TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/29 W229 2222966-1

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Veröffentlicht am 29.04.2021
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Entscheidungsdatum

29.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSVG §18
GSVG §2 Abs1 Z1
GSVG §35
GSVG §4
GSVG §40

Spruch


W229 2222966-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, nunmehr: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, vom 24.07.2019, VSNR XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit angefochtenem Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden: SVA) vom 24.07.2019 wurde gemäß § 410 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) iVm § 194 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG) festgestellt, dass der Beschwerdeführer von 31.10.2014 bis derzeit laufend der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG unterliege.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit ab 31.10.2014 laufend im Besitz einer Gewerbeberechtigung lautend auf Handelsgewerbe und Handelsagent sei. Der Beschwerdeführer habe am 23.03.2015 mit Wirksamkeit 31.10.2014 den Nichtbetrieb der Gewerbeberechtigung angezeigt. Die SVA habe den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10.04.2015 darüber verständigt, dass die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung mit 31.10.2014 ende.

Durch technischen Datenaustausch sei der SVA durch die Finanzbehörde die Daten der Einkommensteuerbescheide des Beschwerdeführers 2015 bis 2017 übermittelt worden, welche Einkünfte aus Gewerbebetrieb wie folgt ausweisen:

Estb 2015 vom 11.04.2016, eingelangt am 09.06.2016, Einkünfte aus Gewerbebetrieb: € 15.869,90.

Estb 2016 vom 19.04.2017, eingelangt am 16.06.2017, Einkünfte aus Gewerbebetrieb: € 7.990,55.

Estb 2017 vom 08.05.2018, eingelangt am 25.01.2019, Einkünfte aus Gewerbebetrieb: € 11.315,55.

Bei den übermittelten Einkommensteuerbescheiden sei die Branchenkennzahl Nr. 47.61-0 angeführt, demzufolge seien die Einkünfte dem Tätigkeitsbereich Einzelhandel mit Büchern zuzuordnen.

Es sei daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer trotz angezeigtem Nichtbetrieb der Gewerbeberechtigung Handelsgewerbe die Tätigkeit des Einzelhandels mit Büchern ab dem 31.10.2014 bis derzeit laufend ausübe.

Bestehe bei Anzeige des Ruhens des Gewerbebetriebes die Gewerbeberechtigung weiterhin und werde der Betrieb im Zeitraum des angezeigten Ruhens weiterhin ausgeübt, so ruhe das Gewerbe nicht und bestehe daher auch keine Ausnahme von der Pflichtversicherung (vgl. Judikatur VwGH 2005/08/0091). Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes bestehe die Pflichtversicherung gem. § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG in der Pensions- und Krankenversicherung (Unfallversicherung gem. § 8 ASVG) demnach ab dem 31.10.2014 bis derzeit laufend.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde, in welcher er ausführte, dass die SVA mit Schreiben vom 10.04.2015 festgestellt habe, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung als aktiv Erwerbstätiger wegfallen und die Pflichtversicherung mit 31.10.2014 ende. Dieses Schreiben sei seitens der SVA nicht widerrufen worden, obwohl der SVA, wie im Bescheid angeführt, ab 09.06.2016 Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb bekannt seien. Auch die rechtliche Folgerung der SVA, dass ein tatsächliches Ruhen des Betriebes nicht vorliege, was ein Nichtruhen zur Folge habe, sei gemäß den Ausführungen des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG nicht ableitbar, da hier explizit angeführt werde, dass Personen, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes angezeigt haben, für die Dauer des Ruhens von einer Pflichtversicherung ausgenommen seien. Der Widerspruch der SVA zu dieser Interpretation basiere darauf, dass die SVA offensichtlich selbst bis Anfang 2019 an ihrer eigenen Feststellung festgehalten habe, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung des Beschwerdeführers mangels aktiver Erwerbstätigkeit weggefallen seien.

Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung des Bescheides durch das Bundesverwaltungsgericht.

3. Die SVA legte die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 28.08.2019, beim Bundesverwaltungsgericht einlangenden am 30.08.2019, vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die seit 2008 bestehende Buchhandlung Antiquariat XXXX GmbH wurde mit 31.10.2014 in die Buchhandlung Antiquariat XXXX e.U. mit dem Geschäftszweig Buchhandel umgewandelt, deren Inhaber der Beschwerdeführer ist.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine Gewerbeberechtigung im Bereich Handelsgewerbe und Handelsagent. Aufgrund dieser ist der Beschwerdeführer Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft.

Am 23.03.2015 langte bei der SVA die Anzeige des Beschwerdeführers über das Ruhen des Gewerbes ab 31.10.2014 ein. Mit Schreiben vom 10.04.2015 teilte die SVA dem Beschwerdeführer mit, dass seine Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung daher mit 31.10.2014 ende.

Die weitere bzw. neuerliche Ausübung seiner Tätigkeit meldete der Beschwerdeführer der SVA nicht.

Die rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2017 weisen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in folgender Höhe auf:

Einkommensteuerbescheid 2015 vom 11.04.2016, bei der SVA eingelangt am 09.06.2016: € 15.869,90.

Einkommensteuerbescheid 2016 vom 19.04.2017, bei der SVA eingelangt am 16.06.2017: € 7.990,55.

Einkommensteuerbescheid 2017 vom 08.05.2018, bei der SVA eingelangt am 25.01.2019: € 11.315,55.

Die Einkommensteuerdaten weisen jeweils die Branchenkennzeichnung 47.61-0 (Einzelhandel mit Büchern) auf.

Mit Schreiben der SVA vom 27.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er aufgrund der vorliegenden Unterlagen vom 01.01.2015 bis 31.12.2017 in der GSVG-Pensions- und Krankenversicherung pflichtversichert und nach dem ASVG unfallversichert sei.

Mit Schreiben vom 16.05.2019 beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung eines Bescheides.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig. Die Anzeige des Nichtbetriebes vom 23.03.2015 liegt im Akt ein.

Die Zeitpunkte der jeweiligen Übermittlung der Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 im Wege des Datenaustauschs ergeben sich aus den Angaben der belangten Behörde. Diesbezüglich sind keine Gründe hervorgekommen, an diesen Angaben zu zweifeln. Insbesondere die Rechtskraft der gegenständlichen Einkommensteuerbescheide wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Dass der Beschwerdeführer nach der Anzeige des Nichtbetriebes am 23.03.2015 die Wiederaufnahme bzw. Weiterführung des Betriebes gemeldet hätte, ist aus dem Verwaltungsakt nicht ersichtlich und wurde von ihm auch nicht behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

§ 194 Z 5 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 und Abs. 3 ASVG nicht anzuwenden sind. § 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers. Im vorliegenden Fall liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3.1. Die verfahrensrelevanten gesetzlichen Bestimmungen des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG) lauten auszugsweise:

„Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung

§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

1. die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

2. die Gesellschafter/Gesellschafterinnen einer offenen Gesellschaft und die unbeschränkt haftenden Gesellschafter/Gesellschafterinnen einer Kommanditgesellschaft, sofern diese Gesellschaften Mitglieder einer der in Z 1 bezeichneten Kammern sind;

3. die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer der in Z 1 bezeichneten Kammern ist und diese Personen nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung (§ 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) als Geschäftsführer der Teilversicherung in der Unfallversicherung oder der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterliegen oder aufgrund dieser Pflichtversicherung Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld aus der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz haben, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder auf Rechnung eines Versicherungsträgers Anstaltspflege erhalten oder in einem Kurheim oder in einer Sonderkrankenanstalt untergebracht sind oder Anspruch auf Ersatz der Pflegegebühren gemäß § 131 oder § 150 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes einem Versicherungsträger gegenüber haben;

4. selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, daß seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die Versicherungsgrenze übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im nachhinein festzustellen.

Ausnahmen von der Pflichtversicherung

§ 4. (1) Von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung sind ausgenommen:

1. Personen, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes bzw. ihrer Befugnis zur Ausübung der die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründenden Erwerbstätigkeit angezeigt haben, für die Dauer des Ruhens; die Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung oder Pensionsversicherung wirkt auch in die vor der Anzeige liegende Zeit des Ruhens, längstens jedoch bis zu 18 Monaten vor der Anzeige, zurück, wenn der Versicherte in dieser Zeit keine Leistungen aus dem jeweiligen Zweig der Pflichtversicherung in Anspruch genommen hat;

[…]

Meldungen und Auskunftspflicht

Meldungen der Pflichtversicherten

§ 18. (1) Die nach diesem Bundesgesetz Pflichtversicherten haben den Eintritt der Voraussetzungen für den Beginn und das Ende der Pflichtversicherung binnen einem Monat nach deren Eintritt dem Versicherungsträger zu melden. Die gleiche Meldepflicht hat der von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Ausgenommene im Falle des Eintrittes oder des Wegfalles des Ausnahmegrundes. Der Meldung an den Versicherungsträger ist eine Meldung nach § 333 Abs. 2 GewO 1994 für den Beginn der Pflichtversicherung an die Gewerbebehörde gleichzuhalten.

(2) Die gemäß Abs. 1 Meldepflichtigen haben innerhalb der dort angegebenen Frist alle für das Versicherungsverhältnis bedeutsamen Änderungen sowie maßgebenden Ereignisse und Tatsachen nach deren Eintritt dem Versicherungsträger bekanntzugeben.

(3) Die Meldepflichten für die im § 3 Abs. 2 und 5 genannten Pflichtversicherten obliegen dem Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgt. […]

(4) Von der Ausstellung von Ausweisen über Berechtigungen zur Ausübung der die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeit sowie vom Erlöschen solcher Berechtigungen hat die zuständige Behörde den Versicherungsträger unverzüglich zu verständigen. Dies gilt auch für jene Daten, die gemäß § 365c der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, für eine Verarbeitung im Gewerberegister vorgesehen sind, soweit diese zur Wahrnehmung der den Versicherungsträgern gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden.

Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge; Verzugszinsen

§ 35. (1) Die Beiträge sind, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, mit dem Ablauf des Kalendermonates fällig, für den sie zu leisten sind. Der Beitragsschuldner hat auf seine Gefahr und Kosten die Beiträge an den Versicherungsträger unaufgefordert einzuzahlen. Sie bilden mit den Beiträgen zur Unfallversicherung eine einheitliche Schuld. Soweit der Versicherungsträger Beiträge für die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (§ 250) einhebt, wird er auch dann als deren Vertreter tätig, wenn er alle Beitragsforderungen in einem Betrag geltend macht. Dies gilt auch für die Einhebung von Verzugszinsen, sonstigen Nebengebühren (§ 37 Abs. 2), Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren sowie im Verfahren vor Gerichten und Verwaltungsbehörden. Solange nicht alle Beitragsschulden abgestattet sind, werden Zahlungen anteilsmäßig und auf die Beitragsschuld für den jeweils ältesten Beitragszeitraum angerechnet.

(2) Werden die Beiträge durch den Versicherungsträger für die Beitragsmonate eines Kalendervierteljahres gemeinsam vorgeschrieben, so sind diese Beiträge mit dem Ablauf des zweiten Monates des betreffenden Kalendervierteljahres fällig. Werden Beiträge auf Grund einer nachträglichen Feststellung der Einkünfte des Versicherten durch die Finanzbehörden vorgeschrieben, so sind sie mit dem Letzten des zweiten Monates des Kalendervierteljahres fällig, in dem die Vorschreibung erfolgt. […]

Verjährung der Beiträge

§ 40. (1) Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist. […]“

3.3.2. In der Beschwerde vom 01.08.2019 wendet der Beschwerdeführer zunächst ein, der SVA seien seit 09.06.2016 Einkünfte aus Gewerbebetrieb bekannt gewesen, dennoch habe sie das Schreiben vom 10.04.2015, mit welchem das Ende der Pflichtversicherung festgestellt worden sei, nicht widerrufen. Damit macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen eine Verjährungseinrede geltend.

Dazu ist festzuhalten, dass gemäß § 40 Abs. 1 GSVG das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge verjährt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unterwirft die Verjährungsbestimmung des § 40 Abs. 1 GSVG ausschließlich das Recht der Sozialversicherungsanstalt auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen der Verjährung. Eine Verjährung des Rechts, die Versicherungspflicht festzustellen, sieht das Gesetz nicht vor (vgl. VwGH 20.02.2008, 2008/08/0026 mwN.). Mit dem gegenständlichen Bescheid vom 24.07.2019 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer ab 31.10.2014 bis laufend der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG unterliegt. Nach den obigen Ausführungen ist das Recht, die Versicherungspflicht festzustellen, somit nicht verjährt.

3.3.3. Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, in § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG sei explizit angeführt, dass Personen, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes angezeigt haben, für die Dauer des Ruhens von einer Pflichtversicherung ausgenommen seien, vermag er die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids ebenso nicht zu begründen:

Zwar ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG eine Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung für Personen, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes angezeigt haben, für die Dauer des Ruhens. Das Ruhen wurde vom Beschwerdeführer auch unstrittig am 23.03.2015 mit Wirksamkeit ab 31.10.2014 angezeigt.

Jedoch verfügt der Beschwerdeführer unstrittig weiterhin über eine Gewerbeberechtigung für Handelsgewerbe und Handelsagent. Der Beschwerdeführer erzielte in den Jahren 2015 bis 2017 jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Bereich Einzelhandel mit Büchern. Dies ergibt sich, wie bereits ausgeführt, aus den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden für die betreffenden Jahre. Dazu ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass die belangte Behörde bei Feststellung der Art und Höhe der Einkünfte des Beschwerdeführers an den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid gebunden ist (vgl. VwGH 13.11.2013, 2013/08/0054 mwN.).

Wurde das Ruhen der Sozialversicherungsanstalt angezeigt, ist der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG dann erfüllt, wenn das Gewerbe tatsächlich nicht ausgeübt wird. Der angeführte Tatbestand setzt nämlich einerseits die Anzeige des Ruhens, andererseits das tatsächliche Ruhen des Betriebes voraus (vgl. VwGH 23.05.2007, 2005/08/0091).

Es ist im vorliegenden Fall unbestritten, dass der Beschwerdeführer während des gegenständlichen Zeitraumes auf Grund seiner Gewerbeberechtigung gemäß § 2 WKG Mitglied der Kamer der gewerblichen Wirtschaft gewesen ist. Es ist weiter unstrittig, dass der Beschwerdeführer ab 31.10.2014, somit auch während des gemeldeten Ruhens der Gewerbeberechtigung, tatsächlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Einzelhandel mit Büchern) erzielte und die Gewerbeberechtigung aufrecht gewesen und nicht etwa vom Beschwerdeführer zurückgelegt worden ist. Der Beschwerdeführer hat somit weiterhin eine betriebliche Tätigkeit entfaltet.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt das Weiterbetreiben der gewerblichen Tätigkeit trotz Ruhendmeldung für den Bereich des Sozialversicherungsrechtes dazu, dass der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG nicht erfüllt ist und der Betreffende von der Pflichtversicherung nicht ausgenommen wird, also weiter der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterliegt (vgl. erneut VwGH 23.05.2007, 2005/08/0091; 13.11.2013, 2013/08/0054).

Der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG lag somit im Beschwerdefall nicht vor. Dieser setzt nämlich – wie bereits ausgeführt – nicht nur die Anzeige des Ruhens (hier: der Gewerbeberechtigung), sondern auch das tatsächliche Ruhen der betrieblichen Tätigkeit voraus (vgl. erneut VwGH 13.11.2013, 2013/08/0054).

Somit hat die belangte Behörde das Bestehen der Pflichtversicherung des Beschwerdeführers gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG in der Pensions- und Krankenversicherung und gemäß § 8 ASVG in der Unfallversicherung im genannten Zeitraum zu Recht festgestellt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer nicht gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch von Amts wegen nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtsmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war sowie eine reine Rechtsfragenbeurteilung vorliegt (vgl VwGH 14.08.2019, Ra 2019/08/0111).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einkommenssteuerbescheid Gewerbeberechtigung Pflichtversicherung Ruhen des Anspruchs Verjährung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W229.2222966.1.00

Im RIS seit

25.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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