TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/30 96/01/0223

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Veröffentlicht am 30.04.1997
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

FlKonv;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7;
StbG 1985 §10 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Bachler, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde 1. des E H,

2. der J H und 3. des R H, alle in X, der Drittbeschwerdeführer vertreten durch den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, diese beiden vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 29. Jänner 1996, Zl. Ia 370-39/93, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft und Erstreckung derselben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 29. Jänner 1996 wurden der Antrag des Erstbeschwerdeführers vom 25. Jänner 1993 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß §§ 10, 11a, 12, 13 und 14 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985", BGBl. Nr. 311 (StbG), und die Anträge der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers auf Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft - daß der Antrag vom 25. Jänner 1993 hinsichtlich der Zweit- und Drittbeschwerdeführer als Erstreckungsantrag zu verstehen ist, wie sich auch aus der Bezeichnung der Parteien in der Niederschrift vom 21. Juni 1993 ergibt, bleibt in der Beschwerde unbekämpft - "gemäß §§ 16, 17 und 18 StbG" abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, daß die Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Erstbeschwerdeführer, der seinen Hauptwohnsitz noch nicht zehn Jahre in Österreich habe und von dem keine außerordentlichen Leistungen erbracht worden bzw. zu erwarten seien, gemäß § 10 Abs. 3 StbG nur bei Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes in Betracht käme. Die Flüchtlingseigenschaft stelle keinen derartigen Grund dar. Andere in diesem Sinn besonders berücksichtigungswürdige Umstände seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Der Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft und somit gemäß § 18 StbG auch die Erstreckungsanträge der Zweit- und Drittbeschwerdeführer seien daher abzuweisen gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um eine Familie mit tschechischer Staatsangehörigkeit, welche seit dem Jahr 1989 in Österreich lebt. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. Oktober 1989 wurden die Beschwerdeführer als Flüchtlinge anerkannt. Da der Erstbeschwerdeführer somit noch nicht seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen "Hauptwohnsitz" (vor dem 1. Jänner 1995 seinen "ordentlichen Wohnsitz"; siehe Art. VII Z. 2 iVm Art. 8 Z. 5 des Hauptwohnsitzgesetzes, BGBl. Nr. 505/1994) im Gebiet der Republik Österreich hat, erfüllt er nicht die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG. Von dieser Voraussetzung kann aber gemäß § 10 Abs. 3 leg. cit. abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik Österreich hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 96/01/0091) handelt es sich hiebei um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung.

Soweit der Erstbeschwerdeführer auf seine bisher fünfjährige Beschäftigung in Österreich (davon vier Jahre beim selben Arbeitgeber) verweist und in diesem Zusammenhang rügt, die belangte Behörde habe sich mit dieser Frage nicht auseinandergesetzt, ist ihm zu entgegnen, daß die - im Regelfall für das Vorliegen der Verleihungsvoraussetzung gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 StbG (Sicherung des Lebensunterhaltes) erforderliche - Erwerbstätigkeit von arbeitsfähigen Personen keinesfalls eine Besonderheit darstellt und nicht geeignet ist, eine derart starke Integration darzutun, daß vom grundsätzlichen Einbürgerungserfordernis des ununterbrochen mindestens zehnjährigen Hauptwohnsitzes im Inland abgesehen werden könnte. So hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise in dem bereits zitierten Erkenntnis zur Zl. 96/01/0091 und im Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 96/01/0092, ausgesprochen, daß auch die mehrjährige Berufstätigkeit eines Fremden keinen "besonders berücksichtigungswürdigen Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG darstelle. Entgegen der Ansicht des Erstbeschwerdeführers hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. November 1992, Zl. 92/01/0582 nicht ausgesprochen, daß die Berufstätigkeit über einen längeren Zeitraum einen derartigen Grund darstelle, vielmehr wurde diese Frage in diesem Erkenntnis ausdrücklich offen gelassen.

Da auch die Flüchtlingseigenschaft für sich allein keinen "besonders berücksichtigungswürdigen Grund" darstellt (vgl. etwa das bereits zitierte hg. Erkenntnis zur Zl. 96/01/0091), hat die belangte Behörde den Antrag des Erstbeschwerdeführers zu Recht mangels Vorliegens eines derartigen Grundes gemäß § 10 Abs. 3 StbG abgewiesen.

Daran, daß im vorliegenden Fall diese zwingende Verleihungsvoraussetzung nicht gegeben ist, kann - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - auch die Mitteilung des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 2. März 1994, wonach die Anträge der Beschwerdeführer infolge einer Empfehlung des Einbürgerungsbeirates von der Landesregierung am 23. November 1993 für zwei Jahre zurückgestellt worden seien, nichts ändern.

Da die unter den Voraussetzungen des § 16 StbG (für die Ehegattin) und des § 17 StbG (für die Kinder) zu gewährende Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 18 leg. cit. nur gleichzeitig mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft und nur mit demselben Erwerbungszeitpunkt verfügt werden darf, hat die belangte Behörde auch die Anträge der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers auf Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft zu Recht abgewiesen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996010223.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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