TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/6 95/09/0246

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Veröffentlicht am 06.03.1997
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ABGB §916;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. Mai 1995, Zl. UVS-07/03/00619/92, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Mai 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der I-Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 9. September 1992 den rumänischen Staatsangehörigen D L auf der Baustelle in Wien, W-Gasse 1 mit dem Wegräumen von Schutt beschäftigt habe, ohne daß für diesen Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt bzw. ein Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis ausgestellt worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, nicht nach dem AuslBG schuldig erkannt und bestraft zu werden. Er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für die Einhaltung der Vorschriften des AuslBG, deren Übertretung dem Beschwerdeführer (als das nach § 9 Abs. 1 VStG verantwortliche Organ der I-Gesellschaft m.b.H.) angelastet wurde, ist nach den Bestimmungen dieses Gesetzes der Arbeitgeber und nur dieser verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff nach § 2 Abs. 2 AuslBG ist, daß die Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Entgegen den Beschwerdeausführungen ist auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterworfen bzw. als Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. anzusehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Februar 1991, Zl. 90/09/0160, und jeweils vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0038, sowie Zl. 91/09/0032). Der Beschwerdeführer vermag daher mit seinem Vorbringen, der Ausländer sei nur "kurzfristig und aushilfsweise" beschäftigt worden, keinen wesentlichen Umstand darzulegen, der geeignet wäre, die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des AuslBG rechtswidrig erscheinen zu lassen. Es kann dabei weder darauf ankommen, ob die (als Tathandlung angelastete) Tätigkeit des Ausländers aufgrund des Einschreitens (bzw. der Kontrolle) von Beamten (Mitarbeitern) des Arbeitsmarktservice vorzeitig beendet wurde, noch bedurfte es einer Auseinandersetzung damit, ob ein Arbeitsvertrag mit dem Ausländer aus zivilrechtlicher Sicht rechtswirksam zustande kam oder einem solchen Vertrag allenfalls (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB) Mängel anhafteten.

Denn die belangte Behörde hatte zufolge § 2 Abs. 4 AuslBG das für die Verwirklichung des Tatbildes der Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG wesentliche Sachverhaltselement der Beschäftigung (im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit.) nicht nach äußeren Erscheinungsformen, sondern nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt zu beurteilen. Solcherart hatte sich aber eine Auslegung des Beschäftigungsbegriffes nach dem AuslBG nicht nur auf einen formalen Inhalt (Wortlaut) der gewählten Gestaltung eines Rechtsgeschäftes zu beschränken, sondern es war unter Bedachtnahme auf den Regelungszweck des AuslBG der wirtschaftliche Gehalt eines Rechtsgeschäftes oder Sachverhaltes danach zu beurteilen, ob damit - bei verständiger Betrachtung - eine Anwendung des AuslBG (insbesondere die für eine Beschäftigung von Ausländern vorgesehene Bewilligungspflicht) vermieden werden sollte (vgl. zum Begriff des Umgehungsgeschäftes auch Koziol/Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, 10. Auflage, Band I, Seiten 120 und 144 f; sowie Dittrich/Tades MGA des ABGB, 34. Auflage, § 916, E 22 ff).

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde aufgrund der aufgenommenen Beweisergebnisse zu der Einsicht gekommen, daß die Beschäftigung des Ausländers dem Unternehmen des Beschwerdeführers und nicht seinem Vorarbeiter (Monteur) F zuzurechnen sei. Die belangte Behörde hat ihre Erwägungen zur Beweiswürdigung eingehend und nachvollziehbar dargestellt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1988, Zl. 88/02/0080, u.a.) obliegt ihm in Ansehung der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung nur insoweit eine nachprüfende Kontrolle, als die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, das heißt, den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, nicht aber dahin, ob ein Akt der Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht.

Die belangte Behörde ist der Darstellung des Zeugen H (Kontrollorgan) im Zusammenhalt mit dessen anläßlich seiner Baustellenkontrolle erstellten Berichtes gefolgt. Zudem hat sie aus der Aussage des Zeugen F gefolgert, daß es im Unternehmen des Beschwerdeführers gängige und diesem bekannte Praxis gewesen sei, daß bei Bedarf (auch ausländische) Arbeiter zu Hilfsleistungen herangezogen und entlohnt wurden. Entgegen den Beschwerdeausführungen steht dieser Beweiswürdigung der Wortlaut der genannten Zeugenaussage nicht entgegen. Denn der Zeuge F hat unter anderem ausgesagt, daß es "oft so ist", daß Helfer von anderen Firmen gegen Entgelt herangezogen würden, und daß es auf einer Baustelle üblich sei, daß "einer dem anderen hilft". Des weiteren hat dieser Zeuge erklärt, daß die Ausländereigenschaft oder das Vorliegen von arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen dabei keine Rolle spiele. Der Zeuge F hat auch ausgesagt, die Frage des Kontrollorganes, ob der Ausländer für die Firma arbeite, dahin beantwortet zu haben, daß der Ausländer "den Schutt hinausträgt", bzw. daß er "für uns Schutt wegräumt".

Wenn die belangte Behörde die Aussage des Zeugen F (unter Verwertung des persönlichen Gesamteindruckes dieses Zeugen) im Zusammenhalt mit den Erklärungen und Wahrnehmungen des Kontrollorganes im Ergebnis dahingehend würdigte, daß die angelastete Beschäftigung dem Unternehmen des Beschwerdeführers zuzurechnen sei, vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Beweiswürdigung nicht als unschlüssig zu erkennen. In der Beschwerde werden in dieser Hinsicht keine relevanten, vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Mängel der Beweiswürdigung aufgezeigt. Die auf die Behauptung hinauslaufenden Beschwerdeausführungen, es würde der Lebenserfahrung "wohl eher entsprechen", daß ein Dienstnehmer auf eigene Rechnung und ohne Wissen seines Dienstgebers einen Ausländer beschäftige, um dadurch mit seinem Dienstgeber keinen Ärger zu bekommen, sind nicht geeignet, eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung nachzuweisen. Abweichend von dieser Argumentation hat der Beschwerdeführer in der Berufung (und auch in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 22. Oktober 1992) vorgebracht, die Beschäftigung des Ausländers sei "offenbar wegen des Drucks des Auftraggebers (des Bauherrn)" - also nicht wegen seiner drohenden Verärgerung - erfolgt. Auf diese Ungereimtheit wird in der Beschwerde mit keinem Wort eingegangen.

Des weiteren vermag die Beschwerde auch nicht nachvollziehbar aufzuklären, warum bzw. aus welchem besonderen Grund der Zeuge F (ein Dienstnehmer der I-Gesellschaft m.b.H.) im vorliegenden Fall für ein unternehmerisches Risiko (Wagnis) der I-Gesellschaft m.b.H. einzustehen bzw. zu haften gehabt hätte. Ebensowenig vermag die Beschwerde darzulegen, warum bzw. aus welchem Beweisergebnis sich ergeben soll, daß ein wenigstens objektiver Verzug mit der Fertigstellung der Installationsarbeiten vorgelegen bzw. vom Zeugen F verschuldet worden sei. Der (in der Verhandlung vor der belangten Behörde abgelegten) Aussage des Beschwerdeführers kann jedenfalls in dieser Hinsicht nicht einmal entnommen werden, daß im vorliegenden Fall überhaupt ein (objektiver) Verzug mit der Fertigstellung der Installationsarbeiten bestanden hat. Es wäre aber dem Beschwerdeführer entsprechend der ihn auch im Verwaltungsstrafverfahren treffenden Mitwirkungspflicht oblegen, diese (angeblich seiner Entlastung dienenden) Gründe im einzelnen darzustellen und nachzuweisen. Derartiges hat der Beschwerdeführer jedoch unterlassen.

Mit dem bloßen Hinweis der Beschwerde auf den in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 1995 gestellten Beweisantrag auf Einvernahme des D L wird schon deshalb kein wesentlicher Verfahrensmangel dargetan, weil diesem Zeugen die Ladung zur genannten Verhandlung unter der nach der Aktenlage bekannten bzw. von der belangten Behörde durch Zentralmeldeauskunft erforschten Adresse nicht wirksam zugestellt werden konnte. Der Beschwerdeführer hat jedoch der Behörde keine (neue) ladungsfähige Anschrift bekanntgegeben und den genannten Zeugen auch nicht zum Verhandlungstermin (30. Mai 1995) stellig gemacht. Die belangte Behörde hat somit (nach der Aktenlage) vergeblich versucht, den vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 30. Mai 1995 zuletzt beantragten "Entlastungszeugen" zu hören. Sie durfte aber im Hinblick auf den unbekannten Aufenthaltsort des Zeugen von der Aufnahme dieses Beweismittels Abstand nehmen. Auch in der Beschwerde wird nicht dargelegt, unter welcher Anschrift der Zeuge D L von der belangten Behörde geladen werden könnte.

Daß er seine Schuldlosigkeit an der vorgeworfenen Verletzung des AuslBG glaubhaft gemacht bzw. alles vorgekehrt habe, um eine (fahrlässige) Verletzung der genannten Verwaltungsvorschrift zu verhindern, behauptet der Beschwerdeführer (in seiner Beschwerde) selbst nicht.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995090246.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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