TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/2 W175 2211040-2

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Veröffentlicht am 02.03.2021
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Entscheidungsdatum

02.03.2021

Norm

AsylG 2005 §35
AsylG 2005 §60
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W175 2211040-2/2E

W175 2211041-2/2E
W175 2211042-2/2E



IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , 2.) mj. XXXX und 3.) mj. XXXX , die mj. Beschwerdeführer gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , alle StA. Syrien, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Damaskus 05.11.2020, Damaskus-ÖB/KONS/0291/2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (BF1) ist die Mutter der mj. Zweitbeschwerdeführerin (BF2) und des mj. Drittbeschwerdeführers (BF3). Die BF, Staatsangehörige Syriens, stellten am 24.04.2019 schriftlich und am 07.05.2019 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (ÖB Damaskus) Anträge auf Erteilung von Einreisetitel gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

Als Bezugsperson wurde der Ehemann bzw. Vater der BF, ebenfalls syrischer Staatsangehöriger, genannt, welchem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 04.12.2015 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Die BF stellten zuvor bereits am 25.01.2017 schriftlich und am 16.02.2017 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Islamabad Anträge auf Erteilung von Einreisetitel gemäß § 35
Abs. 1 AsylG 2005. Die gegen die Bescheide der ÖB Islamabad erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.03.2019, GZ W242 2211040-1/2E, W242 2211041-1/2E, W242 2211042-1/2E, als unbegründet abgewiesen, da die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 – 3 AsylG 2005 nicht erfüllt seien und die Einreise der BF auch nicht im Sinne des Art. 8 EMRK geboten erscheine.

2. Nachdem die Unterlagen dem BFA übermittelt wurden, teilte dieses der belangten Behörde in seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005, datiert mit 07.11.2019, mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die BF hätten die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 – 3 AsylG 2005 nicht nachgewiesen und die Einreise der BF erscheine zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten. Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme.

In der diesbezüglichen Stellungnahme wurde ausgeführt, dass der Bescheid der Bezugsperson am 29.12.2015 rechtskräftig geworden sei. Da die gegenständlichen Anträge mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Statuszuerkennung an die Bezugsperson eingebracht worden seien, seien die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 – 3 AsylG 2005 zu erfüllen. Aufgrund der vorgelegten Dokumente stehe fest, dass es sich bei der Bezugsperson um den Ehemann beziehungsweise Vater der BF handle. Aus dem Versicherungsdatenauszuge ergebe sich, dass die Bezugsperson erwerbstätig sei und ein Einkommen von EUR 1.738,47 beziehe. Aus dem Mietvertrag ergebe sich ein monatlicher Mietzins von EUR 595,-. Unter Berücksichtigung des Einkommens der Bezugsperson und der Wohnungsmiete abzüglich der freien Station stehe der Bezugsperson ein Durchschnittseinkommen von EUR 1.438,12 monatlich zur Verfügung. Damit werde der Richtsatz nach § 293 ASVG für ein Ehepaar und zwei mj. Kinder iHv EUR 1.686,91 nicht erreicht. Als Versicherungsnachweis sei lediglich eine e-card vorgelegt worden. Aus dem Besitz einer e-card könne nicht geschlossen werden, dass die Bezugsperson über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfüge, welcher auch für die BF greife. Auf die Möglichkeit einer Familienzusammenführung nach dem NAG wurde verwiesen.

3. Mit Schreiben vom 11.11.2019 wurde den BF eine Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt. Es wurde mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung des Antrages mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Eine ausführliche Begründung sei der beiliegenden Mitteilung und Stellungnahme des BFA zu entnehmen. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch ein unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

4. In ihrer Stellungnahme vom 19.11.2019 führten die BF aus, dass die Behörde richtig festgestellt habe, dass im vorliegenden Fall ein Einkommen iHv EUR 1.686,91 vorzuweisen sei. Rechne man die monatlichen Mietausgaben (abzüglich des Werts der freien Station) hinzu, so ergebe sich ein Richtwert von 1.987,26. Anhand der nunmehr vorgelegten Lohnzettel sei erkennbar, dass die Bezugsperson seit Juli 2019 ein durchschnittliches Einkommen iHv EUR 2.001,18 aufweise (durchschnittliches monatliches Einkommen iHv EUR 1.715,30 x 14 / 12 = EUR 2001,18). Darüber hinaus wurde ein Kontoauszug vorgelegt, auf welchem ein Kontostand iHv EUR 8.881,55 ersichtlich sei. Die Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 sei daher erfüllt.

Die Bezugsperson sei als unselbstständiger Erwerbstätiger bei der GKK versichert. Gemäß
§ 123 ASVG bestehe die Möglichkeit einer Mitversicherung für Angehörige, sofern sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Eine entsprechende Bestätigung der GKK wurde der Stellungnahme angeschlossen. Die Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 sei daher erfüllt.

Zum Nachweis eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft sei ein Mietvertrag vorgelegt worden, der durch die Behörde nicht beanstandet worden sei. Die Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 sei daher erfüllt.

Überdies seien die Erwägungen der Behörden betreffend Art. 8 EMRK unzulänglich bzw. unschlüssig. Es sei eine konkrete und fallspezifische Abwägung durchzuführen. Die Trennung der Familie sei ein Resultat der Fluchtgründe der Bezugsperson und habe daher nicht freiwillig stattgefunden. Österreich sei der einzige Staat, in welchem das Familienleben fortgesetzt werden könne. Nach der Rechtsprechung des VwGH sei in jenen Fällen, in denen nach der Einreise der Antragsteller in das Bundesgebiet § 34 Abs. 2 AsylG 2005 gelte, nicht auf das NAG zu verweisen, da § 35 AsylG 2005 gerade die Erteilung von Einreisetiteln zum Zweck der Durchführung eines Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG 2005 diene. Der Verweis des BFA auf die Möglichkeit eines Verfahrens nach dem NAG sei somit hinfällig.

5. Nachdem die Stellungnahme dem BFA übermittelt wurde, teilte dieses am 03.11.2020 mit, dass die in der Stellungnahme angeführten Gründe nicht ausreichen würden, um eine andere Entscheidung zu bewirken. Betreffend die vorgebrachten Ersparnisse, welche auf dem beigelegten Kontoauszug ersichtlich seien, wurde ausgeführt, dass an einem Tag Bareingänge iHv EUR 1.000,-, EUR 3.000,- und EUR 1.500,- zu erkennen seien. Das BFA habe den Vertreter der BF schriftlich aufgefordert, der Behörde bekanntzugeben, woher die Geldmittel stammen würden. Es sei mitgeteilt worden, dass die Bezugsperson diese Beträge im April 2019 an zwei Freunde geborgt und nunmehr wiederbekommen habe. Das BFA habe die Bezugsperson beauftragt, die Personalien der Freunde sowie Überweisungsbestätigungen vorzulegen. Bis dato seien keine Überweisungs- bzw. Empfangsbestätigungen vorgelegt worden. Weiters habe das BFA um Vorlage eines Kontoauszuges vom März oder April 2019 ersucht, bevor jener Geldbetrag an die zwei Freunde ergangen sei. Dieser Auszug sei vorgelegt worden und habe das Konto per 18.03.2019 einen Kontostand iHv EUR 5.790,67 aufgewiesen. Ein Kontoauszug über den Ausgang bzw. die Abhebung des Betrages für die Freunde, sei nicht vorgelegt worden. Für die Unterhaltsberechnung nach dem NAG sei bei Spareinlagen maßgeblich, dass die Herkunft des Geldbetrages belegt werde, um sicherzustellen, dass die Mittel nicht aus einer illegalen Quelle stammen würden und der Antragsteller einen Rechtsanspruch darauf habe. Es sei auszuschließen, dass die Bezugsperson den Geldbetrag an die Freunde geliehen habe. Es könne somit nicht sichergestellt werden, dass die Barmittel, welche die Bezugsperson auf ihr Konto eingezahlt habe, aus einer legalen Quelle stammen. Eine Zeugenbefragung der Freunde hätte zu keinem anderen Ergebnis geführt und sei daher unterblieben. Die Entscheidung vom 11.11.2019 bleibe daher aufrecht.

6. Mit Bescheiden vom 05.11.2020 wies die ÖB Damaskus die Anträge auf Erteilung von Einreisetitel gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab. Das BFA habe nach erneuter Prüfung mitgeteilt, dass es an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festhalte.

7. Mit Schreiben vom 03.12.2020 brachten die BF im Wege ihrer rechtlichen Vertretung Beschwerden ein. Es wurde ausgeführt, dass das BFA seine negative Wahrscheinlichkeitsprognose damit begründet habe, dass die Herkunft der Ersparnisse der Bezugsperson nicht nachgewiesen hätten werden können. Die nachgewiesenen Ersparnisse seien jedoch nicht verfahrensrelevant, da die Bezugsperson über ein Einkommen verfüge. Strittig sei somit primär, ob das Einkommen der Bezugsperson den Richtsätzen des ASVG entspreche. Dies sei zu bejahen. Der Beschwerde wurden Gehaltsnachweise von Juli bis Oktober 2020 angeschlossen. Die BF hätten in ihrer Stellungnahme ausführlich dargelegt, dass die Voraussetzung des § 60 Abs. 2
Z 3 AsylG 2005 erfüllt sei. Das BFA habe Ermittlungen betreffend die Herkunft der Ersparnisse der Bezugsperson eingeleitet. Diese Ermittlungen seien jedoch nicht zweckdienlich gewesen, da die Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 bereits durch das nachgewiesene Gehalt als erfüllt anzusehen sei. Die Ersparnisse seien lediglich als zusätzlicher Nachweis vorgelegt worden. Auch sei eine konkrete und fallspezifische Abwägung betreffend Art. 8 EMRK nicht erfolgt. Die Ausführungen in der Stellungnahme seien ignoriert worden. Das BFA habe nur den vorgelegten Kontoauszug berücksichtigt, welcher jedoch nicht verfahrensrelevant sei. Aufgrund der Außerachtlassung wesentlichen Parteivorbringens und Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung, sowie Begründungsmängeln des Bescheides sei das Verfahren mit formeller Rechtswidrigkeit belastet, der so schwer liege, dass es sich nach der Judikatur des VfGH um einen Akt der Willkür handle.

8. Die ÖB Damaskus erließ keine Beschwerdevorentscheidung.

9. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 12.02.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 15.02.2021, wurden die Beschwerden samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF, Staatsangehörige Syriens, stellten am 24.04.2019 schriftlich und am 07.05.2019 persönlich bei der ÖB Damaskus Anträge auf Erteilung von Einreisetitel gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der Ehemann bzw. Vater der BF genannt. Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des BFA vom 04.12.2015, rechtskräftig seit 29.12.2015, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Das BFA teilte der ÖB Damaskus nach Erhalt und Prüfung der Anträge samt Unterlagen mit, dass die Stattgebung der Anträge auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 – 3 AsylG 2005 nicht erfüllt worden seien.

Mit Bescheiden der ÖB Damaskus vom 05.11.2020 wurden die Anträge auf Erteilung von Einreisetitel gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen.

Der Bezugsperson wurde vor Inkrafttreten des Bundesgesetztes BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Die Antragstellung erfolgte mehr als drei Monate nach Inkrafttreten des Bundesgesetztes BGBl. I Nr. 24/2016.

Die BF legten einen Mietvertrag der Bezugsperson über eine 33m² große Wohnung vor. Eine Wohnung von 33m², die überdies über nur einem Schlafraum verfügt, stellt für eine vierköpfige Familie jedenfalls keine ortsübliche Unterkunft dar. Überdies ist an der Adresse der Bezugsperson seit Jänner 2021 eine weitere volljährige Person gemeldet. Die BF haben einen Nachweis über einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft iSd § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird, nicht erbracht.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen, insbesondere das Datum der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson und der Zeitpunkt der Stellung der gegenständlichen Einreiseanträge, ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der ÖB Damaskus und wurden von den BF auch nicht bestritten.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde – insbesondere in die angefochtenen Bescheide und die dagegen erhobenen Beschwerden und die Stellungnahme des BFA sowie in das Zentrale Melderegister.

Wie bereits die belangte Behörde erwogen hat, ergibt sich der festgestellte Sachverhalt widerspruchsfrei aus den (behördlich) aufgenommenen, im Verwaltungsakt einliegenden Beweismitteln.

Die BF legten im Rahmen der Antragstellung einen Mietvertrag der Bezugsperson über eine 33m² große Wohnung bestehend aus Vorraum, Wohnküche, einem Zimmer, Badezimmer und WC vor. Die Bezugsperson verfügt mit einer Wohnung von 33m² auch über keine ortsübliche Unterkunft iSd § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 für sich und die BF. Es ist auf das Alter bzw. Geschlecht der Kinder Bedacht zu nehmen. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der mj. BF2 um ein siebenjähriges Mädchen und beim mj. BF3 um einen fünfjährigen Buben und kann eine Wohnung in dieser Größe für eine vierköpfige Familie, die ein Kind im schulpflichtigen Alter hat, nicht als ortsübliche Unterkunft gewertet werden, wenngleich die Ortsüblichkeit einer Unterkunft nicht allein an der Quadratmeter-Größe festgemacht werden kann. In diesem Sinn hat auch bereits das Landesverwaltungsgericht Wien in seinem Erkenntnis vom 10.11.2014, Zl. VGW-151/023/27620/2014 – unter Bezugnahme auf statistisches Material – ausgeführt, dass eine Wohnungsgröße von 40,3 m² (ein Zimmer, Küche, ein Kabinett) für eine vierköpfige Familie in Wien als nicht ortsüblich zu bezeichnen sei. Überdies ergab eine Abfrage des Zentralen Melderegisters, dass in dieser Wohnung seit Jänner 2021 eine weitere volljährige, männliche Person gemeldet ist. Die angeführte Wohnung der Bezugsperson ist jedenfalls nicht als ortsüblich zu qualifizieren, da diese für drei Erwachsene und zwei mj. Kinder jedenfalls zu klein ist, zumal jeder Person nur 6,6m² zur Verfügung stehen würden. Selbst von einem sehr niedrigen Niveau ausgehend, ist der an die Ortsüblichkeit anzulegende Maßstab als deutlich unterschritten zu qualifizieren.

Die Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 wurde daher im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) idgF lauten wie folgt:

„Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit

§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

Beschwerdevorentscheidung

§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Vorlageantrag

§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005:

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetztes 2005 (AsylG 2005) lauten:

„Familienverfahren im Inland

§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“

Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

§60

[…]

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

1.der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2.der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3.der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

[…]

Übergangsbestimmungen

§ 75

[…]

(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.

[…]“

Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln wurden am 24.04.2019 schriftlich und am 07.05.2019 persönlich, und somit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht. Gemäß der Übergangsbestimmung § 75 Abs. 24 AsylG 2005 war daher § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der geltenden Fassung anzuwenden. Der Bezugsperson wurde der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 am 29.12.2015 rechtskräftig zuerkannt. Die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln wurden am 24.04.2019 schriftlich und am 07.05.2019 persönlich und sohin nicht innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 am 01.06.2016 gestellt; die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 – 3 sind daher zu erfüllen.

Die maßgebliche Bestimmung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) idgF lautet:

„Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§11

[…]

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.“

Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) idgF lauten:

„Richtsätze

§ 293 (1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben      1 120,00 € (Anm. 1, 1a, 1b),

bb) wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen  882,78 € (Anm. 2),

(Anm.: sublit. cc aufgehoben durch Art. 1 Z 2, BGBl. I Nr 84/2019)

b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259          747,00 € (Anm. 2),

c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres    274,76 € (Anm. 3),

falls beide Elternteile verstorben sind     412,54 € (Anm. 4),

bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres     488,24 € (Anm. 5),

falls beide Elternteile verstorben sind     747,00 € (Anm. 2).

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 120,96 € (Anm. 6) für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.

(3) Hat eine Person Anspruch auf mehrere Pensionen aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, so ist der höchste der in Betracht kommenden Richtsätze anzuwenden. In diesem Fall gebührt die Ausgleichszulage zu der Pension, zu der vor Anfall der weiteren Pension Anspruch auf Ausgleichszulage bestanden hat, sonst zur höheren Pension.

(4) Haben beide Ehegatten oder eingetragenen PartnerInnen Anspruch auf eine Pension aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und leben sie im gemeinsamen Haushalt, so besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Pension, bei der er früher entstanden ist.

(Anm. 1: gemäß BGBl. II Nr. 391/2016 für 2017: 1 334,17 €; gemäß BGBl. II Nr. 339/2017 für 2018: 1 363,52 €; gemäß BGBl. II Nr. 329/2018 für 2019: 1 398,97 €; gemäß BGBl. II Nr. 348/2019 für 2020: 1 472,00 €; gemäß BGBl. II Nr. 576/2020 für 2021: 1 578,36 €

Anm. 1a: Art. 1 Z 2 der Novelle BGBl. I Nr. 98/2019 lautet: „In § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa wird der Ausdruck „1 398,97 €“ durch den Ausdruck „1 472,00 €“ ersetzt.“. Da die Beträge jährlich durch Kundmachung angepasst wurden, konnte die Anweisung nicht durchgeführt werden.

Anm. 1b: § 727 Abs. 2 idF BGBl. I Nr. 21/2020 lautet: „Der Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 98/2019 ist abweichend von § 293 Abs. 2 für das Kalenderjahr 2020 (rückwirkend) mit dem Faktor 1,036 zu vervielfachen.“

Anm. 2: für 2017: 889,84 €; für 2018: 909,42 €; für 2019: 933,06 €; für 2020: 966,65 €; für 2021: 1 000,48 €

Anm. 3: für 2017: 327,29 €; für 2018: 334,49 €; für 2019: 343,19 €; für 2020: 355,54 €; für 2021: 367,98 €

Anm. 4: für 2017: 491,43 €; für 2018: 502,24 €; für 2019: 515,30 €; für 2020: 533,85 €; für 2021: 552,53 €

Anm. 5: für 2017: 581,60 €; für 2018: 594,40 €; für 2019: 609,85 €; für 2020: 631,80 €; für 2021: 653,91 €

Anm. 6: für 2017: 137,30 €; für 2018: 140,32 €; für 2019: 143,97 €; für 2020: 149,15 €; für 2021: 154,37 €)

Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausgleichszulage

§292

[…]

(3) Nettoeinkommen im Sinne der Abs. 1 und 2 ist, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Für die Bewertung der Sachbezüge gilt, soweit nicht Abs. 8 anzuwenden ist, die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer mit der Maßgabe, dass als Wert der vollen freien Station der Betrag von 216,78 € (Anm. 1) heranzuziehen ist; an die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 1994, der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachte Betrag. Im Falle des Bezuges einer Hinterbliebenenpension (§ 257) vermindert sich dieser Betrag, wenn für die Ermittlung der Ausgleichszulage zur Pension des verstorbenen Ehegatten/der verstorbenen Ehegattin oder des verstorbenen eingetragenen Partners/der verstorbenen eingetragenen Partnerin (Elternteiles) Abs. 8 anzuwenden war oder anzuwenden gewesen wäre und der (die) Hinterbliebene nicht Eigentümer (Miteigentümer) des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes war, für Einheitswerte unter 4 400 € im Verhältnis des maßgeblichen Einheitswertes zu dem genannten Einheitswert, gerundet auf Cent; Entsprechendes gilt auch bei der Bewertung von sonstigen Sachbezügen.

(Anm. 1: gemäß BGBl. II Nr. 329/2018 für 2019: 294,65 €; gemäß BGBl. II Nr. 348/2019 für 2020: 299,95 €; gemäß BGBl. II Nr. 576/2020 für 2021: 304,45 €)

[…]“

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.

Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des BFA noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe hiezu BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offensteht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, da die Prognose des BFA und die in der Folge darauf gestützte Auffassung der Vertretungsbehörde nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend sind:

Im gegenständlichen Fall wurden Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich seit dem Jahr 2015 asylberechtigte Ehemann bzw. Vater der BF genannt.

Im vorliegenden Fall wurde die Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 nicht erfüllt. Die BF konnten das Erfordernis einer für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehenen Unterkunft nicht erbringen. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, wohnte die Bezugsperson im Zeitpunkt der Antragstellung sowie im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides in einer 33m² großen Wohnung.

Betreffend die Ausführungen in der Beschwerde, wonach die Bezugsperson – entgegen den Ausführungen des BFA – den Nachweis der erforderlichen finanziellen Mittel iSd § 60 Abs. 2
Z 3 AsylG 2005 erbracht habe ist ergänzend Folgendes auszuführen:

Aus den mit der Stellungnahme vom 19.11.2019 vorgelegten Lohnzetteln ergibt sich ein monatliches Nettoeinkommen der Bezugsperson im Juli 2019 iHv EUR 1.689,80, im Augst 2019 EUR 1.645,65 und im Oktober 2019 iHv EUR 1.808,62. Der vorgelegte Lohnzettel von September 2019 war unleserlich. Das monatliche Nettogehalt auf dem Lohnzettel von August 2019 war unleserlich; aus dem leserlichen Bruttobezug iHv EUR 2.001,38 ergibt sich abzüglich der SV und Lohnsteuer iHv EUR 382,66 und EUR 149,07 sowie hinzurechnen der Aufwandsentschädigung iHv EUR 176,- ein monatliches Nettogehalt iHv EUR 1.645,65.

Das durchschnittliche Nettoeinkommen der Bezugsperson von Juli, August und Oktober 2019 betrug folglich EUR 1.714,69. Unter Berücksichtigung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes ergibt sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen der Bezugsperson (x 14/12) iHv EUR 2.000,47. Die BF führten in ihrer Stellungnahme vom 19.11.2019 ein durchschnittliches Nettoeinkommen der Bezugsperson iHv EUR 2.001,18 an.

Die monatliche Miete beträgt EUR 595,-.

Wie oben bereits ausgeführt betrugen die Richtsätze gemäß § 293 ASVG für das Jahr 2019:

Für Ehepaare: EUR 1.398,97

Für jedes Kind: zusätzlich EUR 143,97

Grundsätzlich müssen diese Beträge nach Abzug der monatlichen regelmäßigen Kosten (wie Miete, Kreditraten etc.), soweit diese in Summe EUR 294,65 (sogenannter "Wert der freien Station" gemäß § 292 Abs. 3 ASVG für das Jahr 2019) überschreiten, zur Verfügung stehen.

Die Bezugsperson hätte für sich und die BF gemäß § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 iVm § 11 Abs. 5 NAG iVm § 293 ASVG im Jahr 2019 ein monatliches Einkommen von jedenfalls EUR 1.686,91 (EUR 1.398,97 für ein Ehepaar und je EUR 143,97 für die beiden mj. Kinder) aufbringen müssen, um erst einmal den Nominalwert der Ausgleichszulagenrichtsätze zu erreichen, wobei Aufwendungen für Mietbelastungen (in casu EUR 595,- monatlicher Mietzins [abzüglich der „freien Station“ iHv EUR 294,65],) noch hinzuzurechnen wären. Daraus ergibt sich ein Wert iHv EUR 1.987,26.

Der Beschwerde ist insoweit zuzustimmen, dass die Bezugsperson im Jahr 2019 den Richtsatz des § 293 ASVG erreicht hat.

Jedoch ist im vorliegenden Fall maßgeblich zu berücksichtigten, dass die zweite negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA am 03.11.2020 und die angefochtenen Bescheide am 05.11.2020 ergangen sind. Im Entscheidungszeitpunkt der Behörde waren daher das Einkommen der Bezugsperson aus dem Jahr 2020 sowie die Richtsätze des ASVG für das Jahr 2020 maßgeblich.

Diese betrugen für das Jahr 2020 – wie bereits oben ausgeführt:

Für Ehepaare: EUR 1.524,99

Für jedes Kind: zusätzlich EUR 149,15

Grundsätzlich müssen diese Beträge nach Abzug der monatlichen regelmäßigen Kosten (wie Miete, Kreditraten etc.), soweit diese in Summe EUR 299,95 (sogenannter "Wert der freien Station" gemäß § 292 Abs. 3 ASVG für das Jahr 2020) überschreiten, zur Verfügung stehen.

Die BF legten im behördlichen Verfahren keine Einkommensnachweise der Bezugsperson aus dem Jahr 2020 vor. Die mit der Beschwerde vorgelegten Lohnbestätigungen der Bezugsperson aus 2020 waren der Behörde im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht bekannt, unterliegen dem Neuerungsverbot des § 11a Abs. 2 FPG und sind daher unbeachtlich. Überdies sind diese unleserlich. Auch ist diesbezüglich anzumerken, dass die BF zuletzt am 30.09.2020 aufgefordert wurden, eine Stellungnahme betreffend die finanziellen Mittel (insbesondere die Ersparnisse) einzubringen. Die BF hätten daher im behördlichen Verfahren bis September/Oktober 2020 die Möglichkeit gehabt, aktuelle Gehaltsnachweise der Bezugsperson vorzulegen.

Es kann daher der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese ihre Entscheidung darauf stützt, dass die Herkunft der Ersparnisse der Bezugsperson nicht belegt worden sei.

Ergänzend ist festzuhalten, dass weder aus den Erläuterungen zu § 11a FPG bzw. § 22 b Abs. 2 BFA-VG noch aus der Judikatur der Höchstgerichte irgendein Hinweis hervorgeht, dass das Neuerungsverbot in Visa-Angelegenheiten nur auf nova reperta eingeschränkt zu interpretieren sei. Gemäß § 11a FPG ist klargestellt, dass für die Rechtsmittelverfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden bestimmte Sonderregelungen wie etwa die Unzulässigkeit einer mündlichen Verhandlung oder ein umfassendes Neuerungsverbot vorgesehen ist. Da es in Visaverfahren jederzeit möglich ist, neue Visaanträge zu stellen, und dies gegenüber der Führung eines Beschwerdeverfahrens rascher und kostensparender ist, kann das Beschwerdeverfahren in sachgerechter Weise, auf die bereits bei der ursprünglichen Antragstellung vorgebrachten Tatsachen und Beweise beschränkt werden (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht §22b BFA-VG, Stand 01.01.2015).

Auch unter der Annahme, der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005, ist im vorliegenden Fall jedoch – wie bereits ausgeführt – maßgeblich zu berücksichtigen, dass die BF bzw. die Bezugsperson keinen Nachweis über eine Unterkunft, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird, iSd § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 erbracht haben.

Betreffend den Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass das BFA diese Frage im Rahmen der Erstellung der Wahrscheinlichkeitsprognose implizit mit zu berücksichtigen hatte und fallgegenständlich offensichtlich zu der Ansicht gelangt ist, dass dies nicht geboten ist.

Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK steht unter Gesetzesvorbehalt. Wenn die Verweigerung eines Einreiseantrags in den Schutzbereich des Privatlebens oder des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreift, ist zu prüfen, ob sich diese auf eine gesetzliche Bestimmung stützt, was im vorliegenden Fall offensichtlich zutrifft, und ob sie Ziele verfolgt, die mit der EMRK in Einklang stehen, wofür hier insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes in Betracht kommen.

Es ist anzumerken, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Bei Erteilung eines Einreisetitels ist zu berücksichtigen, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, newsletter 2001, 159 uva). Art. 8 EMRK gewährt auch kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Regelung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl. VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008).

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. Die Verweigerung eines Visums, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, kann nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 22.01.2013, 2011/18/0012).

Im gegenständlichen Fall ist zu berücksichtigen, dass die BF die Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 nicht erfüllen konnten. Eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften und des persönlichen Interesses der BF an einer Fortsetzung des Familienlebens in Österreich fällt zu Lasten der BF aus. Besondere Umstände, weshalb das Recht auf Familienleben im gegenständlichen Fall schwerer wiegen sollte als das öffentliche Interesse, wurden nicht dargetan.

Die Regelung des § 35 Abs. 1 und Abs. 4 Z 3 bedeutet nämlich auch unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK nicht, dass in jedem Fall durch die Nichterteilung eines Einreisetitels in das Recht auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK in unzulässiger Weise eingegriffen würde. Mit der hier gegenständ

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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