TE Vwgh Erkenntnis 2021/5/12 Ra 2021/03/0010

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Veröffentlicht am 12.05.2021
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/04 Sprengmittel Waffen Munition

Norm

AVG §39 Abs2
WaffG 1996 §12 Abs1
WaffG 1996 §12 Abs7
WaffG 1996 §8

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dr. G L in K, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 23. November 2020, Zl. 405-10/861/1/6-2020, betreffend Aufhebung eines Waffenverbots (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hallein), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Mandatsbescheid vom 17. Oktober 2017 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Hallein (belangte Behörde) über den Revisionswerber ein Waffenverbot gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996 (WaffG). Darüber hinaus wurden gemäß § 12 Abs. 3 WaffG die sichergestellte Faustfeuerwaffe samt Munition für verfallen erklärt und die Waffenbesitzkarte entzogen.

2        Das verhängte Waffenverbot stützte die belangte Behörde darauf, dass der Revisionswerber am 4. Oktober 2017 um ca. 7.15 Uhr im Bereithalteraum für Ärzte eines näher bezeichneten Krankenhauses von dessen Kollegen mit einer Faustfeuerwaffe, einem gefüllten Magazin und zusätzlichen zwölf Patronen sowie zahlreichen Infusionen und Alkohol aufgefunden worden sei. Gegenüber dem einschreitenden Beamten habe der Revisionswerber angegeben, Alkohol konsumiert und sich intravenös eine Dosis Midazolam verabreicht zu haben. Da diese Tatsachen die Annahme rechtfertigten, der Revisionswerber könne in Zukunft durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen oder fremdes Eigentum gefährden, sei von der belangten Behörde ein Waffenverbot über den Revisionswerber zu verhängen gewesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

3        Mit Schreiben vom 25. Juni 2019 stellte der Revisionswerber einen Antrag auf Aufhebung des Waffenverbotes, weil die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Verbotes aufgrund seines verbesserten Gesundheitszustandes sowie dem Wegfall der missbräuchlichen Konsumation von Medikamenten und Alkohol nicht mehr vorlägen.

4        Mit Eingabe vom 25. Mai 2020 - gerichtet an die belangte Behörde - erhob der Revisionswerber eine Säumnisbeschwerde.

5        Die belangte Behörde holte die Entscheidung mit Bescheid vom 25. Juni 2020 nach und wies den Antrag des Revisionswerbers auf Aufhebung des Waffenverbotes ab.

6        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht (unter Spruchpunkt I.) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit einer für das Revisionsverfahren nicht relevanten Maßgabe als unbegründet ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde (unter Spruchpunkt II.) für unzulässig erklärt.

7        Das Verwaltungsgericht legte dem Erkenntnis den von der belangten Behörde im Bescheid vom 17. Oktober 2017 dargestellten Sachverhalt zugrunde und stellte darüber hinaus fest, dass der Revisionswerber im Jahr 2017 den stationären Aufenthalt in einer suchtspezifischen Einrichtung abgebrochen habe. Seit einem neuerlichen, sechswöchigen stationären Aufenthalt im Mai/Juni 2018 habe er keine Suchtmittel mehr konsumiert. Der Revisionswerber habe sich von Mai 2018 bis Februar 2020 in psychotherapeutischer Behandlung befunden. Des Weiteren sei die Lenkberechtigung des Revisionswerbers aufgrund des Vorfalls auf 1,5 Jahre befristet und auf die Klassen A und B eingeschränkt worden. Er habe der Führerscheinbehörde monatlich toxikologische Untersuchungen sowie Bestätigungen von absolvierten Psychotherapiestunden vorlegen müssen. Im führerscheinrechtlichen Verfahren sei hervorgekommen, dass der Revisionswerber im Jahr 2003 erstmals Cannabis und im Jahr 2007 erstmals Kokain probiert habe, wobei es dann zu einer langsamen Steigerung des Kokainkonsums seit etwa 2015 gekommen sei. Laut der Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, vorgelegt im führerscheinrechtlichen Verfahren zur Beurteilung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit des Revisionswerbers, sei als Diagnose Folgendes angeführt worden:

„St.p F 43.2 - Anpassungsstörung, St.p F 13.1 - schädlicher Gebrauch von Benzodiazepinen, seit mindestens ca März 2018 abstinent, St.p F 14.2 - Abhängigkeit von Kokain, seit 05/2018 abstinent, St.p F 12.2 - Abhängigkeit von Cannabis, abstinent, St.p F 10.1 - schädlicher Gebrauch von Alkohol.“

8        Unter Substanzen sei wie folgt dargelegt worden:

„Alk: früher etwas häufiger und höhere Mengen Alkohol konsumiert, niemals täglich, aktuell gelegentlich 1 Glas Bier oder Wein (anlassbezogen); OPI: negiert, COC: 2007 erstmals im Turnus, abstinent seit 2 Jahren, AMPG: negiert; LSD: negiert; THC; früher regelmäßiger, nicht täglicher Konsum, seit 2 Jahren abstinent.“

9        Laut einer weiteren, im waffenrechtlichen Verfahren erstatteten Stellungnahme desselben Facharztes vom 11. März 2020 werde eine Rückfallwahrscheinlichkeit des Revisionswerbers als gering eingeschätzt, weshalb auch eine Fortsetzung der Therapie nicht mehr indiziert erscheine.

10       In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dem Revisionswerber sei auf sein Vorbringen, wonach er sich wegen seiner persönlichen und beruflichen Krisensituation einer Psychotherapie und einer sechswöchigen stationären Rehabilitation unterzogen habe, zu entgegnen, dass der Revisionswerber die Psychotherapie insbesondere auch für sein führerscheinrechtliches Verfahren benötigt habe, weil er aufgrund des Vorfalls eine auf 1,5 Jahre befristete Lenkberechtigung erhalten habe. Da er auch seine Tätigkeit als Chirurg wiederaufnehmen wolle, habe er sich bereits aus diesem Grund medizinisch-fachliche Hilfe suchen müssen. Sofern der Revisionswerber in seiner Beschwerde vorbringe, der Facharzt für Psychiatrie habe in seiner Stellungnahme vom 11. März 2020 an die belangte Behörde dargelegt, dass eine Fortsetzung der Therapie nicht indiziert sei, sei auszuführen, dass diese Stellungnahme am selben Tag wie die Stellungnahme an die Amtsärztin der Führerscheinbehörde erstattet worden sei. Darüber hinaus habe sich der Revisionswerber zum Vorfallszeitpunkt nicht in einer einmaligen Ausnahmesituation befunden. Der Vorfall vom 4. Oktober 2017 könne aufgrund seiner Kokain- und Cannabissucht in Verbindung mit Alkoholkonsum und Medikamentenmissbrauch nicht losgelöst von seinem übrigen Verhalten betrachtet werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse bei einem seit dem für die Verhängung des Waffenverbotes ausschlaggebenden Anlass bestehenden Wohlverhalten der zwischen der Anlasstat und dem Zeitpunkt der Erlassung des Waffenverbotes liegende Zeitraum ausreichend lang sein, um vom Wegfall der Voraussetzungen des Waffenverbotes ausgehen zu können, wobei ein Wohlverhalten von zwei Jahren nicht als ausreichend angesehen werde. Der Revisionswerber habe sich seit seinem stationären Aufenthalt im Mai/Juni 2018 bis März 2020 einer Psychotherapie unterzogen. Unter Berücksichtigung, dass der Revisionswerber bereits im Jahr 2003 Cannabis und im Jahr 2007 Kokain zu konsumieren begonnen habe und er erst seit Mai/Juni 2018 keine Drogen mehr nehme, könne der Beobachtungszeitraum noch nicht als ausreichend lang angesehen werden, um vom Wegfall der Voraussetzungen des Waffenverbotes ausgehen zu können. Im Lichte dessen sei das verhängte Waffenverbot nicht aufzuheben gewesen, weil das weitere Vorliegen einer für den Revisionswerber negativen Gefährdungsprognose im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG weiterhin vertretbar sei.

11       Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit dem Hinweis auf die gesetzlichen Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG, die fallbezogen nicht vorlägen.

12       Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, das Verwaltungsgericht habe - trotz Vorlage relevanter Unterlagen - nicht geprüft, ob die für die Verhängung des Waffenverbotes relevanten medizinischen Gründe weggefallen seien. Insbesondere sei im konkreten Fall für die Beurteilung des Wohlverhaltens nach der „Anlasstat“ nicht auf einen starren Zeitrahmen abzustellen, sondern im Sinne näher angeführter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien die Umstände des Einzelfalles zu prüfen.

13       Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14       Die Revision erweist sich im Sinne ihrer Zulässigkeitsbegründung als zulässig; sie ist auch begründet.

15       § 12 WaffG, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013, lautet (auszugsweise):

Waffenverbot

§ 12. (1) Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dieser Mensch durch mißbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

(2) Die im Besitz des Menschen, gegen den ein Waffenverbot erlassen wurde, befindlichen

1.   Waffen und Munitionen sowie

2.   Urkunden (ausgenommen Jagdkarten), die nach diesem Bundesgesetz zum Erwerb, Besitz, Führen oder zur Einfuhr von Waffen oder Munition berechtigen,

sind unverzüglich sicherzustellen. Für die damit betrauten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gilt § 50 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl. Nr. 566/1991.

[...]

(7) Ein Waffenverbot ist von der Behörde, die dieses Verbot erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.

[...]“

16       § 12 Abs. 7 WaffG verpflichtet die Behörde bei Vorliegen eines entsprechenden Antrages, unter Berücksichtigung der für die Erlassung des Waffenverbotes maßgebenden Gründe, des Verhaltens des Antragstellers seit seiner Anlasstat und der Länge des zwischenzeitig verstrichenen Zeitraums zu prüfen, ob die qualifizierte Gefährdungsprognose gemäß § 12 Abs. 1 WaffG im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch aufrecht ist (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0031, mwN).

17       Anlass für die Verhängung des Waffenverbotes war im vorliegenden Fall, dass sich der Revisionswerber am 4. Oktober 2017, im Bewusstsein eine Waffe bei sich zu tragen, in einen Zustand starker Alkoholisierung versetzt sowie sich das Medikament Midazolam injiziert hat. In diesem Zustand wurde er von Kollegen im Bereithalteraum für Ärzte eines näher bezeichneten Krankenhauses aufgefunden. Vor dem Hintergrund, dass der Revisionswerber damit nicht nur eine Gefahr für sich selbst darstellte, sondern auch für andere Menschen, war dieser Vorfall nach dem Bescheid der belangten Behörde vom 17. Oktober 2017 jedenfalls geeignet, eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten. Im gegenständlich zu beurteilenden Antrag auf Aufhebung des Waffenverbotes behauptete der Revisionswerber den Wegfall der für die Erlassung des Verbotsbescheides maßgebenden Gründe aufgrund der Stabilisierung seines Gesundheitszustandes. Das Verwaltungsgericht verneinte den Wegfall der maßgebenden Gründe im Wesentlichen deshalb, weil ein Wohlverhalten von zwei Jahren nicht als ausreichend im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesehen werden könne.

18       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedarf es für die Prüfung, ob die Gründe, die zur Erlassung des Waffenverbotes geführt haben, nunmehr weggefallen sind - bei Annahme eines Wohlverhaltens des Betroffenen zwischen Anlasstat und dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - eines ausreichend langen „Beobachtungszeitraums“. Dieser beginnt nicht erst mit der (rechtskräftigen) Verhängung des Waffenverbots, sondern bereits mit dem Abschluss der diesem Waffenverbot zugrundeliegenden Anlasstat zu laufen (vgl. VwGH 21.10.2011, 2010/03/0174). Im Hinblick auf den dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahren ist auch hier ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. VwGH 27.11.2020, Ra 2020/03/0086).

19       Entgegen der vom Verwaltungsgericht offenkundig vertretenen Auffassung ist dabei nicht auf das Ablaufen eines genau vorgegebenen Beobachtungszeitraums abzustellen. Ein solch gravierender Vorfall, wie er im vorliegenden Fall der Verhängung des Waffenverbotes zugrunde gelegt wurde, rechtfertigt zwar unter Umständen einen längeren Beobachtungszeitraum, allerdings darf nicht übersehen werden, dass bei der Wahl des Beobachtungszeitraums die Umstände des Einzelfalls zu prüfen sind, wozu die Bedachtnahme auf Art und zeitliches Ausmaß der Anlasstat gehört (vgl. VwGH 19.3.2013, 2012/03/0172, mwN). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu betrachten, dass ein Wegfall medizinischer Gründe - hinreichende Belege vorausgesetzt - auch vor Ablauf des im Zusammenhang mit der Beurteilung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit regelmäßig angenommenen Zeitraums von fünf Jahren möglich wäre, wohingegen aber auch Fälle denkbar wären, in welchen eine Besserung des Gesundheitszustandes des Betroffen selbst nach vielen Jahren nicht wahrscheinlich erscheint.

20       Darüber hinaus ist für die Verhängung eines Waffenverbotes - und nach dem dargestellten rechtlichen Hintergrund auch für dessen Aufhebung - entscheidend, ob der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt „bestimmte Tatsachen“ im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG begründet, ob also die Annahme gerechtfertigt ist, der Revisionswerber könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden. Das Fehlen der erforderlichen Verlässlichkeit im Sinne des § 8 WaffG begründet noch nicht zwangsläufig eine Gefahr im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG (vgl. VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063). Bei der Beurteilung des Weiterbestehens der Gefährdungsprognose hat die Behörde vor allem das Verhalten des Antragstellers seit seiner Anlasstat zu berücksichtigen und allfällige in diesem Zeitraum liegende, für die weiter andauernde Aktualität der Prognose relevante Umstände festzustellen (vgl. VwGH 26.4.2007, 2005/03/0022, mwN).

21       Der Revisionswerber legte im Verfahren zum Beweis des Wegfalls der für die Verhängung des Waffenverbotes maßgeblichen Gründe diverse medizinische Unterlagen vor, wie etwa auch eine Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin. Dieser Stellungnahme ist - wie auch das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - unter anderem zu entnehmen, dass die Rückfallwahrscheinlichkeit des Revisionswerbers als sehr gering einzuschätzen sei und deshalb eine Fortsetzung der Therapie nicht mehr indiziert erscheine. Eine weitere, im führerscheinrechtlichen Verfahren erstattete fachärztliche Stellungnahme legt unter anderem dar, dass der Revisionswerber seit rund zwei Jahren abstinent sei. Das Verwaltungsgericht hält dem Vorbringen des Revisionswerbers im Wesentlichen entgegen, dass dieser die durchgeführte Psychotherapie auch für sein führerscheinrechtliches Verfahren und die Wiederaufnahme seiner Tätigkeit als Chirurg benötigt habe. Die erfolgte stationäre Rehabilitation im Mai/Juni 2018, gefolgt von einer psychotherapeutischen Behandlung bis März 2020, habe der Revisionswerber insbesondere auch absolvieren müssen, um seine eingeschränkte und unbefristete Lenkberechtigung zu erhalten. Der Revisionswerber sei darüber hinaus cannabis- und kokainsüchtig gewesen, weshalb nicht alleine der Vorfall vom 4. Oktober 2017 losgelöst von dieser Sucht zu betrachten gewesen sei.

22       Abgesehen davon, dass die vom Verwaltungsgericht ins Treffen geführten Motive des Revisionswerbers einer positiven waffenrechtlichen Gefährdungsprognose gemäß § 12 Abs. 1 WaffG nicht entgegenstehen, erweist sich die Begründung des Verwaltungsgerichts - wie auch die Revision zutreffend aufzeigt - aus folgendem Grund als unzureichend:

23       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die „Beweislast“ bezüglich des Wegfalls der Gründe für die Erlassung eines Waffenverbotes nicht ausschließlich auf den Betroffenen verlagert. Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte für die Aufhebung eines Waffenverbotes ist die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) verpflichtet, den dafür maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln. Dies gilt auch dann, wenn das Verfahren nach § 12 Abs. 7 WaffG auf Antrag des Betroffenen eingeleitet wurde (vgl. in diesem Sinn wiederum VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063). Demzufolge wäre aufgrund der vom Revisionswerber unterbreiteten medizinischen Unterlagen, welche eine Besserung seines Gesundheitszustandes indizieren, die Einholung eines Sachverständigengutachtens notwendig gewesen, um die Frage des Wegfalls der für die Verhängung des Waffenverbotes maßgebenden medizinischen Gründe hinreichend beurteilen zu können.

24       Indem das Verwaltungsgericht eine nähere Prüfung hinsichtlich des - unter Vorlage von entsprechenden Unterlagen - behaupteten Wegfalls der für die Verhängung des Waffenverbotes herangezogenen medizinischen Gründe unterlassen und ausschließlich auf das Verstreichen eines bestimmten Beobachtungszeitraums abgestellt hat, hat es das angefochtene Erkenntnis mit (vorrangig wahrzunehmender) inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

25       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 12. Mai 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030010.L00

Im RIS seit

04.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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