TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/11 G304 2232866-1

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Veröffentlicht am 11.11.2020
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Entscheidungsdatum

11.11.2020

Norm

AuslBG §12a
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G304 2232866-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Paul PART und Hr. Kurt ALLMANNSDORFER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 31.03.2020, ABB-Nr: XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 26.06.2020, ABB-Nr: XXXX , betreffend die Zulassung von XXXX , geb. XXXX , StA: Slowenien, zu einer Beschäftigung als Fachkraft gemäß § 12a AuslbG zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS oder belangte Behörde) vom 31.03.2020 wurde der Antrag vom 21.02.2020 auf Zulassung des im Spruch angeführten slowenischen Staatsangehörigen (im Folgenden: S) zu einer Beschäftigung als Fachkraft gemäß § 12a AuslbG im Unternehmen der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) gemäß § 12a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslbG) abgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die BF Beschwerde.

3. Mit Bescheid des AMS vom 26.06.2020 wurde die Beschwerde der BF im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm §§ 12a und 20g AuslbG abgewiesen.

4. Daraufhin wurde fristgerecht ein Antrag auf Vorlage der Beschwerde vor das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) gestellt.

5. Am 09.07.2020 langte der gegenständliche Verwaltungsakt samt Beschwerde beim BVwG ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Nach Erhalt einer Einstellungszusage der BF stellte S am 21.02.2020 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte“ gemäß § 41 Abs. 2 Z. 1 NAG (Fachkraft im Mangelberuf) und legte seinem Antrag folgende Unterlagen in slowenischer Sprache mit jeweils beglaubigter Übersetzung als Qualifikationsnachweise bei:

?        Jahreszeugnis vom 21.06.2007 einer „Gemischten Verkehrsmittelschule“ in Bosnien-Herzegowina, wonach S im Schuljahr 2006/2007 die erste Klasse zum „Binnenverkehrstechniker“ abgeschlossen habe;

?        Jahreszeugnis vom 19.06.2008 einer „Gemischten Verkehrsmittelschule“ in Bosnien-Herzegowina, wonach S im Schuljahr 2007/2008 die zweite Klasse zum „Binnenverkehrstechniker“ abgeschlossen habe;

?        Jahreszeugnis vom 17.06.2009 einer „Gemischten Verkehrsmittelschule“ in Bosnien-Herzegowina, wonach S im Schuljahr 2008/2009 die dritte Klasse zum „Binnenverkehrstechniker“ abgeschlossen habe;

?        Diplom über den Abschluss der „Gemischten Verkehrsmittelschule“ in Bosnien-Herzegowina, wonach S im Schuljahr 2009/2010 die vierte Klasse als Abschlussklasse absolviert und im Juni 2010 mit ausgezeichnetem Erfolg die Maturaprüfung bestanden und die Fachbezeichnung „Binnenverkehrstechniker“ erworben habe;

?        „Jahreszeugnis“ vom 31.10.2018 einer „Technischen Geschäftsschule“ in Bosnien-Herzegowina, wonach S als „Kandidat der Erwachsenenbildung“ vom 18.06.2018 bis 25.09.2018 die erste Klasse der mittleren Fachausbildung in der „Dauer von drei Jahren“ im Fach „Maschinenbauwesen und Metallbearbeitung“ für den Beruf „Automechaniker“ abgeschlossen habe;

?        „Jahreszeugnis“ vom 29.04.2019 einer „Technischen Geschäftsschule“ in Bosnien-Herzegowina, wonach S als „Kandidat der Erwachsenenbildung“ vom 19.11.2018 bis 13.04.2019 die zweite Klasse der mittleren Fachausbildung in der „Dauer von drei Jahren“ im Fach „Maschinenbauwesen und Metallbearbeitung“ für den Beruf „Automechaniker“ abgeschlossen habe;

?        „Jahreszeugnis“ vom 30.09.2019 einer „Technischen Geschäftsschule“ in Bosnien-Herzegowina, wonach S als „Kandidat der Erwachsenenbildung“ vom 29.04.2019 bis 20.09.2019 die dritte Klasse der mittleren Fachausbildung in der „Dauer von drei Jahren“ im Fach „Maschinenbauwesen und Metallbearbeitung“ für den Beruf „Automechaniker“ abgeschlossen habe;

?        Zeugnis vom 14.10.2019 einer „Technischen Geschäftsschule“ in Bosnien-Herzegowina, wonach S im Schuljahr 2019/2020 die dritte Klasse der mittleren Fachausbildung im Fach „Maschinenbauwesen und Metallbearbeitung“ für den Beruf „Automechaniker“ abgeschlossen und am 04.10.2019 die Abschlussprüfung absolviert habe.

Nachdem am 21.02.2020 bei der zuständigen NAG-Behörde die Zulassung von S zu einer Beschäftigung als „KFZ-Mechaniker (LKW, Baumaschinen)“ im Unternehmen der BF beantragt bzw. der Antrag gemeinsam mit einer Arbeitgebererklärung vom 21.02.2020 eingebracht worden war, übermittelte die NAG-Behörde den Antrag an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des AMS zur Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Zulassung von S für die Beschäftigung als Fachkraft gemäß § 12a AuslbG vorliegen.

1.2. Mit Bescheid des AMS vom 31.03.2020 wurde der Antrag der BF vom 21.02.2020 auf Zulassung des im Spruch angeführten slowenischen Staatsangehörigen zu einer Beschäftigung als Fachkraft gemäß § 12a AuslbG im Unternehmen der BF gemäß § 12a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslbG) abgewiesen.

Diese Abweisung begründend wurde § 12a AuslbG wiedergegeben und ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass statt der erforderlichen Mindestpunkteanzahl von 55 (für die in Anlage B des AuslbG angeführten Kriterien) nur 30 angerechnet werden konnten.

Hingewiesen wurde auf 0 Punkte für ausbildungsadäquate Berufserfahrung, 15 Punkte für Sprachkenntnisse und 15 Punkte für das Alter des S von 28 Jahren.

„Zu Qualifikation“ wurde angeführt:

„Für die vorgelegten Zeugnisse zum „Automechaniker“ konnten keine Punkte vergeben werden, da die gesamte Ausbildung vom 18.6.2018 bis 25.9.2018, 19.11.2018 bis 13.4.2019 und von 29.4.2019 bis 20.9.2019 absolviert und am 14.10.2019 abgeschlossen wurde.

Somit ist diese Ausbildung nicht mit einer qualifizierten österreichischen Berufsausbildung (Lehre) vergleichbar.“

Nach Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Bescheid des AMS vom 26.06.2020 die Beschwerde der BF im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung abgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II. getroffenen Feststellungen beruhen auf dem vorliegenden Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 20g Abs. 3 AuslbG kann die zuständige regionale Geschäftsstelle den angefochtenen Bescheid binnen zehn Wochen nach Einlangen der Beschwerde aufheben, abändern oder die Beschwerde zurück- oder abweisen (Beschwerdevorentscheidung).

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Relevante Rechtsvorschriften

Gemäß § 41 Abs. 2 Z. 1 NAG kann Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte“ erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des AMS gemäß § 20d Abs. 1 Z. 2 AuslbG vorliegt.

§ 20d AuslbG, BGBl. Nr. 218/1975, idgF:

„Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler

§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“, Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine „Blaue Karte EU“ und ausländische Künstler den Antrag auf eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde – je nach Antrag – schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung

1.als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12

2.als Fachkraft gemäß § 12a,

3.als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,

4.als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),

5.als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine „Blaue Karte EU“) oder

6.als Künstler gemäß § 14

erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.

(2) Die Zulassung gemäß Abs. 1 gilt für die Beschäftigung bei dem im Antrag angegebenen Arbeitgeber im gesamten Bundesgebiet. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat unverzüglich nach Beginn der Beschäftigung die Anmeldung zur Sozialversicherung zu überprüfen. Entspricht diese nicht den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen, ist die nach dem NAG zuständige Behörde zu verständigen (§ 28 Abs. 6 NAG). Bei einem Arbeitgeberwechsel vor Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ (§ 41a NAG) ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) bis (5) […].“

§ 12a AuslbG, BGBl. Nr. 218/1975, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 25/2011, lautet:

„Fachkräfte in Mangelberufen

§ 12a. Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie

1.eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,

2.die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,

3.für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.“

Anlage B in der Fassung BGBl. I Nr. 94/2018:

„Anlage B

Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

 

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

 

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr)

Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2

4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1)

Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

 

5

10

15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

 

5

10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 15

bis 30 Jahre

bis 40 Jahre

15

10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

90

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

§ 13 AuslbG, BGBl. Nr. 218/1975, zuletzt geändert durch BGBl. I 94/2018, lautet in Abs. 1 – 3 wie folgt:

„Fachkräfteverordnung

§ 13. (1) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz legt im Falle eines längerfristigen Arbeitskräftebedarfs, der aus dem im Inland verfügbaren Arbeitskräftepotenzial nicht abgedeckt werden kann, zur Sicherung des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort durch Verordnung für das nächstfolgende Kalenderjahr Mangelberufe fest, in denen Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet oder in bestimmten Bundesländern zugelassen werden können. Als Mangelberufe kommen Berufe in Betracht, für die bundesweit oder in bestimmten Bundesländern pro gemeldeter offener Stelle höchstens 1,5 Arbeitsuchende vorgemerkt (Stellenandrangsziffer) sind. Berufe mit einer Stellenandrangsziffer bis zu 1,8 können berücksichtigt werden, wenn weitere objektivierbare Mangelindikatoren, insbesondere eine erhöhte Ausbildungsaktivität der Betriebe festgestellt werden oder der betreffende Beschäftigungszweig eine überdurchschnittlich steigende Lohnentwicklung aufweist. Die von Arbeitskräfteüberlassern gemäß § 3 Abs. 2 AÜG gemeldeten offenen Stellen sind bei der Ermittlung der Stellenandrangsziffer gesondert auszuweisen.

(2) Ein vom Verwaltungsrat des Arbeitsmarktservice Österreich gemäß den Bestimmungen des Arbeitsmarktservicegesetzes, BGBl. I Nr. 313/1994, einzurichtender Ausschuss kann nach Maßgabe des Abs. 1 einvernehmlich Vorschläge für die Festlegung von Mangelberufen erstatten. Wird kein Einvernehmen erzielt, können die Vertreter der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber gesonderte Vorschläge erstatten.

(3) In der Verordnung gemäß Abs. 1 können unter Bedachtnahme auf die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes Höchstzahlen festgelegt werden. Diese gelten für die Zulassung von Fachkräften in Mangelberufen, die ausschließlich für bestimmte Bundesländer festgelegt wurden.

(…).“

Auf Grund des § 13 Abs. 1 und 3 AuslbG wurde von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort eine Verordnung, mit der für das Jahr 2020 Mangelberufe für die Beschäftigung von ausländischen Fachkräften festgelegt werden, (Fachkräfteverordnung 2020) erlassen.

§ 1 Fachkräfteverordnung 2020, BGBl. II Nr. 421/2019, lautet auszugsweise wie folgt:

§ 1. (1) Für das Jahr 2020 werden folgende Mangelberufe, in denen AusländerInnen als Fachkräfte gemäß § 12a AuslBG zugelassen werden können, für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet festgelegt:
(…)
14.         Kraftfahrzeugmechaniker/innen
(…).“

§§ 2 und 3 Fachkräfteverordnung 2020 lauten:

„§ 2. Die Bezeichnung der im § 1 genannten Berufe folgt der Berufssystematik des Arbeitsmarktservice.

§ 3. Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft. Vor Ablauf des 31. Dezember 2020 eingebrachte Anträge gemäß § 20d Abs. 1 Z 2 AuslBG sind nach dieser Verordnung zu erledigen.“

Nach § 8 Abs. 1 Berufsausbildungsgesetz (BAG), BGBl. Nr. 142/1969 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 78/2015, hat der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend für die einzelnen Lehrberufe nach Maßgabe der Abs. 2 bis 4, 12, 15 und 16 durch Verordnung Ausbildungsvorschriften festzulegen.

§ 1 Kraftfahrzeugtechnik-Ausbildungsordnung, BGBl. II Nr. 408/2008 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 276/2020, lautet wie folgt:

„Lehrberuf Kraftfahrzeugtechnik

§ 1.

(1) Der Lehrberuf Kraftfahrzeugtechnik ist als Modullehrberuf eingerichtet.

(2) Neben dem für alle Lehrlinge verbindlichen Grundmodul muss eines der folgenden Hauptmodule ausgebildet werden:

1.       Personenkraftwagentechnik (H1)

2.       Nutzfahrzeugtechnik (H2)

3.       Motorradtechnik (H3)

(3) Zur Vertiefung und Spezialisierung der Ausbildung kann folgendes Spezialmodul gewählt werden:

1.       Systemelektronik (S1)

2.       Hochvolt-Antriebe (S2)

(Anm.: § 3a aufgehoben durch BGBl. II Nr. 276/2020.)

(4) Folgende Kombinationen von Haupt- und Spezialmodulen sind möglich:

Hauptmodule

können kombiniert werden mit

 

H1

H2

H3

S1

S2

H1

 

x

x

x

x

Dauer

4 Jahre

4 Jahre

4 Jahre

4 Jahre

H2

x

 

x

x

x

Dauer

4 Jahre

4 Jahre

4 Jahre

4 Jahre

H3

x

x

 

x

x

Dauer

4 Jahre

4 Jahre

4 Jahre

4 Jahre

(5) In den ersten zwei Lehrjahren ist das Grundmodul zu vermitteln. Die Ausbildung im Grundmodul und im gewählten Hauptmodul dauert dreieinhalb Jahre. Wird ein weiteres Hauptmodul oder das Spezialmodul absolviert, dauert die Lehrzeit vier Jahre. Die Ausbildung im Modullehrberuf Kraftfahrzeugtechnik dauert höchstens vier Jahre.

(6) Die in dieser Verordnung gewählten Begriffe schließen jeweils die männliche und weibliche Form ein. Im Lehrvertrag, Lehrzeugnis, Lehrbrief und im Lehrabschlussprüfungszeugnis ist der Lehrberuf in der dem Geschlecht des Lehrlings entsprechenden Form (Kraftfahrzeugtechniker, Kraftfahrzeugtechnikerin) zu bezeichnen.

(7) Alle auszubildenden bzw. absolvierten Hauptmodule und Spezialmodule sind im Lehrvertrag, Lehrzeugnis, Lehrbrief und im Lehrabschlussprüfungszeugnis durch einen entsprechenden Hinweis neben der Bezeichnung des Lehrberufs zu vermerken.“

3.2.2. Im gegenständlichen Fall soll laut Arbeitgebererklärung vom 21.02.2020 S von der BF als KFZ-Mechaniker eingestellt werden.

Gemäß § 2 Fachkräfteverordnung 2020 folgt die Bezeichnung der in § 1 Fachkräfteverordnung 2020 genannten Berufe der Berufssystematik des AMS.

Der Beruf „KFZ-Mechaniker“ gilt nach § 1 Abs. 1 Z. 14 Fachkräfteverordnung 2020 als Mangelberuf.

Gemäß § 12a Z. 1 AuslBG ist es – unabhängig vom Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – erforderlich, dass der Antragsteller eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung im beantragten Mangelberuf nachweisen kann (vgl. VwGH 25.01.2013, Zl. 2012/09/0068; 13.12.2016, Ra 2016/09/0104).

Eine abgeschlossene Berufsausbildung iSd § 12a AuslBG liegt vor, wenn der Antragsteller über ein Zeugnis verfügt, das seine Qualifikation für die beabsichtigte Beschäftigung zweifelsfrei nachweist. Bei Fachkräften muss es eine Qualifikation für einen in der Verordnung genannten Mangelberuf sein. Sofern das Anforderungsprofil Zusatzqualifikationen enthält, sind auch diese durch entsprechende Zeugnisse nachzuweisen (Deutsch, Nowotny, Seitz, AuslBG2 §§ 12 bis 13 Rz 52).

Die Erläuterungen (1077 Blg. NR 24. GP, RV, S 12) zum Erfordernis einer "einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung" des § 12a Z. 1 AuslBG führen dazu aus: "Es können somit nur Fachkräfte zugelassen werden, die eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem solchen Mangelberuf nachweisen, die einem Lehrabschluss vergleichbar ist. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht. Dementsprechend hoch ist die Qualifikation auch im Kriterienkatalog der Anlage B bewertet."

Wie auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seinem Erkenntnis vom 25.01.2013, 2012/09/0068, festgehalten hat, sieht auch der Gesetzgeber damit als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung iSd Anlage B einen österreichischen Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vor.

Die Ausbildung für den österreichischen Lehrberuf „KraftfahrzeugtechnikerIn“ (ältere Berufsbezeichnungen: KraftfahrzeugelektrikerIn, KraftfahrzeugmechanikerIn) besteht aus einem Grundmodul mit einer Dauer von 2 Jahren und mindestens einem der drei Hauptmodule Personenkraftwagentechnik, Nutzfahrzeugtechnik oder Motorradtechnik mit einer jeweiligen Mindestdauer von 1,5 Jahren. Damit weist dieser Lehrberuf eine Mindestdauer von insgesamt 3,5 Jahren auf.

Diese Mindestzeit verlängert sich bei Absolvierung eines weiteren Hauptmoduls oder eines der beiden Spezialmodule „Systemelektronik“ oder „Hochvolt-Antriebe“ mit einer jeweiligen Dauer von ½ Jahr auf insgesamt 4 Jahre.

Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die Technik in modernen Kraftfahrzeugen in den letzten Jahren erheblich verändert hat und hochkomplexe Sicherheitstechnik und immer mehr Elektronik mittlerweile zum Berufsbild von KraftfahrzeugtechnikerInnen gehören.

Wie bereits oben ausgeführt, ist keine formale Gleichstellung der im Ausland erworbenen Ausbildung mit einer inländischen Berufsausbildung, sondern nur eine inhaltliche Gleichwertigkeit erforderlich. Von einer solchen ist auszugehen, wenn die im Ausland absolvierte Berufsausbildung über weite Strecken der entsprechenden österreichischen Ausbildung nahekommt.

Dieses Kriterium ist im gegenständlichen Fall jedoch nicht gegeben. Dies bereits deshalb, weil die vom 18.06.2018 bis 14.10.2019 in Bosnien absolvierte Ausbildung bzw. Umschulung zum Automechaniker mit einer Gesamtdauer von knapp 17 Monaten und damit nicht einmal 1,5 Jahren bei Weitem nicht der Mindestdauer der vergleichbaren österreichischen Lehrausbildung entspricht, welche 3,5 Jahre beträgt.

Die 2007 bis 2010 absolvierte „Gemischte Verkehrsmittelschule“ mit dem Abschluss als „Binnenverkehrstechniker“ ist ebenfalls nicht mit der österreichischen Lehrausbildung zum Kraftfahrzeugtechniker vergleichbar.

Eine verkürzte Ausbildung, um eine bestimmte Berufsqualifikation zu erwerben, wie die vorliegende rund 17-monatige Ausbildung zum Automechaniker in Bosnien, stellt keine abgeschlossene Berufsausbildung iSd § 12a Z. 1 AuslBG dar, weil dies dem Zweck der §§ 12 ff AuslBG zuwiderlaufen würde, nur qualifizierte Arbeitskräfte neu aus dem Ausland anzuwerben, die bei einer längerfristigen Beobachtung der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsentwicklung sowie unter Berücksichtigung der schulischen und betrieblichen Ausbildungsmaßnahmen nicht aus dem vorhandenen Arbeitskräftepotenzial rekrutiert werden können (vgl. Erl. RV 1177 BlgNR 24. GP).

Dementsprechend ist die Ausbildung des S nicht als einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung iSd § 12a Z. 1 AuslBG im Mangelberuf „Kraftfahrzeugmechaniker“ zu werten.

Da eine Zulassung zu einer Beschäftigung in einem Mangelberuf bei Nichtvorliegen einer einschlägigen Berufsausbildung von vornherein auszuschließen ist, war auf das Vorliegen der übrigen Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr einzugehen und die Beschwerde mangels Erfüllung der Voraussetzung des § 12a Z. 1 AuslBG, wonach eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachzuweisen ist, als unbegründet abzuweisen.

3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Da dem erkennenden Senat im gegenständlichen Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien und er deswegen keine mündliche Verhandlung für erforderlich hielt, wurde von einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Berufsausbildung Fachkräfteverordnung Rot-Weiß-Rot-Karte Zulassungsvoraussetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G304.2232866.1.00

Im RIS seit

17.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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