TE Bvwg Beschluss 2021/6/28 W195 2243107-1

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Veröffentlicht am 28.06.2021
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Entscheidungsdatum

28.06.2021

Norm

B-VG Art102
B-VG Art131
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch


W195 2243107-1/3E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX gegen die Bescheide des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom XXXX , beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1) Mit Antrag vom 18.01.2021 begehrte die Beschwerdeführerin die Berechtigung zur Führung der Bezeichnung „Psychologin“ im Sinne des § 4 Psychologengesetz 2013 iVm § 50 Abs. 1 Psychologengesetz 2013. Sie führte hiezu aus (bzw. legte auch die entsprechenden Nachweise vor), dass sie zunächst an der Universität XXXX das Bachelorstudium „Psychologie“ mit 180 ECTS-Anrechnungspunkten abgeschlossen habe und ihr im Juni 2016 der akademische Grad Bachelor of Science (BSc) verliehen worden sei. In weiterer Folge habe sie an der SRH Hochschule XXXX den Masterstudiengang Rechtspsychologie mit 120 ECTS-Anrechnungspunkten abgeschlossen und sei ihr der akademische Grad Master of Science (M.Sc.) verliehen worden.

2) Mit gleichlautenden Bescheiden des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (in weiterer Folge als belangte Behörde bezeichnet) vom XXXX , wurde ihr Antrag mit der Begründung, dass sich sowohl aus der Bezeichnung des Masterstudienlehrgangs der XXXX „Rechtspsychologie“ als auch aus der Beschreibung der wesentlichen Inhalte im Diploma Supplement ergebe, dass es sich bei diesem Studium (Masterlehrgang) eben um kein wie in § 4 Psychologengesetz 2013 gefordertes Studium der Psychologie handle. Vielmehr liege in diesem Fall ein spezialisiertes und mit einem eindeutigen Schwerpunkt versehenes Studium im Bereich der Psychologie vor. In der Rechtsmittelbelehrung wurde festgehalten, dass gegen die Bescheide die Möglichkeit einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht bestehe.

3) Gegen beide – inhaltsgleichen – Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte hiezu im Wesentlichen aus, dass es mit Abschluss des Masterstudiums in Deutschland (so wie auch in anderen EU-Ländern) möglich sei, in jedem psychologischen Bereich zu arbeiten. Darüber hinaus sei der Studiengang ein Jahr nach ihrem Beginn neu akkreditiert worden, sodass er nunmehr mit dem Titel „Master in Psychologie mit rechtspsychologischen Schwerpunkt“ abgeschlossen werde. Eine Anpassung auf ihrer Abschlussurkunde sei jedoch aus zeitlichen Gründen nicht möglich gewesen. Des Weiteren könne dem Argument, bei ihrem Studium handle es sich um ein spezialisiertes mit einem eindeutigen Schwerpunkt versehenes Studium im Bereich der Psychologie, entgegengehalten werden, dass es auch in Österreich verpflichtend sei, im Masterstudium einen Schwerpunkt zu wählen und dieser sogar schwerpunktspezifischer sei als der deutsche Master. Der Unterschied liege lediglich darin, dass der Schwerpunkt nicht namentlich auf der Urkunde genannt werde.

4) Mit Schreiben vom 04.06.2021 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde vom 28.04.2021 sowie die in dieser Angelegenheit ergangenen Bescheide vom 20.04.2021 und 22.04.2021 mit dem Bemerken, dass es sich um zwei gleichlautende Bescheide handle und es lediglich aus technischen Gründen zu einer nochmaligen Zustellung an die Beschwerdeführerin gekommen sei, vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter I.A erfolgte Darstellung des Verfahrensganges ergibt sich aus der Beschwerde samt Beilagen, den beiden inhaltsgleichen Bescheiden vom XXXX , sowie dem übrigen Akteninhalt. Ein Widerspruch hinsichtlich des Verfahrensganges in der Beschwerde und den vorgelegten Bescheiden konnte nicht festgestellt werden; es haben sich auch keine Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Schriftstücke ergeben oder wäre dies behauptet worden. Es wird somit der dargestellte Verfahrensgang als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die unter I. erfolgte Darstellung des Verfahrensganges ergibt sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht übermittelten Unterlagen, insbesondere der Beschwerde vom 28.04.2021, der Bescheide der belangten Behörde vom 20. und 22.04.2021, dem Schreiben der belangten Behörde vom 04.06.2021 sowie dem übrigen Akteninhalt. Offensichtliche Widersprüche, insbesondere zum Vorbringen in der Beschwerde, liegen nicht vor, sodass der Sachverhalt im ausreichenden Maße für eine (kompetenzrechtliche) Beurteilung dargestellt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.1. Maßgebliche Rechtslage

Gemäß Art 129 B-VG besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3). Gemäß Art 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes, soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Im Zusammenhang mit dem die Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte festlegenden Art 131 Abs. 2 B-VG lässt sich den Erläuternden Bemerkungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (ErlRV 1618 BlgNR 24. GP, 15) entnehmen, dass die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes daran anknüpft, ob „eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung (im Sinne des Art 102 B-VG) besorgt wird; dies unabhängig davon, ob die betreffende Angelegenheit in Art 102 Abs. 2 B-VG genannt ist oder sich ihre Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung aus anderen Bestimmungen ergibt“ (siehe auch Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in Holoubek/Lang [Hrsg.], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2008], 29 [35 ff] bzw. VfGH 04.03.2015, E 923/2014).

Unmittelbare Bundesverwaltung – und damit eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes – liegt aber (unter anderem) dann nicht vor, wenn in einer Angelegenheit, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird, ausnahmsweise ein Bundesminister mit der Vollziehung betraut wird (ErlRV 1618 BlgNR 24. GP, 15; Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit [2013] Art 131 B-VG, Rz 16).

Die im angefochtenen Bescheid maßgeblichen Rechtsgrundlagen, nämlich das Psychologengesetz, sind dem Kompetenztatbestand „Gesundheitswesen“ (Art 10 Abs. 1 Z 12 B-VG) zuzurechnen. Dieser ist Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung, findet sich jedoch nicht in der Auflistung des Art 102 Abs. 2 B-VG. Da sich eine Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung im gegenständlichen Fall aber auch nicht aus anderen Bestimmungen ergibt, liegt im Ergebnis keine Angelegenheit vor, welche „unmittelbar von Bundesbehörden“ im Sinne von Art 131 Abs. 2 erster Satz B-VG besorgt wird.

Die Berufszugangsregeln sowohl des PsychotherapieG als auch des PsychologenG 2013 stützen sich auf den Kompetenztatbestand „Gesundheitswesen“ (Art 10 Abs. 1 Z. 12 B-VG). Eine Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden ist in Angelegenheiten des Gesundheitswesens bundesverfassungsrechtlich ausgeschlossen, weil dieses weder in Art 102 Abs. 2 B-VG genannt ist, noch aufgrund einer anderen bundesverfassungsrechtlichen Bestimmung eine Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden gestattet ist (s. hiezu auch VwGH vom 26.01.2017, Ra 2016/11/0173).

Aus den obigen Erläuterungen ergibt sich, dass der Rechtszug im vorliegenden Fall somit nicht an das Bundesverwaltungsgericht, sondern – gemäß der Art 131 Abs. 1 B-VG inhärenten Generalklausel – an das (örtlich zuständige) Landesverwaltungsgericht zu gehen hat und die dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Beschwerde wegen Unzuständigkeit – durch förmlichen Beschluss – zurückzuweisen ist.

Die förmliche Beschlussfassung ist im gegenständlichen Fall schon deshalb geboten, weil der gemäß Art 133 Abs. 1 Z 3 B-VG über Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsgerichten erkennende Verwaltungsgerichtshof nur dann in einem allfälligen Revisionsverfahren die Zuständigkeit bindend beurteilen kann, wenn diese zuvor von einem Verwaltungsgericht „in einer in den Verfahrensgesetzen vorgesehenen Form (Beschluss über die Zurückweisung wegen Unzuständigkeit oder Erkenntnis in der Sache bzw. Zurückweisung aus anderen Gründen oder Einstellung unter Bejahung der Zuständigkeit)“ getroffen wurde (vgl. dazu VwGH 18.02.2015, Ko 2015/03/0001 bzw. VwGH 24.06.2015, Ra 2015/04/0035).

Da die vorliegende Beschwerde mittel Beschluss zurückzuweisen war, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) Anm 7 zu § 24 VwGVG mwN).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die vorliegende Entscheidung hat die Zurückweisung der Beschwerde infolge Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zum Inhalt und folgt dabei der bisher hierzu ergangenen (einschlägigen) oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass schon deshalb nicht von einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, ausgegangen werden kann.

Schlagworte

unmittelbare Bundesverwaltung Unzuständigkeit Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2243107.1.00

Im RIS seit

09.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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