TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/15 W240 2236042-1

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Veröffentlicht am 15.02.2021
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Entscheidungsdatum

15.02.2021

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W240 2236044-1/2E
W240 2236042-1/2E
W240 2236043-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 01.09.2020,
Zl. Nairobi-OB/KONS/0536/2020, aufgrund der Vorlageanträge von XXXX , alle StA. Demokratische Republik Kongo, sämtliche vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 29.06.2020, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Die minderjährige Erstbeschwerdeführerin ( XXXX ) ist die Halbschwester der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin ( XXXX ) und des minderjährigen Drittbeschwerdeführers ( XXXX ). Die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer sind Geschwister. Alle sind Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo und stellten am 08.10.2019 bei der Österreichischen Botschaft Nairobi (in der Folge: ÖB Nairobi) Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG.

Als Bezugsperson wurde die Großmutter (väterlicherseits) der Beschwerdeführer, XXXX , StA. Demokratische Republik Kongo, namhaft gemacht, welcher mit Bescheid vom 06.06.2016 der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde.

2. Mit Verbesserungsauftrag vom 31.10.2019 wurden die Beschwerdeführer aufgefordert, folgende Dokumente/Unterlagen nachzubringen:

-        Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts in Österreich/finanzielle Mittel/Einkommensnachweis (letzten drei Monate)

-        Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft/Kopie Meldezettel und Mietvertrag

-        Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz bzw. Bestätigung der Gebietskrankenkasse über Mitversicherung

-        Adoptionspapiere und Urkunden im Original, inklusive beglaubigter deutscher Übersetzung

-        Sterbeurkunde der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers

-        Kopie Konventionsreisepass der Bezugsperson

3. Nach Weiterleitung der Anträge auf Einreiseerlaubnis an das BFA teilte dieses der
ÖB Nairobi mit Schreiben vom 02.06.2020 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Beschwerdeführer die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen
gem. § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG nicht nachweisen hätten können und die Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des
Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine. Es liege eine vorgetäuschte Aufenthaltsadoption vor, d.h ein tatsächliches Familienleben iSd Art. 8 EMRK bestehe nicht.

In der angeschlossenen Stellungnahme wird vom BFA hierzu näher ausgeführt, dass die Voraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG nicht erfüllt seien. Es sei dem Antrag der Bescheid der Bezugsperson hinsichtlich des Anspruchs auf bedarfsorientierte Mindestsicherung angeschlossen worden. Durch eine behördliche Sozialversicherungsabfrage habe bestätigt und darüber hinaus ermittelt werden können, dass die asylberechtigte Bezugsperson seit ihrer Einreise nach Österreich noch nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Sie lebe ausschließlich von Mitteln der öffentlichen Hand. Dass eine Einreise der Beschwerdeführer zu einer finanziellen Belastung der österreichischen Gebietskörperschaft führen würde, sei offensichtlich. Auch hätten sich gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses ergeben. Die Beschwerdeführer hätten vorgebracht, die Enkel der Bezugsperson zu sein und von dieser im Jahr 2018 adoptiert worden zu sein. Ein diesbezügliches Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX .2018 [richtig: XXXX 2018] sei dem Antrag samt Übersetzung in die deutsche Sprache angeschlossen worden. Die Bezugsperson sei vor dem 18.12.2014 nach Österreich gelangt und verfüge seit 06.06.2016 über den Status der Asylberechtigten. Seit Ende 2014 sei sie nicht mehr im Land ihrer Staatsangehörigkeit, der Demokratischen Republik Kongo, gewesen. Im vorgelegten Urteil des Bezirksgerichts XXXX werde jedoch ausgeführt, dass die Bezugsperson mit ihrem Rechtsvertreter am XXXX 2018 vor dem Gericht erschienen sei, um zur beantragten Adoption Stellung zu nehmen. Weiters werde ausgeführt, dass sich die Beschwerdeführer derzeit in der Obsorge der Bezugsperson befinden würden. Aufgrund der auffliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt zu erhalten, könne keineswegs davon ausgegangen werden, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen (im Sinn eines vollen Beweises) anzunehmen sei. Es handle sich aus der Sicht des BFA bei vorgelegtem Gerichtsurteil entweder um eine Fälschung oder um ein Gefälligkeitsschreiben. Eine gültige Adoption auch nach den Grundsätzen des Herkunftslandes sei im vorliegenden Fall jedenfalls nicht geschlossen worden. Es habe sich somit aus dem Ermittlungsverfahren ergeben, dass die Eigenschaft als Familienangehöriger im Sinne von § 35 AsylG nicht bestehe.

4. Die ÖB Nairobi räumte den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 04.06.2020 die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) zur Wahrscheinlichkeitsprognose ein.

Mit Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 08.06.2020 wurde ausgeführt, es sei zunächst einzuräumen, dass das Einkommen der Bezugsperson nicht den Erfordernissen des § 293 ASVG entspreche. Die Bezugsperson sei 70 Jahre alt und im Alter von 65 Jahren nach Österreich gekommen, was bereits damals über dem Regelpensionsantritt für Frauen in Österreich gelegen habe. Die Bezugsperson sei als Analphabetin nach Österreich gekommen und habe zuerst Lesen und Schreiben lernen müssen, bevor sie die deutsche Sprache lernen habe können. Deutschkenntnisse zu erlangen sei ihr aufgrund des hohen Alters und einer fehlenden Grundbildung schwergefallen. Nach wie vor verfüge sie über schwache Sprachkenntnisse. Aufgrund der genannten Gründe sei die Bezugsperson am Arbeitsmarkt nicht (mehr) vermittelbar und sei bzw. werde es ihr nicht/nie möglich sei, das erforderliche Einkommen erreichen zu können. Die Bezugsperson wäre also durch ihr Alter dauerhaft an einem adäquaten Familienleben iSd Art. 8 EMRK gehindert. Letztendlich würde dies auf eine Diskriminierung von asylberechtigten Personen hinauslaufen, die aufgrund ihres Alters nicht mehr dazu in der Lage seien, die gesetzlichen Richtsätze zu erfüllen um ihre Familie nachzuholen. Die ständige Judikatur zu § 11 Abs. 5 NAG, der sich seinerseits auf § 293 ASVG beziehe, lege fest, dass bei einer Unterschreitung der maßgeblichen Richtsätze jeweils die Betrachtung der individuellen Situation erforderlich sei. Die Bezugsperson sorge schon seit Jahren für die Kinder ihres Sohnes, der ca. 2004 verschwunden und vermutlich verstorben sei. Dies sei auch in der Einvernahme vor dem BFA vom 23.05.2016 so angegeben und in den Adoptionspapieren ausgeführt worden. Die Enkelkinder wären Waisen und sei die Großmutter die einzige Verwandte, die sich um die Kinder gekümmert habe.

Zur Adoption werde ausgeführt, dass die deutsche Übersetzung leider nicht vorliege, aber dem französischen Dokument zu entnehmen sei, dass die Bezugsperson durch einen Rechtsvertreter vertreten worden sei. Dies lasse sich mehrfach herauslesen. Dem Dokument sei also zu entnehmen, dass die Bezugsperson nicht persönlich vor Ort gewesen sei, sondern sich vertreten habe lassen. Somit könne dem Inhalt des Dokuments kein Widerspruch (mehr) unterstellt werden. Es hätten keinerlei Ermittlungen zu den rechtlichen Voraussetzungen einer Adoption in der DR Kongo im Allgemeinen und den dortigen Gepflogenheiten aufgrund der vorherrschenden Staatsstruktur zu einer rechtsgültigen Adoption stattgefunden. Auch eine kriminaltechnologische Untersuchung sei nicht durchgeführt worden. Die Familie sei lediglich aufgrund der notwendigen Flucht der Bezugsperson voneinander getrennt worden und beabsichtige das Familienleben fortzusetzen. Die Beschwerdeführer als Enkelkinder der Bezugsperson hätten bereits seit Jahren bei ihrer Großmutter, bis zu deren Flucht im gemeinsamen Haushalt, gelebt. Somit sei das Familienleben besonders schützenswert iSd Art. 8 EMRK.

5. Nach Übermittlung der Stellungnahme an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dieses am 26.06.2020 per E-Mail mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe.

6. Mit dem Bescheid vom 29.06.2020 wies die ÖB Nairobi die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab.

7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher auf die Stellungnahme vom 08.06.2020 verwiesen und ausgeführt wurde, dass eine Auseinandersetzung mit der Stellungnahme nicht stattgefunden habe. Für die Wahrung des Rechts auf Parteiengehör sei nicht ausreichend, dass lediglich eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt werde, sondern sei vielmehr nach Einreichung dieser Stellungnahme eine Auseinandersetzung mit den angeführten Argumenten erforderlich. Diese Auseinandersetzung sei in der Begründung des Bescheides wiederzugeben. Ein willkürliches Verhalten liege unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes.

8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 01.09.2020 wies die ÖB Nairobi die Beschwerde gem. § 14 Abs. 1 VwGVG ab und führte aus, jenseits und unabhängig von der oben angeführten Bindungswirkung teile die belangte die Behörde die Ansicht des BFA, dass im gegenständlichen Fall die Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG nicht erfüllt seien und keine Familienangehörigeneigenschaft im Sinne des § 35 AsylG gegeben sei, da es sich um eine Aufenthaltsadoption handle. Die Bezugsperson sei im Jahr 2014 aus der DR Kongo ausgereist und habe 2016 in Österreich Asyl erhalten. Der Vater der Beschwerdeführer sei angeblich seit 2004 verschwunden, eine der Mütter sei im Jahr 2005 verstorben, die zweite im Jahr 2010. Trotzdem sei die Adoption erst im Jahr 2018 veranlasst worden, als die Bezugsperson bereits zwei Jahre asylberechtigt gewesen sei. Es deute aufgrund der späten Adoption – erst acht Jahre nachdem die Mutter der Zweit- und Drittbeschwerdeführer verstorben sei – alles daraufhin, dass die Bezugsperson die Enkelkinder bloß adoptiert habe, um diesen den Nachzug nach Österreich zu ermöglichen. Es sei daher jedenfalls von einer Aufenthaltsadoption im Sinne d es § 30 NAG auszugehen. Abgesehen davon seien auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG jedenfalls nicht erfüllt. So dürfe es keiner weitwendigen Begründung, dass eine 23,7 m2 große Einzimmerwohnung jedenfalls keine ortsübliche Unterkunft für eine erwachsene Person und drei Jugendliche sei. Weiters hätte die Bezugsperson keine Möglichkeit für die Beschwerdeführer finanziell zu sorgen, ohne finanzielle Beanspruchung einer Gebietskörperschaft.

9. Am 11.09.2020 wurde bei der ÖB Nairobi ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

10. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 02.10.2020, eingelangt am 14.10.2020, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer stellten am 08.10.2019 bei der ÖB Nairobi jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG.

Als Bezugspersonen wurde XXXX , StA. Demokratische Republik Kongo, als Adoptivmutter namhaft gemacht, welcher mit Bescheid vom 06.06.2016 der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Laut der von den Beschwerdeführern vorgelegten Kopie eines als Adoptionsurteils des „Bezirksgerichts XXXX “ bezeichneten Schreibens erfolgte die Adoption der Beschwerdeführer durch die Bezugspersonen am XXXX 2018.

Aufgrund zahlreicher Widersprüche zwischen den Angaben der Beschwerdeführer und dem vorgelegten Urteil bzw. der Adoptionsurkunde ist davon auszugehen, dass die Adoptionen der Beschwerdeführer in der geschilderten Form nicht stattgefunden haben und lediglich zum Zweck der Einreise in Österreich vorgebracht wurden.

2. Beweiswürdigung:

Die Bezugsperson stellte am 18.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Bezugsperson die Beschwerdeführer im Alter von elf Jahren (Erstbeschwerdeführerin), fast elf Jahren (Zweitbeschwerdeführerin) und neun Jahren (Drittbeschwerdeführer) im Jahr 2014 alleine in der DR Kongo zurückgelassen haben sollte, ohne ein formelles Adoptionsverfahren zumindest einzuleiten, um ihnen möglichst bald ebenfalls die Einreise nach Österreich zu ermöglichen. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum die Bezugsperson ihre drei Enkel/“Adoptivkinder“ alleine zurücklassen hätte sollen, wo sie doch in der Stellungnahme vom 08.06.2020 anführte, dass sie die einzige Verwandte gewesen wäre, die sich um die Kinder gekümmert hätte. Wer in ihrer Abwesenheit die Obsorge über die Beschwerdeführer inne hatte, wurde nicht hinreichend dargelegt. Der Wahrheitsgehalt der Angaben der Beschwerdeführer und der Bezugsperson erscheint schon aus diesem Grund höchst zweifelhaft.

Darüber hinaus geht aus dem vorgelegten Adoptionsurteil vom XXXX 2018 hervor, dass der Vater der Beschwerdeführer bereits verstorben wäre, wogegen in der Stellungnahme vom 08.06.2020 angegeben wurde, dass der Vater seit etwa 2004 verschwunden wäre, und es (lediglich) vermutet werde, dass er verstorben sei. Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund das Adoptionsgericht rechtsgültig vom Tod des Vaters ausgegangen sein sollte. Eine Sterbeurkunde wurde nicht vorgelegt und zudem sprach die Bezugsperson selbst lediglich davon, dass der Vater der Beschwerdeführer verschollen wäre. Der Tod des Vaters der Beschwerdeführer hätte somit nicht bewiesen werden können, weshalb diese Feststellung eine weitere Ungereimtheit darstellt. Weiters geht aus dem Urteil hervor, dass die Beschwerdeführer niemanden hätten, der „sie für das Studium unterstützen“ könne. Die Bezugsperson habe sich entschlossen, die Kinder zu adoptieren, da die Eltern bereits verstorben wären und „niemand ihnen eine Ausbildung gewährleisten“ könne.

Dem als Urteil betitelten Schreiben ist zudem zu entnehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin aus der Ehe zwischen dem Vater und XXXX entstanden sei, die Zweitbeschwerdeführer zwischen dem Vater und XXXX und der Drittbeschwerdeführer zwischen dem Vater und wiederum XXXX . Hierzu ist allerdings auf die Einreiseanträge und die Geburtsurkunden zu verweisen, denen zu entnehmen ist, dass die Mutter der Erstbeschwerdeführerin XXXX und die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin XXXX ist. Aufgrund dieser Widersprüche zwischen den Angaben der Beschwerdeführer und dem vorgelegten Urteil ist davon auszugehen, dass es sich bestenfalls um eine echte Urkunde unwahren Inhalts (Lugurkunde) handelt. Dass das Geburtsjahr der Erstbeschwerdeführerin in der deutschen Übersetzung mit „2013“ angegeben wird, ist hingegen als Tippfehler zu werten, da sich dieses Jahr nicht in der vorgelegten französischen Urkunde findet.

Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass in der Adoptionsurkunde angeführt wird, die Bezugsperson sei am Tag der Verhandlung „erschienen“. Entgegen den Ausführungen in der Stellungnahme wird auch im vorgelegten französischen Dokument das „Erscheinen“ der Bezugsperson erwähnt („laquelle la requèrante comparut“). Dies erhärtet den Verdacht, dass es sich bei dem Adoptionsurteil um eine – möglicherweise - echte Urkunde, jedoch unwahren Inhalts handelt.

Aufgrund dieser Tatsachen ist davon auszugehen, dass eine Adoption der Beschwerdeführer im Jahr 2018 vorgebracht wurde, um ihnen im Jahr 2020, nachdem alle Beschwerdeführer dem Kleinkindalter entwachsen sind, die Einreise nach Österreich zu ermöglichen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Angesichts der am 08.10.2019 erfolgten Einreiseantragstellung ist die geltende, zuletzt durch BGBl. I Nr. 145/2017 - FrÄG 2017 – geänderte und am 01.11.2017 in Kraft getretene Rechtslage maßgeblich (die in der Novelle BGBl. I Nr. 24/2016 normierten begünstigenden Übergangsbestimmungen im AsylG 2005 für Einreiseantragsteller gemäß § 35 AsylG 2005 kommen im Beschwerdefall angesichts des nicht innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Novelle mit 1. Juni 2016 gestellten Einreiseantrags nicht zur Anwendung, vgl. § 75 Abs. 23 und Abs. 24 AsylG 2005). Der mit „Begriffsbestimmungen“ übertitelte
§ 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

-[….]

22. Familienangehöriger:

a.       der Elternteil eines minderjährigen Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten;

b.       der Ehegatte oder eingetragene Partner eines Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten, sofern die Ehe oder eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat;

c.       ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten und

d.       der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen ledigen Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten sowie ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind, für das einem Asylwerber, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten die gesetzliche Vertretung zukommt, sofern die gesetzliche Vertretung jeweils bereits vor der Einreise bestanden hat.

Der mit „Familienverfahren im Inland“ übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

----------

-1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

-2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

-3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

----------

-1. dieser nicht straffällig geworden ist und

-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

-3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

----------

-1. dieser nicht straffällig geworden ist;

-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

-3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

-4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

----------

-1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

-auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der

2. Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

-3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

§ 35 AsylG 2005 idgF lautet:

„Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

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-1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

-2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

-3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“ § 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten: „Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[…]

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

[…] Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten § 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen. (2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG. (4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[….]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach §°35°AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.

Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich – im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde – durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) BFA über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG vom 12.01.2016, W184 2112510-1 ua.).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:

Wie oben festgestellt, ist die vorgelegte Urkunde aufgrund mehrerer massiver Widersprüche zwischen den Angaben der Beschwerdeführer, der Bezugsperson und dem Inhalt der Urkunde nicht geeignet, eine rechtsgültige Adoption der Beschwerdeführer durch die Bezugsperson nachzuweisen.

Darüber hinaus sind die Beschwerdeführer auch aus rechtlichen Gründen keine Familienangehörigen iSd § 35 AsylG bzw. § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG:

Laut § 9 Abs. 3 IRPG bestimmt sich das Personalstatut einer Person, die Flüchtling im Sinn der für Österreich geltenden internationalen Übereinkommen ist oder deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, nach dem Recht des Staates, in dem sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Voraussetzungen der Annahme an Kindesstatt sind nach dem Personalstatut jedes Annehmenden und dem Personalstatut des Kindes zu beurteilen (§ 26 Abs. 1 IPRG). Da die Bezugsperson anerkannter Flüchtling in Österreich ist und hier ihren Wohnsitz hat, kommt hinsichtlich ihres Personalstatuts österreichisches Recht zur Anwendung. Für eine in Österreich gültige Adoption käme daher sowohl österreichisches als auch kongolesisches Recht zur Anwendung. Eine Adoption allein nach kongolesischem Recht entfaltet daher in Österreich keine Rechtsfolgen. Die Beschwerdeführer sind folglich keine Familienangehörigen der Bezugsperson iSd § 35 Abs. 5 AsylG, da keine rechtsgültige Adoption vorliegt.

Nach § 35 Abs. 5 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat. Die Annahme an Kindes statt ist in § 35 AsylG und auch in § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG nicht ausdrücklich erwähnt. Aus § 34 Abs. 2 Z 2 AsylG geht hervor, dass der Zweck des Familienverfahrens nach § 34 (und des Verfahrens nach § 35 zur Ermöglichung eines solchen Verfahrens in Österreich) die Fortsetzung eins bestehenden Familienlebens iSd Art. 8 EMRK ist. § 35 Abs. 5 AsylG muss daher im Wege einer teleologischen Auslegung so verstanden werden, dass nicht nur eine Ehe, sondern auch die Eigenschaft als minderjähriges Kind eines Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits im Herkunftsstaat bestanden haben muss, wenn eine solche nicht auf biologischer Abstammung, sondern auf Adoption beruht. Ein gegenteiliges Verständnis des § 35 Abs. 5 AsylG würde dazu führen, dass durch nachträgliche Adoption (unabhängig von der oben angeführten Frage der Gültigkeit der Adoption nach österreichischem Recht) eine Einreise und in weiterer Folge ein Zugang zu einem Familienverfahren nach § 34 AsylG ermöglicht würde, ohne dass eine Familienangehörigeneigenschaft bzw. ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK jemals bestanden hätte.

Da die belangte Behörde über die betreffenden Einreiseanträge ein jeweils mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, dass die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführer in Bezug auf die in Österreich befindliche Bezugsperson nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen.

Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Adoption Angehörigeneigenschaft Einreisetitel Gültigkeit Nachweismangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W240.2236042.1.00

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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