TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/25 I408 2240487-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.03.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.03.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §127
StGB §128 Abs1
StGB §129
StGB §130
StGB §146
StGB §147 Abs1 Z1
StGB §147 Abs2
StGB §148
StGB §229
StGB §241e Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I408 2240487-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , StA. Rumänien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2021, Zl. XXXX zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Nach Verhängung der Untersuchungshaft teilte die belangte Behörde dem inhaftierten Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.07.2020 mit, dass gegen ihn die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes beabsichtigt sei. Die Möglichkeit, dazu binnen zehntägiger Frist eine schriftliche Stellungnahme zu erstatten, nutzte der Beschwerdeführer nicht.

2.       Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 16.02.2021 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilt ihm keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).

3.       Mit Schriftsatz vom 16.03.2021 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde und brachte darin vor, bis zu seiner Inhaftierung mit seiner Ehefrau und seiner Tochter in Österreich im gemeinsamen Haushalt gelebt zu haben.

4.       Am 19.03.2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist rumänischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer weist zahlreiche Vorstrafen in anderen europäischen Staaten auf:

Er wurde erstmals im Jahr 2001 in Rumänien wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, welche bedingt nachgesehen wurde. In Folge wurde er im Jahr 2001 wegen Diebstahls unter Gewaltanwendung oder unter Einsatz von Waffen zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren verurteilt.

In den Jahren 2006, 2010 und 2011 wurde der Beschwerdeführer in Rumänien jeweils wegen Diebstahls zu Freiheitsstrafen von drei Jahren und sechs Monaten, fünf Jahren bzw. vier Jahren verurteilt.

In weiterer Folge hielt sich der Beschwerdeführer in Deutschland auf und wurde dort 2015 zweimal und 2016 ebenfalls wegen Diebstahls verurteilt. 2017 erfolgte wegen Computerbetrugs und Diebstahl eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren.

2015 hielt sich der Beschwerdeführer auch in Großbritannien auf und wurde dort wegen Diebstahls und wegen versuchten Diebstahls zu Geldstrafen verurteilt.

2018 wurde der Beschwerdeführer in der Schweiz wegen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage zu einer Geldstrafe verurteilt.

Im Bundesgebiet trat er erstmals am 10.07.2020 in Erscheinung, als er wegen des Verdachtes der Begehung einer strafbaren Handlung festgenommen und über ihn die Untersuchungshaft verhängt wurde.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 23.10.2020, XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des teils vollendeten teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls, teils durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 2 zweiter Fall, 15 StGB; des Verbrechens des teils vollendeten teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 148 zweiter Fall, 15 StGB; der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in 18 Angriffen zwischen Mai 2019 und Dezember 2019 gemeinsam mit einem Mittäter aus Einkaufswägen und unbeaufsichtigten Handtaschen die Geldbörsen seiner Opfer stahl und daraus Bargeld und Bankomat- bzw. Kreditkarten entnahm. In den Fällen, in denen die Opfer die Codes ihrer unbaren Zahlungsmittel in den Geldbörsen aufbewahrten, behob der Beschwerdeführer bei Bankomaten Bargeld bzw. versuchte dies. Im Anschluss begab sich der Beschwerdeführer mit seinem Mittäter in verschiedene Geschäfte und verwendete die gestohlenen unbaren Zahlungsmittel zur Bezahlung, wodurch er seine Opfer bzw. deren Kreditinstitute in einem EUR 5.000,- übersteigenden Betrag schädigte.

Bei der Strafzumessung war von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren auszugehen. Dabei berücksichtigte das Strafgericht erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit mehreren Vergehen, die Faktenvielzahl und den langen Tatzeitraum, mildernd hingegen, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die geständige Verantwortung. Außerdem führte das Strafgericht aus, dass es erforderlich war, eine zur Gänze unbedingte und empfindliche Freiheitsstrafe zu verhängen, da es sich beim Beschwerdeführer um einen mehrfach in verschiedenen Ländern einschlägig vorbestraften Täter handelt.

Derzeit verbüßt der Beschwerdeführer seine Freiheitsstrafe in der JA XXXX , das errechnetes Strafende ist der 16.12.2023.

Der Beschwerdeführer ist ledig und für eine Tochter sorgepflichtig. Er führt in Österreich kein Familienleben, weist lediglich Wohnsitzmeldungen in Justizanstalten auf, ging nie einer Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine berücksichtigungswürdigen privaten oder familiären Beziehungen im Bundesgebiet. Hinweise auf integrative Merkmale in Österreich haben sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich ohne entscheidungserhebliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Behördenaktes sowie dem vorliegenden Gerichtsakt. Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister, sowie dem Strafregister wurden ergänzend eingeholt.

Die Feststellungen zur Volljährigkeit und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers folgen seinen Angaben im Beschwerdeschriftsatz, welche mit den Daten des Zentralen Melderegisters und des Fremdenregisters übereinstimmen. Seine Identität steht aufgrund der Verifizierung durch die österreichische Justiz fest.

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers in Rumänien, Deutschland und der Schweiz sind aus der Urteilsausfertigung des Landesgerichtes XXXX vom 23.10.2020, XXXX entnommen und wurden dort auf Basis eines eingeholten ECRIS-Auszuges festgestellt. Aus der Einsichtnahme in diese Urteilsausfertigung ergeben sich auch die Feststellungen zu den begangenen Straftaten in Österreich und den Strafbemessungsgründen.

Dass der Beschwerdeführer seine Freiheitsstrafe derzeit in der JA XXXX verbüßt und errechnetes Strafende der 16.12.2023 ist, ist dem Zentralen Melderegister und der im Verwaltungsakt einliegenden Vollzugsinformation (AS 39) zu entnehmen.

Im Beschwerdeschriftsatz wurde erstmals vorgebracht, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner Inhaftierung im Bundesgebiet mit seiner Gattin und seiner achtjährigen Tochter im gemeinsamen Haushalt gelebt habe. Dieses Vorbringen ist aus folgenden Gründen nicht glaubhaft:

Zunächst geht aus dem Melderegister, dem Fremdenregister, der Vollzugsinformation und nicht zuletzt aus dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 23.10.2020, XXXX (S 25 der Urteilsausfertigung) hervor, dass der Beschwerdeführer ledig ist. Wenn nun in der Beschwerde erstmals eine Ehefrau ins Treffen geführt wird, ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer dies nicht etwa bereits vor dem Strafgericht, im Rahmen der Überprüfung seiner Personalien, angegeben hat. Zudem wäre wohl zu erwarten, dass er der Justizanstalt, in welcher er die kommenden Jahre verbringen wird, seine Ehefrau bekannt geben würde, um Besuche von ihr zu ermöglichen.

Bereits aus dem angefochtenen Bescheid und aus dem Strafurteil geht hervor, dass der Beschwerdeführer für eine Tochter sorgepflichtig ist. Dass sich diese jedoch angeblich in Österreich aufhält, wird erstmals im Beschwerdeschriftsatz vorgebracht. In diesem Zusammenhang steht dem behaupteten Familienleben jedoch der Umstand entgegen, dass der Beschwerdeführer die vergangenen Jahrzehnte überwiegend damit verbracht hat, in Rumänien, Deutschland und der Schweiz Eigentumsdelikte zu begehen und sich insbesondere in den vergangenen Jahren regelmäßig in verschiedenen europäischen Staaten in Haft befand, weshalb nicht auf das Entstehen eines Familienlebens im relevanten Zeitraum geschlossen werden kann und sich ein solches auch erst recht nicht in Österreich entwickelt haben kann.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer vor seiner Inhaftierung über keine Wohnsitzmeldung in Österreich verfügte und sich offenbar erstmals im Mai 2019 - zur Begehung von Straftaten - in Österreich aufhielt.

Zuletzt fällt im Rahmen der Beurteilung der Glaubhaftigkeit des behaupteten Familienlebens auch entscheidend ins Gewicht, dass im Beschwerdeschriftsatz keine ladungsfähige Adresse der Ehefrau und Tochter bekannt gegeben wird. Bei Wahrunterstellung des Vorbringens wäre wohl zu vermuten, dass der Beschwerdeführer dem Gericht alles zur Untermauerung seines Vorbringens aus Eigenem mitteilt. Wenn nun in der Beschwerde zwar die Einvernahme der Gattin zum Beweis des schützenswerten Familienlebens des Beschwerdeführers beantragt wird, allerdings nicht einmal deren Name, geschweige denn eine ladungsfähige Adresse genannt wird, ist diesbezüglich nicht von einem glaubhaften Vorbringen auszugehen.

In einer Zusammenschau dieser Umstände war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet kein Familienleben führt, sonstige Hinweise auf eine berücksichtigungswürdigende Integration im Bundesgebiet sowie familiäre oder private Anknüpfungspunkte haben sich im Verfahren nicht ergeben und wurde auch in der Beschwerde kein dahingehendes Vorbringen erstattet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Vorab ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer hinreichend die Möglichkeit geboten wurde, sich zur Sache zu äußern und allfällige Beweismittel in Vorlage zu bringen. Der Beschwerdeführer wurde dadurch in die Lage versetzt, seine Rechte geltend zu machen (VwGH 18.01.2001, 2000/07/0090). Eine Einvernahme schreibt weder das Gesetz noch die einschlägige Judikatur des VwGH vor (vgl. VwGH 18.01.2001, 2000/07/0099; 05.09.1995, 95/08/0002; 24.02.1988, 87/18/0126; 18.10.1990, 89/09/0145; 17.09.2002, 2002/18/0170). Aufgrund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme hatte der Beschwerdeführer die Gelegenheit, in diesem Verfahren Stellung zu nehmen. Zudem ist auch aufgrund der ihm im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gebotenen Möglichkeit, sich zum Inhalt des angefochtenen Bescheides zu äußern, von einer Sanierung einer allfälligen Verletzung des Parteiengehörs auszugehen, zumal der angefochtene Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergibt (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0069).

3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Als Staatsangehöriger Rumäniens ist der Beschwerdeführer EWR-Bürger iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG.

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (so etwa, wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurde), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 26.11.2020, Ra 2020/21/0104).

Da sich der Beschwerdeführer erst seit Juli 2020 kontinuierlich im Bundesgebiet aufhält, ist im gegenständlichen Fall der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 zweiter bis vierter Satz FPG („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden.

Bereits die belangte Behörde hat das ausgesprochene Aufenthaltsverbot nicht (bloß) auf die Tatsache seiner Verurteilung und der daraus resultierenden Strafhöhe, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat sie unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist, (vgl. VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0116) sowie unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen und diese Voraussage ihrer administrativrechtlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Dabei hob sie besonders hervor, dass der Beschwerdeführer bereits mehrfach einschlägig vorbestraft war und sich offenbar nur zur Begehung von Straftaten in Österreich aufgehalten hat. In ihrer Prognoseentscheidung ging die belangte Behörde davon aus, dass aufgrund der pekuniären Situation des Beschwerdeführers mit einer Fortsetzung zu rechnen ist.

Zunächst schließt sich das erkennende Gericht den Ausführungen der belangten Behörde vollinhaltlich an und kommt es aufgrund der vom Beschwerdeführer begangenen Verbrechen der gewerbsmäßigen schweren Diebstähle und der übrigen Vergehen in Zusammenhang mit diesen Diebstählen in einer derartigen - wie umseits geschilderten - dichten Begehungsweise über mehrere Jahre und in vier europäischen Staaten zu dem Schluss, dass durch einen Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt besteht, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Eigentumskriminalität besteht (vgl. VwGH 22.02.2017, Ra 2017/19/0043; 22.11.2017, Ra 2017/19/0474 ua.).

Gerade die einschlägigen Verurteilungen des Beschwerdeführers in Rumänien, Deutschland und der Schweiz zu teilweise mehrjährigen Haftstrafen belegen unzweifelhaft die gravierende kriminelle Energie des Beschwerdeführers und eine daraus ableitbare hohe Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch seinen Verbleib im Bundesgebiet. Dabei fällt entscheidend ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer aus seinen zahlreichen Haftaufenthalten in den vergangenen 20 Jahren offenbar nichts gelernt hat, sondern lediglich den Staat, in welchem er seine Diebstähle begeht und damit seinen Lebensunterhalt bestreitet, bei Bedarf wechselt. Die strafgerichtliche Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Eigentumsdelikte führt in Zusammenschau mit dem Fehlen einer legalen Erwerbstätigkeit und der massiven, einschlägigen Vorbelastung im Ergebnis dazu, dass für den Beschwerdeführer keine positive Zukunftsprognose erstellt werden kann, sodass gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat; für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0060). Durch den derzeitigen Haftaufenthalt ist die Zeit jedenfalls noch zu wenig weit fortgeschritten, um dem Beschwerdeführer einen allenfalls gegebenen - im Verfahren aber nicht einmal ansatzweise dokumentierten - positiven Gesinnungswandel zu attestieren (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0276).

Auch die gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmende Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen kann nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen, zumal der Beschwerdeführer keinerlei private, familiäre oder sonstige Anknüpfungen an Österreich hat, sondern vielmehr lediglich zur Begehung strafbarer Handlungen in das Bundesgebiet eingereist ist.

Bei Abwägung aller relevanten Umstände sind die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes somit höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des Beschwerdeführers. Das vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten ist als schwerwiegend und geeignet, die öffentlichen Interessen maßgeblich zu gefährden, anzusehen, sodass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs 1 iVm Abs 2 FPG gegenständlich vorliegen und unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG zulässig ist.

Auch was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese innerhalb des dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Rahmens. So sieht § 67 Abs 2 FPG die Erlassung eines bis zu zehn Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes vor und erscheint die Ausschöpfung dieser Höchstdauer angesichts des Verhaltens des Beschwerdeführers keineswegs als zu lang. Insbesondere wird berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer bereits vor dem nunmehrigen Anlassfall zahlreiche einschlägige Vorverurteilungen in Rumänien, Deutschland und der Schweiz aufwies. Dies zeigt offensichtlich, dass der Beschwerdeführer aus seinem Fehlverhalten nicht gelernt hat, ihm die Rechtsordnungen der genannten Staaten und insbesondere die österreichische offenbar gleichgültig sind und ihn weder Verurteilungen noch daraus resultierenden Freiheitsstrafen von der Begehung weiterer Straftaten im österreichischen Bundesgebiet abgehalten haben. Auch wenn mit dem von der belangten Behörde verhängte Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren das höchstzulässige Maß ausgeschöpft wird, erweist sich dieses als nicht ungerechtfertigt, insbesondere, weil aufgrund des bisher gezeigten Verhaltens des Beschwerdeführers eine neuerliche Begehung gleichgelagerter Straftaten zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes als nicht unwahrscheinlich anzusehen ist. Auch der Umstand der gewerbsmäßigen Tatbegehung lässt die Höhe des Aufenthaltsverbotes mit dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten im Einklang stehen. Zudem erachtete auch das Strafgericht eine unbedingte Freiheitsstrafe im oberen Bereich des Strafrahmens für geboten, um den Beschwerdeführer hinkünftig von gleichgelagerten Straftaten abzuhalten. Aufgrund dieser Überlegungen war die Dauer des Aufenthaltsverbotes von zehn Jahren nicht zu beanstanden.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus und hat er anhand seines Gesamtfehlverhalten unzweifelhaft gezeigt, dass er (wiederholt) nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Anschluss an seinen Haftaufenthalt im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, weshalb die Beschwerde im Ergebnis vollumfänglich abzuweisen war.

3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Eine Beschwerdeverhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Selbst bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten kann für ihn kein günstigeres Ergebnis erzielt werden und vermag daran auch eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht und ein dabei gewonnener (positiver) persönlicher Eindruck nichts zu ändern (vgl. VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0430).

Selbst im Falle der Wahrunterstellung des in der Beschwerde erstmals behaupteten Familienlebens (wofür es wie unter Punkt II.2. ausgeführt keinen Anhaltspunkt gibt) wäre nach der durchzuführenden Interessenabwägung kein anderes Ergebnis denkbar. Das Familienleben wäre jedenfalls durch die Inhaftierung des Beschwerdeführers wesentlich eingeschränkt und würde auch dadurch eine gewichtige Minderung erfahren, dass der Beschwerdeführer dieses selbst durch seine kontinuierliche Begehung von Straftaten, die daran anknüpfenden Haftaufenthalte und drohende fremdenrechtliche Sanktionen aufs Spiel gesetzt und damit eine Trennung von seinen Familienmitgliedern bewusst in Kauf genommen hat. Zudem wäre es einer Ehefrau und der Tochter des Beschwerdeführers möglich, den Kontakt durch Besuche in Rumänien bzw. ähnlich wie derzeit in Haft über Telefon/Brief oder auch über digitale Medien, aufrechtzuerhalten. Dem Beschwerdeeinwand, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aufgrund der in Österreich lebenden Kernfamilie des Beschwerdeführers nicht zulässig sei, wäre entgegen zu halten, dass allfällige Konsequenzen des Aufenthaltsverbotes - wie mögliche zeitweilige Trennung von seinen Angehörigen - im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Eigentumsdelikten in Kauf zu nehmen sind (vgl. VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054).

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Angemessenheit Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Diebstahl Durchsetzungsaufschub EU-Bürger EWR-Bürger Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gewalttätigkeit Gewerbsmäßigkeit Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen schwerer Betrug Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Unionsbürger Urkundenunterdrückung Verbrechen Verhältnismäßigkeit Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I408.2240487.2.00

Im RIS seit

24.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten