TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/8 96/07/0244

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Veröffentlicht am 08.04.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
WRG 1959 §102 Abs1 litd;
WRG 1959 §104 Abs6;
WRG 1959 §34 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Eisenerz, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 17. Oktober 1996, Zl. 513.833/01-I 5/96, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Wasserrechtsangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 1993 ersuchte die X-AG im Namen und Auftrag der Z-GesmbH unter Hinweis auf § 104 Abs. 6 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) beim Landeshauptmann von Steiermark (LH) um Vorprüfung eines Projektes für die Errichtung und den Betrieb einer Bergbauanlage für die Verhaldung von Reststoffen aus dem Eisenstein-Bergbau "steirischer Erzberg" und ähnlichen Materialien in der Gemeinde Eisenerz auf dem Standort Breitlahnsturz.

Der LH führte am 10. Mai 1994 eine mit einer örtlichen Erhebung verbundene mündliche Vorprüfungsverhandlung durch, die auch dem Ziel diente, klarzustellen, ob überhaupt eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde gegeben sei.

Bei dieser Verhandlung erklärten die Vertreter der beschwerdeführenden Partei, das der Wasserrechtsbehörde vorliegende Projekt stimme mit dem von der Bergbehörde genehmigten nicht überein; die Wasserrechtsbehörde könne sich daher nicht auf das bergrechtliche Verfahren stützen, sondern müsse eine neue Beurteilung des Projektes vornehmen. Es sei eine Sammlung und Entsorgung des Sickerwassers im Rahmen der Anlage, die auf dem Paulisturz errichtet worden sei, vorgesehen. Diese Anlage sei jedoch einerseits nur im Rahmen des AWV-Leoben genehmigt worden und demgemäß nicht gewerblich verwendbar, andererseits sei die Anlage nur für Hausmüll und für hausmüllähnlichen Gewerbemüll bewilligt. Im Beschwerdefall gehe es aber auch um gefährliche Abfälle. Für das von der X-AG vorgelegte Projekt sei nicht nur eine wasserrechtliche, sondern auch eine gewerberechtliche oder abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung erforderlich. Das Projekt solle in einem Gebiet verwirklicht werden, das im Flächenwidmungsplan der beschwerdeführenden Partei als Bergbaugebiet ausgewiesen sei. Die nach dem Projekt beabsichtigte Verwendung des Standortes als Mülldeponie widerspreche dem Flächenwidmungsplan. Die beschwerdeführende Partei beabsichtige, den Fremdenverkehr auszubauen. Das vorliegende Projekt widerspreche diesen Absichten.

Im Zuge der mündlichen Vorprüfungsverhandlung änderte die Antragstellerin das Projekt dahingehend, daß eine Ableitung kontaminierter Wässer nicht mehr erfolgen sollte; diese sollten vielmehr als Prozeßwasser verwendet und damit im Kreislauf geführt werden.

Die Amtssachverständigen erklärten, auf Grund der Ausführungen des Projektanten erscheine es plausibel, daß anfallende Sickerwässer für den Verfestigungsprozeß wieder verwendet werden könnten. Da nur solche Abfälle abgelagert werden sollten, die vor der Ablagerung konditioniert bzw. einer chemisch-physikalischen Behandlung unterzogen werden sollten, könne erwartet werden, daß in den anfallenden Sickerwässern nur geringe Mengen an Schadstoffen enthalten sein würden. Diese Sickerwässer könnten aus chemisch-technischer Sicht im Kreislauf geführt werden.

Mit Bescheid vom 24. Juni 1996 wies der LH unter Berufung auf § 98 Abs. 3 WRG 1959 den Antrag der Z-GesmbH vom 23. Dezember 1993 mangels Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde als unzulässig zurück.

In der Begründung heißt es, für das in Rede stehende Projekt liege eine bergbaubehördliche Bewilligung vor. Aus § 98 Abs. 3 WRG 1959 ergebe sich, daß eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde neben der Bergbehörde nur dann gegeben sei, wenn eine Beeinträchtigung von Gewässern tatsächlich vorliege (und nicht nur möglich sei) oder wenn es sich um Wasseranlagen außerhalb des Werksbereiches handle. Das Verfahren habe ergeben, daß keine wie immer geartete Beeinträchtigung von Gewässern vorliege oder zu erwarten sei. Dies bedeute, daß keiner der in § 98 Abs. 3 WRG 1959 angeführten Tatbestände verwirklicht sei und daß daher keine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde gegeben sei.

Die beschwerdeführende Partei berief. Sie machte geltend, die von den Amtssachverständigen in der Verhandlung vom 10. Mai 1994 zugrunde gelegte Annahme, es würden nur solche Abfälle gelagert, die vorher konditioniert bzw. einer chemisch-physikalischen Behandlung unterzogen worden seien, und es scheine plausibel, daß das anfallende Sickerwasser wiederverwendet werden könne, stelle eine bloße Vermutung dar. Die Wasserrechtsbehörde erster Instanz sei verpflichtet gewesen, die Amtssachverständigen anzuleiten, genaue Untersuchungen anzustellen oder sie hätte andere geeignete Sachverständige beizuziehen gehabt.

Die beschwerdeführende Partei erhebe ihr gesamtes bisheriges Vorbringen auch zum Inhalt der Berufung.

Die Bergbehörde habe die Entsorgung von Reststoffen aus dem Bergbau genehmigt. Die Anlage aber, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei, stelle sich als Mülldeponie bzw. Mülllagerstätte dar. Der LH vertrete zu Unrecht den Standpunkt, daß es sich bei der Anlage um eine Bergbauanlage handle.

Im Bewilligungsbescheid der Berghauptmannschaft Leoben sei auch die Auflage erteilt worden, keine Sickerwässer abzuleiten und es sei in diesem Bescheid auch vorgeschlagen worden, trotzdem an der frei zugänglichen Stelle des Faistabaches eine hydrochemische Beweissicherung durchzuführen. Ursprünglich sei im Einreichprojekt der Z-GesmbH vorgesehen gewesen, Sickerwässer abzuleiten, und zwar im Rahmen der Anlage, die auf dem Paulisturz errichtet worden sei. Betreffend diese Anlage sei im Oktober 1993 eine Überprüfung des Wassers des Faistabaches durchgeführt worden. Im Zuge dieser Überprüfung sei festgestellt worden, daß das Wasser des Faistabaches einen auffallenden Gehalt an AOX, Benzol und Chrom enthalte, welcher auch im Wasser der Kontrolldrainage der Anlage nachgewiesen worden sei. Da offensichtlich durch Betreiben der Anlage Paulisturz eine Beeinträchtigung der Gewässer gegeben sei und darüber hinaus geplant gewesen sei, die Sickerwässer des gegenständlichen Projektes im Rahmen der Anlage Paulisturz zu sammeln, hätte es einer Erörterung des Umstandes bedurft, ob eine Zurückführung der Sickerwässer in den geschlossenen Kreislauf überhaupt möglich ist, um eine weitere Beeinträchtigung der Gewässer zur Gänze ausschließen zu können.

Der LH widerspreche sich bei seiner Zuständigkeitsprüfung nach § 98 Abs. 3 WRG 1959 selbst.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. Oktober 1996 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unzulässig zurück. Begründet wurde diese Entscheidung damit, aus keinem der in der Berufung der beschwerdeführenden Partei angeführten Einwände lasse sich ein wasserrechtlich geschütztes subjektiv-öffentliches Recht und damit die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei ableiten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Das Beschwerdevorbringen entspricht im wesentlichen den Ausführungen in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid. Zusätzlich führt die beschwerdeführende Partei aus, die Frage ihrer Parteistellung könne erst entschieden werden, wenn geklärt sei, ob eine Bewilligungspflicht vorliege oder nicht. Da es im gegenständlichen Verfahren um die letztgenannte Frage gehe, könne ihr nicht mit dem Argument der mangelnden Parteistellung das Recht auf Erhebung eines Rechtsmittels abgesprochen werden. Im Verfahren wäre nämlich hervorgekommen, daß die beschwerdeführende Partei aus Sorge um die Wasserversorgung gehandelt habe und demgemäß nach § 34 Abs. 6 WRG 1959 Parteistellung gegeben sei. Die Parteienrechte stünden der beschwerdeführenden Partei aber auch nach § 102 Abs. 1 lit. d WRG 1959 zu, weil nach dem Projekt Beeinträchtigungen nach § 13 Abs. 3 WRG 1959 (Entzug von Wasser für öffentliche Zwecke) möglich seien.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei mangels Parteistellung zu Recht zurückgewiesen hat.

Die beschwerdeführende Partei führt für ihre Parteistellung § 102 Abs. 1 lit. d WRG 1959 ins Treffen.

Nach dieser Bestimmung sind Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches Parteien.

Die Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren gemäß § 102 Abs. 1 lit. d WRG 1959 setzt voraus, daß eine Berührung geltend gemachter wasserrechtlich geschützter Rechte durch die projektsgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechtes der Sachlage nach nicht auszuschließen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1996, 95/07/0005, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die Möglichkeit einer Berührung wasserrechtlich geschützter Rechte durch die projektsgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechtes scheidet aber im Beschwerdefall aus, weil der Z-GesmbH keine wasserrechtsbehördliche Bewilligung erteilt, sondern ihr auf eine eingeschränkte Vorprüfung im Sinne des § 104 Abs. 6 WRG 1959 gerichteter Antrag wegen Unzuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zurückgewiesen wurde. Durch eine solche Zurückweisung konnte in durch § 102 Abs. 1 lit. d WRG 1959 geschützte Rechte der beschwerdeführenden Partei von vornherein nicht eingegriffen werden, weshalb ihr mangels Parteistellung nicht das Recht zukam, den Zurückweisungsbescheid mit Berufung zu bekämpfen.

Die beschwerdeführende Partei führt zur Begründung ihrer Parteistellung auch § 34 Abs. 6 WRG 1959 ins Treffen.

§ 34 WRG 1959 regelt den Schutz von Wasserversorgungsanlagen. Abs. 6 bestimmt, daß, soweit Maßnahmen und Anlagen, die eine Wasserversorgung im Sinne des § 34 WRG 1959 beeinträchtigen können, den Gegenstand eines behördlichen Verfahrens bilden, das in Betracht kommende Wasserversorgungsunternehmen oder die in Betracht kommende Gemeinde Parteistellung im Sinne des § 8 AVG hat.

Die Zurückweisung eines eingeschränkten Vorprüfungsantrages im Sinne des § 104 Abs. 6 WRG 1959 mangels Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde kann eine Wasserversorgung nicht beeinträchtigen. Auf diese Bestimmung kann sich die beschwerdeführende Partei zur Begründung ihrer Parteistellung daher auch nicht mit Erfolg stützen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996070244.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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