TE Lvwg Erkenntnis 2021/2/17 VGW-242/043/1877/2021/VOR

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Veröffentlicht am 17.02.2021
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Entscheidungsdatum

17.02.2021

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §16

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Maga. Kovar-Keri über die Beschwerde des Herrn A. B., Wien, C.-gasse, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Sozialzentrum ..., vom 20.11.2019, Zahl MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/2019/…1-001, mit welchem der Antrag vom 16.07.2019 auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Wohnbedarfs (Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs und Mietbeihilfe) gemäß §§ 4, 7, 9, 10, 12 und 16 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes - WMG in der geltenden Fassung abgewiesen wurde, nach Erhebung einer Vorstellung gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien, vom 19.01.2021, Zahl VGW-242/RP28/493/2020-1,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz – B-VG an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Entscheidungsgründe

Ad I.

Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid vom 20. November 2019 wies der Magistrat der Stadt Wien den Antrag des Beschwerdeführers und seiner zur Bedarfsgemeinschaft zählenden Ehegattin vom 16. Juli 2019 auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes unter Hinweis auf die §§ 4, 7, 9, 10, 12 und 16 WMG ab. Begründend wurde ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom 18. Juli 2019 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen (Abweisung des Antrages wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht) aufgefordert worden, bis 05. August 2019 für die Beurteilung des Anspruches unerlässliche Angaben zu machen. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen, als die geforderten Dokumente nicht zur Gänze vorgelegt worden seien. Da die Behörde ohne die verpflichtende Mitwirkung praktisch außerstande gesetzt worden sei, die für die Bemessung der Leistung rechtserhebliche Tatsachen festzustellen, seien die fehlenden Angaben bzw. Unterlagen zur Beurteilung des Anspruches „unerlässlich“ im Sinne des § 16 WMG.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingebrachte Beschwerde, worin im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht wird, die gewünschten Unterlagen seien der Behörde vollständig sowohl per E-Mail als auch persönlich am 05. August 2019 übermittelt worden. Mehrmals habe der Beschwerdeführer bei der Behörde nachgefragt und sei ihm wiederholt mitgeteilt worden, dass alle Unterlagen vorgelegt worden seien. Nachdem ihm nunmehr ein abweisender Bescheid zugestellt worden sei, könne er nur davon ausgehen, dass die fristgerecht eingebrachten Dokumente bei der Behörde verloren gegangen seien. Er ersuche daher um Prüfung.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde in der Beschwerde nicht beantragt.

Die Behörde hat die bezughabenden Aktenunterlagen übermittelt und verzichtete auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgericht Wien vom 19. Jänner 2021 entschied der zuständige Landesrechtspfleger, in dem unter näherer Begründung die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt wurde.

Auf Grund der form- und fristgerechten Vorstellung des Beschwerdeführers wurde der gegenständliche Akt der nunmehr erkennenden Richterin vorgelegt.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die Wiener Mindestsicherung hat nach § 1 Abs. 1 WMG zum Ziel, Armut und soziale Ausschließung verstärkt zu bekämpfen und zu vermeiden, die Existenz von Alleinstehenden und in Familien lebenden Personen zu sichern, die dauerhafte Eingliederung oder Wiedereingliederung, insbesondere von volljährigen Personen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, in das Erwerbsleben sowie die soziale Inklusion weitest möglich zu fördern. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen. Die Wiener Mindestsicherung erfolgt nach Absatz 2 dieser Bestimmung durch Zuerkennung von pauschalierten Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs sowie von den bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen. Auf diese Leistungen besteht ein Rechtsanspruch. Die Zuerkennung von Leistungen der Wiener Mindestsicherung ist nach § 1 Abs. 3 WMG subsidiär. Sie erfolgt nur, wenn der Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann.

Nach § 6 Z 4 und 6 WMG haben Hilfe suchende oder empfangende Personen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen Ansprüche, die der Deckung der Bedarfe nach diesem Gesetz dienen, nachhaltig zu verfolgen, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos, unzumutbar oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbunden ist sowie ihre Mitwirkungspflichten im Verfahren und während des Bezuges von Leistungen zu erfüllen.

Auf den Mindeststandard ist gemäß § 10 Abs. 1 WMG das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen.

§ 16 WMG lautet folgendermaßen:

Ablehnung und Einstellung der Leistungen

§ 16.

(1) Wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person trotz Aufforderung unter Setzung einer angemessenen Frist und nachweislichem Hinweis auf die Rechtsfolgen ohne triftigen Grund nicht rechtzeitig mitwirkt, indem sie

1.  die zur Durchführung des Verfahrens von der Behörde verlangten Angaben nicht macht oder

2.  die von der Behörde verlangten Unterlagen nicht vorlegt oder

3.  gesetzliche oder vertragliche Ansprüche, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, nicht nachhaltig, auch verwaltungsbehördlich oder gerichtlich verfolgt, wobei eine offenbar aussichtslose unzumutbare oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbundene Geltendmachung von Ansprüchen nicht verlangt werden kann,

ist die Leistung einzustellen oder abzulehnen. Eine Nachzahlung für die Zeit der Einstellung oder Ablehnung unterbleibt. Ein triftiger Verhinderungsgrund ist von der Hilfe suchenden oder empfangenden Person glaubhaft zu machen und entsprechend zu bescheinigen.

(2) Die im Rahmen der Bemessung auf eine Hilfe suchende oder empfangende Person entfallende Leistung ist einzustellen oder abzulehnen, wenn sie unter den in Abs. 1, erster Halbsatz genannten Voraussetzungen nicht mitwirkt, indem sie der Aufforderung zu einer ärztlichen Untersuchung nicht nachkommt.

(3) Bei einer Einstellung oder Ablehnung nach Abs. 2 ändert sich der auf die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzuwendende Mindeststandard nicht.

Auf Grund des Akteninhaltes sowie des vor dem Verwaltungsgericht Wien durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Der Beschwerdeführer und seine zur Bedarfsgemeinschaft zählende Ehegattin beantragten am 16. Juli 2019 Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Mit Schreiben vom 18. Juli 2019 wurde er zur Vorlage folgender Dokumente aufgefordert:

?     Nettolohnzettel 06/2019 des Beschwerdeführers

?     Lohnsteuerausgleichbescheid für 2018 des Beschwerdeführers

?     Kopie der Bankomatkarte für das am Antrag genannte Konto

?     aktuelle Mietvorschreibung/Mietaufschlüsselung

Auf die Verpflichtung zur Mitwirkung am Verfahren sowie die Folgen dieser Mitwirkungspflicht wurde der Beschwerdeführer nachweislich hingewiesen.

Mit E-Mail vom 29. Juli 2019 langte die Mitteilung des AMS vom 24. Mai 2019 über den Bezug von Notstandshilfe durch den Beschwerdeführer, der Dienstvertrag des Beschwerdeführers mit dem Arbeitgeber D. E., Transporte, vom 31. Mai 2019, die Mietvorschreibung für Mai 2019 für die Wohnung in Wien, C.-gasse, die Anmeldung zur Sozialversicherung für das genannte Dienstverhältnis ab 31. Mai 2019 und ein Schreiben des Finanzamtes, welches für das Jahr 2018 eine Abgabenforderung von EUR 14,-- ausweist, bei der belangten Behörde ein. Am 05. August 2019 brachte der Beschwerdeführer zudem persönlich bei der belangten Behörde seinen Nettolohnzettel für Juli 2019, den Einkommenssteuerbescheid 2018 vom 30. Juli 2019 und erneut die Mitteilung des AMS vom 24. Mai 2019 über den Bezug von Notstandshilfe durch den Beschwerdeführer vor.

Der Nettolohnzettel für Juni 2019 wurde nicht vorgelegt.

Am 05. Dezember 2019 – folglich nach Erlassung des Bescheides – erfolgte eine Vorsprache bei der belangten Behörde.

Die Feststellung, wonach der Nettolohnzettel für Juni 2019 nicht vorgelegt wurde, gründet auf den Akteninhalt. Zwar bringt der Beschwerdeführer vor, er hätte die Unterlagen fristgerecht und vollständig eingebracht, doch hat er für diese Behauptung kein substantiiertes Beweisvorbringen erstattet. Dem E-Mail vom 29. Juli 2019 sind sie jedenfalls – wie sich aus der Anzahl und der Namen der beigefügten Anlagen ergibt – nicht angeschlossen. Überdies mutet es seltsam an, dass zwar alle anderen Dokumente laut Aufforderungsschreiben der belangten Behörde und sogar darüber hinaus der Nettolohnzettel für Juli 2019 bei der Behörde einlangten, nicht aber der laut Beschwerde beigelegte Nettolohnzettel für Juni 2019. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers konnte daher nicht gefolgt werden.

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wien war die von der Behörde angenommene Verletzung der Mitwirkungspflicht durch den Beschwerdeführer infolge der Nichtvorlage von Unterlagen.

§ 10 WMG bestimmt die Anrechnung des Einkommens der Hilfe suchenden oder empfangenden Person auf einen bestehenden Mindestsicherungsbedarf. Im Sinne des gemäß § 1 Abs. 3 WMG geltenden Subsidiaritätsprinzips erfolgt eine Zuerkennung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nur, wenn der Mindestbedarf nicht durch eigene Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann. Dem Mindestsicherungsbedarf sind daher einerseits die zur Verfügung stehenden eigenen Mittel gegenüberzustellen, andererseits sind daher auch die Hilfe suchenden oder empfangenden Personen verpflichtet, gesetzliche oder vertragliche Ansprüche, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, nachhaltig zu verfolgen.

Für die Beurteilung der Höhe eines allfälligen Mindestsicherungsanspruches ist es daher unerlässlich, die Höhe des anrechenbaren Einkommens der Bedarfsgemeinschaft zu kennen. Im gegenständlichen Fall konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer alle von ihm geforderten Unterlagen der Behörde übermittelt hat. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Eingabe nur dann als eingebracht gilt, wenn sie der Behörde wirklich behändigt worden, also ihr tatsächlich zugekommen, ist. Diesbezüglich ist die Partei beweispflichtig (VwGH 21.1.1965, 1711/64, 20.1.1983, 82/16/0119, 8.6.1984, 84/17/0068 u.a.).

Der Beschwerdeführer hat somit für die Durchführung des Verfahrens unerlässliche Unterlagen nicht beigebracht bzw. Ansprüche nicht nachhaltig verfolgt, obwohl er auf die Folgen der Weigerung nachweislich aufmerksam gemacht wurde. Es liegen daher die Voraussetzungen des § 16 WMG für die Ablehnung des Antrages vor. Ein triftiger Verhinderungsgrund wurde ebenso wenig geäußert.

Der angefochtene Bescheid entspricht somit dem Gesetz und war der Beschwerde daher ein Erfolg zu versagen.

Ad II.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Mindestsicherung; Mitwirkungspflicht; Unterlagen; Vorlage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.242.043.1877.2021.VOR

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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