TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/5 W123 2238163-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2021
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Entscheidungsdatum

05.02.2021

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §66
FPG §66 Abs1
FPG §66 Abs2
FPG §70 Abs3
NAG §51 Abs1 Z1
NAG §51 Abs1 Z2
NAG §54 Abs1
NAG §54 Abs5 Z4
NAG §55 Abs1
NAG §55 Abs3
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W123 2238163-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Albanien, vertreten durch Dr. iur XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2020, Zl. 601964005/200400508, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 13.10.2020 verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit der gleichzeitigen Möglichkeit, bis 29.10.2020 eine Stellungnahme zur Verfahrenserlassung einer möglichen Aufenthaltsbeendigung bzw. zur Beantwortung taxativ aufgezählter Fragen abzugeben.

2. Der Beschwerdeführer erstattete – nach einem Ersuchen auf Fristverlängerung – am 10.11.2020 eine Stellungnahme und wies insbesondere auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Rechtsmittelverfahren, das noch nicht rechtskräftig beendet worden sei, hin.

3. Mit dem oben im Spruch zitierten Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und diesem gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit erteilt (Spruchpunkt II.).

Die Ausweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Ehe des Beschwerdeführers nach weniger als drei Jahren geschieden worden sei. Die Voraussetzungen für ein Weiterbestehen des bisherigen Aufenthaltsrechts seien nicht erfüllt. Die Ausweisung greife auch nicht unverhältnismäßig in das Privat- und Familienleben gemäß Art 8 EMRK ein.

4. Mit Schriftsatz vom 22.12.2020 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen Bescheid der belangten Behörde im vollen Umfang und brachte einleitend vor, dass der Bescheid des AMS XXXX vom 06.04.2020 noch nicht rechtskräftig sei, da die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes noch ausstehe. Der Beschwerdeführer wies auf die Ehescheidung hin, welche unter seinem Leidensdruck erfolgt sei. Die belangte Behörde hätte zur Entscheidungsfindung auch Fakten zu Gunsten des Beschwerdeführers sammeln müssen. Der Beschwerdeführer strebe einen weiteren Verbleib in Österreich an, weil er seit rund 8 Jahren von vielen freundlichen Menschen umgeben sei und sich in diesem „bürgerlichen und intellektuellen Milieu“ wohl fühle.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist kosovarischer Staatsbürger, seine Identität steht fest.

1.2. Dem Beschwerdeführer wurde von der Magistratsabteilung 35 (MA 35) eine Aufenthaltskarte „Angehöriger eines EWR-Bürgers“, Gültigkeit vom 29.06.2016 bis 29.06.2021, ausgestellt.

Der Beschwerdeführer heiratete am 27.10.2015 die rumänische Staatsangehörige, Frau XXXX im Standesamt Wien- XXXX .

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 05.07.2018, GZ: XXXX , wurde die zwischen dem Beschwerdeführer und der rumänischen Staatsangehörigen am 27.10.2015 vor dem Standesamt Wien- XXXX geschlossene Ehe einvernehmlich geschieden.

1.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.12.2020, W167 2233820-1/16E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 06.04.2020, GZ: XXXX idF der Beschwerdevorentscheidung vom 17.07.2020, GZ: XXXX , als unbegründet abgewiesen.

1.4. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Familienangehörige. Der Vater des Beschwerdeführers lebt in Albanien.

Laut ZMR-Anfrage war der Beschwerdeführer vom 15.10.2012 bis 09.02.2015 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Vom 01.07.2015 bis 18.09.2018 war der Beschwerdeführer ebenfalls im Bundesgebiet gemeldet. Seit 04.04.2019 verfügt der Beschwerdeführer über eine durchgehende Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer war in den Zeiträumen 14.12.2017 bis 04.04.2018, 29.03.2018 bis 18.04.2018 und 02.05.2018 bis 13.03.2020 im Bundesgebiet als Arbeitnehmer gemeldet.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid, in das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.12.2020, W167 2233820-1/16E, und in den Beschwerdeschriftsatz.

2.2. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über keine Familienangehörige in Österreich verfügt, beruht auf der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 10.11.2020. Trotz expliziter Fragestellung der belangten Behörde in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (Parteiengehör) vom 13.10.2020 (vgl. AS 29), machte der Beschwerdeführer zu allfälligen in Österreich lebenden Familienangehörigen keine Angaben. Der Beschwerdeführer wies lediglich darauf hin, dass sein Vater in Albanien wohne, ein begüterter Geschäftsmann sei und den Unterhalt und Lebenswandel des Beschwerdeführers zu 90 % bestreiten würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I (Ausweisung)

3.1.1. Als Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG gilt ein Fremder, der weder EWR-Bürger noch Schweizer Bürger ist.

Als begünstigter Drittstaatsangehöriger gilt gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

Gemäß § 54 Abs. 1 NAG sind Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 NAG genannten Voraussetzungen erfüllen, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft gemäß § 54 Abs. 5 NAG erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 und 2 NAG erfüllen und die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet (Z 1); die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet (Z 2); ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird (Z 3); es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann (Z 4) oder ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang - solange er für nötig erachtet wird - ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf ( Z 5).

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Albanien und somit Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Durch seine Ehe mit einer EWR-Bürgerin, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hatte, erlangte er den Status eines begünstigten Drittstaatsangehörigen iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG und ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht.

3.1.2. § 55 NAG lautet:

„(1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.“

3.1.3. In der rechtlichen Beurteilung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.12.2020, W167 2233820-1/16E, heißt es auszugsweise:

„Es ist im gegenständlichen Fall zu klären, ob dem Beschwerdeführer Arbeitnehmerfreizügigkeit nach EU-rechtlichen Bestimmungen zukommt und daher die belangte Behörde die entsprechende Bestätigung auszustellen hat, dass er von der Anwendung des AuslBG ausgenommen ist.

Gemäß § 54 Abs. 1 NAG sind Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate im Bundesgebiet berechtigt. Freizügigkeit kommt auch geschiedenen Ehegatten zu, wenn die Ehe 3 Jahre gedauert hat, davon 1 Jahr in Österreich (vgl. § 54 Abs. 5 Z 1 NAG).

Die Richtlinie 2004/38/EG vermittelt kein vom Fortbestand des Angehörigkeitsverhältnisses und vom Aufenthalt des Unionsbürgers unabhängiges Aufenthaltsrecht: Vielmehr regeln die Art. 12 und 13, unter welchen Voraussetzungen ein drittstaatsangehöriger Familienangehöriger nach Wegfall des Angehörigkeitsverhältnisses oder des Aufenthalts des Unionsbürgers weiterhin ein Aufenthaltsrecht hat.

Der Beschwerdeführer schloss am 27.10.2015 die Ehe mit einer EWR-Bürgerin, in der Folge kam ihm ein Aufenthaltsrecht zu. In weiterer Folge wurde am 05.07.2018 die einvernehmliche Scheidung beantragt. Am 23.07.2018 kam es zur Scheidung des Beschwerdeführers von seiner, die Unionsbürgerschaft aufweisende und die unionsrechtliche Freizügigkeit in Anspruch nehmende Ehegattin. Unter Beachtung des Datums der Eheschließung hat die Ehe des Beschwerdeführers bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens demnach nicht die in § 54 Abs. 5 Z 1 NAG erforderliche Dauer von drei Jahren gedauert.

In der Beschwerde wurde moniert, dass der Beschwerdeführer unter Druck gesetzt worden sei der Scheidung zuzustimmen. Es würden aufgrund einer ungewöhnlichen Problematik besondere und berücksichtigungswürdige Umstände vorliegen, weshalb die fehlenden 3 Monate auf die 3-Jahres-Frist nachzusehen wären. Sofern der Beschwerdeführer mit diesen Ausführungen einen Härtefall iSd § 54 Abs. 5 Z 4 NAG geltend machen möchte, so ist diesbezüglich auszuführen, dass aus dem vorliegenden Scheidungsbeschluss keinerlei Hinweise herauszulesen sind, dass es sich nicht um eine einvernehmliche Scheidung gehandelt habe. Wie der Beschwerdeführer mehrfach ausführte, hatte er bei der Scheidung einfach nicht an die 3-Jahres-Frist gedacht. Es ist daher naheliegend, dass der Beschwerdeführer nunmehr im Nachhinein versucht, mit einem derartigen Vorbringen einen Härtefall iSd § 54 Abs. 5 Z 4 NAG zu konstruieren. Damit wird jedoch im Ergebnis nicht substantiiert aufgezeigt, dass dem Beschwerdeführer ein Festhalten an der Ehe nicht hätte zugemutet werden können, zumal der Beschwerdeführer mehrmals betont, dass die Initiative zur Scheidung von der Ehefrau ausgegangen sei. Im Gegenteil führte der Beschwerdeführer etwa mehrfach aus, er hätte die Scheidung aus verfahrenstaktischen Gründen hinauszögern können: „Es wäre mir ein Leichtes gewesen, durch umfangreiche Beweisanträge im Zuge einer strittigen Scheidung, zu welcher meine Frau gezwungen gewesen wäre, das Scheidungsverfahren über viele Monate hinauszuziehen … So wäre die Scheidung nicht dermaßen schnell rechtskräftig geworden!!“ (Beschwerde, OZ 7) Es wird festgehalten, dass die Einleitung des Scheidungsverfahren und nicht die (rechtskräftige) Scheidung ausschlaggebend ist. Von einem Härtefall iSd § 54 Abs. 5 Z 4 NAG kann im gegenständlichen Fall keine Rede sein und es war daher von einem typischen Fall einer Ehescheidung auszugehen. Der Vollständigkeit halber wird auf die oben angeführte Judikatur des VwGH verwiesen, wonach auch das ausschließliche Verschulden des anderen Ehepartners an der Scheidung zu keinem Härtefall im Sinne der genannten Bestimmung führt.

Wie bereits oben festgestellt, ist der Beschwerdeführer in Österreich seit 2012 mit Unterbrechungen zum Hauptwohnsitz gemeldet. Allein aufgrund einer allenfalls fünfjährigen Aufenthaltsdauer sind allerdings die Voraussetzungen für ein Recht auf Daueraufenthalt noch nicht erfüllt. Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG verlangt etwa, dass sich Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben. Abgesehen von der nunmehr geschiedenen Ehe sind keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich ersichtlich. Zudem wurde auch das Vorhandensein von Ausnahmetatbeständen iSd des § 54 Abs. 5 NAG abgesehen vom Härtefall der Ziffer 4 vom Beschwerdeführer nicht behauptet.

In Ermangelung einer mindestens 3 Jahre andauernden Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens sowie mangels Bestehens eines Härtefalls liegen keine Ausnahmetatbestände im iSd § 54 Abs. 5 NAG vor, weshalb dem Beschwerdeführer gemäß § 55 NAG kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht mehr zukommt. Daher kann sich der Beschwerdeführer auch nicht auf das aus Art. 23 der Richtlinie 2004/38/EG erfließende an das Aufenthaltsrecht anknüpfende Recht auf Beschäftigung berufen.

Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.“

3.1.4. Dem Beschwerdeführer wurde auf Grund seiner Ehe mit einer freizügigkeitsberechtigten rumänischen Staatsangehörigen gemäß § 54 Abs. 1 NAG eine Aufenthaltskarte ausgestellt. Da die Ehe weniger als drei Jahre gedauert hat, kinderlos blieb und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Härtefall iSd § 54 Abs. 5 Z 4 NAG vorliegt (vgl. oben, 3.1.3.), sind die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht infolge der Ehescheidung unter Berücksichtigung von § 54 Abs. 1 und 5 NAG weggefallen.

3.1.5. Gemäß § 66 Abs. 2 FPG sind bei einer Ausweisung insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, das Alter des Betroffenen, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seine Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

Gemäß § 9 BFA-VG ist ua eine Ausweisung gemäß § 66 FPG, die in das Privat- und Familienleben eingreift, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer hält sich noch nicht einmal 10 Jahre durchgehend im Bundesgebiet auf. Zudem äußerte er sich nicht über etwaige familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet, sodass im vorliegenden Fall davon auszugehen ist, dass eine Ausweisung keinen Eingriff iSd Art. 8 EMRK darstellt. Aber auch eine darüberhinausgehende soziale oder berufliche Bindung an Österreich ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die belangte Behörde ist daher im Rahmen der Interessensabwägung gemäß § 9 BFA-VG zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und die Ausweisung daher Art 8 EMRK nicht verletzt, zumal dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt.

3.1.6. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. (Durchsetzungsaufschub)

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist vor diesem gesetzlichen Hintergrund nicht zu beanstanden.

3.3. Zum Entfall einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte. Eine mündliche Verhandlung wurde seitens des Beschwerdeführers auch nicht beantragt.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Aufenthaltsdauer Aufenthaltsrecht Ausweisung Ausweisung rechtmäßig Ausweisungsverfahren Durchsetzungsaufschub EU-Bürger EWR-Bürger Gefährdung der Sicherheit Integration Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Scheidung Unionsbürger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W123.2238163.1.00

Im RIS seit

24.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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