TE Vwgh Beschluss 2021/5/25 Ra 2021/06/0067

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Veröffentlicht am 25.05.2021
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Steiermark
L82000 Bauordnung
L82006 Bauordnung Steiermark
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
20/05 Wohnrecht Mietrecht

Norm

BauG Stmk 1995 §20 Abs2 litg
BauG Stmk 1995 §41 Abs3
BauRallg
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
WEG 2002 §18

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache der S Z, vertreten durch Mag. Hermann Stenitzer-Preininger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 29/3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 29. Jänner 2021, 1. LVwG 50.32-2905/2020-3 und 2. LVwG 40.32-2937/2020-2, betreffend einen Beseitigungsauftrag gemäß § 41 Stmk. BauG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz (Behörde) vom 13. Oktober 2020 wurde der Revisionswerberin als Miteigentümerin aufgetragen, die auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in G, auf der unter anderem für die Revisionswerberin Wohnungseigentum aus einem Wohnungseigentumsobjekt begründet ist, errichtete „Stützmauer“ aus Löffelsteinen mit einer Länge von ca. 18 m und einer Höhe von ca. 1,5 m gemäß § 41 Abs. 3 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG) binnen 12 Wochen zu beseitigen, weil dafür keine Bewilligung gemäß § 20 Z 2 lit. g Stmk. BauG vorliege. Die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage befinde sich auf der Allgemeinfläche der Liegenschaft.

5        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die dagegen erhobene Beschwerde ab und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.

Begründend führte das LVwG mit Hinweis auf § 20 Z 2 lit. g Stmk. BauG aus, eine Steinschlichtung aus Löffelsteinen erfülle in erster Linie die Funktion einer begrünbaren Böschungssicherung und übe eine stützende Funktion wie eine Stützmauer aus (Hinweis auf VwGH 25.9.2007, 2003/06/0185).

Der Beseitigungsauftrag müsse nicht in einem einheitlichen Bescheid an alle Miteigentümer ergehen, sondern könne - wie im vorliegenden Fall - „auch an einzelne Miteigentümer ergehen“; eine Vollstreckbarkeit sei jedoch erst gegeben, wenn der Beseitigungsauftrag gegenüber allen Miteigentümern rechtskräftig erlassen worden sei (Hinweis auf VwGH 18.10.2012, 2010/06/0224). Die Revisionswerberin werde durch eine solche Vorgangsweise nicht in Rechten verletzt.

6        In der Zulässigkeitsbegründung wird zunächst vorgebracht, der Beseitigungsauftrag hätte an die Wohnungseigentümergemeinschaft als Eigentümerin der Allgemeinfläche gerichtet werden müssen. Die Revisionswerberin sei lediglich Wohnungseigentümerin, nicht Miteigentümerin.

Mit dieser Frage setzte sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in VwGH 22.10.2008, 2008/06/0065, auseinander; auf die Begründung dieser Entscheidung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Demnach können Wohnungseigentümer gemäß § 18 Wohnungseigentumsgesetz 2002 aus ihrem Miteigentum erfließende Unterlassungsansprüche sowie die Liegenschaft betreffende Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche an die Eigentümergemeinschaft abtreten; davon sind jedoch nicht öffentlich-rechtliche Verpflichtungen der Eigentümer (Miteigentümer) einer baulichen Anlage gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG auf Beseitigung einer vorschriftswidrigen baulichen Anlage erfasst. Als Adressaten eines Auftrages gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG kommen nach wie vor nur der Eigentümer bzw. die Miteigentümer einer baulichen Anlage in Betracht. Das angefochtene Erkenntnis steht mit dieser Rechsprechung im Einklang.

7        Die Revisionswerberin rügt weiter, das LVwG habe sich nicht mit der Thematik auseinandergesetzt, ob Löffelsteine aus Beton, die in eine bestehende Böschung versetzt würden und weder eine Hangsicherung bewirkten noch eine Stützfunktion ausübten und auch keine Steinschlichtung darstellten, unter den Begriff „Stützmauer“ subsumiert werden könnten und ob für deren Errichtung bautechnische Kenntnisse erforderlich seien.

Die Frage, ob eine bauliche Anlage als „Stützmauer“ im Sinne des § 20 Z 2 lit. g Stmk. BauG anzusehen ist oder nicht, ist im Einzelfall zu beurteilen. Nach Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz unterliegt diese Frage grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 16.9.2020, Ra 2020/06/0128, Rn. 9, mwN, betreffend einen untergeordneten Bauteil gemäß § 4 Z 30 Stmk. BauG). Eine solche Unvertretbarkeit der Auslegung des LVwG zeigt die Revision jedoch nicht auf. Im Übrigen trifft es auch nicht zu, dass sich das LVwG mit der Thematik nicht auseinandergesetzt hätte.

8        In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Mai 2021

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060067.L00

Im RIS seit

16.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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