TE OGH 2021/4/29 2Ob74/21b

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Veröffentlicht am 29.04.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Steger und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** 2020 verstorbenen R***** K*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der erbantrittserklärten Kinder 1. A***** T*****, 2. T***** L*****, und 3. R***** K*****, alle vertreten durch Mag. Astrid Roblyek, Rechtsanwältin in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 17. Februar 2021, GZ 22 R 12/21b-16, womit infolge Rekurses der I***** H***** der Beschluss des Bezirksgerichts Grieskirchen vom 24. November 2020, GZ 1 A 99/20a-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses wird der Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufgehoben und der Rekurs der I***** H***** zurückgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Text

Begründung:

[1]       Der am ***** 2020 ohne Errichtung einer letztwilligen Verfügung verstorbene Erblasser hinterließ drei volljährige Kinder, die im Verlassenschaftsverfahren (ohne Anführung von Quoten und des Berufungsgrundes) bedingte Erbantrittserklärungen abgaben. Sie beantragten weiters die „Schätzung und Inventur der Verlassenschaft“ unter Einbeziehung einer näher bezeichneten Liegenschaft und eines PKW. Diese Liegenschaft hatte der Verstorbene mit Übergabsvertrag vom 30. 1. 2020 an die spätere Rekurswerberin übergeben, wobei er sich ua ein Wohnungsgebrauchsrecht einräumen sowie Leistungen im Rahmen eines Ausgedinges versprechen ließ. Die erbantrittserklärten Kinder gingen von einer Verlasszugehörigkeit der Liegenschaft aus, weil der Verstorbene bis zu seinem Ableben noch Besitzer im Rechtssinn gewesen sei und der Übergabsvertrag keine unbedenkliche Urkunde darstelle, zumal der Verstorbene im Zeitpunkt seiner Errichtung nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Die Übernehmerin der Liegenschaft trat dem Antrag auf Einbeziehung der Liegenschaft in das Inventar entgegen, weil die Liegenschaft im Zeitpunkt des Ablebens des Verstorbenen nicht mehr in dessen Eigentum gestanden sei. Der Gerichtskommissär legte daraufhin den Akt dem Verlassenschaftsgericht zur Entscheidung vor. Die Errichtung eines Inventars ist bisher nicht erfolgt.

[2]          Das Erstgericht gab dem Antrag auf Schätzung und Aufnahme der Liegenschaft und des PKW in das Inventar statt und sprach aus, dass „die genannte Liegenschaft […] in das Inventar aufgenommen wird“.

[3]          Das von der Übernehmerin der Liegenschaft angerufene Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es den Antrag auf Aufnahme der Liegenschaft in das Inventar abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[4]       Das Rekursgericht erwog in rechtlicher Hinsicht, dass die Rekurswerberin im Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen bereits grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft und deren Sachbesitzerin gewesen sei; der Verstorbene habe hingegen an der Liegenschaft wegen des vorbehaltenen Wohnungsgebrauchsrechts nur mehr bloßen Rechtsbesitz gehabt, habe er doch im Zeitpunkt seines Ablebens bereits in einem Pflegeheim gelebt. Eine Aufnahme der Liegenschaft in das Inventar sei daher nicht geboten.

[5]            Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der erbantrittserklärten Kinder mit dem Antrag auf Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts.

Rechtliche Beurteilung

[6]            1. Aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses ist der Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufzuheben und der Rekurs zurückzuweisen:

[7]            1.1 Nach der jüngeren, auf der ausführlich begründeten Entscheidung 2 Ob 64/18b (2 Ob 65/18z) beruhenden Rechtsprechung des Fachsenats haben Beschlüsse, die im Verfahren zur Errichtung des Inventars gefasst werden, grundsätzlich verfahrensleitenden Charakter und sind daher gemäß § 45 Satz 2 AußStrG nicht selbständig anfechtbar. Ihre Richtigkeit kann in gewissen Fällen aber mittelbar dadurch überprüft werden, dass eine Partei nach Errichtung des Inventars einen Antrag nach § 166 Abs 2 AußStrG oder einen auf formale Mängel des Inventars (Substanzlosigkeit, fehlende Nachvollziehbarkeit, Missachtung der Rahmenbedingungen für die Bewertung) gestützten Antrag nach § 7a GKG stellt. Über solche Anträge ergehende Beschlüsse sind dann nach den allgemeinen Grundsätzen anfechtbar (RS0132172).

[8]       1.2 Die meritorische Entscheidung des Rekursgerichts über den unzulässigen Rekurs ist daher aus Anlass des Revisionsrekurses als nichtig aufzuheben und der Rekurs ist zurückzuweisen (RS0121264).

[9]            2. Nähere Ausführungen zur Frage, ob der Rekurswerberin überhaupt Parteistellung im Verlassenschaftsverfahren und in der Folge Rechtsmittellegitimation zukam, können damit unterbleiben (vgl dazu nur Spruzina in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I² § 166 Rz 4).

[10]           Ein Kostenersatz findet schon aufgrund von § 185 AußStrG nicht statt.

Textnummer

E131731

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0020OB00074.21B.0429.000

Im RIS seit

04.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.06.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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