TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/28 97/19/0205

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Veröffentlicht am 28.02.1997
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. November 1996, Zl. 120.555/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. November 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) und § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 5 Abs. 1 AufG sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausgeschlossen, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 1 FrG vorliege. Nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei ein Sichtvermerksversagungsgrund insbesondere dann gegeben, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Nach der auf seinen eigenen Angaben beruhenden Aktenlage sei der Beschwerdeführer am 15. September 1993 vom Strafbezirksgericht zu GZ. nnnnn/93 wegen §§ 127 und 83 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von S 3.500,--, im NEF zu 35 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt worden. Vom Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ. 6 c Vr xxxxx/95 Hv yyyy/95 sei, der Beschwerdeführer am 12. Juni 1996 "wegen §§ 12 Abs. 1 SGG, 15 StGB und 16 Abs. 1 SGG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt" worden. Die Freiheitsstrafe sei gemäß § 23 SGG bedingt nachgesehen worden, soferne der Beschwerdeführer sich einer Psychotherapie unterziehe. Aus diesen Verurteilungen ergebe sich, daß ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darstelle. Damit sei der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführer sei zu sagen, daß durch seinen seit 1991 ununterbrochenen Aufenthalt und durch den Aufenthalt seiner Familie familiäre und private Bindungen zum Bundesgebiet bestünden. Die Ablehnung der Aufenthaltsbewilligung stelle zweifellos einen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers dar. Mit Bedachtnahme auf die Art der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verbrechen (Suchtgifthandel) und die daraus hervorgehende verwerfliche Einstellung zur herrschenden Rechtsordnung sei die Annahme der Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit und damit die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG zu Recht gegeben. Bei Abwägung der privaten Interessen des Beschwerdeführers mit den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK sei die belangte Behörde zu der Ansicht gelangt, daß im Hinblick auf die Schwere der Straftat die öffentlichen Interessen überwögen.

Der Beschwerdeführer bekämpft den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen der von der belangten Behörde herangezogenen gerichtlichen Verurteilungen. Er führt jedoch aus, daß ihm die Freiheitsstrafe nach dem Suchtgiftgesetz gemäß § 23a dieses Gesetzes bedingt nachgesehen worden sei. Eine bedingte Nachsicht nach § 23a SGG könne nicht mit der bedingten Nachsicht gemäß § 43 StGB gleichgesetzt werden. Nach dem Suchtgiftgesetz handle es sich hiebei um die Heilung eines Suchtkranken oder Suchtgiftabhängigen.

Darüber hinaus bringt der Beschwerdeführer vor, bei Abwägung der privaten und der öffentlichen Interessen wäre bei Ablehnung des Antrages (gemeint anscheinend: des Antrages auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides) mit Sicherheit eine Verletzung des Art. 8 Abs. 2 MRK gegeben.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, kann im Hinblick auf die Schwere der ihm zur Last gelegten Taten (Suchtgifthandel) und im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer durch eine bereits erfolgte gerichtliche Verurteilung nicht davon abgehalten werden konnte, eine weitere strafbare Handlung zu begehen, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Ein des Suchtgifthandels überführter Fremder, der zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt wurde, stellt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, die jedenfalls die Versagung eines Sichtvermerkes rechtfertigt. An diesem Ergebnis vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß ihm vom Gericht eine bedingte Strafnachsicht gewährt wurde, weil die Behörde die aus dem Aufenthalt des Fremden resultierende Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit unabhängig von dem Ausspruch des Gerichtes betreffend die bedingte Strafnachsicht zu beurteilen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0217).

Bei dieser Rechtslage kann die Ansicht der belangten Behörde, daß hier der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht sei, nicht als verfehlt erachtet werden.

Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zu Art. 8 MRK kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG auf die privaten und familiären Interessen des Fremden in der Weise Bedacht zu nehmen, daß sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0021 mwN).

Angesichts der durch das Verhalten des Beschwerdeführers (Diebstahl, Körperverletzung, Suchtgifthandel) bewirkten schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen begegnet es keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde unter Berücksichtigung der privaten Interessen des Beschwerdeführers (Aufenthalt der Familie des Beschwerdeführers im Bundesgebiet) zum Ergebnis kam, daß diese letzteren gegenüber den maßgeblichen öffentlichen Interessen zurückzutreten hätten. Die Gefährdung öffentlicher Interessen durch den Beschwerdeführer wird umso deutlicher, als sich gezeigt hat, daß der Beschwerdeführer auch durch eine gerichtliche Verurteilung im Jahre 1993 nicht von der Begehung weiterer, schwerwiegender Delikte abgehalten werden konnte.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997190205.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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