TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/25 W287 2211747-2

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Veröffentlicht am 25.03.2021
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Entscheidungsdatum

25.03.2021

Norm

AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §13 Abs2 Z2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W287 2211747-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Julia KUSZNIER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 23.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid vom 27.11.2018 wies das BFA den Antrag des BBF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab, erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zu und erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG. Weiters wurden gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

4. Am 21.02.2019 wurde gegen den BF durch die Staatsanwaltschaft XXXX Anklage wegen § 83 Abs. 1 StGB (Körperverletzung) erhoben.

5. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF mitgeteilt, dass er aufgrund der eingebrachten Anklage durch die Staatsanwaltschaft wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, gemäß § 13 Abs. 2 AsylG sein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verloren habe.

6. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 30.04.2019 wurde der BF wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid von XXXX stellte das BFA fest, dass der BF sein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG ab dem 13.12.2019 verloren habe.

Begründend wurde ausgeführt, dass der BF ab dem 21.02.2019 sein Aufenthaltsrecht nach § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG verloren habe, da an diesem Tag die Staatsanwaltschaft gegen ihn Anklage erhoben habe.

8. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 21.05.2019 Beschwerde erhoben.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der BF, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 23.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 27.11.2018 wies das BFA den Antrag des BBF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab, erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zu und erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG. Weiters wurden gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Das Beschwerdeverfahren ist am Bundesverwaltungsgericht zur Zahl XXXX anhängig.

Am 21.02.2019 wurde gegen den BF durch die Staatsanwaltschaft XXXX Anklage wegen § 83 Abs. 1 StGB (Körperverletzung) erhoben.

Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 30.04.2019 wurde der BF wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus der Aktenlage und wurden von den Verfahrensparteien nicht bestritten.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde

§ 13 Abs. 2 AsylG lautet:

(2) Ein Asylwerber verliert sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn

1. dieser straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3),

2. gegen den Asylwerber wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist,

3. gegen den Asylwerber Untersuchungshaft verhängt wurde (§§ 173 ff StPO, BGBl. Nr. 631/1975) oder 4. der Asylwerber bei der Begehung eines Verbrechens (§ 17 StGB) auf frischer Tat betreten worden ist.

Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Wird ein Asylwerber in den Fällen der Z 2 bis 4 freigesprochen, tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück (§§ 198 ff StPO) oder wird das Strafverfahren eingestellt, lebt sein Aufenthaltsrecht rückwirkend mit dem Tage des Verlustes wieder auf.

Im angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 21.02.2019 verloren habe. Begründend für den Verlust des Aufenthaltsrechts wurde § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG (Anklage durch die Staatsanwaltschaft wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann) angeführt. Im Spruch des Bescheids wurde § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG (Straffälligkeit nach § 2 Abs. 3 AsylG) angeführt, aus der Begründung des Bescheids geht jedoch eindeutig hervor, dass es sich hierbei um einen Schreibfehler handelt und das BFA den Bescheid auf § 13 Abs. 2 Z 2 gestützt hat. Gegen den BF wurde von der Staatsanwaltschaft XXXX Anklage wegen Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) erhoben. Bei einer Körperverletzung handelt es sich um eine strafbare Handlung, die nicht nur vorsätzlich, sondern auch fahrlässig (§ 88 StGB) begangen werden kann. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG liegen daher bereits aus diesem Grund nicht vor.

Im gegenständlichen Fall war der BF zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung zudem bereits rechtskräftig verurteilt worden, nämlich mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 30.04.2019 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten. Aufgrund der erfolgten Verurteilung des BF war gegenständlich nicht mehr § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG, sondern allenfalls § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG anwendbar.

§ 2 Abs. 3 AsylG definiert Straffälligkeit folgendermaßen:

Ein Fremder ist im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er

1. wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, oder

2. mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist

rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der BF wurde jedoch weder wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, noch mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist, verurteilt. Dies bedeutet, dass keiner der Tatbestände des § 2 Abs. 3 AsylG, erfüllt ist und damit der Verlust des Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet ab dem 21.02.2019 zu Unrecht ausgesprochen wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zu B)     Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Körperverletzung Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Verlusttatbestände Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W287.2211747.2.00

Im RIS seit

28.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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