TE Bvwg Beschluss 2021/4/7 W221 2240168-1

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Veröffentlicht am 07.04.2021
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Entscheidungsdatum

07.04.2021

Norm

BDG 1979 §236d Abs4
B-VG Art133 Abs4
COVID-19-VwBG §2 Abs1
COVID-19-VwBG §2 Abs1 Z2
COVID-19-VwBG §9
VwGVG §8 Abs1

Spruch


W221 240168-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Dörner & Singer Rechtsanwälte, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Personalamtes Graz der Telekom Austria AG betreffend den am 27.11.2019 gestellten Antrag hinsichtlich Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit gemäß § 236d Abs. 4 BDG 1979 den Beschluss:

A)

Die Säumnisbeschwerde wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer beantragte am 27.11.2019 die bescheidmäßige Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit gemäß § 236d Abs. 4 BDG 1979. Weiter ersuchte er um Mitteilung, ob und wie sich die seinerseits nach § 308 Abs. 3 ASVG erstatteten Versicherungszeiten auf seine Pension, bzw. auf die Höhe derselben auswirken werde. Diesbezüglich ersuchte der Beschwerdeführer um Information, ob diese Zeiten beitragsfrei angerechnet würden, oder ob ein Kauf dieser Zeiten notwendig bzw. sinnvoll wäre. Weiters ersuchte er die Zeit seiner unbezahlten Karenzierung von 01.01.1988 bis 30.06.1988 (Maturavorbereitung, Abendschule HTBL) im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie) diskriminierungsfrei als beitragsgedeckte Versicherungszeit anzuerkennen.

Mit Schreiben vom 07.07.2020 erhob der Beschwerdeführer wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde den Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit gemäß § 236d Abs. 4 BDG 1979 vom 27.11.2019 bisher nicht behandelt habe und die sechsmonatige Entscheidungsfrist auch unter Berücksichtigung einer Fristerstreckung aufgrund der COVID-Pandemiegesetzgebung mittlerweile verstrichen sei.

Mit Schreiben vom 12.01.2021 bat der Beschwerdeführer die belangte Behörde um unverzügliche Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 08.03.2021 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. In der Beschwerdevorlage wurde ausgeführt, dass der Akt des Beschwerdeführers einem anderen namensgleichen Beamten zugeordnet worden sei. Aus diesem Grund und da der (später anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer seine Schriftsätze anfangs bei der falschen Behörde, nämlich dem Personalamt Graz der Österreichischen Post AG, anstelle des Personalamtes Graz der Telekom Austria AG eingebracht habe, sei die Verzögerung verursacht worden.

Mit Schreiben vom 23.03.2021 führte der Beschwerdeführer aus, dass außer Streit stehe, dass die Säumnisbeschwerde vom 07.07.2020 im Hinblick auf den Antrag des damals noch unvertretenen Beschwerdeführers hinsichtlich der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit gestellt worden sei. In einem weiteren Antrag an die belangte Behörde sei der Antrag auf Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit mit der weiteren bereits anhängigen Thematik des Vorrückungsstichtages verquickt worden. Diesbezüglich sei jedoch keine Säumnisbeschwerde erhoben, jedoch im Antrag an die belangte Behörde ein umfangreiches Vorbringen zum Vorrückungsstichtag erstattet worden. Der Beschwerdeführer ersuche nunmehr darum, die Ausführungen soweit sie für den Vorrückungsstichtag relevant seien, von der zwischenzeitig vorgelegten Säumnisbeschwerde zu trennen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis beim Bund.

Mit Schreiben vom 27.11.2019 beantragte der Beschwerdeführer die bescheidmäßige Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit gemäß § 236d Abs. 4 BDG 1979.

Die belangte Behörde hat über den Antrag des Beschwerdeführers vom 27.11.2019 nicht abgesprochen.

Mit Schreiben vom 07.07.2020 erhob der Beschwerdeführer wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welche dem Bundesverwaltungsgericht am 12.01.2021 samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Zu A)

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Die hier maßgebenden Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes (Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz - COVID-19-VwBG; StF: BGBl. I Nr. 16/2020, Änderung BGBl. I Nr. 24/2020, BGBl. I Nr. 42/2020), lauten:

„Sonderregelungen für bestimmte Fristen

§ 2. (1) Die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 wird nicht eingerechnet:

Z 1 […]

2. in Entscheidungsfristen mit Ausnahme von verfassungsgesetzlich festgelegten Höchstfristen und

Z 3 […]

Im Anwendungsbereich der Z 2 verlängert sich die jeweilige Entscheidungsfrist um sechs Wochen, wenn sie jedoch weniger als sechs Wochen beträgt, nur im Ausmaß der Entscheidungsfrist selbst.

[...]

Inkrafttreten und Außerkrafttreten

§ 9. (1) Dieses Bundesgesetz mit Ausnahme des § 6 Abs. 1 tritt mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.

(2) […]

(3) Der Titel, § 1 Abs. 1 zweiter bis letzter Satz und Abs. 1a und § 2 samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2020 treten mit 22. März 2020 in Kraft.

(4) […]“

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies Folgendes:

Der Beschwerdeführer hat am 27.11.2019 den gegenständlichen Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit gemäß § 236d Abs. 4 BDG 1979 gestellt. Am 07.07.2020 erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde.

Die sechsmonatige Entscheidungsfrist des Personalamtes Graz der Telekom Austria AG gemäß § 73 Abs. 1 AVG wäre am 27.05.2020 abgelaufen. Gemäß dem damals in Geltung stehenden § 2 Abs. 1 Z 2 COVID-19-VwBG ist allerdings die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 in die Entscheidungsfrist nicht einzurechnen. Zudem verlängerte sich die Entscheidungsfrist, die hier nicht weniger als sechs Wochen beträgt, nach § 2 Abs. 1 letzter Satz COVID-19-VwBG um zusätzliche sechs Wochen.

Diese erst mit BGBl. I 24/2020 geschaffene (und gemäß § 9 Abs. 3 COVID-19-VwBG rückwirkend mit 22. März 2020 in Kraft gesetzte) Regelung - zuvor war im COVID-19-VwBG eine Unterbrechung der Entscheidungsfrist vorgesehen - begründete der Gesetzgeber wie folgt (IA 403/A BlgNR 27. GP, 26):

„Bei Entscheidungsfristen würde eine Fristenunterbrechung dazu führen, dass das Ausmaß der der Behörde für ihre Entscheidung insgesamt zur Verfügung stehenden Frist von bloßen Zufälligkeiten abhinge, nämlich davon, wann innerhalb der Entscheidungsfrist das die Frist unterbrechende Ereignis eintritt: Je später dies ist, desto mehr Zeit stünde der Behörde für ihre Entscheidung insgesamt zur Verfügung. Anstatt der nach geltender Rechtslage vorgesehenen Unterbrechung der Entscheidungsfristen soll daher nach dem vorgeschlagenen § 2 Abs. 1 Z 2 eine Hemmung dieser Fristen eintreten, und zwar in dem Sinn, dass Zeiten der Corona-Krise in die Frist nicht eingerechnet werden. Als Ausgleich dafür, dass die Corona-Krise eine rasche und einfache Erledigung der Sache durch die Behörde erschwert, soll sich die Entscheidungsfrist zusätzlich in bestimmtem Ausmaß verlängern. Die Verpflichtung der Behörde gem. § 73 Abs. 1 AVG, ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, bleibt davon unberührt.“

Wie bereits der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.09.2020, Fr 2020/14/0035, festgehalten hat, ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 COVID-19-VwBG als auch den soeben wiedergegebenen Erläuterungen zweifellos, dass sich die für Behörden und Verwaltungsgerichte (soweit § 2 COVID-19-VwBG gemäß dessen § 6 Abs. 1 auf deren Verfahren anzuwenden ist) bestehenden Entscheidungsfristen – weil deren Einhaltung seitens dieser Institutionen wegen der zur Bekämpfung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus gesetzten Maßnahmen, die zu deutlichen Einschränkungen auch im Dienstbetrieb von Behörden und Gerichten geführt haben, nicht gewährleistet werden konnte – sowohl um jene Zeit, die gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 COVID-19-VwBG in die Entscheidungsfrist nicht eingerechnet werden soll, als auch „[a]ls Ausgleich dafür, dass die Corona-Krise eine rasche und einfache Erledigung der Sache durch die Behörde erschwert, [...] zusätzlich in bestimmtem Ausmaß“ (so ausdrücklich die Erläuterungen) – dieses Ausmaß wurde letztlich in § 2 Abs. 1 letzter Satz COVID-19-VwBG mit sechs Wochen (oder falls an sich die Entscheidungsfrist weniger als sechs Wochen beträgt, mit jener Zeit, die der kürzeren Entscheidungsfrist entspricht) festgelegt – verlängern.

Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, in dem die Entscheidungsfrist an sich gemäß § 73 Abs. 1 AVG am 27.05.2020 abgelaufen wäre, dass sich diese Frist infolgedessen, dass die (gesamte) Zeit von 22. März 2020 bis (einschließlich) 30. April 2020 (§ 2 Abs. 1 Z 2 COVID-19-VwBG) in die Entscheidungsfrist nicht einzurechnen war, zunächst um diese 40 Tage (sohin bis zum 06.07.2020, einem Montag) und sodann um weitere sechs Wochen (§ 2 Abs. 1 letzter Satz COVID-19-VwBG) verlängerte. Der der belangten Behörde für ihre Entscheidung zur Verfügung stehende letzte Tag war daher der Montag, der 17.08.2020.

Da sohin zum Zeitpunkt der Stellung der Säumnisbeschwerde keine Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde vorlag, ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Durch die unter A) genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.

Schlagworte

beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit Entscheidungsfrist Feststellungsantrag Fristenhemmung Fristverlängerung öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Pandemie Säumnisbeschwerde Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W221.2240168.1.00

Im RIS seit

09.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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