TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/18 95/19/1065

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Veröffentlicht am 18.04.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §6;
ABGB §7;
ABGB §8;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §13 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs2;
AVG §13 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Juli 1995, Zl. 111.857/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Juli 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. August 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2

Aufenthaltsgesetz (AufG) abgewiesen.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid

wie folgt:

"Sie haben am 02.08.1994 an die oben genannte Behörde einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt.

Die genannte Behörde hat diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen, daß der (Erst-)Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen ist. Da Sie sich bei der Antragstellung in Österreich aufgehalten haben, komme die Stellung eines Erstantrages nicht in Frage.

Gegen diese Beurteilung haben Sie im wesentlichen eingewendet, daß Sie gemeinsam mit Ihrem bevollmächtigten Vertreter bei der ÖB Preßburg Ihren Erstantrag eingebracht hätten und sich somit nicht im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten haben. Jedenfalls unterblieb der Nachweis des Gegenteils der Annahme der ersten Instanz.

Es steht fest, daß Sie derzeit in Österreich aufhältig sind, obwohl Ihr letzter Touristensichtvermerk bereits am 10.02.1994 abgelaufen ist.

Wenn Sie den seinerzeitigen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung vom 02.08.1994 persönlich gestellt hätten, wäre die anschließende Einreise illegal erfolgt.

Aus diesem Grund und infolge der Verfahrensvorschrift des § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes ist die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausgeschlossen und war auf Ihr Vorbringen - auch im Zusammenhang mit Ihren persönlichen Verhältnissen - nicht weiter einzugehen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer tritt dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt nur mit der Behauptung entgegen, daß er sich - wie bereits in der Berufung vorgebracht - am Tag der Antragstellung zusammen mit seinem Bekannten, der für ihn übersetzt habe, in der österreichischen Botschaft in Preßburg befunden habe.

Hingegen bleibt die Sachverhaltsannahme, daß der Beschwerdeführer sich derzeit in Österreich aufhalte, obwohl sein letzter Touristensichtvermerk am 10. Februar 1994 abgelaufen sei, unbekämpft. Sie kann vom Verwaltungsgerichtshof aufgrund der sowohl im Verwaltungsakt (z.B. im Antrag vom 2. August 1994 und in der Berufung vom 31. Oktober 1994) als auch in der Beschwerde genannten Wiener Adresse, an der der Beschwerdeführer wohnhaft sei, nicht als unrichtig angesehen werden. Des weiteren sind im Akt Touristensichtvermerke mit Gültigkeit vom 28. März 1993 bis 25. April 1993 sowie vom 10. Jänner 1994 bis 10. Februar 1994 dokumentiert.

Selbst im Falle des Zutreffens der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe sich zum Zweck der Antragstellung nach Preßburg begeben, käme der Beschwerde keine Berechtigung zu. Denn die Bestimmung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG, wonach der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen ist, enthält eine grundsätzliche Voraussetzung, deren Nichterfüllung zwingend die Abweisung des Antrages nach sich zieht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0064).

In den Erläuterungen zur RV 525 BlgNR 18. GP wird ausgeführt:

"Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach diesem Gesetz muß grundsätzlich vom Heimatstaat aus gestellt werden; damit soll der Mißbrauch von Besuchssichtvermerken bzw. der Berechtigung zur sichtvermerksfreien Einreise zu Besuchszwecken und insbesondere die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung eines Asylantrages verhindert werden."

Nach dem unter anderem aus den Gesetzesmaterialien - wenngleich diesen auch keine selbständige normative Kraft zukommt, so sind sie doch für die Ermittlung der Absicht des Gesetzgebers bedeutsam (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1994, Zl. 93/12/0204) - erschließbaren Normzweck und dem Umstand, daß sich aus dem Gesetzeswortlaut jedenfalls nicht ergibt, daß es sich bei § 6 Abs. 2 erster Satz AufG um eine bloße Formvorschrift handeln sollte, hat der Fremde die Entscheidung über seinen im Ausland zu stellenden Antrag im Regelfall auch vom Ausland aus abzuwarten (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 1995, Zl. 95/21/0026, vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0986, und vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/1399). Diese im Einklang mit dem aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden Willen des Gesetzgebers stehende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn die angestrebte Aufenthaltsbewilligung zeitlich - wenn auch nicht nahtlos - an einen Touristensichtvermerk anschließen soll und der Fremde damit auch den Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG erfüllt, wie dies im konkreten Fall zutrifft (vgl. hiezu z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1404).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der von dem Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Insoferne der Beschwerdeführer anregt, der Verwaltungsgerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren dahingehend einleiten, ob die Bestimmung des § 6 Abs. 2 nicht der österreichischen Bundesverfassung (Art. 18 B-VG) widerspreche, ist ihm zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer seine Bedenken ausschließlich im Hinblick auf § 6 Abs. 2 ZWEITER SATZ AufG vorbringt. Dieser lautet: "Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden." Dieser Satz des § 6 Abs. 2 AufG wurde im gegenständlichen Verfahren aber gar nicht angewendet, sodaß schon aus diesem Grund eine Antragstellung nicht zielführend wäre. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angewendeten Gesetzesbestimmungen sind nicht entstanden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Formgebrechen nicht behebbare NICHTBEHEBBARE materielle Mängel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995191065.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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