TE Bvwg Beschluss 2020/12/14 W151 2111715-2

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Veröffentlicht am 14.12.2020
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Entscheidungsdatum

14.12.2020

Norm

AsylG 2005 §15
AsylG 2005 §15a
AsylG 2005 §24 Abs1 Z2
AsylG 2005 §24 Abs2a
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W151 2111715-2/34E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Niederösterreich, vom 17.08.2018, Zl. XXXX beschlossen:

A)

Das Verfahren wird eingestellt.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge „BF“), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 31.03.2015 einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz in Österreich.

2. Mit Bescheid vom 13.07.2015 (Erstbescheid) wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz des BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 13.07.2016 erteilt (Spruchpunkt III.).

3. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.11.2016 abgewiesen.

4. Zugleich beantragte der BF am 24.05.2016 die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG.

5. Am 12.06.2018 beantragte der BF erneut die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG.

6. Am 16.08.2018 wurde der BF zu seinem Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom BFA einvernommen.

7. Mit Bescheid des BFA vom 17.08.2018 wurde dem BF der mit Bescheid vom 13.07.2015 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und der Antrag vom 12.06.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

8. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

9. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt langten am 20.09.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

10. Mit Erkenntnis der BVwG vom 09.09.2018 wurde die Beschwerde abgewiesen.

11. Mit Erkenntnis des VfGH 09.06.2020, E 3835/2019-18 wurde das Erkenntnis des BVwG aufgehoben, wodurch sich die Notwendigkeit einer neuerlichen Verhandlung mit Einvernahme des Beschwerdeführers ergab.

12. Eine für 17.11.2020 anberaumte mündliche Verhandlung vor dem BVwG wurde abberaumt und am 17.11.2020 wurde dem BFV im Wege seiner Rechtsvertretung die Ladung für die mündliche Verhandlung vom 07.12.2020 übermittelt.

13. Am 07.12.2020 fand eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt, bei der der BF nicht erschienen ist. Die Rechtsvertretung teilte mit, dass es sich in Pakistan befände und er bisher nicht in Österreich einreisen konnte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt

Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), regelt dieses

Bundesgesetz  das     Verfahren  der     Verwaltungsgerichte  mit     Ausnahme  des

Bundesfinanzgerichtes.

Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt (§ 58 Abs. 2 VwGVG).

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG). Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss (§ 31 Abs. 1 VwGVG).

Zu A)

Asylgesetz 2005:

§ 15. (1) Ein Asylwerber hat am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken; insbesondere hat er

1.       ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen;

2.       bei Verfahrenshandlungen und bei Untersuchungen durch einen Sachverständigen persönlich und rechtzeitig zu erscheinen, und an diesen mitzuwirken. Unfreiwillige Eingriffe in die körperliche Integrität sind unzulässig;

(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

4.       dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht, auch nachdem er Österreich, aus welchem Grund auch immer, verlassen hat, seinen Aufenthaltsort und seine Anschrift sowie Änderungen dazu unverzüglich bekannt zu geben. Hierzu genügt es, wenn ein in Österreich befindlicher Asylwerber seiner Meldepflicht nach dem Meldegesetz 1991 – MeldeG, BGBl. Nr. 9/1992 nachkommt. Unterliegt der Asylwerber einer Meldeverpflichtung gemäß § 15a, hat die Bekanntgabe im Sinne des ersten Satzes spätestens zeitgleich mit der Änderung des Aufenthaltsortes zu erfolgen. Die Meldepflicht nach dem MeldeG bleibt hievon unberührt;

5.       dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht alle ihm zur Verfügung stehenden Dokumente und Gegenstände am Beginn des Verfahrens, oder soweit diese erst während des Verfahrens hervorkommen oder zugänglich werden, unverzüglich zu übergeben, soweit diese für das Verfahren relevant sind;

(Anm.: Z 6 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

7. unbeschadet der Z 1, 2, 4 und 5 an den zu Beginn des Zulassungsverfahrens notwendigen Verfahrens- und Ermittlungsschritten gemäß § 29 Abs. 6 mitzuwirken.

(2)      Wenn ein Asylwerber einer Mitwirkungspflicht nach Abs. 1 aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht nachkommen kann, hat er dies, je nachdem bei wem zu diesem

Zeitpunkt das Verfahren geführt wird, unverzüglich dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht mitzuteilen. Die Mitteilung ist zu begründen.

(3)      Zu den in Abs. 1 Z 1 genannten Anhaltspunkten gehören insbesondere

1.       der Name des Asylwerbers;

2.       alle bisher in Verfahren verwendeten Namen samt Aliasnamen;

3.       das Geburtsdatum;

4.       die Staatsangehörigkeit, im Falle der Staatenlosigkeit der Herkunftsstaat;

5.       Staaten des früheren Aufenthaltes;

6.       der Reiseweg nach Österreich;

7.       frühere Asylanträge und frühere Anträge auf internationalen Schutz, auch in anderen Staaten;

8.       Angaben zu familiären und sozialen Verhältnissen;

9.       Angaben über den Verbleib nicht mehr vorhandener Dokumente;

10.      Gründe, die zum Antrag auf internationalen Schutz geführt haben, und

11.      Gründe und Tatsachen, nach denen das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich fragt, soweit sie für das Verfahren von Bedeutung sind.

(Anm.: Abs. 3a und Abs. 3b aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2015)

(4) Der Asylwerber ist zu Beginn des Verfahrens auf seine Mitwirkungspflichten und die Folgen einer allfälligen Verletzung dieser nachweislich hinzuweisen. Ihm ist darüber hinaus - soweit möglich - ein schriftliches Informationsblatt in einer ihm verständlichen Sprache auszufolgen.

§ 15a. (1) Fremde im Zulassungsverfahren unterliegen einer periodischen Meldeverpflichtung, wenn

1.       eine Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 erfolgt oder

2.       dem Fremden gemäß § 12a Abs. 1 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt und

über den Fremden weder Schubhaft verhängt wurde, noch gegen ihn ein gelinderes Mittel angewandt wird.

(2) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 1 haben sich Fremde, die nicht in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt werden, in periodischen, 48 Stunden nicht unterschreitenden, Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Für Fremde, die in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt werden, gilt die Abwesenheit von mindestens 48 Stunden von der Betreuungseinrichtung als Verletzung der Meldeverpflichtung. Die Abwesenheit von der Betreuungsstelle ist auf geeignete nachvollziehbare Weise zu dokumentieren. Eine Verletzung der

Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

"§ 24 (1) Ein Asylwerber entzieht sich dem Asylverfahren, wenn

1.       dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht sein Aufenthaltsort wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflichten gemäß § 13 Abs. 2 BFA-VG, §§ 15 oder 15a weder bekannt noch sonst durch das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht leicht feststellbar ist oder

2.       er das Bundesgebiet freiwillig verlässt, und das Verfahren nicht als gegenstandslos abzulegen ist (§ 25 Abs. 1) oder

3.       er trotz Aufforderung zu den ihm vom Bundesamt im Zulassungsverfahren gesetzten Terminen nicht kommt.

(2)      Asylverfahren sind einzustellen, wenn sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat (Abs. 1) und eine Entscheidung ohne eine allenfalls weitere Einvernahme oder Verhandlung nicht erfolgen kann. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, sobald die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes möglich ist. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig. Ist das Verfahren vor dem Bundesamt einzustellen, ist nach § 34 Abs. 4 BFA-VG vorzugehen.

(2a) Bei freiwilliger Abreise des Fremden in den Herkunftsstaat ist das Asylverfahren mit seiner Ausreise einzustellen, es sei denn der Sachverhalt ist entscheidungsreif. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, wenn sich der Fremde nach Einstellung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder einen Antrag auf internationalen

Schutz stellt. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG oder § 34 Abs. 1 VwGVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig.

(3)      Steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest und hat sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen (Abs. 1), steht die Tatsache, dass der Asylwerber vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht bisher nicht einvernommen wurde, einer Entscheidung nicht entgegen."

Im vorliegenden Fall ist aufgrund des Erkenntnisses des VfGH vom 09.06.2020, E 3835/2019-18, die Sache neuerlich zu verhandeln. Der Beschwerdeführer erhielt die Ladung im Wege seiner seiner Rechtsvertretung und hatte auch Kenntnis durch diese von der mündlichen Verhandlung, ist zu dieser aber nicht erschienen. Die Rechtsvertreterin gab an, dass er freiwillig am 23.10.2019 aus Österreich ausgereist ist. Dies ist mit dem Heimreisezertifikat vom 28.10.2019 belegt, dass seine Ausreise nach Afghanistan nachweist. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes ist jedoch die persönliche Mitwirkung des Beschwerdeführers erforderlich (VwGH 03.10.2013, 2013/22/0114; 10.12.1991, 88/07/0089). Da der Beschwerdeführer bis dato nicht in Österreich eingereist ist, ist diese Mitwirkung des Beschwerdeführers nicht möglich ist, wodurch das Verfahren gemäß § 24 AsylG 2005 einzustellen ist. Bei Einreise des Beschwerdeführers kann ein Antrag auf Aufnahme gestellt werden. Hingewiesen wird, dass der Beschwerdeführer dann wieder nach Österreich einreisen kann, wenn die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland im Einvernehmen mit dem BMI V/7 eine Grenzempfehlung für die Einreise abgibt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Schlagworte

Asylverfahren Einstellung freiwillige Ausreise Mitwirkungspflicht Verfahrenseinstellung verfahrensleitender Beschluss

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W151.2111715.2.00

Im RIS seit

31.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

31.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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