TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/22 96/11/0361

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Veröffentlicht am 22.04.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §64a Abs2;
VwGG §34 Abs1 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde der E in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 11. November 1996, Zl. Ib-270-4-2/96, betreffend Anordnung einer Nachschulung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 7. August 1995 wurde die Beschwerdeführerin, die seit 24. Dezember 1993 im Besitz einer Lenkerberechtigung ist, schuldig erkannt, am 18. Mai 1995 eine Übertretung u.a. nach § 19 Abs. 7 StVO 1960 (Vorrangverletzung) begangen zu haben. Diese Strafverfügung wurde der Beschwerdeführerin am 14. August 1995 zugestellt und erwuchs mangels Erhebung eines Einspruches am 28. August 1995 in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 19. September 1996 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Bregenz gemäß § 64a Abs. 2 KFG 1967 eine Nachschulung an und stellte fest, daß sich die Probezeit der Beschwerdeführerin um ein Jahr bis 19. September 1997 verlängere.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid vom 19. September 1996 bestätigt.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Begeht der Besitzer einer Lenkerberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß im Sinne des Abs. 3 (wozu auch Übertretungen nach § 19 Abs. 7 StVO 1960 gehören), so ist gemäß § 64a Abs. 2 KFG 1967 von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen. Die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes ist abzuwarten. Mit der Anordnung der Nachschulung verlängert sich die Probezeit um ein weiteres Jahr. Ist die Probezeit bereits abgelaufen, so beginnt sie mit der Anordnung der Nachschulung für ein Jahr wieder neu zu laufen.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Anordnung der Nachschulung sei rechtswidrig, weil sie entgegen dem § 64a Abs. 2 KFG 1967 nicht unverzüglich nach Eintritt der Rechtskraft der Strafverfügung vom 7. August 1995 erfolgt sei.

Die belangte Behörde räumt ein, daß von einer unverzüglichen Anordnung keine Rede sein könne, vertritt aber den Standpunkt, daß die Beschwerdeführerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt sei, weil sich das in Rede stehende Gebot zur unverzüglichen Anordnung ausschließlich an die Behörde richte.

Die belangte Behörde ist damit nicht im Recht. Das Gebot, die Nachschulung unverzüglich anzuordnen, ist untrennbar mit der Verlängerung der Probezeit um ein Jahr verbunden. Die Probezeit der Beschwerdeführerin hätte ohne Verlängerung am 24. Dezember 1995 geendet. Eine unverzügliche Anordnung der Nachschulung nach Eintritt der Rechtskraft hätte somit dazu geführt, daß die Probezeit am 24. Dezember 1996 geendet hätte. Die Vorgangsweise der Erstbehörde, die Nachschulung erst nach mehr als einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Bestrafung anzuordnen, hat im Ergebnis dazu geführt, daß - laut Spruch der Behörden des Verwaltungsverfahrens - dieses Ende erst mit 19. September 1997 eintreten wird, daß also die Beschwerdeführerin durch die rechtswidrige Vorgangsweise der Behörden schlechtergestellt wurde, als dies bei einer rechtmäßigen Vorgangsweise der Fall gewesen wäre. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, wieviel Zeit zwischen Eintritt der Rechtskraft der Bestrafung und einer noch rechtmäßigen Anordnung der Nachschulung verstreichen darf, damit noch von einer unverzüglichen Anordnung die Rede sein kann. Jedenfalls dann, wenn durch eine verspätete Anordnung der Nachschulung eine Schlechterstellung wie im vorliegenden Fall bewirkt wird, ist die Anordnung der Nachschulung mit der damit verbundenen Verlängerung der Probezeit rechtswidrig und verletzt Rechte der betreffenden Person.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110361.X00

Im RIS seit

07.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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