TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/23 W112 2197924-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2020
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Entscheidungsdatum

23.11.2020

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W112 2197924-2/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA RUSSISCHE FÖDERATION, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste erstmalig am 03.04.2004 unter Umgehung der Grenzkontrollen in Österreich ein und stellte am 04.04.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.05.2005 wurde dem Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben. Dem Beschwerdeführer wurde Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

2. Das Landesgericht XXXX verurteilte den Beschwerdeführer am 09.03.2011 gemäß §§ 15, 105/1, 106 Abs. 1/1 (1. Fall), 107 B/1, 107 B Abs. 1 U 3/1 (1. Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe von XXXX , davon XXXX bedingt unter Setzung einer dreijährigen Probezeit.

Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 03.05.2011 wurde der Beschwerdeführer bedingt unter Setzung einer dreijährigen Probezeit und Anordnung einer Bewährungshilfe aus der Strafhaft entlassen. Am 11.07.2014 wurde ein Teil der Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen. Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 10.11.2014 wurde der Beschwerdeführer endgültig aus der Freiheitsstrafe entlassen.

Das Landesgericht XXXX verurteilte den Beschwerdeführer am 19.09.2011 gemäß §§ 15, 269/1 (1. Fall), 297/1 (1. Fall) StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von XXXX , unter Setzung einer dreijährigen Probezeit und Anordnung von Bewährungshilfe. Am 21.09.2011 wurde ein Teil dieser Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen.

3. Nach einer amtswegigen Wiederaufnahme des Asylverfahren wegen erwiesener Falschangaben des Beschwerdeführers im 2005 geführten Asylverfahren wurde der Asylantrag abgewiesen und eine Ausweisung verfügt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 25.07.2012 als unbegründet abgewiesen (Zl. XXXX ).

4. Der Beschwerdeführer verließ am 19.11.2012 freiwillig das Bundesgebiet, reiste in der Folge wieder ein und stellte am 16.01.2013 erneut einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welcher mittels Bescheid vom 07.03.2013 durch das Bundesasylamt wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 28.03.2013 als unbegründet abgewiesen (Zl. XXXX ).

4. Der Beschwerdeführer stellte am 05.10.2012 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Dieser wurde mit Bescheid der XXXX vom 04.12.2014 wegen dem Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG abgewiesen.

5. Am 17.12.2014 stellte der Beschwerdeführer erneut einen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) wies diesen Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 11.05.2018 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Der Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX verloren hat und gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 10.07.2018 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, § 8 Abs. 1 AsylG, § 57 AsylG, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 und 9 FPG, § 46 FPG, § 55 Abs. 1a FPG iVm § 18 BFA-VG und § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG als unbegründet ab.

6. Das Bundesamt vernahm den Beschwerdeführer am 04.10.2018 betreffend die Erlangung eines Heimreisezertifikates ein. Er gab im Wesentlichen an, keinen Reisepass zu besitzen, einen Onkel in Tschetschenien zu haben, mit seiner Mutter keinen Kontakt zu haben und Sorgepflichten für seine Ehefrau und seine sieben Kinder in Österreich zu haben. Er finanziere seinen Aufenthalt in Österreich durch die Unterstützung seiner Ehefrau. Sein Heimatland sei nicht Russland, sondern Tschetschenien und er wolle keine Niederschrift ausfüllen.

Das Bundesamt forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 04.10.2018 auf, schriftlich Stellung zu den genannten Fragen zu nehmen. Im Wesentlichen gab der Beschwerdeführer an, 9 Jahre in der Russischen Föderation, in XXXX , in die Grundschule gegangen zu sein. Er habe nicht studiert, sei im Besitz eines Führerscheins und verfüge über kein KFZ. Seine Frau und seine sieben Kinder leben in Österreich.

7. Der Beschwerdeführer stellte am 26.11.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG. Der Beschwerdeführer führte unter einem aus, dass seine Ehefrau, XXXX , StA. der Russischen Föderation, der Status einer Asylberechtigten zukomme und aufgrund eins Autounfalles eine XXXX zugezogen habe, weshalb sie alle paar Jahre deswegen operiert werden müsse. Zudem habe die Tochter des Beschwerdeführers, XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, der ebenfalls der Status einer Asylberechtigten zukomme, eine XXXX und benötige Hilfe im Ausmaß der (Pflege)Stufe XXXX . Seine jüngste Tochter, XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, der ebenfalls der Status einer Asylberechtigten zukomme, bedarf einer langjährigen XXXX und benötige ebenfalls Pflege im Ausmaß der Stufe XXXX . Die Ehefrau des Beschwerdeführers könne sich sowie die Kinder nicht allein versorgen.

Unter einem legte er ein ÖSD-Zertifikat vom 16.03.2017auf dem Niveau A2 bestanden, die erste Seite eines Mietvertrages und eine Heiratsurkunde vom 20.03.2013 sowie eine Kopie seines Reisepasses sowie dessen seiner Ehefrau, vor.

Am 08.01.2018 wurden von der Ehefrau des Beschwerdeführers beim Bundesamt noch folgende Urkunden vorgelegt: Meldezettel des Beschwerdeführers, seiner Ehefrau und seiner Kinder; Kopie der E-Card des Beschwerdeführers; die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers, seiner Ehefrau sowie seiner Kinder, die zweite Seite des ÖSD-Zertifikats A2; ein Konvolut an medizinischen Unterlagen betreffend die Ehefrau des Beschwerdeführers; Bestätigung über GVS-Leistungsbezug betreffend den Beschwerdeführer vom 11.01.2017; die zweite Seite des Mietvertrages; ein Konvolut an medizinischen Unterlagen betreffend die Tochter des Beschwerdeführers, XXXX ; Schreiben des XXXX vom 05.11.2018 betreffend die Tochter des Beschwerdeführers, XXXX ; fünf Schulbesuchsbestätigungen betreffend die Kinder des Beschwerdeführers; die Heiratsurkunde; Schreiben vom 10.12.2014 samt medizinischen Unterlagen betreffend die Ehefrau, die Tochter und den Vater des Beschwerdeführers sowie dem Gutachten des Vaters des Beschwerdeführers über die Strafvollzugstauglichkeit; Bericht der Bewährungshilfe des Beschwerdeführers; Bescheide der Kinder des Beschwerdeführers mit denen ihnen jeweils der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde.

8. Das Bundesamt wies den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK mit Bescheid vom 28.01.2019 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurück.

Es führte begründend aus, dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung sowie ein sechsjähriges Einreiseverbot bestehe. Zudem sei der Beschwerdeführer zweimal strafgerichtlich verurteilt worden, weshalb er eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ruhe darstelle. Da Anträge gemäß § 55 AsylG als unzulässig zurückzuweisen seien, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen worden sei und aus dem Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich mache, nicht hervorgehe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen, weil eine aktuelle Prüfung der familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot erfolgt sei.

9. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde und focht den Bescheid im vollen Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts und Verletzung von Verfahrensvorschriften an. Er brachte im Wesentlichen vor, dass ausgehend von den Feststellungen des Bundesamtes die rechtliche Schlussfolgerung unrichtig sei. Das Bundesamt sei der Ansicht, dass aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung der Beschwerdeführer eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ruhe darstelle. Der Beschwerdeführer habe hingegen in Österreich in Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 EMRK, zumal seine Ehefrau und sieben Kinder in Österreich aufenthaltsberechtigt und sozial integriert seien. Seine Ehefrau sei gesundheitlich angeschlagen und habe schwere gesundheitliche Probleme, wodurch es dieser nicht möglich sei die sieben Kinder ausreichend zu versorgen. Zudem seien zwei Kinder des Beschwerdeführers schwer krank und bräuchten medizinische Unterstützung. Der Beschwerdeführer habe auch seine Schwester und seine Schwiegereltern sowie seine besten Freunde in Österreich.

Ausgehend von der unrichtigen rechtlichen Beurteilung habe das Bundesamt weitere Feststellungen zur Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes der Ehefrau und der beiden Kinder unterlassen. Dieser habe sich drastisch verschlechtert und sei eine höhere Pflegegeldeinstufung gerichtlich indiziert. Es sei auch unterlassen worden, festzustellen, dass eine Niederlassung der Kindesmutter mit den sieben Kindern in Tschetschenien auch aus medizinischen und gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei sowie, dass der Beschwerdeführer keine relevante Bindung zum Heimatstaat habe und ihm dort reale Gefahren wie Entführung, Folter und Misshandlung drohe.

Betreffend die Verurteilungen des Beschwerdeführers verkenne das Bundesamt, dass der Beschwerdeführer keine schweren strafbaren Handlungen gesetzt habe, weshalb ihm allein aufgrund seiner Verurteilungen keinen Aufenthaltstitel zu erteilen, im Widerspruch zur Rechtslage stehe.

Das Bundesamt habe es zudem unterlassen festzustellen, dass der Beschwerdeführer bereits mehr als drei Jahre, sohin die Hälfte des Zeitraumes des Einreiseverbotes, nicht in Österreich gewesen sei. Dies sei jedoch wesentlich um die Aufhebung des Einreiseverbotes gemäß § 60 FPG bzw. die Herabsetzung auf die Hälfte zu begründen und sohin den Aufenthaltstitel zu erteilen.

Darüber hinaus habe das Bundesamt keinerlei Erhebungen zum Sachverhalt vorgenommen, insbesondere habe es weder den Beschwerdeführer noch dessen Ehefrau unmittelbar einvernommen oder Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet Allgemeinmedizin bzw. aktuelle Länderberichte eingeholt.

Der Beschwerdeführer stellte die Anträge das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid aufheben und dahingehend abändern, dass dem Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel erteilt werde und den angefochtenen Beschied aufheben und dahingehend abändern, dass das Einreiseverbot aufgehoben bzw. auf drei Jahre herabgesetzt werde; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen.

Unter einem legte er den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.05.2005, die Heiratsurkunde, das ÖSD Zertifikat A2 vom 16.03.2017, die erste Seite des Mietvertrages, medizinische Unterlagen betreffend die Ehefrau und zwei Töchter des Beschwerdeführers, Schulbesuchsbestätigungen der Kinder, ein fachärztlicher Kurzbefund, ein psychiatrischer Befund und eine Bestätigung eines Abklärungsgesprächs betreffend den Beschwerdeführer, Bestätigung des Kindergartens, Unterstützungsschreiben, Kopie der Mitgliedkarte eines Fitnesscenter, Kopie des Schützenpass des Beschwerdeführers sowie die Geburtsurkunde der Ehefrau des Beschwerdeführers vor.

10. Das Bundesamt trug dem Beschwerdeführer mit Mandatsbescheid vom 15.03.2019 auf, gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft binnen 3 Tagen in einer genannten Betreuungseinrichtung zu nehmen. Der Beschwerdeführer kam dem Auftrag nicht nach und erhob das Rechtsmittel der Vorstellung dagegen.

11. Das Bundesverwaltungsgericht erteilte dem Beschwerdeführer mit Verbesserungsauftrag vom 03.04.2019 den Auftrag, die Ausfertigung des Bescheides, die dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, vorzulegen sowie die seiner Beschwerde beigelegten Beilagen in lesbarer Form vorzulegen.

Der Beschwerdeführer kam dem Verbesserungsauftrag mit Schriftsatz vom 16.04.2019 nach und führte ergänzend aus, dass sich der gesundheitliche Zustand der Ehefrau wesentlich verschlechtert habe und ihr mehrere Operationen bevorstehen. Da die Kindesmutter aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes nicht selber auf die Kinder aufpassen könne, sei es unausweichlich, dass der Beschwerdeführer als Kindesvater auf die Kinder aufpasse und sich um sie kümmere. Zudem sei der Beschwerdeführer sozial integriert, weil er in einem Sportverein seit drei Jahren als Übungsleiter fungiere. Darüber hinaus sei der Vater des Beschwerdeführers Widerstandskämpfer in der Russischen Föderation gewesen, weshalb dem Beschwerdeführer als Sohn eines Widerstandskämpfers in seinem Heimatstaat Folter, Entführung und dergleichen drohe. Insbesondere drohen dem Beschwerdeführer aufgrund seiner politischen Gesinnung, welche von der des Präsidenten Kadyrow diametral abweiche, Repressalien und erhebliche Diskriminierungen. Als der Beschwerdeführer im Jahr 2014 wieder in Tschetschenien gewesen sei, sei er von Leute des Präsidenten Kadyrow entführt und geschlagen worden.

Darüber hinaus brachte der Beschwerdeführer vor, dass ihm ursprünglich vom Bundesasylamt, XXXX die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei, weshalb aufgrund dieses Erstantrages die Zuständigkeit für sämtliche anderen Entscheidungen nach dem AsylG 2005 in XXXX liege. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag die rechtswidrig ergangenen Bescheide plus den gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes, XXXX vom 28.01.2019 für rechtswidrig zu erklären und aufzuheben.

Zudem liege kein besonders schweres Verbrechen des Beschwerdeführers vor. Die Zukunftsprognose sei günstig und sei der Beschwerdeführer nicht gemeingefährlich.

Die vom Bundesamt herangezogenen Länderberichte seien zum Teil veraltet und befassen sich nur am Rande mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers. Hätte das Bundesamt weitere Berichte herangezogen bzw. seine eigenen Länderberichte entsprechend gewürdigt bzw. noch aktuelle Länderberichte eingeholt, hätte es zum Ergebnis kommen müssen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Abschiebung die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung drohe.

Zudem wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, zumal die Beweiswürdigung des individuellen Vorbringens unter Berücksichtigung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers unausweichlich sei.

12. Der Beschwerdeführer wurde am 28.05.2019 per Charter in die Russische Föderation abgeschoben.

13. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bat mit E-Mail vom 15.11.2019 zu überprüfen, ob tatsächlich ein Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer in Polen bestehe und allenfalls die Möglichkeit der Aufhebung, zumal dies für Österreich von Vorteil wäre, weil durch eine berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers die Sozialleistungen verringert werden.

Mit Schreiben vom 28.08.2020 wurde dem Rechtsvertreter mitgeteilt, dass E-Mail keine gültige Form der elektronischen Einbringung darstelle und die E-Mail vom 15.11.2019 daher keine Rechtswirkungen entfalte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der XXXX -jährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der Volksgruppe der Tschetschenen und bekennt sich zum muslimischen Glauben.

1.1.2. Der Beschwerdeführer ist mit XXXX seit 20.03.2013 standesamtlich verheiratet und hat sieben Kinder, die am XXXX geborene XXXX , den am XXXX geborenen XXXX , die am XXXX geborene XXXX , den am XXXX geborenen XXXX , den am XXXX geborenen XXXX , die am XXXX geborene XXXX , den am XXXX geborenen XXXX .

1.1.3. Der Beschwerdeführer hat zu nicht näher bekannten Zeitpunkten vor Oktober 2009 bis Ende August 2010 gegen XXXX und die unmündige XXXX sohin eine längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er durch Misshandlungen am Körper, teils durch Nötigung wiederholt XXXX Schläge mit XXXX oder mit XXXX , versetzte, sowie ihr gegenüber ankündigte, XXXX , somit durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu einer Unterlassung, nämlich XXXX , nötigte; XXXX Schläge mit XXXX , mit XXXX , mit XXXX und mit XXXX , versetzte, sie mit XXXX und ihr gegenüber ankündigte, XXXX , somit durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper, zu einer Unterlassung, nämlich XXXX , nötigte sowie zu einem näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 2008 oder 2009 XXXX durch die Ankündigung, XXXX , wobei er zur Bekräftigung XXXX , sohin durch gefährliche Drohung mit einer erheblichen Verstümmelung oder einer auffallenden Verunstaltung XXXX zu nötigen versucht.

Der Beschwerdeführer wurde dafür vom Landesgericht XXXX am 09.03.2011 wegen §§ 15, 105/1, 106 Abs. 1/1 (1. Fall), 107 B/1, 107 B Abs. 1 U 3/1 (1. Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe von XXXX , davon XXXX bedingt unter Setzung einer dreijährigen Probezeit verurteilt. Dabei wurde mildernd das Teilgeständnis, der bisherige ordentliche Lebenswandel, der teilweise Versuch und erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen, die brutale Vorgehensweise, der lange Deliktszeitraum, zwei Tatopfer berücksichtigt.

Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 03.05.2011 wurde der Beschwerdeführer bedingt unter Setzung einer dreijährigen Probezeit und Anordnung einer Bewährungshilfe aus der Strafhaft entlassen. Am 11.07.2014 wurde ein Teil der Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen. Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 10.11.2014 wurde der Beschwerdeführer endgültig aus der Freiheitsstrafe entlassen.

1.1.4. Der Beschwerdeführer hat am 05.07.2011 in der Justizanstalt Beamte der Justizwache mit Gewalt an Amtshandlungen, nämlich an XXXX bzw. daran, XXXX , zu hindern versucht, indem er XXXX und XXXX sowie am 07.07.2011 vier Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er sie einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich XXXX falsch verdächtigte, obwohl er wusste, dass die Verdächtigung falsch ist, indem er wahrheitswidrig behauptete, XXXX , wodurch er XXXX erlitten habe.

Der Beschwerdeführer wurde dafür vom Landesgericht XXXX am 19.09.2011 wegen §§ 15, 269/1 (1. Fall), 297/1 (1. Fall) StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von XXXX , unter Setzung einer dreijährigen Probezeit und Anordnung von Bewährungshilfe, verurteilt. Dabei wurde mildernd das Geständnis und der teilweise Versuch sowie erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen sowie eine einschlägige Vorstrafe berücksichtigt. Am 21.09.2011 wurde ein Teil dieser Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen.

1.2. Zum Verfahrensverlauf:

1.2.1. Der Beschwerdeführer reiste erstmals am 03.04.2004 unter Umgehung der Grenzkontrollen in Österreich ein und stellte hier 04.04.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.05.2005 wurde dem Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben. Dem Beschwerdeführer wurde Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

1.2.2. Nach einer amtswegigen Wiederaufnahme des Asylverfahren wegen erwiesener Falschangaben des Beschwerdeführers im 2005 geführten Asylverfahren wurde der Asylantrag abgewiesen und eine Ausweisung des Beschwerdeführers verfügt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 25.07.2012 als unbegründet abgewiesen (Zl. XXXX ).

1.2.3. Der Beschwerdeführer verließ am 19.11.2012 freiwillig das Bundesgebiet, reiste in der Folge wieder ein und stellte am 16.01.2013 erneut einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welcher mittels Bescheid vom 07.03.2013 durch das Bundesasylamt wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und erneut eine Ausweisung des Beschwerdeführers ausgesprochen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 28.03.2013 als unbegründet abgewiesen (Zl. XXXX ).

1.2.4. Der Beschwerdeführer stellte am 05.10.2012 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Dieser wurde mit Bescheid des Magistrats der Stadt WIEN vom 04.12.2014 wegen dem Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG abgewiesen.

1.2.5. Am 17.12.2014 stellte der Beschwerdeführer erneut einen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Im Zuge der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass seine Ehefrau und seine fünf Kinder in XXXX leben. Er stelle einen neuerlichen Asylantrag, da er hier bei seiner Frau und seinen Kindern leben wolle.

Am 22.01.2015 vernahm das Bundesamt den Beschwerdeführer niederschriftlich zur Reiseroute ein. In der Folge legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:

-        Psychiatrischer Befund eines psychosozialen Zentrums vom 11.12.2014, wonach sich der Beschwerdeführer am 05.12.2014 in Trauma-spezifischer, russischsprachiger Behandlung befunden habe. Die Diagnose lautet: „ XXXX “; empfohlene Therapie: XXXX und XXXX .

-        Schreiben mit dem Titel „Darstellung der Familiensituation und Antrag auf humanitären Aufenthalt in Österreich für den Familienvater XXXX “, datiert mit 10.12.2014. Darin wird ausgeführt, dass die Familie des Beschwerdeführers aus seiner Frau und seinen fünf Kindern bestehe. Der Vater des Beschwerdeführers lebe auch in der Familie. Die Frau des Beschwerdeführers sei wegen eines Autounfalles bewegungseingeschränkt und könne keine Arbeit aufnehmen. Sie stehe ständig in Therapie und sei auf die Mithilfe des Beschwerdeführers in der Kinderbetreuung angewiesen. Eine Tochter leide ebenso an massiven Bewegungseinschränkungen ( XXXX und XXXX ), habe starke Schmerzschübe und müsse teilweise vom Vater getragen werden. Auch der Vater des Beschwerdeführers lebe seit seiner Haftentlassung bei der Familie. Er sei aufgrund XXXX . Der Beschwerdeführer habe seit seiner Haftentlassung keine weiteren Straftaten mehr begangen. Er kümmere sich um die Familie, trage die Tochter und versorge den Vater.

Am 23.03.2015 wurde der Beschwerdeführer neuerlich vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer ein Schreiben eines Kinder Bildungs- und Integrationszentrums vom 10.02.2015, vor. Damit werde bestätigt, dass der Beschwerdeführer stets gemeinsam mit seiner Frau für die Kinder sorge und diese zumindest zweimal wöchentlich in den Kindergarten bringe bzw. abhole. In den Sommermonaten 2014 haben sie ihn für zumindest zwei Monate nicht gesehen und die Frau habe mitgeteilt, dass er in Tschetschenien sei.

In der Folge legte der Beschwerdeführer dem Bundesamt folgende Unterlagen vor:

-        Schreiben, datiert mit 20.08.2015, worin ausgeführt wird, dass mittlerweile das sechstes Kind des Beschwerdeführers geboren wurde und die Frau auf die Hilfe des Beschwerdeführers angewiesen sei. Er müsse seine andere Tochter nur noch manchmal zum Kindergarten tragen. Der Beschwerdeführer nehme Medikamente, wodurch er seinen Alltag recht gut bewältigen könne.

-        Psychiatrischer Befund eines psychosozialen Zentrums vom 22.05.2015, wonach sich der Beschwerdeführer seit Dezember 2014 in Träume-spezifischer, russischsprachiger Behandlung befinde. Die Diagnosen lauten: „ XXXX “; empfohlene Therapie: XXXX und XXXX .

Am 19.04.2016 wurde der Beschwerdeführer erneut durch das Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab zu seinen persönlichen Verhältnissen an, dass er mit seiner Frau und seinen Kindern – welche alle anerkannte Flüchtlinge in Österreich seien – gemeinsam in einer Mietwohnung lebe. Sein Vater sei letzte Woche gestorben. Seinen Lebensunterhalt in Österreich bestreite er durch Geld von der Caritas. Er bekomme alle zwei Monate 640 EUR. Er würde gerne einen Beruf erlernen und dann ausüben. Er habe Deutschkurse absolviert und sei weder in österreichischen Vereinen, noch in Organisationen Mitglied. Er sei voriges Jahr bei einem Psychologen in Behandlung gewesen. Er müsse sich um zwei kranke Kinder kümmern und habe deshalb keine Maßnahmen ergreifen können. Eine Tochter habe XXXX , die andere eine XXXX .

Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer medizinische Unterlagen betreffend seine Töchter vor:

-        Befundbericht vom 28.04.2014, wonach bei einer Tochter des Beschwerdeführers, XXXX , eine XXXX , XXXX vorliege.

-        Schreiben eines Kinderspitals vom 12.04.2015, wonach der Beschwerdeführer stark in die Pflege seiner jüngsten Tochter, XXXX , involviert sei. Er sei im Spital sehr präsent und bemühe sich eine notwendige Stütze zu sein.

-        Medizinische Unterlagen der jüngsten Tochter des Beschwerdeführers vom 07.03.2016, wonach bei dieser die Diagnosen „ XXXX “ erstellt wurden.

Am 22.03.2017 legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:

-        ÖSD-Zertifikat A2 vom 16.03.2017, wonach der Beschwerdeführer die Prüfung bestanden habe.

-        Schreiben vom 19.01.2017, wonach bestätigt werde, dass der Beschwerdeführer ab 30.04.2017 in einer XXXX als XXXX mit einem monatlichen Nettolohn von XXXX EUR beschäftigt sein werde.

Der Beschwerdeführer wurde am 14.03.2018 erneut vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Er gab an, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er keine Medikamente einnehme und nicht in ärztlicher Behandlung stehe. Er habe seine Frau in Österreich im Jahr 2013 traditionell und standesamtlich geheiratet. Seine Frau habe im Jahr 2004 einen Autounfall gehabt und könne seitdem nicht lange gehen. Pflege brauche sie keine und sie habe auch keine Einschränkungen. Seine Frau sei nie einer Beschäftigung in Österreich nachgegangen. Ihren Aufenthalt finanziere sich die Ehefrau durch XXXX EUR Mindestsicherung und XXXX EUR Familienbeihilfe. Er wohne mit seiner Ehefrau und seinen sieben Kindern in einem gemeinsamen Haushalt in XXXX . Er habe drei Töchter, wobei zwei in die Schule gehen. Zudem habe er vier Söhne, wobei drei in die Schule gehen. Er und seine Ehefrau haben die Obsorge. Es leben auch seine Schwiegereltern, sowie zwei Brüder und drei Schwestern seiner Ehefrau in Österreich. Alle seien anerkannte Flüchtlinge. Seine Ehefrau habe zu ihnen ein gutes Verhältnis. Befragt zu seinem Alltag in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er seine Kinder manchmal in die Schule bringe und sie abhole. Wenn er Zeit habe gehe er mit seinen Kindern in den Park. Zudem gehe er ins Fitnessstudio trainieren. Außer seiner Familie, den Schwiegereltern und den Geschwistern seiner Frau habe er in Österreich niemanden. Er spreche Deutsch auf A2-Niveau. Er habe keine Zeit gehabt sich mit Integration zu beschäftigen. Er habe verschiedene Arbeiten auf der Baustelle ausgeführt, aber sein positiver Bescheid sei ihm dann aberkannt worden. Er finanziere sich seinen Aufenthalt durch staatliche Unterstützung und Grundversorgung. Er wolle in Österreich einen Beruf erlernen, hier arbeiten und normal leben. Mitglied in österreichischen Vereinen oder sonstigen Organisationen sei der derzeit nicht.

Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:

-        Österreichischer Führerschein des Beschwerdeführers

-        von einem österreichischen Standesamt ausgestellte Geburtsurkunde des Beschwerdeführers

-        Geburtsurkunde, wonach ein Sohn des Beschwerdeführers am XXXX in Österreich geboren wurde.

-        Medizinische Unterlagen (vom 18.07.2016 und 28.08.2017) hinsichtlich der jüngsten Tochter des Beschwerdeführers, welche sich seit Jänner 2016 in medizinischer Behandlung in einem Kinderspital befinde sowie weitere medizinische Unterlagen und Laborbefunde.

-        Medizinische Unterlagen (vom 10.04.2017) hinsichtlich der Tochter des Beschwerdeführers XXXX .

-        Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenat betreffend die Ehefrau des Beschwerdeführers

Das Bundesamt wies diesen Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 11.05.2018 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Der Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX verloren hat und gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

1.2.6. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10.07.2018 als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest, der dem Erkenntnis zu Grunde gelegt wurde:

Der [Beschwerdeführer] ist ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gehört der Volksgruppe der Tschetschenen an und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Seine Identität steht infolge der Vorlage von unbedenklichen Identitätsdokumenten fest.

Nicht festgestellt werden kann, dass der [Beschwerdeführer] in der Russischen Föderation mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität – oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität – in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht. Es kann ebenso nicht festgestellt werden, dass der [Beschwerdeführer] im Jahr 2014 nach Tschetschenien zurückgekehrt ist und er in weiter[er] Folge wieder nach Österreich eingereist ist.

Nicht festgestellt werden kann, dass der [Beschwerdeführer] im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in seinem Recht auf Leben gefährdet wäre, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass der [Beschwerdeführer] im Fall seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und [ihm] die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Der [Beschwerdeführer] legte zwei psychiatrische Befunde eines psychosozialen Zentrums aus den Jahren 2014 und 2015 vor, wonach er seit Dezember 2014 in Trauma-spezifischer, russischsprachiger Behandlung ist. Die Diagnose im aktuellsten Befund vom 22.05.2015 lautet: „ XXXX “. Als Therapie wurden die Medikamente XXXX und XXXX empfohlen. Darüber hinaus hat der [Beschwerdeführer] keine Krankheiten geltend gemacht und auch keine aktuelleren medizinischen Befunde in Vorlage gebracht. In seiner letzten Einvernahme am 14.03.2018 gab der [Beschwerdeführer] an, dass es ihm gesundheitlich gut geht, er keine Medikamente einnimmt und er nicht in ärztlicher Behandlung steht. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der [Beschwerdeführer] an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leidet, welche eine Rückkehr in die Russische Föderation iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden.

Der [Beschwerdeführer] war in der Russischen Föderation in der Lage, sich seinen Lebensunterhalt – zuletzt durch diverse Hilfstätigkeiten (als Hilfsarbeiter auf Baustellen) – zu sichern. In der Russischen Föderation (Tschetschenien) halten sich zudem zahlreiche Verwandte des [Beschwerdeführers] (ua. seine Mutter, Schwester, Onkeln und Tanten sowie Cousins) auf.

Der [Beschwerdeführer] ist (wie oben angeführt) in Österreich mehrfach straffällig geworden und wurde zu Freiheitsstrafen verurteilt. Er verfügt lediglich über Deutschkenntnisse auf A2 Niveau und bezieht laufend Leistungen aus der Grundversorgung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. In Österreich halten sich die Ehefrau (samt deren Familie) und die sieben Kinder des [Beschwerdeführers] auf, welche anerkannte Flüchtlinge in Österreich sind. Der [Beschwerdeführer] hat seine Ehefrau im Jahr 2013 in Österreich standesamtlich geheiratet. Der [Beschwerdeführer] lebt erst seit wenigen Jahren in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau und seinen Kindern. Der [Beschwerdeführer] geht keiner legalen Beschäftigung nach, gehört keinem Verein und keiner sonstigen Verbindung an. Eine nachhaltige Integration des [Beschwerdeführers] im Sinne einer tiefgreifenden Verwurzelung im Bundesgebiet kann nicht erkannt werden. Er hat auch keine sonstigen Ausbildungen absolviert und war nicht ehrenamtlich tätig.

Gegen den Beschwerdeführer besteht somit eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung sowie ein auf 6 Jahre befristetes Einreiseverbot.

1.2.6. Der Beschwerdeführer stellte am 26.11.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG. Der Beschwerdeführer führte unter einem aus, dass seine Ehefrau, der Status einer Asylberechtigten zukomme und sie sich aufgrund eins Autounfalles eine XXXX zugezogen habe, weshalb sie alle paar Jahre deswegen operiert werden müsse. Zudem habe die Tochter des Beschwerdeführers, XXXX , der ebenfalls der Status einer Asylberechtigten zukomme, eine XXXX und benötige Hilfe im Ausmaß der (Pflege)Stufe XXXX . Seine Tochter, XXXX , der ebenfalls der Status eines Asylberechtigten zukomme, bedarf einer langjährigen XXXX und benötige ebenfalls Pflege im Ausmaß der Stufe XXXX . Die Ehefrau des Beschwerdeführers könne sich sowie die Kinder nicht allein versorgen.

Unter einem legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:

-        ÖSD-Zertifikat A2 vom 16.03.2017, wonach der Beschwerdeführer die Prüfung bestanden habe

-        die erste Seite eines Mietvertrages und

-        Heiratsurkunde des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau, wonach sie in XXXX am 20.03.2013 standesamtlich geheiratet haben

-        Kopie des am 15.08.2014 ausgestellten russischen Reisepasses des Beschwerdeführers

-        Kopie des am 31.10.2018 ausgestellten österreichischen Reisepasses der Ehefrau

Am 08.01.2018 wurden von der Ehefrau des Beschwerdeführers beim Bundesamt noch folgende Urkunden vorgelegt:

-        Meldezettel des Beschwerdeführers, seiner Ehefrau und seiner Kinder jeweils vom 25.09.2017

-        Kopie der E-Card des Beschwerdeführers

-        von einem österreichischen Standesamt ausgestellte Geburtsurkunde des Beschwerdeführers

-        von einem österreichischen Standesamt ausgestellte Geburtsurkunde der Ehefrau des Beschwerdeführers

-        österreichische Geburtsurkunden der Kinder des Beschwerdeführers

-        die zweite Seite des ÖSD-Zertifikats A2 vom 16.03.2017

-        medizinischen Unterlagen (vom 26.01.2018 und 09.04.2018) betreffend die Ehefrau des Beschwerdeführers, wonach bei ihr ein XXXX entsprechend einer XXXX vorliegt. Die übrigen Binnenstrukturen sind regelhaft; kein XXXX ; kein XXXX und die am 27.11.2018 geplante Operation samt Konvolut an Informationen zur Anästhesie

-        Patientenbrief und Entlassungsbrief-Pflege betreffend die Ehefrau des Beschwerdeführers jeweils vom 23.09.2018, wonach diese von 20.09.2018 bis 23.09.2018 aufgrund einer XXXX stationär im Krankenhaus aufhältig war und sich der postoperative Verlauf komplikationslos gestaltete. Sie konnte in einem guten Allgemeinzustand nach Hause entlassen werden, war selbständig und bedarf keiner Unterstützung durch professionelle Pflege

-        Terminbestätigung und Ambulanzkarte individuell der Ehefrau des Beschwerdeführers jeweils vom 27.09.2018, wonach die [Operations]Wunde nicht gerötet ist

-        Bestätigung über GVS-Leistungsbezug betreffend den Beschwerdeführer vom 11.01.2017

-        zweite Seite des Mietvertrages

-        Heiratsurkunde des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau, wonach sie in XXXX am 20.03.2013 standesamtlich geheiratet haben

-        Konvolut an medizinischen Unterlagen betreffend XXXX vom 25. und 26.10.2018 samt Zuweisungsformularen, wonach diese seit drei Monaten Schmerzen im Bereich der HWS habe und diese seit einer Woche zugenommen haben, die Mutter der Patientin mit dieser jedoch ohne gesehen zu werden wieder gegangen sei;

-        Konvolut an medizinischen Unterlagen betreffend XXXX jeweils datiert vor 10.07.2018

-        Schreiben des XXXX vom 05.11.2018 betreffend XXXX , wonach diese onkologisch nachbetreut wird und kein Erkrankungsrückfall vorliegt. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sehe sich außerstande alleine für die Kinder zu sorgen und erkenne keine Option nach Tschetschenien zurückzukehren

-        fünf Schulbesuchsbestätigungen betreffend die Kinder des Beschwerdeführers jeweils vom 30.01.2018

-        Schreiben mit dem Titel „Darstellung der Familiensituation und Antrag auf humanitären Aufenthalt in Österreich für den Familienvater XXXX “, datiert mit 10.12.2014 samt medizinischen Unterlagen betreffend die Ehefrau, die Tochter und den Vater des Beschwerdeführers sowie dem Gutachten des Vaters des Beschwerdeführers über die Strafvollzugstauglichkeit vom 17.11.2014; Bericht der Bewährungshilfe des Beschwerdeführers vom 06.02.2014.

-        Bescheide der Kinder des Beschwerdeführers mit denen ihnen jeweils der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Das Bundesamt wies den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK mit Bescheid vom 28.01.2019 gemäß § 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBL. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, zurück. Das Bundesamt stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest, der dem Bescheid zu Grunde gelegt wurde:

Zur Person des Beschwerdeführers: Er ist Staatsbürger der russischen Föderation. Seine Identität steht fest. Er heißt XXXX und ist am XXXX geboren. Er leidet an keiner schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung. Er ist gesund und im arbeitsfähigen Alter. Er ist verheiratet und ist für niemanden sorgepflichtig. Er hat mit seiner Gattin sieben Kinder. Die alleinige Obsorge seiner Kinder obliegt der Gattin des Beschwerdeführers. Er ist bei seiner Ehefrau mitkrankenversichert. Gegen den Beschwerdeführer besteht seit 12.07.2018 eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung iVm einem 6-jährigen Einreiseverbot. Er hat das Bundesgebiet bis dato nicht verlassen.

Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers: In Österreich leben die Ehefrau, die Schwester und sieben minderjährige Kinder des Beschwerdeführers. Er lebt derzeit im gemeinsamen Haushalt mit seiner Gattin und seinen Kindern. Sonstige familiäre und private Bindungen zum Bundesgebiet hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.

1.2.7. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde.

1.2.8. Zwischen der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.07.2018, Zl. W226 2197924-1, und der Bescheiderlassung des Bundesamtes am 28.01.2019 hat sich der den Entscheidungen zugrundeliegende Sachverhalt nicht maßgeblich geändert.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund der im Verfahren vorgelegten Kopie seines Reisepasses sowie seiner Geburtsurkunde fest.

Die Feststellungen zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen auf den Angaben des Beschwerdeführers in den bisherigen Verfahren.

2.1.2. Die Feststellungen zur Ehefrau des Beschwerdeführers und ihren Kindern ergeben sich aus den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Geburtsurkunden und der Heiratsurkunde.

2.1.3. Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem Auszug aus dem Strafregister sowie durch Einsicht in die strafgerichtlichen Urteile.

2.2. Zu den Feststellungen zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Die Feststellungen zum Verfahrensverlauf und den Anträgen auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer ergaben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten.

Dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung sowie ein befristetes Einreiseverbot besteht, ergibt sich aus dementsprechenden Akteninhalt, insbesondere aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.07.2018.

2.2.2. Dass sich zwischen der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.07.2018, Zl. W226 2197924-1, und der Bescheiderlassung des Bundesamtes am 28.01.2019 der den Entscheidungen zugrundeliegende Sachverhalt nicht maßgeblich geändert hat, ergibt sich aus einem Vergleich der im Erkenntnis vom 10.07.2018 getroffenen Feststellungen mit denen des Bescheides des Bundesamtes vom 28.01.2019 und den in den jeweiligen Verfahren vorgelegten Unterlagen.

Soweit der Beschwerdeführer bei Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ausführte, dass seine Frau eine XXXX sowie zwei Töchter schwer krank seien und seine Ehefrau die Kinder nicht alleine versorgen könne, ist festzuhalten, dass der entsprechende Sachverhalt bereits bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung im Erkenntnis vom 10.07.2018 berücksichtigt, dessen rechtliche Beurteilung auszugsweise wie folgt lautet:

„In Österreich sind sieben minderjährige Kinder sowie die Ehegattin des [Beschwerdeführers] aufhältig, welchen allesamt die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist. Der [Beschwerdeführer] hat seine Ehefrau erst im Jahr 2013 - und somit zu einem Zeitpunkt, an dem ihm sein unsicherer Aufenthalt in Österreich bewusst gewesen ist - standesamtlich geheiratet. Auch wurden zwei Kinder des [Beschwerdeführers] erst in den Jahren XXXX und XXXX und somit erst nach der ersten rechtskräftigen Ausweisung des [Beschwerdeführers] in Österreich geboren. Wie aus einem aktuellen ZMR-Auszug ersichtlich ist, lebt der [Beschwerdeführer] zudem auch erst seit wenigen Jahren mit seiner Ehefrau und seinen minderjährigen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt. Zuvor bestand nur vereinzelt ein gemeinsamer Wohnsitz und war der [Beschwerdeführer] an einer Vielzahl von Hauptwohnsitzen an verschiedenen Adressen (bzw. teilweise obdachlos) gemeldet. Wie das Bundesamt schon korrekterweise in ihrem Bescheid ausführte, zeigen frühere Angaben des [Beschwerdeführers] in seinem Verfahren, dass er gar kein Interesse an einem Zusammenleben mit seiner Familie hatte. So fällt insbesondere auf, dass der [Beschwerdeführer] bei der Einvernahme hinsichtlich der Wiederaufnahme auf die Frage nach in Österreich aufhältigen Angehörigen anfangs lediglich angab: „Mein Vater, sonst niemand“ und er erst auf die Frage, ob er denn keine Kinder habe, angab, dass er Kinder habe. Des weiteren fällt auf, dass der [Beschwerdeführer] in dieser Einvernahme in weiterer Folge auch die genauen Geburtsdaten seiner Kinder nicht angeben konnte und gab er im Rahmen dieser Niederschrift auf die Frage, warum er nicht gemeinsam mit seiner Frau und seinen Kindern lebe, an, dass die bestehende Wohnung seiner Frau gehöre und diese nur vierzig Quadratmeter groß sei. Wenn sie eine größere Wohnung hätten, dann würden sie zusammenleben können. Zudem gab der [Beschwerdeführer] in der Einvernahme an, dass er kein Geld habe, um sich eine Wohnung zu mieten, er aber schon zwei oder drei Mal Dokumente wegen einer Gemeindewohnung abgegeben habe, aber eine Ablehnung gekommen sei. Wie auch das Bundesamt schon hervorgehoben hat, war weiters auffällig, dass die Vertrauensperson in der diesbezüglichen Zeugeneinvernahme der Ehefrau angab, dass die alleinige Obsorge der Kinder bei der Mutter liege. Auch bei seiner letzten Einvernahme am 14.03.2018 gab der [Beschwerdeführer] lediglich an, dass er seine Kinder „manchmal“ in die Schule bringe und sie abhole und er „wenn er Zeit habe“ mit ihnen in den Park gehe. Wie auch das Bundesamt schon ausführte, ist dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der [Beschwerdeführer] nicht berufstätig ist und er auch keine anderen Verpflichtungen hat, absolut nicht nachvollziehbar oder erklärbar. Auch wenn der [Beschwerdeführer] ein Schreiben eines Kinderspitals vorlegte, wonach seine Anwesenheit als erforderlich dargestellt werde, so war dennoch nicht ersichtlich, dass sich der [Beschwerdeführer] maßgeblich an der Therapie der Tochter beteilige. Vielmehr ist aus den vorgelegten Spitalsbefunden zu entnehmen, dass die Mutter die Einverständniserklärungen unterschrieben hat. Die zukünftige Pflege und Erziehung der Kinder ist durch die Kindesmutter und deren Familie (Eltern, zwei Brüder und drei Schwestern), welche ebenfalls in Österreich lebt, jedenfalls gesichert. Auch ist der [Beschwerdeführer] weiterhin dazu in der Lage seine Familie von Tschetschenien aus mit Geld zu unterstützen. Zudem ist aufgrund der finanziellen Zuwendungen, welche die Kindesmutter bekommt (laut Angaben des [Beschwerdeführers] in seiner Einvernahme am 14.03.2018 sind dies XXXX EUR Mindestsicherung und XXXX EUR Familienbeihilfe) davon auszugehen, dass diese auch nach Verlassen des Bundesgebietes des [Beschwerdeführers] dazu in der Lage sein wird, für die Betreuung der Kinder bzw. die medizinische Behandlung (allenfalls mit Unterstützung ihrer in Österreich lebenden Familie) zu gewährleisten.

Zwischen dem [Beschwerdeführer], seiner Ehefrau und den minderjährigen Kindern liegt demnach nur ein gering ausgeprägtes familiäres Verhältnis vor. Dieses familiäre Verhältnis erweist sich aufgrund seiner geringen Intensität auch als entsprechend wenig schutzwürdig. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass der [Beschwerdeführer] seine Trennung von seinen Kindern durch die wiederholte Begehung von mit nicht unerheblichen Freiheitsstrafen bedrohten Delikten bewusst in Kauf genommen hat. Der [Beschwerdeführer] wird den Kontakt zu seinen minderjährigen Kindern und seiner Ehefrau auch nach einer Rückkehr in den Herkunftsstaat im Wege moderner Kommunikationsmittel aufrechterhalten können, sodass kein völliger Abbruch der Beziehung im Raum steht. Aufgrund der Straffälligkeit und mangels erkennbarer Integration im Bundesgebiet (siehe dazu sogleich) hat der [Beschwerdeführer] eine räumliche Trennung von seinen Kindern und seiner Ehefrau im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen, wobei besonders gravierend zu Lasten des [Beschwerdeführers] ausfällt, dass dieser zahlreichen Ausreiseverpflichtungen niemals nachgekommen ist und mit einem völlig frei erfundenen Vorbringen über eine Rückkehr nach Tschetschenien im Sommer 2014 erneut Asyl beantragt hat.“

Eine maßgebliche Sachverhaltsänderung wurde vom Beschwerdeführer weder bei Antragstellung am 26.11.2018 noch im entsprechenden Verfahren behauptet.

Soweit der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt medizinische Unterlagen betreffend die Ehefrau des Beschwerdeführers und seine Tochter XXXX datiert nach dem 10.07.2018 – und somit nach Erlassung der Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer – vorlegte, ist diesen weder eine wesentliche Verschlechterung ihres gesundheitlichen Zustandes noch ein zusätzlicher Pflegebedarf oder eine sonstige maßgebliche Änderung der persönlichen Situation der Ehefrau und der Tochter des Beschwerdeführers zu entnehmen. Da die Mutter von XXXX mit dieser nach dem Aufsuchen eines Krankenhauses aufgrund der Zunahme von Schmerzen ohne von einem Arzt gesehen zu werden, wieder verließ, ist auch daran keine wesentliche Änderung des gesundheitlichen Zustandes der Tochter des Beschwerdeführers erkennbar, zumal die Mutter ansonsten wohl eine ärztliche Untersuchung nicht abgelehnt hätte.

Soweit ins Treffen geführt wurde, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers nicht im Stande sei, alleine für die Kinder zu sorgen, wurde bereits mit dem Erkenntnis vom 10.07.2018, mit dem gegen den Beschwerdeführer unter anderem eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, rechtlich ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer nicht maßgeblich an der Therapie der Tochter beteiligt, sondern vielmehr die Mutter diese Aufgaben mit der Tochter wahrnimmt sowie, dass die zukünftige Pflege und Erziehung der Kinder durch die Kindesmutter und deren Familie (Eltern, zwei Brüder und drei Schwestern), welche ebenfalls in Österreich lebt, jedenfalls gesichert ist. Zudem ist die Ehefrau des Beschwerdeführers auch nach Verlassen des Bundesgebietes des Beschwerdeführers dazu in der Lage, die Betreuung der Kinder bzw. die medizinische Behandlung (allenfalls mit Unterstützung ihrer in Österreich lebenden Familie) zu gewährleisten. Die Vorlage eines neuerlichen Schreibens eines Kinderspitals, vermag auch keine Änderung in Bezug auf die im Erkenntnis vom 10.07.2018 getroffene rechtliche Beurteilung, dass der Beschwerdeführer nicht nachhaltig an der Betreuung und Pflege beteiligt und für die Verpflegung der Familie unverzichtbar ist, aufzuzeigen, zumal ein entsprechendes Schreiben des Kinderspitals bereits im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde und dieses im Erkenntnis vom 10.07.2018 berücksichtigt wurde.

Eine Änderung des Sachverhalts zwischen der Erlassung der Rückkehrentscheidung durch das Erkenntnis vom 10.07.2018 und der Erlassung des Bescheides am 28.01.2019 wurde daher nicht vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Allgemeine Bestimmungen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und FPG bleiben unberührt. Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

Zu A)

3.2. Abweisung der Beschwerde

3.2.1. Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

Gemäß § 58 Abs. 5 AsylG 2005 sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen. Im Antrag ist gemäß § 58 Abs. 6 AsylG 2005 der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt gemäß § 58 Abs. 8 AsylG 2005 darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Anträge gemäß § 55 AsylG 2005 sind gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.

Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 begründen gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

3.2.2. Gegenstand dieses Verfahrens ist ausschließlich die Frage, ob das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen hat (vgl. allgemein Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 62; Grabenwarter/Fister, Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit6, 273 f.).

Die maßgebliche Rechtsfrage ist daher jene, ob nach der rechtskräftigen erlassenen Rückkehrentscheidung aus dem begründeten Antragsvorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf das Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, hervorgeht. Die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung ist nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Bei dieser Prognose sind die nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände jedenfalls soweit einzubeziehen, als zu beurteilen ist, ob es angesichts dieser Umstände nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf frühere maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt nunmehr geboten sein könnte. Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Rechte nach Art. 8 EMRK muss zumindest möglich sein (vgl. VwGH vom 03.10.2013, 2012/22/0068, mwN). Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt ist schon dann gegeben, wenn die geltend gemachten Umstände nicht von vornherein eine neue Beurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 MRK ausgeschlossen erscheinen lassen (vgl. VwGH 23.1.2020, Ra 2019/21/0356; VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183). Maßgeblich für die Prüfung sind jene Umstände, die bis zum erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid eingetreten sind (vgl. VwGH 10.12.2013, 2013/22/0362; VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183). Es hat somit im Rahmen des Verfahrens nach § 55 AsylG 2005 eine Neubewertung einer Rückkehrentscheidung nur bei einem geänderten Sachverhalt zu erfolgen, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, wobei sich die inhaltliche Neubewertung des Sachverhalts lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 03.10.2013, Zl. 2012/22/0068).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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