TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/27 W194 2232045-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.11.2020
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Entscheidungsdatum

27.11.2020

Norm

AMD-G §10 Abs7
AMD-G §10 Abs8
AMD-G §60
AMD-G §61 Abs1
AMD-G §62 Abs1
AMD-G §62 Abs4
B-VG Art133 Abs4
PrR-G §22 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W194 2232045-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer als Vorsitzende und die Richter Dr. Christian Eisner und Dr. Peter Chvosta als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Ploil Boesch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 11.02.2020, KOA 2.300/20-002, betreffend Feststellung einer Rechtsverletzung gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 15.07.2019 teilte die XXXX (Beschwerdeführerin) der KommAustria (belangte Behörde) mit, dass die XXXX 9,6% der Anteile (und 9,9% der Stimmrechte) ihrer indirekten Alleineigentümerin, der XXXX , erworben habe. Davon habe der Konzern am 29.05.2019 Kenntnis erlangt.

2. Hierauf leitete die belangte Behörde mit Schreiben vom 24.10.2019 ein Rechtsverletzungsverfahren gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verdachts einer Verletzung des § 10 Abs. 7 AMD-G infolge einer verspäteten Anzeige der Eigentumsänderungen ein. Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.

3. Mit Schreiben vom 12.11.2019 nahm die Beschwerdeführerin dazu Stellung. Sie beanstandete die von der belangten Behörde vorgenommene „geradezu schrankenlose Interpretation“ des § 10 Abs. 7 AMD-G, welche die Bestimmung „in Wahrheit unanwendbar“ mache. Unter anderem sei es gerade börsennotierten Aktiengesellschaften aufgrund häufiger Änderungen der Eigentumsverhältnisse nicht zumutbar, jede solche Änderung anzuzeigen. Zudem sei mit einer solch umfassenden Meldeverpflichtung „für die regulatorischen Aufgaben“ der belangten Behörde „nichts gewonnen“, weil diese nicht Selbstzweck sei, sondern der Überprüfung des weiteren Vorliegens der Zulassungsvoraussetzungen (im Sinne der §§ 10f AMD-G) diene.

4. Mit Bescheid vom 11.02.2020, Zl. KOA 2.300/20-002, welcher der Beschwerdeführerin am 26.02.2020 zugestellt wurde, entschied die belangte Behörde im Rahmen der Rechtsaufsicht über private Rundfunkveranstalter und Mediendiensteanbieter wie folgt:

„1. Gemäß §§ 60, 61 Abs. 1 und 62 Abs. 1 Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G), BGBI. I Nr. 84/2001 idF BGBI. l Nr. 86/2015, wird festgestellt, dass die XXXX ) die Bestimmung des § 10 Abs. 7 AMD-G dadurch verletzt hat, dass sie die erfolgte Änderung in den Eigentumsverhältnissen der XXXX , nämlich die Übernahme von 9,6% der Anteile durch die XXXX nicht binnen zwei Wochen ab Rechtswirksamkeit der Abtretung oder Anteilsübertragung der Regulierungsbehörde angezeigt hat.

2. Gemäß § 62 Abs. 4 AMD-G wird festgestellt, dass es sich bei der Rechtsverletzung gemäß Spruchpunkt 1. um keine schwerwiegende Verletzung des AMD-G handelt.“

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Bestimmung des § 10 Abs. 7 AMD-G würde inhaltlich weitgehend dem für Hörfunkveranstalter geltenden § 22 Abs. 4 PrR-G entsprechen, die dem Interesse der Hintanhaltung von Umgehungsversuchen und Verschleierungskonstruktionen diene. Es seien dem Wortlaut nach sämtliche Änderungen relevant, auch wenn es sich um solche bei den Eigentumsverhältnissen indirekt beteiligter Gesellschaften handle. Eine Beschränkung der Anzeigepflicht wegen einer bloßen Geringfügigkeit der Änderung der Eigentumsverhältnisse könne dem klaren Gesetzeswortlaut nicht entnommen werden. Die verfahrensgegenständliche Änderung der Eigentumsverhältnisse im Umfang von 9,6% sei jedenfalls zu melden. Es handle sich bei der Beschwerdeführerin nicht um eine Aktiengesellschaft, wonach das Vorbringen, die Offenlegungsverpflichtung würde nur im Rahmen des für die Organe der Aktiengesellschaft Zumutbaren zur Anwendung gelangen, keine Anwendung finden würde.

5. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vom 29.05.2020, mit welcher der Bescheid der belangten Behörde seinem gesamten Inhalt nach angefochten und begründend im Wesentlichen ausgeführt wird: Die XXXX sei indirekt alleinige Gesellschafterin der beschwerdeführenden Partei und eine börsennotierte europäische Aktiengesellschaft. Am 29.05.2020 sei um 12:57 Uhr ein Volumen von XXXX Aktien gehandelt worden. Es komme täglich mehrfach zu Änderungen im Aktienbestand und in den Eigentumsverhältnissen, weswegen die Anzeige sämtlicher Änderungen nicht zumutbar sei. Die belangte Behörde würde dem Gesetzgeber unterstellen, eine im vorliegenden Fall unanwendbare Bestimmung geschaffen zu haben. Die beschwerdeführende Partei und ihre Schwestergesellschaften wären in Österreich verpflichtet, täglich tausende Änderungen bekanntzugeben, die allesamt – wegen der in § 10 Abs. 7 AMD-G vorgesehenen Frist von zwei Wochen – zum Zeitpunkt der Meldung schon wieder überholt sein würden. Das Bundesverwaltungsgericht möge daher den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben und das Rechtsverletzungsverfahren einstellen.

6. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 17.06.2020 eingelangter Beschwerdevorlage den gegenständlichen Verwaltungsakt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Bescheid die folgenden Feststellungen zugrunde (vgl. die Seiten 3f des angefochtenen Bescheides):

„Die XXXX ist aufgrund des Bescheides der KommAustria vom 16.05.2017, KOA 2.135/17-005, Inhaberin einer Zulassung zur Veranstaltung des Satellitenfernsehprogramms „ XXXX " sowie aufgrund des Bescheides der KommAustria vom 28.08.2019, KOA 2.135/19-016, Inhaberin einer Zulassung zur Veranstaltung des Satellitenfernsehprogramms „ XXXX “. Weiters ist sie Anbieterin von diversen anzeigepflichtigen Diensten sowie Zusatzdiensten.

Mit Schreiben vom 15.07.2019 zeigte die XXXX im Rahmen ihres Antrages auf Erteilung einer Zulassung gemäß § 4 AMD-G zur Veranstaltung des Rundfunkprogrammes „ XXXX " über Satellit eine Änderung von Anteilen an der XXXX eingetragene börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in XXXX , an. Die XXXX ist Alleineigentümerin der XXXX , welche wiederum Alleineigentümerin der XXXX ist. Letztere ist Kommanditistin der XXXX , sowie Alleineigentümerin von deren Komplementäre, der XXXX .

Konkret wurde angezeigt, dass die XXXX 9,6% der Anteile und 9,9% der Stimmrechte an der XXXX erworben hat. Die XXXX hat davon am 29.05.2019 Kenntnis erlangt.

Mit Schreiben [der] XXXX vom 09.08.2019 – in Folge der Aufforderung durch die KommAustria – wurde bekanntgegeben, dass sich die Beteiligungsstruktur an der XXXX mit Stand 08.08.2019 wie folgt zusammensetzt:

-        75,41% XXXX

-        9,98% XXXX

-        7,46% XXXX

-        4,18% XXXX .

-        2,97% XXXX

Das Grundkapital der XXXX setzt sich zu 100 % aus den auf Namen lautenden Stammaktien zusammen.“

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen sind im Verfahren unbestritten. Sie wurden von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt und in der Beschwerde nicht bestritten, weswegen sie auch für die vorliegende Entscheidung herangezogen werden können.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Die gegenständlich relevanten Bestimmungen des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes (AMD-G), BGBl. Nr. I 84/2001 idF BGBl. Nr. I 86/2015, lauten:

„Mediendiensteanbieter

§ 10. […]

(2) Vom Anbieten audiovisueller Mediendienste nach diesem Bundesgesetz ausgeschlossen sind:

1. juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Kirchen und Religionsgemeinschaften und des Bundesministeriums für Landesverteidigung zum Zweck des Betriebes eines Informationssenders, insbesondere in einem Einsatzfall gemäß § 2 Abs. 1 lit. a bis d des Wehrgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 146/2001;

2. Parteien im Sinne des Parteiengesetzes;

3. der Österreichische Rundfunk;

4. ausländische Rechtspersonen, die den in Z 1 bis 3 genannten Rechtsträgern gleichzuhalten sind;

5. juristische Personen oder Personengesellschaften, an denen die in den Z 1 bis 4 genannten Rechtsträger unmittelbar beteiligt sind.

[…]

(7) Der Mediendiensteanbieter hat die zum Zeitpunkt der Antragstellung um eine Zulassung oder einer Anzeige bestehenden Eigentumsverhältnisse oder Mitgliederverhältnisse zusammen mit dem Antrag oder der Anzeige der Regulierungsbehörde mitzuteilen. Stehen Anteile des Mediendiensteanbieters im direkten oder indirekten Eigentum von Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Genossenschaften, so sind auch deren Eigentumsverhältnisse bekannt zu geben, Treuhandverhältnisse sind offen zu legen. Diese Verpflichtungen lassen andere gesetzliche Offenlegungsverpflichtungen unberührt. Änderungen der Eigentums- oder Mitgliederverhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt der Zulassung sind vom Fernsehveranstalter binnen zwei Wochen ab Rechtswirksamkeit der Abtretung oder Anteilsübertragung der Regulierungsbehörde anzuzeigen; für anzeigepflichtige Mediendienste gilt § 9 Abs. 4.

(8) Werden mehr als 50 vH der Anteile, wie sie zum Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung oder einer Feststellung nach diesem Absatz beim Fernsehveranstalter bestehen, an Dritte übertragen, hat der Fernsehveranstalter diese Übertragung der Regulierungsbehörde im Vorhinein anzuzeigen. Mehrere Übertragungen sind zusammenzurechnen. Die Regulierungsbehörde hat spätestens innerhalb einer Frist von acht Wochen ab der Anzeige festzustellen, ob unter den geänderten Verhältnissen weiterhin den Bestimmungen des § 4 Abs. 3, §§ 10 und 11 entsprochen wird. Die Zulassung ist nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu widerrufen, wenn der Fernsehveranstalter entgegen dieser Feststellung eine Übertragung der Anteile vorgenommen hat.

[…]

Rechtsaufsicht

§ 60. Die Rechtsaufsicht über die Mediendiensteanbieter und Multiplex-Betreiber gemäß diesem Bundesgesetz obliegt der Regulierungsbehörde.

Beschwerden

§ 61. (1) Die Regulierungsbehörde entscheidet über Verletzungen von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von Amts wegen oder auf Grund von Beschwerden […].

Feststellung der Rechtsverletzung

§ 62. (1) Die Entscheidung der Regulierungsbehörde besteht in der Feststellung, ob und durch welchen Sachverhalt eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes verletzt worden ist. Wird von der Regulierungsbehörde eine Verletzung dieses Bundesgesetzes festgestellt, die im Zeitpunkt der Feststellung noch andauert, so hat der Mediendiensteanbieter unverzüglich einen der Rechtsansicht der Regulierungsbehörde entsprechenden Zustand herzustellen.

[…]

(4) Die Regulierungsbehörde hat in ihren Bescheid im Falle der Feststellung einer Rechtsverletzung einen Ausspruch aufzunehmen, ob es sich um eine schwerwiegende Verletzung einer Bestimmung dieses Bundesgesetzes handelt.

Verfahren zum Entzug und zur Untersagung

§ 63. (1) Bei wiederholten oder schwerwiegenden Rechtsverletzungen durch den Mediendiensteanbieter oder wenn der Mediendiensteanbieter die in den §§ 10 und 11 genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, hat die Regulierungsbehörde von Amts wegen das Verfahren zum Entzug der Zulassung […] einzuleiten.

[..]“

3.2. Die Richtlinie 2010/13/EU über audiovisuelle Mediendienste in der Fassung der Richtlinie 2018/1808 (im Folgenden AVMD-RL) lautet auszugsweise:

„KAPITEL III

BESTIMMUNGEN FÜR AUDIOVISUELLE MEDIENDIENSTE

Artikel 5

(1) Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass ein seiner Rechtshoheit unterworfener Mediendiensteanbieter den Empfängern eines Dienstes mindestens die nachstehend aufgeführten Informationen leicht, unmittelbar und ständig zugänglich macht:

a) seinen Namen;

b) die geografische Anschrift, unter der er niedergelassen ist;

c) Angaben, die es ermöglichen, schnell Kontakt mit ihm aufzunehmen und unmittelbar und wirksam mit ihm zu kommunizieren, einschließlich seiner E-Mail-Adresse oder seiner Webseite;

d) den Mitgliedstaat, dessen Rechtshoheit er unterworfen ist, und die zuständigen Regulierungsbehörden oder -stellen oder Aufsichtsstellen.

(2) Die Mitgliedstaaten können Gesetzgebungsmaßnahmen erlassen, nach denen ihrer Rechtshoheit unterliegende Mediendiensteanbieter zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Angaben auch Informationen über ihre Eigentümerstruktur einschließlich der wirtschaftlichen Eigentümer zugänglich machen müssen. Bei solchen Maßnahmen müssen die betreffenden Grundrechte, wie etwa das Privat- und Familienleben der wirtschaftlichen Eigentümer, gewahrt werden. Solche Maßnahmen müssen notwendig und verhältnismäßig sein und einem Ziel von allgemeinem Interesse dienen.“

3.3. Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin § 10 Abs. 7 AMD-G dadurch verletzt habe, dass sie die erfolgte Änderung in den Eigentumsverhältnissen der XXXX , nämlich die Übernahme von 9,6 % der Anteile durch die XXXX nicht binnen zwei Wochen ab Rechtswirksamkeit der Abtretung oder Anteilsübertragung der Regulierungsbehörde angezeigt habe (Spruchpunkt 1). Weiters wurde festgestellt, dass es sich dabei um keine schwerwiegende Verletzung des AMD-G handle (Spruchpunkt 2).

3.4. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Beschwerdeführerin an das Bundesverwaltungsgericht ist (unter Bedachtnahme auf § 1 Abs. 1 COVID-19-VwBG) rechtzeitig und zulässig.

Die Beschwerdeführerin rügt darin die Interpretation des § 10 Abs. 7 AMD-G durch die belangte Behörde als rechtswidrig und führt dazu aus, dass das weite Verständnis der Bestimmung, das der Feststellung der Rechtsverletzung wegen nicht rechtzeitig erstatteter Meldung des Übergangs von 9,6% der Anteile an der XXXX zugrunde liege, diese Norm unanwendbar mache. Aus Sicht der Beschwerdeführerin bestehe die Meldepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G für börsennotierte Gesellschaften nur für solche Anteilsübertragungen, die einem oder mehreren Aktionären oder Aktionärsgruppen bestimmenden Einfluss (etwa in sinngemäßer Anwendung von § 11 Abs. 5 AMD-G) verschaffen würden.

3.5. Diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin kann unter Bedachtnahme auf den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und den Regelungszusammenhang des § 10 Abs. 7 AMD-G nicht gefolgt werden:

Schon der Wortlaut des § 10 Abs. 7 AMD-G legt nahe, dass sämtliche Änderungen der Eigentümerstruktur gegenüber dem Zeitpunkt der Zulassung auch bei indirekter Beteiligung am Mediendiensteanbieter anzuzeigen sind. Denn zunächst heißt es in § 10 Abs. 7 zweiter Satz AMD-G, dass auch die Eigentumsverhältnisse von Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Genossenschaften anzugeben sind, sollten Anteile am Mediendiensteanbieter direkt oder indirekt in deren Eigentum stehen. Im Gegensatz zu § 10 Abs. 8 AMD-G findet sich in Abs. 7 keine im Wortlaut erkennbare Beschränkung der Anzeigepflicht auf Änderungen eines bestimmten Ausmaßes; auch ist im Wortlaut kein Zumutbarkeitskriterium für eine Verpflichtung zur Anzeige enthalten, wie es die Beschwerdeführerin fordert. Vielmehr werden in § 10 Abs. 7 AMD-G „Änderungen der Eigentums- oder Mitgliederverhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt der Zulassung“ ohne im Wortlaut erkennbare Einschränkung für anzeigepflichtig erklärt. Insofern spricht schon der Wortlaut der Bestimmung dafür, dass sämtliche Änderungen der Eigentumsverhältnisse auch an nur indirekt beteiligten Kapitalgesellschaften der Anzeigepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G unterliegen.

3.6. Zudem ist die Entstehungsgeschichte von § 10 Abs. 7 AMD-G zu berücksichtigen:

Die Verpflichtung zur Offenlegung der Beteiligungsstruktur von Mediendiensteanbietern sowie zur Anzeige von diesbezüglichen Änderungen geht auf § 5 Abs. 6 Kabel- und SatellitenrundfunkG, BGBl. I Nr. 42/1997, zurück (vgl. die Materialien zur Stammfassung des AMD-G [damals noch Privatfernsehgesetz – PrTV-G] ErlRV 635 BlgNR 21. GP 41). § 5 Abs. 6 Kabel- und SatellitenrundfunkG lautete:

„Der Kabel- oder Satelliten-Rundfunkveranstalter hat die zum Zeitpunkt der Antragstellung oder Anzeige bestehenden Eigentumsverhältnisse oder Mitgliederverhältnisse zusammen mit dem Antrag oder der Anzeige sowie alle diesbezüglichen Änderungen binnen 14 Tagen der Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde mitzuteilen. Stehen Anteile des Kabel- oder Satelliten-Rundfunkveranstalters im direkten oder indirekten Eigentum von Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Genossenschaften, so sind auch deren Eigentumsverhältnisse bekanntzugeben, Treuhandverhältnisse sind offenzulegen. Diese Verpflichtungen lassen andere gesetzliche Offenlegungsverpflichtungen unberührt.“

Die Materialien (ErlRV 500 BlgNR 20. GP 20) zu § 5 Abs. 6 Kabel- und Satellitenrundfunkgesetz hielten fest:

„Da die Eigentumsverhältnisse wegen der damit verbundenen Einflußmöglichkeiten angesichts der besonderen politischen und kulturellen Bedeutung des Rundfunks und der qualifizierten verfassungsrechtlichen Anforderungen aus öffentlichem Interesse von Bedeutung sind, normiert § 5 Abs. 6 entsprechende Anforderungen an die Transparenz der Eigentumsverhältnisse an Kabel- und Satelliten-Rundfunkveranstaltern. Im Interesse der Hintanhaltung von Umgehungsversuchen und Verschleierungskonstruktionen werden die Transparenzvorschriften bei Kapitalgesellschaften auch über mehrere Stufen zurück anzuwenden sein.“

§ 5 Abs. 6 wurde fast unverändert in § 10 Abs. 6 PrTV-G übernommen:

„Der Rundfunkveranstalter hat die zum Zeitpunkt der Antragstellung um eine Zulassung oder einer Anzeige bestehenden Eigentumsverhältnisse oder Mitgliederverhältnisse zusammen mit dem Antrag oder der Anzeige sowie alle diesbezüglichen Änderungen binnen 14 Tagen der Regulierungsbehörde mitzuteilen. Stehen Anteile des Rundfunkveranstalters im direkten oder indirekten Eigentum von Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Genossenschaften, so sind auch deren Eigentumsverhältnisse bekannt zu geben, Treuhandverhältnisse sind offen zu legen. Diese Verpflichtungen lassen andere gesetzliche Offenlegungsverpflichtungen unberührt.“

§ 10 Abs. 6 PrTV G ging in § 10 Abs. 7 AMD-G auf. § 10 Abs. 7 AMD-G wurde zuletzt durch die Novelle BGBl. I Nr. 86/2015 dahingehend geändert, dass die Meldepflicht für Änderungen in den Eigentumsverhältnissen nur für anzeigepflichtige Mediendienste im Sinne des § 9 Abs. 4 AMD-G reduziert wurden.

In den Materialien (ErlRV 632 BlgNR 25. GP 4) zu dieser Novelle heißt es dazu:

„Mit der Anpassung sollen zur Erleichterung für die Mediendiensteanbieter die Meldepflichten bei Eigentumsänderungen reduziert werden. Künftig ist bei anzeigepflichtigen Diensten eine Meldung der Änderung der Eigentumsverhältnisse gegenüber dem Stand bei Erstattung der Anzeige (§ 9) nur mehr im Rahmen der jährlich vorzunehmenden Datenaktualisierung (§ 9 Abs. 4) erforderlich. Damit wird einerseits eine Angleichung an die Rechtslage im PrR-G vorgenommen; zum anderen hat die Praxis gezeigt, dass vielfach bei diesen Mediendiensteanbietern kleinere Anteilsverschiebungen stattfinden, die keinerlei Auswirkungen auf die Erfüllung der Anforderungen der §§ 10 und 11 haben. Ansonsten bleiben die Meldepflichten unverändert.“

3.7. Mit Blick auf die skizzierte Entstehungsgeschichte der Bestimmung des § 10 Abs. 7 AMD-G und die angeführten Erläuterungen hat der Gesetzgeber intendiert, die Eigentumsverhältnisse von Rundfunkveranstaltern einem umfangreichen Transparenzgebot (durch die Verpflichtung zur Anzeige von Änderungen) zu unterwerfen, welches auch über mehrere Stufen indirekter Beteiligungen bestehen soll. Aufgrund der großen politischen und kulturellen Bedeutung des Rundfunks müsse Kenntnis darüber bestehen, wer Einfluss auf den Rundfunkveranstalter ausüben könne (vgl. ErlRV 500 BlgNR 20. GP 20 zu § 5 Abs. 6 Kabel- und SatellitenrundfunkG). Der eindeutige Wortlaut („alle Änderungen“) des § 5 Abs. 6 Kabel- und SatellitenrundfunkG war deswegen gewählt, damit die offengelegte Eigentümerstruktur nicht nach der Zulassung unbemerkt geändert und das Transparenzgebot damit umgegangen werden konnte. Als das Kabel- und SatellitenrundfunkG durch das PrTV-G (nunmehr AMD-G) ersetzt wurde, sollten gemäß § 10 Abs. 6 PrTV-G weiterhin „alle diesbezüglichen Änderungen“ der Behörde mitgeteilt werden. Der Gesetzgeber wollte also weiterhin die genaue und umfassende Kenntnis über Änderungen der Beteiligungsverhältnisse von zugelassenen Rundfunkveranstaltern (nunmehr Mediendiensteanbietern) sicherstellen. Das PrTV-G wurde mit der Novelle BGBl. I 50/2010 zum Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G). In weiterer Folge kam es mit der AMD-G-Novelle BGBl. I 86/2015 zur Einschränkung der Meldepflicht von Änderungen in der Eigentümerstruktur ausschließlich für anzeigepflichtige Mediendienste im Sinne des § 9 AMD-G. In den Materialien zu dieser Novelle (ErlRV 632 BlgNR 25. GP 4) wird dazu explizit betont, dass die übrigen Meldepflichten unberührt bleiben, sodass sich gerade für Mediendiensteanbieter (wie die Beschwerdeführerin), die Inhaber einer Zulassung im Sinne des § 5 AMD-G sind, keine Änderungen ergaben. Obwohl der Gesetzgeber diesen Erläuterungen zufolge die Problematik der Meldepflicht von kleinen Anteilsverschiebungen berücksichtigte, welche oftmals „keinerlei Auswirkungen auf die Erfüllung der Anforderungen der §§ 10 und 11“ (vgl. ErlRV 632 BlgNR 25. GP 4) hätten, schränkte er die diesbezügliche Meldepflicht ausschließlich für bloß anzeigepflichtige Mediendienste ein. Damit behielt der Gesetzgeber für Inhaber einer Zulassung gemäß § 5 AMD-G (wie die Beschwerdeführerin) die Meldepflicht auch für Anteilsverschiebungen wie die gegenständliche zweifelsfrei bei.

Insoweit sprechen die Entstehungsgeschichte und die Materialien zu § 10 Abs. 7 AMD-G ebenfalls dafür, geringfügigere Übertragungen von Geschäftsanteilen an nur indirekt am Mediendiensteanbieter beteiligten Kapitalgesellschaften als von der Anzeigepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G erfasst anzusehen.

3.8. Schließlich ist der Regelungszusammenhang von § 10 Abs. 7 AMD-G zu berücksichtigen. Gemäß § 63 Abs. 1 AMD-G hat die belangte Behörde von Amts wegen ein Verfahren zum Entzug der Zulassung einzuleiten, wenn der Mediendienstanbieter die Zulassungsvoraussetzungen nach den §§ 10f AMD-G nicht mehr erfüllt. Teil dieser vom Verweis erfassten Zulassungsvoraussetzungen ist ua. § 10 Abs. 2 AMD-G, der die direkte Beteiligung diverser Rechtsträger an Mediendiensteanbietern unabhängig von der Höhe der Beteiligung gänzlich verbietet. Dies spricht ebenfalls für eine Meldepflicht selbst nur wenig umfangreicher Anteilsübertragungen. Ferner würde eine Anzeigepflicht nur bei „wesentlichen“ Anteilsübertragungen (wie es die Beschwerdeführerin fordert) oder nur von Anteilsübertragungen direkt am Mediendiensteanbieter beteiligter Gesellschaften weitere vom Gesetzgeber erkennbar nicht intendierte Umgehungsmöglichkeiten eröffnen. Bspw. könnte ein schleichender Ausbau der durch einen Anteilseigner gehaltenen Geschäftsanteile durch wiederholten Zukauf geringer Volumina an Geschäftsanteilen mangels Anzeigepflicht der einzelnen Übertragungen gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G durch den Regulator nur erschwert oder nur sehr spät ausgemacht werden.

Rügt die Beschwerdeführerin, dass mit einer umfassend verstandenen Anzeigepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G für die regulatorischen Aufgaben der belangten Behörde nichts gewonnen wäre, berücksichtigt sie den Regelungszusammenhang der Bestimmung – insbesondere mit § 63 Abs. 1 AMD-G – nicht hinreichend.

3.9. Vor diesem Hintergrund geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass § 10 Abs. 7 AMD-G sämtliche Anteilsübertragungen selbst an nur indirekt am Mediendiensteanbieter beteiligten Kapitalgesellschaften in die Anzeigepflicht einbezieht. Eine Beschränkung der Anzeigepflicht auf „wesentliche“ Anteilsübertragungen – wie sie die Beschwerdeführerin fordert – scheidet deshalb aus.

3.10. Schließlich ist dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass eine Meldepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G lediglich im zumutbaren Ausmaß bestehe, zu entgegnen, dass Mediendiensteanbieter letztlich dafür Sorge zu tragen haben, dass sie ihrer Meldepflicht nachkommen können („verschuldensunabhängige Gewährleistungspflicht“, vgl. BKS 15.11.2011, Zl 611.150/0002-BKS/2011 zum inhaltlich gleichlautenden § 22 Abs. 4 PrR-G). Insofern kann der Umstand, dass komplexe Eigentümer- und Konzernstrukturen errichtet und eine Börsennotierung der Muttergesellschaft des Konzerns herbeigeführt wurden, nicht zur einer Befreiung von der Anzeigepflicht nach § 10 Abs. 7 AMD-G führen.

Mit Blick auf die hohe politische und kulturelle Bedeutung von audiovisuellen Mediendiensten erscheint für das Bundesverwaltungsgericht eine umfassend verstandene Meldepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G auch bei komplexer Konzernstruktur und Börsennotierung der Muttergesellschaft des Konzerns als unbedenklich. Dieses Verständnis steht auch mit dem Unionsrecht in Einklang. So gestattet es Art 5 Abs. 2 AVMD-RL den Mitgliedstaaten, Mediendienstanbieter zur Zugänglichkeit von „Informationen über ihre Eigentümerstruktur einschließlich der wirtschaftlichen Eigentümer“ zu verpflichten, soweit dies mit dem Wesensgehalt von Grundfreiheiten und -rechten in Einklang stehe, notwendig und verhältnismäßig sei und einem Ziel von allgemeinem Interesse diene. Mit Blick auf den 15. Erwägungsgrund der RL 2018/1808, der in diesem Zusammenhang ebenso die große gesellschaftliche Bedeutung der audiovisuellen Mediendienste ins Treffen führt und „Transparenz in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse im Medienbereich […] in unmittelbarem Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit, einem Eckpfeiler demokratischer Systeme“ stehen sieht, erscheint ein umfassendes Verständnis der Meldepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G auch unionsrechtlich als unbedenklich.

3.11. Zum Absehen von einer Verhandlung:

Gemäß § 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt und die belangte Behörde überhaupt darauf verzichtet. Der Sachverhalt erscheint auf Grund der Aktenlage als zweifelsfrei geklärt. Es ist im Verfahren auch keine Rechtsfrage solcher Komplexität aufgetreten, dass die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung geboten wäre.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig.

Es liegt weder einer der vorgenannten Fälle, noch liegen sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Insbesondere wird mit der verfahrensgegenständlichen Sachverhaltskonstellation keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargetan, zumal eine einzelfallbezogene Beurteilung, die auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage vorgenommen wird, grundsätzlich nicht revisibel ist (vgl. VwGH 23.09.2020, Ra 2020/02/0209). Die Gesetzeslage erweist sich im entscheidungswesentlichen Zusammenhang insgesamt als klar und eindeutig (zur Unzulässigkeit einer Revision aus diesem Grunde vgl. VwGH 27.08.2014, Ra 2014/05/0007 mwN).

Schlagworte

Anteilsrecht Anzeigepflicht Aufsicht Aufsichtsbehörde Aufsichtsrecht Eigentümerwechsel Feststellungsverfahren geringfügige Änderung Geringfügigkeitsgrenze Kaufvertrag Rechtsaufsicht Rechtsverletzung Rechtzeitigkeit verspätete Anzeige Verspätung Zumutbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W194.2232045.1.00

Im RIS seit

07.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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