TE Vfgh Beschluss 1995/6/12 A13/93

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Veröffentlicht am 12.06.1995
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/02 Gehaltsgesetz 1956

Norm

B-VG Art137 / Bescheid
GehG 1956 §15

Leitsatz

Zurückweisung einer Klage auf Auszahlung einer mit Bescheid festgesetzten Mehrleistungszulage mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes; kein Vorliegen einer Liquidierungsklage infolge Strittigkeit der Gebührlichkeit der Mehrleistungszulage während eines längeren Krankenstandes

Spruch

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit der auf Art137 B-VG gestützten Klage begehrt der Kläger, die Republik Österreich (gemeint wohl: den Bund) zu verhalten, ihm den Betrag von S 3.706,20 samt 4 % Zinsen seit dem Tag der Klagszustellung zu bezahlen sowie die Kosten dieses Verfahrens zu ersetzen.

In der Klage wird der Sache nach im wesentlichen vorgebracht:

Der Kläger sei Beamter der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich. Mit Bescheid dieser Behörde vom 7. Mai 1985 sei ihm gemäß §18 des Gehaltsgesetzes 1956 - GG 1956 eine (in der Folge mit Bescheid derselben Behörde vom 12. Februar 1987 erhöhte) Mehrleistungszulage bemessen worden. Diese sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 31. März 1993, dem Kläger zugestellt am 2. April 1993, mit Null neu bemessen worden. Diese Neubemessung sei gemäß §15 Abs6 (zweiter Satz) GG 1956 mit dem auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monatsersten wirksam geworden, sodaß dem Kläger auf Grund dieses Bescheides die Mehrleistungszulage ab Mai 1993 nicht mehr zustehe.

Die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich habe dem Kläger jedoch bereits für den Monat April 1993 die Mehrleistungszulage in der Höhe von S 3.706,20 zwar ausbezahlt, diesen Betrag jedoch in den Monaten Mai, Juni und Juli 1993 (in Teilbeträgen) vom Gehalt des Klägers einbehalten. Dem Kläger stehe daher gegenüber der beklagten Partei ein Anspruch auf S 3.706,20 zu.

2. Der beklagte Bund, vertreten durch den Bundesminister für Finanzen, hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er die Abweisung der Klage begehrt. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger stehe als Rat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle sei das Finanzamt Gmunden. Mit Wirksamkeit vom 30. November 1992 sei er vorübergehend dem Finanzamt Vöcklabruck dienstzugeteilt worden. Diese Dienstzuteilung habe am 31. März 1993 geendet. Der Kläger sei beim Finanzamt Gmunden als Leiter der Strafsachenstelle und Fachbereichsleiter in Verwendung gestanden. Für die in dieser Funktion erbrachten Mehrleistungen sei ihm mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 12. Februar 1987 gemäß den §§18 und 15 Abs2 und 3 Z2 GG 1956 eine pauschalierte Mehrleistungszulage bemessen worden. Da der Kläger beim Finanzamt Vöcklabruck als Rechtsmittelbearbeiter verwendet worden sei, sei die pauschalierte Mehrleistungszulage mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 11. Dezember 1992 neu bemessen worden. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung des Klägers sei mit Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 31. März 1993 nicht Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aus Anlaß der Berufung dahin geändert worden, "daß das bisher festgesetzte Pauschale für die gemäß §18 des Gehaltsgesetzes 1956 gebührende Mehrleistungszulage gemäß §15 Abs6 des Gehaltsgesetzes 1956 mit dem auf die Zustellung des Berufungsbescheides folgenden Monatsersten mit Null neu bemessen wurde". Der Berufungsbescheid sei dem Kläger am 2. April 1993 nachweislich zugestellt worden, sodaß die Mehrleistungszulage ab 1. Mai 1993 einzustellen gewesen wäre.

Der Kläger habe sich vom 2. Februar bis zum 31. März 1993 durchgehend im Krankenstand befunden. Gemäß §15 Abs5 GG 1956 werde der Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren durch einen Urlaub, während dessen der Beamte den Anspruch auf Monatsbezüge behält, oder eine Dienstverhinderung auf Grund eines Dienstunfalles nicht berührt. Sei der Beamte aus einem anderen Grund länger als einen Monat vom Dienst abwesend, so ruhe die pauschalierte Nebengebühr von dem auf den Ablauf dieser Frist folgenden Monatsersten bis zum Letzten des Monates, in dem der Beamte den Dienst wieder antritt.

Da der Kläger vom Februar 1993 an "aus einem anderen Grund", nämlich wegen Krankheit, vom Dienst abwesend gewesen sei, und die einmonatige Abwesenheitsfrist am 2. März 1993 geendet habe, sei mit dem darauf folgenden Monatsersten, also mit 1. April 1993, von Gesetzes wegen das Ruhen der pauschalierten Nebengebühr eingetreten. Die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich habe daher die dem Kläger für den Monat April ausbezahlte pauschalierte Mehrleistungszulage in der Folge zu Recht in monatlichen Raten wieder einbehalten.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Klage erwogen:

1. Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

2. Mit der Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen den Bund geltend gemacht. Er gründet sich auf das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu dieser Gebietskörperschaft. Da es sich somit um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, also nicht um eine bürgerliche Rechtssache iS des §1 JN handelt, ist eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung hierüber nicht gegeben (vgl. VfSlg. 10266/1984). Es ist aber zu prüfen, ob über den mit der Klage geltend gemachten Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist.

Der geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung einer - pauschalierten - Mehrleistungszulage in betragsmäßig bestimmter Höhe für den Monat April 1993 gründet sich mittelbar auf das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Klägers zur beklagten Partei und auf §18 iVm §15 Abs2, Abs3 Z2 und Abs6 GG 1956, unmittelbar auf den Bescheid, mit dem diese Nebengebühr vor diesem Zeitraum zuletzt bemessen worden war. Es handelt sich mithin um einen Anspruch besoldungsrechtlicher Natur.

4. Besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten werden in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht. Die letzte Phase (die Liquidierung, Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der nur der Verwirklichung der vorangegangenen Bescheide dient, also selbst nicht durch Bescheid zu erledigen ist, sodaß für die Entscheidung über ein solches Liquidierungsbegehren die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG gegeben ist (so die ständige, mit VfSlg. 3259/1957 eingeleitete Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, vgl. etwa VfSlg. 12313/1990 mit Hinweisen auf Vorjudikatur). Geht es nicht um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, nämlich den technischen Vorgang der Auszahlung, so ist darüber im Streitfall mit Bescheid der zuständigen (Dienst-)Behörde zu entscheiden (vgl. die mit den Erkenntnissen VfSlg. 7172/1973 und 7173/1973 beginnende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, neuerdings etwa VfSlg. 10756/1986 und 11395/1987).

5. Die Mehrleistungszulage (§18 GG 1956) zählt gemäß §15 Abs1 Z6 GG 1956 zu den Nebengebühren. Sie kann gemäß §15 Abs2 GG 1956 unter den dort umschriebenen Voraussetzungen pauschaliert werden.

Der Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren wird durch einen Urlaub, während dessen der Beamte den Anspruch auf Monatsbezüge behält, oder eine Dienstverhinderung auf Grund eines Dienstunfalles nicht berührt (§15 Abs5 erster Satz GG 1956). Ist der Beamte aus einem anderem Grund länger als einen Monat vom Dienst abwesend, so ruht die pauschalierte Nebengebühr von dem auf den Ablauf dieser Frist folgenden Monatsersten bis zum Letzten des Monates, in dem der Beamte den Dienst wieder antritt (§15 Abs5 zweiter Satz GG 1956).

Im vorliegenden Fall wurde die (pauschalierte) Mehrleistungszulage mit Bescheid bemessen. Gleichwohl geht es bei der Klage nicht lediglich um die Durchsetzung des bereits mit Bescheid bemessenen besoldungsrechtlichen Anspruches, also um dessen Liquidierung. Vielmehr ist mit Rücksicht auf den von der beklagten Partei geltend gemachten Umstand, daß sich der Kläger vom 2. Februar bis zum 31. März 1993 durchgehend im Krankenstand befunden hat, die Frage strittig, ob gemäß §15 Abs5 zweiter Satz GG 1956 das Ruhen des bescheidmäßig zuerkannten Nebengebührenanspruches eingetreten ist und ob infolgedessen dem Kläger die Mehrleistungszulage auch für den Monat April 1993 noch gebührt. Es ist demnach die Frage der Gebührlichkeit der Mehrleistungszulage für diesen Zeitraum strittig (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 7260/1974, 10756/1986). Über die Frage der Gebührlichkeit der Mehrleistungszulage ist im Fall der Strittigkeit durch Bescheid der zuständigen Dienstbehörde zu entscheiden. Ein Antrag auf eine solche Feststellung durch Bescheid wäre ein taugliches Mittel der Rechtsverfolgung, weshalb der Kläger Anspruch auf Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides hat (vgl. VfSlg. 7172/1973, 8976/1980, 10756/1986).

6. Da somit über den vom Kläger geltend gemachten besoldungsrechtlichen Anspruch mit Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist, sind die Prozeßvoraussetzungen des Art137 B-VG nicht gegeben. Der Verfassungsgerichtshof ist demnach nicht zuständig, über das Klagebegehren zu entscheiden.

Die Klage war darum wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Dienstrecht, Nebengebühren, Mehrleistungszulage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:A13.1993

Dokumentnummer

JFT_10049388_93A00013_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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