für Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen nicht eingehalten werden.

Gemäß § 113 Abs. 5 ASVG wird der Beitragszuschlag vom Versicherungsträger, an den die Meldung zu erstatten ist oder dem die Unterlagen vorzulegen sind, vorgeschrieben; er berührt die Verpflichtung zur Bezahlung der fälligen Beiträge nicht.

Gemäß § 45 Abs. 1 2. Satz gilt der gemäß § 108 Abs. 1 und 3 ASVG festgestellte Betrag als Höchstbeitragsgrundlage. Für das Jahr 2018 betrug die tägliche Höchstbeitragsgrundlage € 171,--.

Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR. 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung („Bearbeitungskosten“) auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten verursacht hat („Verursacherprinzip“). Der Beitragszuschlag ist als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (VwGH 07.08.2002, 99/08/0074).

Der Dienstgeber ist verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass die Meldungen termingerecht einlangen. Der Dienstgeber erfüllt seine (Melde)Verpflichtung nur dann, wenn die von ihm erstattete Meldung von der Gebietskrankenkasse auch gelesen und verarbeitet werden kann; diese Voraussetzung ist aber jedenfalls als erfüllt anzusehen, wenn die Meldung in der vereinbarten Form erfolgt, für andere Formen trägt der Dienstgeber das Risiko (VwGH 20.11.2002, 2000/08/0047).

Für die Vorschreibung ist nicht das subjektive Verschulden des Dienstgebers maßgeblich, sondern nur der Umstand, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. VwGH Ra 2016/08/0032 vom 04.04.2019).

Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 4 ASVG liegt sowohl dem Grunde nach (arg „kann“) als auch der Höhe nach (bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage) im Ermessen der Behörde (VwGH 30.05.2001, 96/08/0261; VwGH 17.10.2012, 2009/08/0232).

Die in § 113 Abs. 4 für den Fall einer verspäteten Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen (dies ist hier der Fall) normierte objektive Obergrenze beträgt somit das Zehnfache der täglichen Höchstbeitragsgrundlage. Die tägliche Höchstbeitragsgrundlage betrug im Jahr 2018 € 171,-. Der maximal zulässige Beitragszuschlag beträgt in einem von § 113 Abs. 4 erfassten Fall somit € 1710,-.

Das (unterhalb des genannten Betrages) auszuübende Ermessen hat einerseits auf den durch den Meldeverstoß verursachten Verwaltungsaufwand Bedacht zu nehmen, (also auf jenen Aufwand, der nicht aufgelaufen wäre, wenn keine Meldeverstöße festgestellt worden wären). Andererseits ist auf die Art des Meldeverstoßes, am Ausmaß der Verspätung und letztlich auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners Bedacht zu nehmen. Entscheidungswesentlich ist auch, inwieweit der Beitragsschuldner bisher seinen Meldeverpflichtungen nachgekommen ist (Feik in Mosler/Müller/Pfeil, der SV-KOM, Manz 2015, RZ 9-10 zu § 113 ASVG mit dort angegebenen Judikaturnachweisen).

Die beschwerdeführende Gesellschaft war als Dienstgeberin gemäß § 34 Abs. 2 ASVG verpflichtet, die Beitragsnachweisung für September 2018 bis 15.10.2018 mittels elektronischer Datenfernübertragung vorzulegen.

Da die BF die gegenständliche Beitragsnachweisung jedoch nicht bis zum 15.10.2018 übermittelte, ist sie der termingerechten Meldeverpflichtung zur Vorlage der Abrechnungsunterlagen für den fraglichen Zeitraum nicht nachgekommen. Es handelt sich bereits um den zweiten Meldeverstoß innerhalb eines Beobachtungszeitraums von 12 Monaten. Der erste Meldeverstoß im November 2017 hatte eine bloße Mahnung zur Folge.

Die BF behauptet zwar, die fraglichen Beitragsnachweisungen fristgerecht an die BGKK übermittelt zu haben. Einen entsprechenden Nachweis konnte sie jedoch nicht vorlegen. Der von ihr vorgelegte Ausdruck eines Sendearchives aus ihrem Lohnverrechnungsprogramm weist die hier entscheidende Übermittlung an die BGKK mittels ELDA nicht nach. Soweit die BF einwendet, ihre Geschäftsführerin sei der Meinung gewesen, dass alles gewissenhaft gesendet wurde, da die Meldung im Sendearchiv des Lohnverrechnungsprogrammes mit Datum und Uhrzeit gelistet gewesen sei, argumentiert sie sinngemäß, dass es sich um eine entschuldbare Fehlleistung handle. Da jedoch die Frage des subjektiven Verschuldens für das „ob“ der Vorschreibung irrelevant ist und nur auf die objektive Verwirklichung eines Meldeverstoßes abgestellt wird geht dieses Beschwerdevorbringen ins Leere.

Zur Höhe des vorgeschriebenen Beitragszuschlages ist festzustellen, dass der verhängte Beitragszuschlag den Verwaltungsmehraufwand, der ohne die festgestellten Meldeverstöße nicht angefallen wäre, jedenfalls unterschreitet: Die von der BF gesetzten Meldeverstöße hatten für die BGKK nicht nur den Aufwand der verspäteten Bearbeitungen zur Folge sondern neben der Prüfung und Feststellung der Meldeverstöße etwa auch das Erfordernis der Mahnung und der (auch im Sinne der rechtlich notwendigen Prävention) erfolgten Bescheiderlassung.

Der vorgeschriebene Beitragszuschlag von EUR 80,- liegt weit unterhalb der gem. § 113 Abs 4 ASVG normierten Obergrenze, weshalb seine Höhe angemessen erscheint. Die Entscheidung der BGKK weist somit keinen Ermessensfehler auf.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben angeführte umfangreiche Rechtsprechung des VwGH zu den in der Beschwerde angesprochenen Punkten); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragszuschlag Fristversäumung Meldeverstoß

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W164.2211720.1.00

Im RIS seit

23.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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