TE Vwgh Beschluss 1997/2/26 97/12/0014

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Veröffentlicht am 26.02.1997
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Index

L00019 Landesverfassung Wien;
L10109 Stadtrecht Wien;
L20019 Personalvertretung Wien;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

LPVG Wr 1985 §35 Abs5;
VwGG §27;
WStV 1968 §48a Abs1 idF 1978/012;
WStV 1968 §99 Abs1 idF 1978/012;
WStV 1968 §99 Abs3 idF 1978/012;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde der R in W, gegen den Berufungssenat der Stadt Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über eine Berufung betreffend Aufhebung der Dienstfreistellung nach § 35 Abs. 5 des Wiener Personalvertretungsgesetzes, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem aus:

Nach ihrem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin Personalvertreterin eines Dienststellenausschusses der Personalvertretung der Bediensteten der Gemeinde Wien. Mit "Entschließung" des Bürgermeisters vom 30. Juni 1994 wurde sie gemäß § 35 Abs. 5 des Wiener Personalvertretungsgesetzes (W-PVG) vom Dienst freigestellt.

Mit Bescheid vom 14. Juni 1996 sprach der Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 2 - Personalamt) aus, daß die gemäß § 35 Abs. 5 W-PVG erfolgte Dienstfreistellung der Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit der Zustellung dieses Bescheides aufgehoben werde. Die Behörde begründete dies damit, der Zentralausschuß der Personalvertretung der Bediensteten der Gemeinde Wien habe mit Schreiben vom 20. November 1995 die Aufhebung der Dienstfreistellung der Beschwerdeführerin verlangt, da sie nicht mehr Vorsitzende-Stellvertreterin des Dienststellenausschusses "MA 11 - Kindertagesheime" sei. Gemäß § 35 Abs. 5 W-PVG könne die Dienstfreistellung als Personalvertreter/in auf Antrag des Zentralausschusses durchgeführt werden. Es erscheine somit zulässig, daß auf Grund eines entsprechenden Antrages des Zentralausschusses der contrarius actus gesetzt werden könne. Es sei daher auf Grund des obgenannten Antrages des Zentralausschusses die Dienstfreistellung zu beheben und spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Dieser Bescheid enthält eine positive Rechtsmittelbelehrung.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin (die an die Behörde erster Instanz adressierte) Berufung (eingeschrieben am 1. Juli 1996 zur Post gegeben), in der sie im wesentlichen vorbrachte, die Dienstfreistellung sei nach dem Gesetz lediglich an die Stellung als Personalvertreter/in, nicht aber an eine (weitere) Funktion in einem Personalvertretungsorgan geknüpft. Dem vom Zentralausschuß gestellten Antrag auf Aufhebung ihrer Dienstfreistellung mangle die gesetzliche Grundlage. Die Dienstfreistellung ende ausschließlich mit dem Ende der Funktion als Personalvertreter/in. Ihre mit "Entschließung" des Bürgermeisters vom 30. Juni 1994 verfügte Dienstfreistellung sei nach wie vor in Rechtskraft und bisher nicht vom Bürgermeister widerrufen worden. Weder der Zentralausschuß noch die Magistratsabteilung 2 könnten in die dadurch geschaffene Stellung der Beschwerdeführerin (rechtmäßig) eingreifen. Die bescheiderkennende Behörde erster Instanz sei unzuständig, einen Bescheid zu erlassen, der ohne Entschließung des Bürgermeisters eine Aufhebung der Dienstfreistellung verfüge. Ihr Vorgehen sei willkürlich.

Mit ihrer am 14. Jänner 1997 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde (beim Verwaltungsgerichtshof am 15. Jänner 1997 eingelangt) macht die Beschwerdeführerin Verletzung der Entscheidungspflicht geltend, weil die für ihre Berufung zuständige Oberbehörde zweiter Instanz die sechsmonatige Entscheidungsfrist überschritten habe. Als belangte Behörde nennt die Beschwerdeführerin das "Amt der Landesregierung im selbständigen Wirkungsbereich des Landes Wien Berufungssenat".

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

Nach § 48a Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 der Wiener Stadtverfassung, beide Bestimmungen in der Fassung

LGBl. Nr. 12/1978, obliegt dem Berufungssenat die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Verfügungen oder Entscheidungen des Magistrates im eigenen Wirkungsbereich, sofern nicht durch Gesetz eine andere Rechtsmittelinstanz gegeben ist. Nach § 99 Abs. 3 leg. cit. ist gegen Entscheidungen des Berufungssenates ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig.

Eine solche abweichende Sonderbestimmung ist für die behördliche Entscheidung über eine Angelegenheit der Dienstfreistellung eines Personalvertreters nach § 35 Abs. 5 W-PVG nicht vorgesehen, insbesondere nicht im W-PVG. Die Beschwerdeführerin hat daher zutreffend den Berufungssenat als jene Behörde bezeichnet, die verpflichtet ist, über ihre Berufung zu entscheiden.

Die Säumnisbeschwerde erweist sich jedoch aus einem anderen Grund als unzulässig.

§ 73 Abs. 2 AVG bestimmt, daß auf schriftliches Verlangen der Partei, der innerhalb der sechsmonatigen Frist des Abs. 1 der Bescheid nicht zugestellt wurde, die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergeht. Die Anwendbarkeit des AVG im Beschwerdefall ergibt sich auf Grund des § 1 DVG.

Eine Säumnisbeschwerde kann daher im Anwendungsbereich des AVG zulässig erst dann erhoben werden, wenn auch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, an die im Wege der Devolution die Zuständigkeit zur Entscheidung übergeht, ihre Entscheidungspflicht verletzt hat.

Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, die die Beschwerdeführerin mit Devolutionsantrag nach § 73 AVG anrufen kann, ist gegenüber dem Berufungssenat der Gemeinderat (vgl. dazu den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1986, Slg. 12.123/A). Eine Beschränkung des Instanzenzuges hindert nicht den Übergang der Zuständigkeit im Devolutionsweg gemäß § 73 AVG (vgl. dazu z. B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1996, Zl. 95/09/0328 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die gegen den Berufungssenat gerichtete Säumnisbeschwerde ohne Rücksicht auf ihren Inhalt schon mangels vorheriger Anrufung des Gemeinderates gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen ist. Bei dieser Ausgangssituation erübrigte es sich auch, die Beschwerdeführerin vorab zur Verbesserung ihrer Beschwerde (Erfordernis der Unterschrift eines Rechtsanwaltes nach § 24 Abs. 1 VwGG) aufzufordern.

Schlagworte

Anrufung der obersten Behörde Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997120014.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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