TE Bvwg Beschluss 2021/6/14 W255 1437661-3

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Veröffentlicht am 14.06.2021
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Entscheidungsdatum

14.06.2021

Norm

AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §7 Abs4
ZustG §17

Spruch


W255 1437661-3/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.08.2020, Zl. 821733608-180867238, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.06.2021, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

1.       Verfahrensgang:

1.1.    Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 26.08.2020, Zl. 821733608-180867238, wurde der dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) mit Bescheid vom 21.08.2013, Zl. 12 17.336-BAT, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten, gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Der Antrag des BF auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom 02.07.2020 gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wurde abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt V.). Für den BF wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

Dieser Bescheid wurde dem BF am 28.08.2020 mit Abholfrist ab 29.08.2020 per Hinterlegung zugestellt.

1.2.    Am 01.10.2020 sprach der BF persönlich beim BFA vor und legte die Verständigung der Post über die Hinterlegung des BFA-Bescheides (Poststückes) vor. Daraufhin wurde dem BF auf dessen Ersuchen (neuerlich) der Bescheid des BFA vom 26.08.2020, Zl. 821733608-180867238, ausgefolgt.

1.3.    Mit Schreiben vom 13.10.2020 erhob der BF gegen den unter Punkt 1.1. genannten Bescheid Beschwerde. Mit Schreiben vom selben Tag stellte der BF einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

1.4.    Am 03.12.2020 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

1.5.    Am 10.06.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des BF, seiner Rechtsvertreterin, einer Dolmetscherin für die Sprache Dari sowie eines Vertreters des BFA durch. Im Zuge der Verhandlung wurden vier Mitbewohner des BF als Zeugen einvernommen.

2.       Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1.    Feststellungen

2.1.1.  Mit Bescheid des BFA vom 26.08.2020, Zl. 821733608-180867238, wurde der dem BF mit Bescheid vom 21.08.2013, Zl. 12 17.336-BAT, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten, gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Der Antrag des BF auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom 02.07.2020 gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wurde abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt V.). Für den BF wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

2.1.2.  Der Bescheid des BFA vom 26.08.2020, Zl. 821733608-180867238, wurde dem BF am 28.08.2020 mit Abholfrist ab 29.08.2020 per Hinterlegung zugestellt. Konkret wurde am 28.08.2020 eine Hinterlegungsanzeige („gelber Zettel“) im zugewiesenen Postkastenfach der vom BF bewohnten Wohnung in der XXXX eingelegt, nachdem BF nicht persönlich angetroffen wurde. Auf der Hinterlegungsanzeige war ersichtlich, dass der Bescheid am 29.08.2020 für die Dauer von zwei Wochen beim zuständigen Postamt in XXXX hinterlegt wird und zur Abholung bereit liegt.

2.1.3.  Der Bescheid des BFA vom 26.08.2020, Zl. 821733608-180867238, wurde vom BF nicht innerhalb der vorgesehenen Frist bis 14.09.2020 behoben und das Kuvert samt Bescheid am 16.09.2020 dem BFA mit dem Vermerk „Nicht behoben“ retourniert.

2.1.4.  Der BF hat am 30.09.2020 die Post unter Vorlage der Hinterlegungsanzeige vom 28.08.2020 aufgesucht, wo ihm mitgeteilt wurde, dass das Kuvert (samt Bescheid des BFA vom 26.08.2020) bereits an das BFA retourniert worden war. Am 01.10.2020 suchte der BF das BFA auf. Dort wurde ihm (neuerlich) der Bescheid des BFA vom 26.08.2020 – dieses Mal mit dem Hinweis „rechtskräftig“ – ausgefolgt.

2.1.5.  Der BF hat am 13.10.2020 sowohl Beschwerde gegen den unter Punkt 2.1.1. genannten Bescheid des BFA erhoben als auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den unter Punkt 2.1.1. genannten Bescheid des BFA gestellt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde mit Bescheid des BFA vom 23.10.2020, Zl. 821733608-180867238, gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen und die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.06.2021, GZ W255 1437661-4/9E, abgewiesen.

2.2.    Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verfahrensakt des BFA und jenem des Bundesverwaltungsgerichts. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist unstrittig.

Sowohl vom BF als auch von seinen damaligen Mitbewohnern wurde (als Zeugen) in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigt, dass der Postbote die Hinterlegungsanzeige am 28.08.2020 ordnungsgemäß im richtigen Postkastenfach eingelegt und hinterlassen hat sowie, dass der BF zu diesem Zeitpunkt nicht ortsabwesend war und die Hinterlegungsanzeige von einem Mitbewohner des BF aus dem Postkastenfach genommen wurde.

Dies deckt sich mit dem im Akt befindlichen, von der Post ausgefüllten Rückschein, dem zu entnehmen ist, dass am 28.08.2020 ein Zustellversuch im Hinblick auf den Bescheid des BFA (das Poststück) stattgefunden hat und die Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung eingelegt wurde, nachdem der BF nicht persönlich angetroffen worden war sowie, dass das Poststück ab 29.08.2020 abholbereit war und es sich beim BFA um den Absender des Poststückes gehandelt hat.

Der BF hat im Verfahren mehrfach selbst bestätigt, das Postamt am 30.09.2020 das erste Mal aufgesucht zu haben. Dies deckt sich wiederum mit dem im Akt befindlichen Kuvert, das vom BF behoben werden hätte sollen und das von der Post an das BFA mit dem Vermerk „Nicht behoben“ retourniert wurde. Es ist am 16.09.2020 beim BFA eingelangt.

2.3.    Rechtliche Beurteilung:

2.3.1.  Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde

2.3.2.  Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem BF zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, und dann, wenn der Bescheid dem BF nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung zu laufen.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat; fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (§ 33 Abs. 2 leg.cit.). Bei der Frist zur Einbringung der Beschwerde handelt es sich um eine durch Gesetz festgesetzte Frist, die nicht verlängerbar ist (§ 33 Abs. 4 leg.cit.).

Die Tage des Postlaufs werden gemäß § 33 Abs. 3 AVG in die Frist nicht eingerechnet. Zur Wahrung der Frist genügt es, dass der Postlauf vor Ablauf des letzten Tages der Frist in Gang gesetzt wird, das heißt, dass die Beschwerde dem Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 ZustG zur Übermittlung an die zuständige Behörde übergeben wird (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht [2003] Rz 237; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht [2004] 130 ff).

2.3.3.  § 17 Zustellgesetz lautet:

Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

2.3.4.  Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies:

Der Bescheid des BFA vom 26.08.2020, Zl. 821733608-180867238, wurde dem BF am 28.08.2020 mit Abholfrist ab 29.08.2020 per Hinterlegung zugestellt. Konkret wurde am 28.08.2020 eine Hinterlegungsanzeige („gelber Zettel“) im zugewiesenen Postkastenfach der vom BF bewohnten Wohnung in der XXXX eingelegt, nachdem BF nicht persönlich angetroffen wurde. Auf der Hinterlegungsanzeige war ersichtlich, dass der Bescheid am 29.08.2020 für die Dauer von zwei Wochen beim zuständigen Postamt in XXXX hinterlegt wird und zur Abholung bereit liegt.

Der BF wurde somit schriftlich von der Hinterlegung verständigt.

Der Bescheid des BFA vom 26.08.2020, Zl. 821733608-180867238, wurde vom BF nicht innerhalb der vorgesehenen Frist von zwei Wochen ab 29.08.2020 behoben und das Kuvert samt Bescheid am 16.09.2020 dem BFA mit dem Vermerk „Nicht behoben“ retourniert.

Der Bescheid des BFA vom 26.08.2020, Zl. 821733608-180867238, gilt damit mit 29.08.2020 als zugestellt.

Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 26.08.2020, Zl. 821733608-180867238, endete daher am 14.09.2020, da es sich beim 12.09.2020 um einen Samstag gehandelt hat.

Da die Beschwerde des BF erst am 13.10.2020 beim BFA eingebracht wurde, war diese verspätet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. In der rechtlichen Beurteilung zu Punkt A) wurde ausführlich auf die Judikatur des VwGH eingegangen und diese zitiert.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Hinterlegung Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung Zustellung Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W255.1437661.3.00

Im RIS seit

23.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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