TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/12 W227 2238956-2

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Veröffentlicht am 12.04.2021
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Entscheidungsdatum

12.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art14 Abs7a
PrivSchG §2
PrivSchG §7
SchOG §2 Abs1
SchPflG 1985 §1
SchPflG 1985 §11 Abs1
SchPflG 1985 §11 Abs2
SchPflG 1985 §11 Abs3
SchPflG 1985 §2
SchPflG 1985 §24 Abs1
SchPflG 1985 §4
SchPflG 1985 §5 Abs1

Spruch


W227 2238956-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin Mag. XXXX , Erziehungsberechtigte des am XXXX geborenen Zweitbeschwerdeführers XXXX , gegen Spruchpunkt 1. des Bescheides der Bildungsdirektion für Wien vom 9. Dezember 2020, Zl. 9131.103/0083-Präs3a1/2020, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung wird bestätigt.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Am 1. September 2020 zeigte die Erstbeschwerdeführerin – unter Verwendung eines von der Bildungsdirektion für Wien für die „Anzeige der Teilnahme an häuslichem Unterricht“ aufgelegten Formulars – die Teilnahme des schulpflichtigen Zweitbeschwerdeführers an dem Unterricht in der „ XXXX -Schule XXXX “ für das Schuljahr 2020/2021 (8. Schulstufe) an.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid untersagte die Bildungsdirektion für Wien gemäß § 11 Abs. 3 Schulpflichtgesetz (SchPflG) die Teilnahme des Zweitbeschwerdeführers am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2020/2021 (Spruchpunkt 1.) und schloss die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG aus (Spruchpunkt 2.).

Begründend führte die Bildungsdirektion für Wien zusammengefasst aus:

Da der Unterricht zur Gänze an der „ XXXX -Schule XXXX “ erfolgen solle, sei die Anzeige des häuslichen Unterrichts als Anzeige des Besuches einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht zu verstehen.

Die Führung dieser Privatschule sei der Bildungsdirektion nicht angezeigt worden, sie entziehe sich auch der Kontrolle durch die Bildungsdirektion und es sei einem Schulaufsichtsorgan am 6. November 2019 der Zutritt zur Überprüfung des Unterrichts verweigert worden.

Der Besuch des Zweitbeschwerdeführers an dieser Schule sei daher aufgrund mangelnder Gleichwertigkeit mit dem Besuch einer Schule i.S.d. § 5 SchPflG zu untersagen.

3. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt:

Es sei unzutreffend, dass der Zweitbeschwerdeführer nur im Rahmen der „ XXXX -Schule XXXX “ unterrichtet werde. Auch die Deutung der Anzeige zum Besuch einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht sei verfehlt. Die Erstbeschwerdeführerin habe als Erziehungsberechtigte des Zweitbeschwerdeführers das Recht, zu entscheiden, wie und wo der Zweitbeschwerdeführer den Schulstoff erlerne. Er habe schon in den letzten Jahren die „ XXXX -Schule XXXX “ besucht und die Externistenprüfungen bestanden. Da die „ XXXX -Schule XXXX “ sie nur unterstütze, sei es irrelevant, ob die „ XXXX -Schule XXXX “ eine Schule im Sinne des Privatschulgesetzes sei oder nicht.

Weiters stellten die Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

4. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2020 erteilte die Bildungsdirektion für Wien den Beschwerdeführern Parteiengehör – insbesondere zur Abgrenzung der Teilnahme an häuslichem Unterricht und Unterricht durch eine Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht.

5. Dazu äußerten sich die Beschwerdeführer zusammengefasst mit Schreiben vom 4. Jänner 2021 wie folgt:

Der Zweitbeschwerdeführer weise einen altersgemäßen Entwicklungsstand auf und die Erstbeschwerdeführerin habe sich dafür entschieden, den Zweitbeschwerdeführer selbst und mit Unterstützung der „ XXXX -Schule XXXX “ zu unterrichten, weil er aufgrund von Mobbing in der öffentlichen Schule bereits „großen Schaden“ genommen habe. Der Unterricht finde an der „ XXXX -Schule XXXX “ durch die „dort angestellten Personen“ statt. Weder diese noch die Eltern bräuchten eine „besondere Ausbildung oder Bildung“, um den Zweitbeschwerdeführer im häuslichen Unterricht zu „begleiten“.

Weiters legten sie das für den Zweitbeschwerdeführer von der „ XXXX -Schule XXXX “ erstellte Pensenbuch für Deutsch und Mathematik in der 8. Schulstufe vor.

6. Am 25. Jänner 2021 legte die Bildungsdirektion für Wien die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung vor und teilte mit, dass sie beabsichtige, eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.

7. Mit Teilerkenntnis vom 4. Februar 2021, Zl. W227 2238956-1/3E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides) als unbegründet ab.

8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12. Februar 2021, Zl. 9131.003/1667-Präs3a/2020, wies die Bildungsdirektion für Wien die Beschwerde ab.

Begründend führte sie zusammengefasst aus:

Bei der „ XXXX -Schule XXXX “ handle es sich um eine Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht, deren Führung der Bildungsdirektion nicht angezeigt worden sei. Im Sinne des objektiven Parteiwillens sei die Anzeige des häuslichen Unterrichts nach § 11 Abs. 2 SchpflG in eine solche nach § 11 Abs. 1 SchPflG, Besuch einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht, umgedeutet worden. Der Zweitbeschwerdeführer werde auch nur an der „ XXXX -Schule XXXX “ beschult. Die „ XXXX -Schule XXXX “ entziehe sich der gesetzlich vorgesehenen Schulaufsicht, weshalb die Gleichwertigkeit des dort erteilten Unterrichts nicht überprüft werden könne. Mit großer Wahrscheinlichkeit sei daher davon auszugehen, dass der erteilte Unterricht jenem an einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung nicht gleichwertig sei.

9. Dagegen stellten die Beschwerdeführer einen Vorlageantrag, in dem sie (nochmals) im Wesentlichen ausführen:

Der häusliche Unterricht sei für die Erstbeschwerdeführerin die Möglichkeit, „weiteren psychischen und physischen Schaden“ vom Zweitbeschwerdeführer „abzuhalten“. Es sei ihm aus „therapeutischer Sicht“ nicht zuzumuten, sich wieder dieser Situation auszusetzen, „ganz besonders, wo ja aufgrund der Corona-bedingten Situation in den Schulen noch weitere psychische Belastungen für Kinder und Lehrer vorhanden“ seien. Sie habe ihrer Meinung nach „keinen Anlass gegeben“, an ihrer „Fähigkeit zu zweifeln, diese Verantwortung dafür zu tragen“.

10. Am 10. März 2021 legte die Bildungsdirektion für Wien die Beschwerde zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Am 1. September 2020 zeigte die Erstbeschwerdeführerin – unter Verwendung eines von der Bildungsdirektion für Wien für die „Anzeige der Teilnahme an häuslichem Unterricht“ aufgelegten Formulars – die Teilnahme des schulpflichtigen Zweitbeschwerdeführers an dem Unterricht in der „ XXXX -Schule XXXX “ für das Schuljahr 2020/2021 (8. Schulstufe) an, wo er seitdem beschult wird.

Bei dieser Privatschule handelt es sich um eine Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht, deren Errichtung nicht im Sinne des § 7 Abs. 1 Privatschulgesetz (PrivSchG) gegenüber der zuständigen Schulbehörde angezeigt wurde.

Eine Besichtigung der „ XXXX -Schule XXXX “ durch die Bildungsdirektion am 6. November 2019 wurde durch die Verantwortliche der Schule, Prof. Mag. XXXX , verweigert.

Die Gleichwertigkeit des Unterrichts der „ XXXX -Schule XXXX “ mit dem Unterricht an einer in § 5 SchPflG genannten Schule ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gegeben.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt und den schlüssigen und richtigen Ausführungen im Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung, die die Beschwerdeführer nicht entkräften konnten (siehe dazu VwGH 25.04.2005, 2001/17/0185, m.w.N.; vgl. auch VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0082, m.w.N.; siehe zuletzt auch VwGH 29.01.2020, Ra 2019/13/0071, wonach der Beschwerdevorentscheidung die Bedeutung eines Vorhalts zukommt).

Dabei ist insbesondere Folgendes festzuhalten:

Aus der Website der Privatschule (siehe www. XXXX , abgerufen am 8. April 2021) ergibt sich die Arbeitsweise der „ XXXX -Schule XXXX “. Bereits angesichts des darin beschriebenen gesamtheitlichen Lehrangebots dieser Schule und dem ausgewiesenen Motto „Lehrplan, wöchentliche Schulzeit, Ferien – alles ist wie in einer öffentlichen Schule, nur die Art zu lernen ist ganz anders!“ ist zweifelsfrei davon auszugehen, dass die „ XXXX -Schule XXXX neben der Vermittlung von allgemeinbildenden Inhalten auch ein erzieherisches Ziel verfolgt und daher den Begriff der Schule im Sinne des Privatschulgesetzes erfüllt. Dies wird zusätzlich durch das von der Erstbeschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs am 4. Jänner 2021 vorgelegte Pensenbuch, das bei der XXXX -Pädagogik als Mittel der alternativen Leistungsfeststellung und -beurteilung dient, bestärkt. Zusätzlich stellt die „ XXXX -Schule XXXX “ Schulbesuchsbestätigungen aus. Da (zum selben Thema) am Bundesverwaltungsgericht mehrere Verfahren anhängig sind bzw. waren ist auch davon auszugehen, dass eine Mehrzahl an Schülern unterrichtet wird. Schließlich geht auch der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass es sich bei der „ XXXX -Schule XXXX “ um eine Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht handelt (siehe dazu VwGH 26.09.2019, Ra 2018/10/0201; 29.05.2020, Ro 2020/10/0007).

Dass der Zweitbeschwerdeführer im Schuljahr 2020/2021 (8. Schulstufe) nicht im häuslichen Unterricht beschult wird, sondern an der „ XXXX -Schule XXXX “, ergibt sich bereits aus der Anzeige selbst, wonach der Unterricht an der „ XXXX -Schule XXXX “ erfolgt. Zusätzlich gab Prof. Mag. XXXX bei der Übermittlung der Anzeige an, dass der Zweitbeschwerdeführer „so wie im letzten Schuljahr bei uns [gemeint die Privatschule] lernen“ werde. Überdies brachte die Erstbeschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs am 4. Jänner 2021 selbst vor, dass der Zweitbeschwerdeführer diese Schule besucht. Demgegenüber erörtert die Erstbeschwerdeführerin bloß ansatzweise die Beweggründe, warum der Zweitbeschwerdeführer keine öffentliche Schule besuchen möchte und dass die Möglichkeiten, einen häuslichen Unterricht anzubieten, vorhanden seien. Das Aufzeigen der Möglichkeit bzw. die Fähigkeit einen häuslichen Unterricht anbieten zu können, ist jedoch in keiner Weise dazu geeignet, die Feststellung, dass der Zweitbeschwerdeführer eine nicht öffentliche und nicht genehmigte Privatschule besucht, zu entkräften.

Die Feststellung, dass die Schule nicht angezeigt wurde und die Besichtigung durch die Bildungsdirektion von der Verantwortlichen Prof. Mag. XXXX verweigert wurde, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, deren entsprechender Inhalt im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung wiedergegeben und von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten wurde.

Dass der Unterricht mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gleichwertig ist, fußt darauf, dass der Unterricht an einer Schule erfolgt, die in gesetzwidriger Weise und unter Missachtung der Bestimmung der einschlägigen Gesetze geführt wird, und die Besichtigung durch die Bildungsdirektion durch die Verantwortliche der Schule (Prof. Mag. XXXX ) verweigert wurde (siehe weiters unten Punkt 3.1.3.).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchteil A)]

3.1.1. Gemäß Art. 14 Abs. 7a B-VG beträgt die Schulpflicht zumindest neun Jahre und es besteht auch Berufsschulpflicht.

Gemäß § 2 Abs. 1 Schulorganisationsgesetz (SchOG) hat die österreichische Schule die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken. Sie hat die Jugend mit dem für das Leben und den künftigen Beruf erforderlichen Wissen und Können auszustatten und zum selbsttätigen Bildungserwerb zu erziehen.

Die jungen Menschen sollen zu gesunden und gesundheitsbewussten, arbeitstüchtigen, pflichttreuen und verantwortungsbewussten Gliedern der Gesellschaft und Bürgern der demokratischen und bundesstaatlichen Republik Österreich herangebildet werden. Sie sollen zu selbständigem Urteil, sozialem Verständnis und sportlich aktiver Lebensweise geführt, dem politischen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen sein sowie befähigt werden, am Wirtschafts- und Kulturleben Österreichs, Europas und der Welt Anteil zu nehmen und in Freiheits- und Friedensliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken.

Gemäß § 1 SchPflG besteht für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, allgemeine Schulpflicht.

Gemäß § 2 SchPflG beginnt die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September und dauert neun Schuljahre.

Gemäß § 4 SchPflG sind unter den in den §§ 5 bis 10 genannten Schulen öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen zu verstehen.

Gemäß § 5 Abs. 1 SchPflG ist die allgemeine Schulpflicht durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen zu erfüllen.

Gemäß § 11 Abs. 1 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

Gemäß § 11 Abs. 2 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule – ausgenommen die Polytechnischen Schule – mindestens gleichwertig ist.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten die Teilnahme ihres Kindes an einem im Abs. 1 oder 2 genannten Unterricht der Bildungsdirektion jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Die Bildungsdirektion kann die Teilnahme an einem solchen Unterricht untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die im Abs. 1 oder 2 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist oder wenn gemäß Abs. 2a eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 SchPflG sind die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten verpflichtet, für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler bzw. in den Fällen der §§ 11, 13 und 22 Abs. 4 für die Ablegung der dort vorgesehenen Prüfungen zu sorgen.

Gemäß § 2 Abs. 1 PrivSchG sind Schulen im Sinne dieses Bundesgesetzes Einrichtungen, in denen eine Mehrzahl von Schülern gemeinsam nach einem festen Lehrplan unterrichtet wird, wenn im Zusammenhang mit der Vermittlung von allgemeinbildenden oder berufsbildenden Kenntnissen und Fertigkeiten ein erzieherisches Ziel angestrebt wird.

Gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. ist ein erzieherisches Ziel gegeben, wenn außer den mit der Erwerbung von Kenntnissen und Fertigkeiten an sich verbundenen Erziehungszielen die Festigung der charakterlichen Anlagen der Schüler in sittlicher Hinsicht bezweckt wird.

Gemäß § 2 Abs. 3 leg. cit. sind Privatschulen Schulen, die von anderen als den gesetzlichen Schulerhaltern errichtet und erhalten werden.

Gemäß § 7 Abs. 1 PrivSchG ist die Errichtung einer Privatschule der zuständigen Schulbehörde mindestens drei Monate vor der beabsichtigten Eröffnung der Schule unter Nachweis der Erfüllung der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 oder 2, des § 5 Abs. 1 oder 2 und 4 (unbeschadet der Bestimmung des § 5 Abs. 5) sowie des § 6 anzuzeigen.

3.1.2. Die Freiheit des häuslichen Unterrichts beschränkt nicht die in Art. 14 Abs. 7a B-VG verankerte Schulpflicht und kann daher entsprechenden Regelungen, die der Sicherung des Ausbildungserfolges von schulpflichtigen Schülern dienen, nicht entgegengehalten werden. Art. 17 Abs. 3 StGG garantiert also nicht die Möglichkeit, die Schulpflicht durch häuslichen Unterricht zu erfüllen (siehe VfGH 06.03.2019, G377/2018).

Die Untersagung der Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht bzw. am häuslichen Unterricht i.S.d. § 11 Abs. 3 SchPflG ist eine Ermessensentscheidung (vgl. VwGH 25.02.1971, 2062/70). Als Ermessensentscheidung unterliegt sie nur insofern der Kontrolle durch das Verwaltungsgericht, als dieses zu prüfen hat, ob die belangte Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 130 Abs. 3 B-VG). Die Verwaltungsbehörde ist verpflichtet, in der Begründung ihrer Entscheidung die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch das Verwaltungsgericht erforderlich ist (siehe wieder VwGH 26.09.2019, Ra 2018/10/0201, m.w.N.).

Das Gesetz räumt der Behörde die Befugnis ein, die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder an häuslichem Unterricht zu untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die in § 11 Abs. 1 oder 2 SchPflG geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes im Vergleich zu dem in einer öffentlichen Schule nicht gegeben ist. Mit Wahrscheinlichkeit ist eine Tatsache als gegeben anzunehmen, wenn gewichtigere Gründe für ihr Vorhandensein sprechen als dagegen. Von großer Wahrscheinlichkeit kann daher nur dann gesprochen werden, wenn die Gründe, die dafür sprechen, gegenüber den andern, die dagegen anzuführen sind, weitaus überwiegen (vgl. VwGH 25.04.1974, 0016/74; 25.02.1971, 2062/70).

3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Wie festgestellt, ist die am 1. September 2020 erstattete Anzeige der Erstbeschwerdeführerin als Anzeige der Teilnahme des Zweitbeschwerdeführers am Unterricht an einer – entgegen § 7 Abs. 1 PrivSchG nicht angezeigten – Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht zu verstehen (siehe zu vergleichbaren Fällen wieder VwGH 26.09.2019, Ra 2018/10/0201; 29.05.2020, Ro 2020/10/0007).

Weiters ist – wie oben ausgeführt – entscheidend für die Zulässigkeit der von der Bildungsdirektion für Wien mit dem angefochtenen Bescheid erlassenen Maßnahme, nämlich der Untersagung der Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht, ob bei der gegebenen Sachlage mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden durfte, dass die Gleichwertigkeit des Unterrichtes an einer solchen Privatschule mit dem Unterricht an einer allgemeinbildenden Pflichtschule nicht gegeben sein wird. Diese Frage wurde von der Bildungsdirektion für Wien auf Grund der ihr im Zeitpunkt ihrer Entscheidung vorliegenden Verfahrensergebnisse aus nachstehenden Gründen mit Recht bejaht:

Bei der „ XXXX -Schule XXXX “ handelt es sich um eine nicht angezeigte Privatschule, die sich der gesetzlich vorgesehenen Schulaufsicht entzieht; es kann auch nicht die Gleichwertigkeit des dort erteilten Unterrichts – insbes., ob die Voraussetzungen betreffend Lehrer, Schulräume und Lehrmittel erfüllt sind – überprüft werden, da die Verantwortliche für die Schule die Besichtigung durch die Bildungsdirektion für Wien verweigert hat. Dabei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Leiterin der Privatschule spätestens seit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 2019, Ra 2018/10/0201, bewusst sein musste, dass sie den gesetzlichen Verpflichtungen aus dem Privatschulgesetz nachkommen müsse. Umso mehr verwundert es, dass der Versuch der Besichtigung der Schule durch die Bildungsdirektion nur kurze Zeit später verhindert wurde.

Zur Behauptung der Erstbeschwerdeführerin, der Zweitbeschwerdeführer habe an der „ XXXX -Schule XXXX “ die Externistenprüfungen bestanden, ist festzuhalten, dass die Gleichwertigkeitsprüfung nicht nur auf die Leistungen der Schüler abstellt, sondern vor allem auf die Gleichwertigkeit des Unterrichts im Sinne einer ausreichenden Beschulung. Unter einer ausreichenden Beschulung ist eine der Aufgabe der österreichischen Schule gemäß § 2 Abs. 1 SchOG entsprechende zu verstehen. An der Erreichung der Aufgaben i.S.d. § 2 SchOG gegenüber Schulpflichtigen besteht ein zwingendes öffentliches Interesse (siehe VwGH 27.09.1982, 82/10/0127). Es reicht daher nicht aus, dass alleine das Lernziel erreicht wird.

Unabhängig vom Lernerfolg ist eine ausreichende Beschulung dann nicht anzunehmen, wenn der Unterricht an einer Schule erfolgt, die in gesetzwidriger Weise und unter Missachtung der Bestimmungen der einschlägigen Gesetze geführt wird (vgl. dazu auch VfGH 10.03.2015, E1993/2014, wonach im Bereich von Schulen [einschließlich Privatschulen] staatliche Organe die Einhaltung schulrechtlicher Bestimmungen laufend überprüfen). Diese Überprüfung ist aber im vorliegenden Fall gerade nicht gewährleistet.

War diese Schlussfolgerung richtig, dann lag es im freien Ermessen der Bildungsdirektion, die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht zu untersagen. Hat die Bildungsdirektion von diesem Ermessen im Sinne der erfolgten Untersagung Gebrauch gemacht und sich dabei von der entscheidenden Erwägung leiten lassen, dass gesetzlich festgelegte Pflichten verletzt wurden und eine Schulaufsicht durch die Bildungsdirektion verunmöglicht wurde, dann hat sie das ihr eingeräumte Ermessen im Sinne des Gesetzes (den schulpflichtigen Kindern in ihrem eigenen Interesse und dem der Allgemeinheit in einer objektiv überprüfbaren Form das nötige Elementarwissen zu vermitteln) gehandhabt. Mit dieser Feststellung aber erschöpft sich die Befugnis einer inhaltlichen Überprüfung der Ermessensausübung durch das Bundesverwaltungsgericht.

Der angefochtene Bescheid erweist sich demnach als rechtmäßig, weshalb die Beschwerde (gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides; zu Spruchpunkt 2. siehe wieder das Teilerkenntnis vom 4. Februar 2021, Zl. W227 2238956-1/3E) als unbegründet abzuweisen ist.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (siehe Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12). Außerdem ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (siehe VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127; 27.03.2019, Ra 2019/10/0017, jeweils m.w.N.).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier von einer Anzeige der Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht auszugehen ist und die geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist, entspricht der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

allgemeine Schulpflicht Ermessensübung Gleichwertigkeit häuslicher Unterricht öffentliche Interessen öffentliche Schule Öffentlichkeitsrecht Privatschule Schulaufsicht Unterricht Untersagung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W227.2238956.2.00

Im RIS seit

04.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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