Entscheidungsdatum
08.03.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W108 2235291-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch URBANEK & RUDOLPH Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes XXXX vom 21.07.2020, Zl. 199 100 Jv 266/20s, betreffend Rückzahlung von Gerichtsgebühren zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang/Sachverhalt:
1.1. Die Beschwerdeführerin begehrte mit Mahnklage vom 02.12.2019 zur GZ 4 Cg 149/19s des Landesgerichtes XXXX (in der Folge: Grundverfahren) von der beklagten Partei die Bezahlung von Wiederherstellungskosten aus einem Versicherungsvertrag in Höhe von gesamt EUR 34.023,60.
Für die Einbringung der Mahnklage wurde die Pauschalgebühr gemäß TP 1 Gerichtsgebührengesetz, GGG, in Höhe von EUR 743,00 am 02.12.2019 vom Konto des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin eingezogen.
1.2. Nach fristgerechter Einspruchserhebung durch die beklagte Partei fand am 25.05.2020 eine vorbereitende Tagsatzung am Landesgericht XXXX statt, an welcher sich die Rechtsvertreter von klagender und beklagter Partei beteiligten. Es wurden ua. Vergleichsgespräche geführt, die jedoch zu keinem Ergebnis führten, woraufhin die Tagsatzung auf unbestimmte Zeit erstreckt wurde.
1.3. Mit gemeinsamer Ruhensanzeige vom 29.06.2020, elektronisch eingebracht am 30.06.2020, gaben die Parteien bekannt, dass infolge außergerichtlicher Einigung ewiges Ruhen des Verfahrens eingetreten sei.
1.4. Am 02.07.2020 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Rückerstattung der halben Pauschalgebühr. Dazu wurde (nach Wiederholung des Sachverhaltes) vorgebracht, dass aus den parlamentarischen Materialien zur Gerichtsgebühren-Novelle 2019 (BGBl. I 81/2019), mit der die Ermäßigung der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG um die Hälfte angeordnet worden sei, hervorgehe, dass die Regelung einen leistbaren Zugang zum Recht gewährleisten solle. Vor diesem Hintergrund sei Anm. 2 zu TP 1 GGG richtigerweise so zu interpretieren, dass eine Rückerstattung der halben Pauschalgebühr auch zu erfolgen habe, sofern zwar nicht unmittelbar in der ersten Verhandlung, allerdings noch vor Anberaumung der nächsten Verhandlung, ein Vergleich zwischen den Streitteilen zustande komme. Sofern eine Rechtssache unmittelbar nach der ersten Verhandlung verglichen werde und das Gericht noch keine weiteren Verfahrensschritte gesetzt habe – wie im gegenständlichen Fall – sei dies vom Aufwand und Ergebnis einem Vergleich in der ersten Verhandlung gleichzuhalten. Der bisherige Verfahrensaufwand des erkennenden Gerichts sei bis dato von der halben Pauschalgebühr abgedeckt.
2. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes XXXX (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) dem Rückzahlungsbegehren der Beschwerdeführerin nicht Folge.
Nach Darstellung des Verfahrensganges/Sachverhaltes (wie oben unter Punkt 1. beschrieben) führte die belangte Behörde begründend aus, dass gemäß § 6c Z 1 GEG die nach § 1 einzubringenden Beträge mit Ausnahme der Beträge nach § 1 Z 6 zurückzuzahlen seien, soweit sich 1. in der Folge ergebe, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet worden sei und der Rückzahlung keine rechtskräftige Entscheidung entgegenstehe und 2. soweit die Zahlungspflicht aufgrund einer nachfolgenden Entscheidung erloschen sei.
Gemäß § 2 Z 1 lit. a GGG entstehe der Anspruch des Bundes auf die Gebühr für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage.
Zahlungspflichtig sei bei zivilgerichtlichen Verfahren der Antragsteller laut § 7 Abs. 1 Z 1 GGG.
Die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 sei auch für prätorische Vergleiche (§ 433 ZPO) sowie für Verfahren zur Erlassung eintweiliger Verfügungen und Europäischer Beschlüsse zur vorläufigen Kostenpfändung außerhalb eines Zivilprozesses zu entrichten; in diesen Fällen und wenn die Rechtssache in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen werde, ermäßige sich die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 auf die Hälfte. Die geltende Fassung dieser Anmerkung 2 sei mit 01.08.2019 in Kraft getreten.
Im vorliegenden Fall sei die Rechtssache nicht in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen worden, das Verfahren sei durch ewiges Ruhen des Verfahrens beendet worden und nicht wegen eines (dem Gericht nicht einmal vorgelegten) Vergleichs der Streitteile. Ausgehend von einer am Wortlaut orientierten Auslegung von Anm. 2 zu TP 1 GGG erweise sich das gegenständliche Rückzahlungsbegehren als nicht berechtigt, zumal die Bestimmungen des GGG bewusst an formale äußere Tatbestände anknüpfen würden und es nach der Rechtsprechung nicht möglich sei, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, in welcher sie ihre Ausführungen aus dem Antrag vom 02.07.2020 wiederholte und abermals vorbrachte, dass bei der gebotenen verfassungskonformen und teleologischen Auslegung ein Vergleich unmittelbar nach der ersten Verhandlung vom Aufwand und Ergebnis einem Vergleich in der ersten Verhandlung gleichzuhalten sei, der Verfahrensaufwand des Gericht sei von der halben Pauschalgebühr abgedeckt gewesen. Der Wille des historischen Gesetzgebers sei zudem auf eine Gebührenreduktion gerichtet gewesen, sofern ein Gerichtsverfahren in der Prozesseingangsphase abschließend erledigt werde, sodass eine Ermäßigung der Pauschalgebühr dann zum Tragen kommen solle, wenn nach der vorbereitenden Tagsatzung keine weiteren Gerichtshandlungen mehr erforderlich seien. Dem Landesgericht XXXX sei durch die außergerichtliche vergleichsweise Einigung ein genauso niedriger Verfahrensaufwand verursacht worden, wie mit einem Vergleich in der vorbereitenden Tagsatzung, weshalb der Ermäßigungstatbestand erfüllt und die halbe Pauschalgebühr zurückzuerstatten sei.
Der Beschwerde beigelegt wurde ein Schreiben des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin vom 17.06.2020 an den Beklagtenvertreter, in welchem die Annahme des Vergleichsanbots unter Anführung der Vergleichspunkte bekundet wurde.
4. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) und Sachverhalt werden festgestellt.
Insbesondere steht fest, dass die Beschwerdeführerin am 02.12.2019 zur GZ 4 Cg 149/19s des Landesgerichtes XXXX eine Mahnklage erhoben hat und für die Einbringung der Mahnklage vom Konto des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG in Höhe von EUR 743,00 eingezogen wurde. Nach der Tagsatzung am 25.05.2020 gaben die Beschwerdeführerin und die im Grundverfahren beklagte Partei mit gemeinsamer Ruhensanzeige vom 29.06.2020 bekannt, dass infolge außergerichtlicher Einigung ewiges Ruhen des Verfahrens eingetreten sei. Mit Schriftsatz vom 02.07.2020 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Rückerstattung der halben Pauschalgebühr in Höhe von EUR 371,50 im Sinne der Anmerkung 2 zur TP 1 GGG idF BGBl. I 81/2019.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang/Sachverhalt bzw. die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus der Mahnklage vom 02.12.2019, der Ruhensanzeige vom 29.06.2020, dem Antrag auf Rückerstattung der halben Pauschalgebühr vom 02.07.2020, dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde. Die für die Entscheidung wesentlichen Umstände im Tatsachenbereich sind geklärt und die relevanten Ermittlungsergebnisse und Urkunden liegen in den Verwaltungsakten ein. Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides den maßgeblichen Sachverhalt in Übereinstimmung mit der Aktenlage richtig festgestellt. Diesem Sachverhalt trat die Beschwerdeführerin in der Beschwerde nicht bzw. mit bloß unsubstantiiertem Vorbringen entgegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:
Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.
3.3. In der Sache:
Zu A)
3.3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Gerichtsgebührengesetz (GGG) unterliegt den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben sowie die Führung der öffentlichen Bücher, Urkundensammlungen sowie einsichtsfähigen Register nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.
Gemäß § 2 Z 1 lit. a GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, hinsichtlich der Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage […] begründet.
Tarifpost (TP) 1 des § 32 GGG legt Gerichtsgebühren (Pauschalgebühren) in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz in abgestufter Höhe nach dem Wert des Streitgegenstandes fest.
Nach der TP 1 in der maßgebenden Fassung (zum Zeitpunkt der Klagseinbringung) beträgt die Pauschalgebühr EUR 743,00 bei einem Streitwert über EUR 7.000,00 bis EUR 35.000,00.
Gemäß Anmerkung 2 zur TP 1 GGG idgF ist die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 auch für prätorische Vergleiche (§ 433 ZPO) sowie für Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen und Europäischer Beschlüsse zur vorläufigen Kontenpfändung außerhalb eines Zivilprozesses zu entrichten; in diesen Fällen und wenn die Rechtssache in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen wird, ermäßigt sich die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 auf die Hälfte.
Gemäß § 1 Z 1 GEG sind Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren von Amts wegen einzubringen.
Gemäß § 6c Z 1 GEG sind die nach § 1 einzubringenden Beträge mit Ausnahme der Beträge nach § 1 Z 6 zurückzuzahlen, soweit sich in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde und der Rückzahlung keine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht.
Die Rückzahlung ist von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Beträge entrichtet hat, zu verfügen. Insoweit sich jedoch der Rückzahlungsanspruch als nicht berechtigt erweist, ist er von der Behörde (§ 6 GEG) mit Bescheid abzuweisen (§ 6c Abs. 2 GEG).
3.3.2. Umgelegt auf den hier vorliegenden Fall ergibt sich daraus Folgendes:
3.3.2.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass die Anmerkung 2 zur TP 1 GGG richtigerweise so zu interpretieren sei, dass eine Rückerstattung der halben Pauschalgebühr auch zu erfolgen habe, sofern zwar nicht unmittelbar in der ersten Verhandlung, allerdings noch vor Anberaumung der nächsten Verhandlung ein Vergleich zwischen den Streitteilen zustande komme.
Die Beschwerdeführerin ist mit ihren Ausführungen nicht im Recht:
Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, ist der Wortlaut der Anmerkung 2 zur TP 1 GGG eindeutig: Die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG ermäßigt sich auf die Hälfte, wenn die Rechtssache in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen wird.
Im vorliegenden Fall wurde kein gerichtlicher Vergleich in der ersten Verhandlung (= vorbereitenden Tagsatzung) abgeschlossen, sondern haben sich die Parteien außergerichtlich und zeitlich nach der vorbereitenden Tagsatzung geeinigt.
Eine Subsumtion des vorliegenden Sachverhalts unter die Anmerkung 2 zur TP 1 GGG kommt nach dem Wortlaut der Bestimmung daher nicht in Betracht und wäre nur im Wege eines Analogieschlusses möglich.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Analogieschluss auch im öffentlichen Recht grundsätzlich zulässig. Voraussetzung hierfür ist das Bestehen einer echten (dh planwidrigen) Rechtslücke. Sie ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig, ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Da das öffentliche Recht, im Besonderen das Verwaltungsrecht, schon von der Zielsetzung her nur einzelne Rechtsbeziehungen unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses zu regeln bestimmt ist, muss eine auftretende Rechtslücke in diesem Rechtsbereich im Zweifel als beabsichtigt angesehen werden (JusGuide 2012/47/3186 (VwGH); VwGH 17.10.2012, 2012/08/0050).
Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze scheidet eine analoge Anwendung der Anmerkung 2 zur TP 1 GGG auf den vorliegenden Fall aus. Wie nämlich schon die Beschwerdeführerin selbst ausführt, sollte die Ermäßigung der Gerichtsgebühr (nur) zum Tragen kommen, sofern ein Gerichtsverfahren in der Prozesseingangsphase abschließend erledigt wird und keine weiteren Gerichtshandlungen mehr erforderlich sind. Dies ergibt sich auch aus der Begründung des Initiativantrags 80/A XXVI. GP zur Gesetzesänderung der Anmerkung 2 zur TP 1, wonach der Aufwand des Gerichts durch die halbe Pauschalgebühr abgedeckt ist, wenn -und nicht soweit - eine Rechtssache in der ersten Verhandlung verglichen wird, woraus folgt, dass eine Reduktion bei Teilvergleichen nicht vorgesehen ist (vgl. Fucik, ÖJZ 2019/92/17).
Die Beschwerdeführerin übersieht im vorliegenden Fall, dass ein außergerichtlicher Vergleich keine enderledigende Wirkung für das Gericht hat, da lediglich ein Ruhen des Verfahrens eintritt. Ein Ruhen des Verfahrens bedeutet nach § 168 letzter Satz ZPO (lediglich) einen mindestens dreimonatigen Verfahrensstillstand. Die Wirksamkeit der Ruhensvereinbarung tritt mit ihrer Anzeige durch beide Parteien an das Gericht ein (§ 168 ZPO). Das Gericht hat über das Ruhen des Verfahrens keinen Beschluss zu fassen, sondern dies nur durch Aktenvermerk festzustellen (Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht, Rz 486).
Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführerin sowie die im Grundverfahren beklagte Partei am 30.06.2020 eine gemeinsame Ruhensanzeige vom 29.06.2020 bei Gericht eingebracht, wodurch (lediglich) das Ruhen des Verfahrens eingetreten ist. Das von den Parteien vereinbarte Ruhen des Verfahrens lässt die Gerichts- und Streitanhängigkeit unberührt (OGH 13.12.2018, 5 Ob 195/18i; RIS-Justiz RS0081556; Gitschthaler in Rechberger4 §§ 168 - 170 ZPO Rz 1). Dies gilt auch für ein jahrzehntelanges oder „ewiges“ („immerwährendes“ oder „dauerndes“) Ruhen des Verfahrens (RIS-Justiz RS0036976; vgl. ua OGH 19.04.2018, 4 Ob 60/18d). Ein Ruhen des Verfahrens hat sohin keine „enderledigende“ Wirkung für das Gericht. Es kann jedoch nur bei einer tatsächlichen Beendigung des Verfahrens mit Sicherheit gesagt werden, dass der Aufwand des Gerichts mit der halben Pauschalgebühr abgedeckt ist, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei einem lediglich ruhenden Verfahren in keinem Fall mehr Bearbeitungsschritte durch das Gericht gesetzt werden müssen. So könnte etwa nach Ablauf von drei Monaten jederzeit von einer der Parteien ein (wenn möglicherweise auch materiell rechtlich unberechtigter) Fortsetzungsantrag gestellt werden, wodurch ein abermaliges Tätigwerden des Gerichts erforderlich wäre und allenfalls weitere Gerichtskosten auflaufen könnten. Auch durch die Vereinbarung eines „ewigen Ruhens“ wird die Möglichkeit der Stellung eines Fortsetzungsantrages nicht ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0036976).
Es ist daher der eindeutige Wille des Gesetzgebers, nur bei in der ersten Verhandlung rechtswirksam geschlossenen gerichtlichen Vergleichen eine Reduzierung der Pauschalgebühr vorzusehen, erkennbar. Eine (analoge) Anwendung der Anmerkung 2 zur TP 1 GGG auf den vorliegenden Sachverhalt eines nach der Verhandlung geschlossenen außergerichtlichen Vergleiches kommt daher nicht in Betracht.
3.3.2.2. Da auch die anderen Fälle der Anmerkung 2 zur TP 1 GGG hier nicht vorliegen, insbesondere auch kein prätorischer Vergleich (§ 433 ZPO) vorliegt (zumal der Vergleich nach Klagseinbringung geschlossen wurde, vgl. etwa VwGH 20.02.2003, 2000/16/0027), ermäßigt sich die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 nicht auf die Hälfte.
3.3.2.3. Für die Rückzahlung von Gebühren gemäß § 6c GEG ist es erforderlich, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde. Nach dem Gesagten schuldet die Beschwerdeführerin jedenfalls keinen geringeren als den eingezogenen Betrag, womit sich der Rückzahlungsanspruch als nicht berechtigt erweist.
3.3.3. Die behauptete Rechtswidrigkeit des Bescheides liegt daher nicht vor. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Bescheid aus anderen, nicht geltend gemachten Gründen rechtswidrig wäre. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG und gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall wurde von der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerin die mündliche Verhandlung in der Beschwerde nicht beantragt. Überdies lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und ist die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132 [betreffend ein Nachlassverfahren nach dem GEG], wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühr nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen).
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon war auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.
Schlagworte
Analogie Enderledigung Gerichtsgebühren Pauschalgebühren Rechtslücke Rückzahlung Rückzahlungsantrag VergleichEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W108.2235291.1.00Im RIS seit
18.05.2021Zuletzt aktualisiert am
18.05.2021