TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/18 W257 2012721-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.2021
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Entscheidungsdatum

18.02.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GehG §23a
GehG §23b
GehG §83c

Spruch


W257 2012721-2/4E

im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von Revierinspektor XXXX , vertreten durch Rechtsanwälte „DAX & Partner Rechtsanwälte GmbH“, gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors von Burgenland, Zl. P6/106092013, vom 13. August 2014, womit ihm der Antrag vom 14. August 2013 auf Zuerkennung einer Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzensgeld nach § 23a Gehaltsgesetz 1956, abgewiesen wurde, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

1.       Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Stammdienststelle befindet sich innerhalb Bundesministerium für Inneres. Er ist der Dienstleistung des LPD Burgenland zugewiesen.

Am XXXX 2012 nahm er an einem exekutiven Einsatztraining teil an dem die Anwendung einsatzbezogener Körperkraft geschult wurde. Dabei wurde der Beschwerdeführer verletzt und befand er sich vom XXXX 2012 bis zum XXXX 2013 in Krankenstand.

Mit Antrag vom 18. März 2013 begehrte er bei der LPD Burgenland die Auszahlung eines Verdienstentganges nach dem WHG 1992, sowie Schmerzensgeld nach dem Gehaltsgesetz. Ihm wurde ein Verdienstentgang in der Höhe von ca 10.000.- Euro im Dezember 2013 zugestanden. Zugleich wurde ihm mitgeteilt, dass ein Anspruch bezüglich dem Schmerzensgeld nicht bestehen würde. Er stellte einen Antrag auf bescheidmäßige Erledigung.

Mit dem bekämpften Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag abgewiesen. Die Behörde begründete die Abweisung damit, dass die rechtliche Grundlage, § 83c Gehaltsgesetz, einen Dienstunfall gem § 4 Abs. 1 (z 1 u 2) WHG erfordere. Sein Dienstunfall sei jedoch ein „Ausbildungs-Dienstunfall“, welcher dem § 4 Abs. 3 WHG zuzuordnen sei, welcher keinen Schmerzensgeldanspruch begründe. Selbst wenn solcherart Ausbildungsunfälle von Abs. 1 erfasst wären, müssten besonders gefährliche Umstände bei der Ausübung exekutivdienstlicher Pflichten bei dem Unfall hinzutreten, dies nicht der Fall gewesen sei. Die Teilnahme an einem Einsatztraining stelle jedoch keinen besonderen gefährlichen Umstand dar, weswegen der Antrag auf Schmerzensgeld abzuweisen sei.

Gegen den Bescheid wurde vollumfängliche Beschwerde erhoben. Nach Darlegung des unstrittigen Verfahrensganges und des Krankheitsverlaufes wurde ausgeführt, dass der VwGH in seinem Erk vom 05.07.206, Gz. 2005/12/0182 ausführte, dass der § 4 Abs. 1 WHG zu eng gefasst sei und „in Anbetracht des häufig unter besonders gefährlichen Umständen auszuübenden Exekutivdienstes auf Fälle zu erweitern ist, die sich in unmittelbarer Ausübung der exekutivdienstlichen Pflichten ereignen.“ Er stellte den Antrag, dass das Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheiden und den Bescheid aufheben möge, in eventu möge das Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung anberaumen und ebenso in der Sache selbst entscheiden.

Der Verwaltungsakt langte mit einem ergänzenden Schreiben der belangten Behörde am 20. Oktober 2020 bei beim ho Bundesverwaltungsgericht ein. Dieses als Gegenäußerung bezeichnete Schreiben wurde dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme zugesandt. Darin führt die belangte Behörde aus, dass das WHG mit 31. Juni 2018 aufgehoben worden sei, weswegen der Sachverhalt nochmals im Lichte des jetzigen gültigen §§ 23a ff Gehaltsgesetz geprüft worden sei. Nach Ausführung des § 23b GehG führte es aus, dass die nunmehrige Grundlage „keinesfalls so auszulegen sei, dass nunmehr alle Unfälle, die sich bei normalen alltäglichen Tätigkeiten – wie im konkreten Fall (Ausbildung – Einsatztraining ohne Fremdverschulden) – während der Dienstzeit ereignen, die Voraussetzung für eine Zuerkennung der besonderen Hilfeleistungen nach §§ 23aff Gehaltsgesetz erfüllen.“

Eine Stellungnahme langte nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.       Feststellungen

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Der unter Punkt 1 dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Im Rahmen des exekutivdienstlichen Einsatztrainings, in der die Anwendung einsatzbezogener Körperkraft geschult wird und wie die Waffenübungen zur routinemäßigen Aus- und Fortbildung eines Exekutivbeamten gehören, verletzte sich der Beschwerdeführer am 16. März 2012 ohne Fremdverschulden an seinem Knie dermaßen, dass er zweimal operiert werden musste und sich bis zum 22. Jänner 2013 in Krankenstand befand. Der Verdienstentgang wurde ausgeglichen, ein Schmerzensgeld wurde ihm nicht zugestanden.

Der Unfall geschah bei der Anwendung einsatzbezogener Körperkraft, indem gegen 15.15 Uhr des 16. März 2012 an dem Beschwerdeführer ein Schultergelenksdrehebel angewendet wurde. Um den bevorstehenden Gewichtsverlust auszugleichen, stieg der Beschwerdeführer mit dem linken Fuß zurück, wobei er Schmerzen in linken Kniegelenk verspürte.

Der Unfall wurde von der BVA als Vorheriger Dienstunfall anerkannt.

3.       Beweiswürdigung

Beweise wurde erhoben durch die Einsicht in den Verwaltungsakt, darunter die. Weitere Beweiserhebung, allenfalls auch durch eine mündliche Verhandlung – die nicht beantragt wurde – bedurfte es nicht.

4.       Rechtliche Beurteilung:

4.1.    Gemäß Art. 30 der Dienstrechts-Novelle 2018, BGBl. I Nr. 60/2018, wurden „das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz –WHG, BGBl. Nr. 177/1992, zuletzt geändert durch das 2. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. I Nr. 35/2012, und die Bundesministeriengesetz-Novelle 2017, BGBl. I Nr. 164/2017“, mit Ablauf des 30. Juni 2018 aufgehoben.

§ 23a und § 23b Gehaltsgesetz 1956 (GehG) lauten:

Besondere Hilfeleistungen

§ 23a. Der Bund hat als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn
1.         eine Beamtin oder ein Beamter
a)         einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes – B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder
b)         einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955,
in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten erleidet, und
2.         dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und
3.         der Beamtin oder dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder ihre oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.

Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung

§ 23b. (1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn
1.         sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder
2.         solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.

(2) Ein Vorschuss nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 ist höchstens bis zum 27-fachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 für Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten.

(3) Das Schmerzengeld und das Einkommen gemäß Abs. 2 umfassen auch die jeweils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche anfallenden Zinsen.

(4) Ist eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche gemäß Abs. 2 unzulässig, kann diese nicht erfolgen oder ist diese ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt, hat die Dienstbehörde nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche die Heilungskosten sowie jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu ersetzen. Die Zahlung von Schmerzengeld ist nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche höchstens bis zum fünffachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 möglich. Die Gesamtkosten dürfen jedoch jene gemäß Abs. 2 nicht überschreiten.

(5) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes besteht nur insoweit, als die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.

(6) Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über.

Wenn das Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheidet, hat es seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten; allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage sind also zu berücksichtigen (siehe VwGH vom 30.03.2017, Ro 2015/03/0036).

Mit der Dienstrechtsnovelle 2018, BGBl. I Nr. 60/2018, erfolgte eine Gleichstellung der übrigen Bundesbediensteten mit Wachebediensteten bei schweren Dienstunfällen. Im Zuge dessen erfolgte die Eingliederung der Kernbestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes – WHG, BGBl. Nr. 177/1992, in die §§ 23a ff GehG und wurde ebenso der bisherige § 83c GehG in diese Bestimmungen eingearbeitet. Auch wenn in den erläuternden Bestimmungen (196 dB, XXVI. GP, S.27) ausgeführt wird, dass bei Anlassfällen bis zum Ablauf des 30. Juni 2018 noch das WHG zur Anwendung kommt, lässt sich dies aus den gesetzlichen Bestimmungen nicht entnehmen. Ebenso wenig handelt es sich gegenständlich um einen zeitraumbezogenen Abspruch. Demnach ist die zum Zeitpunkt dieser Entscheidung maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer hat sich gegenständlich bei einem Dienstunfall iSd § 90 Abs. 1 B-KUVG verletzt und befand sich vom Tag des Unfalles, der 16. März 2012 bis einschließlich 22. Jänner 2013 in Krankenstand und war an der Ausübung seines Dienstes verhindert. Es ist daher zu prüfen, ob der Bund im Sinne des § 23a (f) GehG als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen hat.

Gemäß § 23b GehG leistet der Bund als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn

1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder

2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.

Beides liegt unstrittig gegenständlich nicht vor. Auch in ihrer Beschwerde hat der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, dass Fremdverschulden vorliegt.

Mangels eines Anspruches des Beschwerdeführers war die Beschwerde daher abzuweisen.

4.2.    Darüber hinaus wäre auch nach der alten Rechtslage der Anspruch zu verneinen gewesen:

§ 83c GehG 1956 aF lautete wie folgt:

"Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzensgeld

§ 83c. Dem Beamten des Exekutivdienstes, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z 1 und 2 des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes, BGBl. Nr. 177/1992, erfüllt, kann, wenn eine gerichtliche Entscheidung über den geltend gemachten Schmerzensgeldbetrag nicht zulässig ist oder nicht erfolgen kann, eine einmalige Geldaushilfe bis zur Höhe des […] Referenzbetrages gemäß § 3 Abs. 4 gewährt werden. Abweichend von § 1 gilt dies auch für im Exekutivdienst verwendete Vertragsbedienstete."

Die Bestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz (WHG) aF lauten auszugsweise, wie folgt:

"Voraussetzungen für die Hilfeleistungen

§ 4. (1) Der Bund hat die besondere Hilfeleistung an Wachebedienstete zu erbringen, wenn

1. ein Wachebediensteter

a) einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder

b) einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955,

in unmittelbarer Ausübung seiner exekutivdienstlichen Pflichten erleidet, und

2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und

3. dem Wachebediensteten dadurch Heilungskosten erwachsen oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.

Z 3 ist nicht auf die Vorschussleistung von Schmerzensgeld nach § 9 Abs. 1a anzuwenden.

(2) - (3) [...]

Vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund

Voraussetzungen

§ 9. (1) Der Bund leistet als Träger von Privatrechten an den Wachebediensteten oder an seine Hinterbliebenen einen Vorschuß, wenn

1. sich der Wachebedienstete oder seine Hinterbliebenen im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne dieses Bundesgesetzes an einem Strafverfahren beteiligen, das mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche des Wachebediensteten oder seiner Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder

2. solche Ersatzansprüche dem Wachebediensteten oder seinen Hinterbliebenen im Zivilrechtsweg rechtskräftig zugesprochen werden.

(1a) - (1b) [...]

(2) Ist eine gerichtliche Entscheidung über Ersatzansprüche unzulässig oder kann sie nicht erfolgen, so leistet der Bund ausgenommen beim Schmerzengeld an den Wachebediensteten oder an seine Hinterbliebenen einen den persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Wachebediensteten oder seiner Hinterbliebenen angemessenen Vorschuss. Dieser Vorschuß ist höchstens bis zum 60fachen Betrag des jeweiligen, für die Gewährung von Ausgleichszulagen gemäß § 293 Abs. 1 lit. b ASVG maßgebenden Richtsatzes zu leisten.

(3) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes nach Abs. 1 und 2 besteht nur insoweit, als die Ansprüche des Wachebediensteten oder seiner Hinterbliebenen nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.

[…]"

Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus Folgendes:

Die Zuerkennung einer Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzensgeld gemäß § 83c GehG 1956 aF setzt voraus, dass ein Anspruch auf Schmerzensgeld überhaupt entstanden ist und eine gerichtliche Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch auf Schmerzensgeld unzulässig oder nicht möglich ist.

Der Beschwerdeführer hat sich die Verletzung ohne fremdes Zutun zugezogen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 13.11.2014, 2011/12/0037, ausgeführt, dass die Zuerkennung einer Geldaushilfe gemäß § 83c GehG 1956 aF nicht in Betracht kommt, wenn die Schadenszufügung ohne fremde Einwirkung, somit ohne Zutun einer anderen Person, erfolgt ist und kein gegen eine andere Person gerichteter Schmerzensgeldanspruch besteht.

Voraussetzung für die Zuerkennung einer Ausgleichsmaßnahme gemäß § 83c GehG 1956 aF ist daher, dass der Schaden dem Beamten durch eine andere Person zugefügt worden ist. Eigenverschulden des Beamten bzw. eine Verletzung ohne fremdes Zutun schließen daher von vornherein einen Anspruch auf Schmerzensgeld und damit auch auf Zahlung einer Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzensgeld aus.

Für dieses Ergebnis sprechen nach den Ausführungen des VwGH im oben genannten Erkenntnis auch die Gründe für die Einführung des § 83c GehG 1956 aF: Das WHG regelt unter anderem die vorläufige Übernahme von Ansprüchen des Wachebediensteten oder seiner Hinterbliebenen durch den Bund, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Gemäß § 9 Abs. 1 WHG aF leistet der Bund als Träger von Privatrechten an den Wachebediensteten oder an seine Hinterbliebenen einen Vorschuss, wenn sich der Wachebedienstete oder seine Hinterbliebenen im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des WHG an einem Strafverfahren beteiligen, das mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche des Wachebediensteten oder seiner Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder wenn solche Ersatzansprüche dem Wachebediensteten oder seinen Hinterbliebenen im Zivilrechtsweg rechtskräftig zugesprochen werden. Ist eine gerichtliche Entscheidung über Ersatzansprüche unzulässig oder kann sie nicht erfolgen, so leistet der Bund gemäß § 9 Abs. 2 WHG aF ausgenommen beim Schmerzensgeld an den Wachebediensteten oder an seine Hinterbliebenen einen den persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Wachebediensteten oder seiner Hinterbliebenen angemessenen Vorschuss. § 9 WHG aF stellt somit auf gegen den Täter gerichtete Ersatzansprüche ab, für die der Bund unter bestimmten Voraussetzungen einen Vorschuss leistet.

§ 83c GehG 1956 aF wurde eingeführt, um auch Wachebediensteten, über deren bei Gericht geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch eine gerichtliche Entscheidung nicht zulässig (unbekannter Täter) oder nicht erfolgen kann (abwesender oder flüchtiger Täter) und die deshalb auch nicht in den Genuss eines Vorschusses nach § 9 WHG aF gelangen können, einen gewissen Ausgleich für entgangenes Schmerzensgeld und die im dienstlichen Einsatz erlittene Unbill gewähren zu können. Aufgrund dieses Zusammenhangs zwischen § 9 WHG aF und § 83c GehG 1956 aF ergibt sich, dass die Wendung "wenn eine gerichtliche Entscheidung über den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch nicht zulässig ist oder nicht erfolgen kann" in § 83c GehG 1956 aF darauf abstellt, dass eine gerichtliche Entscheidung über den geltend gemachten Schmerzensgeldbetrag gegen den Täter nicht zulässig ist oder nicht erfolgen kann. Auch diese Überlegungen führen zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf eine Ausgleichsmaßnahme gemäß § 83c GehG 1956 aF nicht besteht, wenn eine Schadenszufügung ohne Fremdeinwirkung erfolgte und somit kein gegen eine andere Person gerichteter Schmerzensgeldanspruch besteht.

Daher scheidet – auch nach der alten Rechtslage - das Bestehen eines Schmerzensgeldanspruchs im Beschwerdefall mangels Schadenszufügung durch eine andere Person (einen Täter), von der ein Schmerzensgeld hätte gefordert werden können, aus.

Da im vorliegenden Beschwerdefall von einem Dienstunfall mit Verletzungsfolgen ohne Fremdeinwirkung auszugehen ist, hätte aus den angeführten Erwägungen – auch nach der alten Rechtslage - kein Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzensgeld gemäß § 83c GehG 1956 aF bestanden.

4.3.    Weiters ist zu beachten:

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 20.10.2014, GZ. 2010/12/0178, ausgeführt, dass durch § 4 Abs. 1 Z. 1 und 2 WHG alle Arbeits- und Dienstunfälle erfasst würden, die in unmittelbarer Ausübung exekutivdienstlicher Pflichten erlitten wurden, und eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatten. Die - im Anlassfall zu beurteilende - Teilnahme an einem Einsatztraining, bei dem der Beamte einen Dienstunfall erlitten hatte, weil ihn ein Kollege im Zuge des Techniktrainings bei einer Schießstandanlage niedergerissen hatte, wurde als unmittelbare Ausübung exekutivdienstlicher Pflichten qualifiziert, da die Teilnahme an einem derartigen Einsatztraining zu den exekutivdienstlichen Pflichten des Beamten gehört und wurde auch von ihm unmittelbar ausgeübt.

Im gegenständlichen Fall verletzte sich der Beschwerdeführer im Zuge eines Einsatztrainings. Der Dienstunfall des Beschwerdeführers stand in keinem Zusammenhang zu einer derartigen exekutivdienstlichen Tätigkeit. Es handelt sich daher - vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtslage (aF) - keinesfalls um einen Dienst- oder Arbeitsunfall, den der Beschwerdeführer in unmittelbarer Ausübung seiner exekutivdienstlichen Pflichten erlitten hätte.

Angesichts der oben dargestellten alten Rechtslage ist daher davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer auch nach der alten Rechtslage ein Anspruch auf Zuerkennung eines Vorschusses nach dem WHG zu verneinen wäre.

4.4.    Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Lösung des Falles hängt ausschließlich von Rechtsfragen ab. Der zugrundeliegende Sachverhalt ist nicht strittig. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Durch die unter A) genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.

Schlagworte

Ausgleichsmaßnahme Dienstunfall Fremdeinwirkung öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Schmerzengeld

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W257.2012721.2.00

Im RIS seit

19.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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