TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/16 W167 2233820-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.2020
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Entscheidungsdatum

16.12.2020

Norm

AuslBG §1 Abs2
AuslBG §3 Abs8
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W167 2233820-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Manuela ECKERSDORFER und den fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes DENK als Beisitzer/in über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Gänserndorf vom XXXX idF der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Datiert mit XXXX stellte der Beschwerdeführer einen Antrag nach § 3 Abs. 8 AuslBG an die belangte Behörde.

2. Mit Schreiben vom XXXX wurde der Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde darüber informiert, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Ausnahmebestätigung nicht erfüllt seien, da seine Ehe keine 3 Jahre gedauert habe.

3. Mit Schreiben vom XXXX teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit, dass er bei Einwilligung in die Scheidung nicht an die 3-Jahres-Frist und die damit verbundenen „schweren Nachteile“ gedacht habe. Es sei damals auch seitens der mit der Scheidung betrauten Richterin keine Rechtsbelehrung erteilt worden, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Scheidung des Aufenthaltsrechts verlustig werden könnte. Hätte er einen Hinweis darauf bekommen, dass die Frist des § 54 Abs. 5 Z 1 NAG noch nicht erfüllt ist, dann hätte er einer Scheidung niemals zugestimmt. Durch seine gewählte Rechtsvertretung habe er mittlerweile erfahren, dass er die Scheidung hätte anfechten können. Auch darüber sei er damals nicht aufgeklärt worden. Seiner gewählten Rechtsvertretung sei nunmehr aufgefallen, dass eine Rechtsmittelfrist abgewartet worden sei, was bei einvernehmlichen Scheidungen unüblich wäre. Der Beschwerdeführer bitte um eine positive Entscheidung in dieser Angelegenheit.

4. Mit Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers ab. Die belangte Behörde hielt fest, dass der Antrag auf Ausstellung einer Ausnahmebestätigung gemäß § 3 Abs. 8 AuslBG damit begründet wurde, dass der Beschwerdeführer mit einer XXXX Staatsbürgerin verheiratet war. Die Ehe habe allerdings keine 3 Jahre gedauert, was jedoch eine Voraussetzung für die Ausnahme gemäß § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG wäre.

5. Dagegen erhob der vertretene Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde und brachte als Gründe „mangelhafte Feststellungen“ sowie eine darauf aufbauende „unrichtige rechtliche Beurteilung“ vor. Der Beschwerdeführer wiederholte sein bisheriges Vorbringen aus seinem Schreiben vom XXXX Weiters vermisse der Beschwerdeführer korrekte Feststellungen zu seinen Aufenthalten von XXXX und bis dato sowie seinen Beschäftigungen.

Ausgehend davon hätte die belangte Behörde zu dem Schluss kommen müssen, dass der Beschwerdeführer XXXX dermaßen unter Druck gesetzt war, dass er den Antrag auf Ehescheidung ebenfalls gestellt habe, wodurch die Ehe nach 2 Jahren und 9 Monaten aufgelöst wurde. Dem Beschwerdeführer hätten daher die fehlenden 3 Monate aufgrund der ungewöhnlichen Problematik sowie besonderer und berücksichtigungswürdiger Umstände nachgesehen werden müssen.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde die Beschwerde ab und begründete dies damit, dass die Ehe des Beschwerdeführers keine drei Jahre bestanden habe und es sich daher beim Beschwerdeführer um keinen Angehörigen iSd § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG handeln würde. Auch der Umstand, dass nur einige Wochen zur Erfüllung der Dreijahresfrist fehlen sowie der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer in einer persönlich verzweifelten Lage befindet, könne angesichts der zwingend anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen keine andere Entscheidung herbeiführen.

7. Der vertretene Beschwerdeführer stellte fristgerecht einen Vorlageantrag.

8. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

9. Es wurde zwei Mal eine Verhandlung anberaumt. Am XXXX führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers und seiner rechtskundigen Vertretung durch, an der die belangte Behörde teilnahm.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von XXXX . Er schloss am XXXX die Ehe mit einer in Österreich aufhältigen XXXX Staatsangehörigen. Als Gatte einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigen EWR-Bürgerin wurde ihm durch die zuständige Niederlassungsbehörde eine Aufenthaltskarte „Angehöriger eines EWR-Bürgers“ (zuletzt mit der Gültigkeit von XXXX ) ausgestellt, welche er nach Auskunft der zuständigen Niederlassungsbehörde mit XXXX verloren hat. Am XXXX wurde die einvernehmliche Scheidung beantragt. Am XXXX wurde die Ehe rechtskräftig geschieden.

Der Beschwerdeführer war/ist in Österreich von XXXX , von XXXX und von XXXX mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet.

Am XXXX stellte der Beschwerdeführer einen Antrag nach § 3 Abs. 8 AuslBG an die belangte Behörde.

Die Ladung zur vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde seiner rechtskundigen Vertretung nachweislich übermittelt.

Der Beschwerdeführer ist zur Verhandlung nicht erschienen und hat diesbezüglich am XXXX bekannt gegeben, dass er am XXXX an einer „schmerzhaften Verletzung erkrankt“ sei und übermittelte ein mit „Krankmeldung“ betiteltes Schreiben einer Allgemeinmedizinerin vom XXXX , wonach der Beschwerdeführer vom XXXX wegen Erkrankung nicht arbeitsfähig sei. XXXX

Auch die rechtskundige Vertretung legte eine ärztliche Bestätigung vor, wonach XXXX aus ärztlicher Sicht in den nächsten Zeit(4 Wochen) keine dringlichen oder amtlichen Termine wahrnehmen“ könne. XXXX

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere auch den Angaben des Beschwerdeführers selbst.

Sowohl im Bescheid als auch in der Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde den Antrag nach § 3 Abs. 8 AuslBG mit der Begründung ab, dass die Ehe des Beschwerdeführers mit einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigen EWR-Bürgerin keine drei Jahre gedauert habe.

Das Datum der Eheschließung sowie das Datum der Scheidung der Ehe ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem Beschluss über die Scheidung der Ehe im Einvernehmen. Das Datum des Antrags auf Scheidung teilte der Beschwerdeführer über Nachfrage mit (OZ 7).

Die Feststellungen zu den Wohnsitzen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Die Angaben zur Verhinderung sind dem Schreiben samt Beilagen entnommen (OZ 11), XXXX

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Abweisung der zulässigen und rechtzeitigen Beschwerde

3.1.1. Allgemeines

Das Nichterscheinen einer Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung hindert die Durchführung der Verhandlung nicht. Voraussetzung für die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist eine „ordnungsgemäße Ladung“. Davon kann dann nicht gesprochen werden, wenn einer der im § 19 Abs. 3 AVG genannten - das Nichterscheinen des Geladenen rechtfertigenden - Gründe vorliegt. Die Rechtfertigungsgründe haben auch für einen geladenen Vertreter Geltung (vgl. VwGH 24.10.2018, Ra 2016/04/0040, mwN). Eine rechtswirksam geladene Partei hat die zwingenden Gründe für ihr Nichterscheinen darzutun. Sie muss etwa im Fall einer Erkrankung nicht nur deren Vorliegen behaupten und dartun, sondern auch die Hinderung am Erscheinen bei der Verhandlung aus diesem Grund (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 2014, 2013/02/0260, sowie vom 26. Februar 2014, 2012/02/0079). Die Triftigkeit des Nichterscheinens muss überprüfbar sein (vgl. das Erkenntnis vom 20. Oktober 2010, 2009/02/0292). (VwGH 11.11.2019, Ra 2019/18/0448)

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Partei im Falle einer ordnungsgemäßen Ladung zwingende Gründe für das Nichterscheinen darzutun. Das bedeutet, dass nicht allein die Tatsache des Vorliegens einer Erkrankung behauptet und dargetan werden muss, sondern auch die Hinderung aus diesem Grunde, bei der Verhandlung zu erscheinen. Die Triftigkeit des Nichterscheinens zu einer Verhandlung muss überprüfbar sein (Hinweis E vom 26. Februar 2014, 2012/02/0079). Die von der Revisionswerberin am Tag vor der Verhandlung dem Bundesverwaltungsgericht ohne nähere Konkretisierung vorgelegte „Arbeitsunfähigkeitsmeldung“ gibt keinerlei Aufschluss über die Art der Verhinderung. (VwGH 18.06.2015, Ra 2015/20/0110)

Die Verhandlung wurde nach nachweislicher Ladung in Abwesenheit Beschwerdeführers und seiner rechtskundigen Vertretung durchgeführt, da die Krankmeldung, das Rezept und die Angaben des Beschwerdeführers sowie die ärztliche Bestätigung der rechtskundigen Vertreterin nicht geeignet sind, die Triftigkeit des Nichterscheinens zu überprüfen.

Der Beschwerdeführer beantragte seine eigene Vernehmung, die Beischaffung des Scheidungsaktes, die Vernehmung seiner Ex-Frau (wobei er als Adresse seiner Ex-Frau seine eigene aktuelle Adresse angibt) (OZ 7) sowie ein Gutachten aus dem Fachgebiet der psychotherapeutischen Medizin betreffend seinen enormen psychischen Leidensdruck im Vorfeld der Scheidung (OZ 9). Zu den Beweisanträgen des Beschwerdeführers wird festgehalten, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, die Relevanz dieser Beweisanträge für die Beschwerdeverfahren darzulegen (siehe OZ 11), zumal die entscheidungsrelevanten Feststellungen (insbesondere das Datum der Einleitung der Scheidung) bereits aufgrund der Aktenlage feststanden und es im Beschwerdefall um eine Rechtsfrage geht.

Dem Antrag des Beschwerdeführers die anberaumte Verhandlung zur Durchführung der beantragten Beweise abzuberaumen und auf unbestimmte Zeit zu erstrecken (OZ 11), wurde nicht entsprochen, da wie oben ausgeführt die Voraussetzungen für die Verhandlung in Abwesenheit vorlagen und keine Relevanz der Anträge dargelegt werden konnte.

3.1.2. Maßgebliche Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG):

Geltungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

[…]
l)         Ausländer, die aufgrund eines Rechtsaktes der Europäischen Union Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen;

[…]

(3) Zwischenstaatliche Vereinbarungen über die Beschäftigung von Ausländern werden durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht berührt.

(4) Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales kann nach Anhörung des Ausländerausschusses (§ 22) durch Verordnung weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes festlegen, sofern es sich um Personengruppen handelt, deren Beschäftigung die allgemeine Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter besonderer Berücksichtigung der Schutzinteressen der betroffenen inländischen Arbeitnehmer zuläßt.

Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern

§ 3. (1) – (7) […]

(8) Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat Ausländern, die gemäß § 1 Abs. 2 oder aufgrund einer Verordnung gemäß § 1 Abs. 4 vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind, auf deren Antrag eine Bestätigung darüber auszustellen.

(9) – (10) …

3.1.3. Art. 45 und Art. 21 AEUV des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union lauten wie folgt:

(1) Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.

(2) Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.

(3) Sie gibt - vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen - den Arbeitnehmern das Recht,

a) sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben;

b) sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen;

c) sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses

Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;

d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu verbleiben, welche die Kommission durch Verordnungen festlegt.

3.1.4. Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Unionsbürger-Richtlinie), lautet:

Artikel 7

Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate

(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen

Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er

a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder

b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden

Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder

c) - bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und

- über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder

d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger, der die Voraussetzungen des Buchstaben a, b oder c erfüllt, begleitet oder ihm nachzieht.

(2) Das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, sofern der Unionsbürger die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe a, b oder c erfüllt.

...

Artikel 13

Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts der Familienangehörigen bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder bei Beendigung der eingetragenen Partnerschaft

(1) Unbeschadet von Unterabsatz 2 berührt die Scheidung oder Aufhebung der Ehe des Unionsbürgers oder die Beendigung seiner eingetragenen Partnerschaft im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b nicht das Aufenthaltsrecht seiner Familienangehörigen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen.

Bevor die Betroffenen das Recht auf Daueraufenthalt erwerben, müssen sie die Voraussetzungen des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a, b, c oder d erfüllen.

(2) Unbeschadet von Unterabsatz 2 führt die Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder die Beendigung der eingetragenen Partnerschaft im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b für Familienangehörige eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, nicht zum Verlust des Aufenthaltsrechts, wenn

a) die Ehe oder die eingetragene Partnerschaft im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens oder bis zur Beendigung der eingetragenen Partnerschaft mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Aufnahmemitgliedstaat,

[…]

c) es aufgrund besonders schwieriger Umstände erforderlich ist, wie etwa bei Opfern von Gewalt im häuslichen Bereich während der Ehe oder der eingetragenen Partnerschaft, oder

[…]

Artikel 14

Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts

(1) ...

(2) Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen steht das Aufenthaltsrecht nach den Artikeln 7, 12 und 13 zu, solange sie die dort genannten Voraussetzungen erfüllen.

In bestimmten Fällen, in denen begründete Zweifel bestehen, ob der Unionsbürger oder seine Familienangehörigen die Voraussetzungen der Artikel 7, 12 und 13 erfüllen, können die Mitgliedstaaten prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Prüfung wird nicht systematisch durchgeführt.

Artikel 16

Allgemeine Regel für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen

(1) Jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, hat das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitels III geknüpft.

(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben.

(3) Die Kontinuität des Aufenthalts wird weder durch vorübergehende Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr, noch durch längere Abwesenheiten wegen der Erfüllung militärischer Pflichten, noch durch eine einzige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Niederkunft, schwere Krankheit, Studium oder Berufsausbildung oder berufliche Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat berührt.

...

Artikel 23

Verbundene Rechte

Die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt in einem Mitgliedstaat genießen, sind ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit berechtigt, dort eine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger aufzunehmen."


3.1.5. Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG):

Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate

§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1.         in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2.         für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3.         als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1.         wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2.         sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3.         sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4.         eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.

Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern

§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1.         Ehegatte oder eingetragener Partner sind;
2.         Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
3.         Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
4.         Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder
5.         sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,
a)         die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,
b)         die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder
c)         bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.

Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers

§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:
1.         nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
2.         nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.

(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.

(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.

(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und
1.         die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;
2.         die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;
3.         ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;
4.         es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder
5.         ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang – solange er für nötig erachtet wird – ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.

(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.

Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate

§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.

3.1.6. Judikatur des Verwaltungsgerichthofs (VwGH)

Mit § 54 Abs. 5 Z 4 NAG 2005 wurde Art. 13 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) im nationalen Recht umgesetzt (vgl. Gesetzesmaterialien zum FrÄG 2009 (RV 330 BlgNR 24. GP 52)). (VwGH 15.03.2018, Ro 2018/21/0002)

Vor dem Hintergrund des in Art. 13 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) genannten Beispielsfalls kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der „typische Fall einer Ehescheidung, bei dem ein Eheteil einen anderen Partner findet“, keine „besonders schwierigen Umstände“ darstellt, aufgrund derer die Aufrechterhaltung des bisherigen Aufenthaltsrechts des anderen Eheteils „erforderlich“ wäre. (VwGH 15.03.2018, Ro 2018/21/0002)

Ein besonderer Härtefall iSd. § 54 Abs. 5 Z 4 NAG 2005 wird mit dem bloßen Hinweis auf ein - sei es auch ausschließliches - Verschulden des anderen Ehepartners an der Scheidung nicht dargelegt (vgl. VwGH 15.3.2018, Ro 2018/21/0002). (VwGH 20.08.2020; Ra 2020/21/0292)

3.1.7. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Es ist im gegenständlichen Fall zu klären, ob dem Beschwerdeführer Arbeitnehmerfreizügigkeit nach EU-rechtlichen Bestimmungen zukommt und daher die belangte Behörde die entsprechende Bestätigung auszustellen hat, dass er von der Anwendung des AuslBG ausgenommen ist.

Gemäß § 54 Abs. 1 NAG sind Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate im Bundesgebiet berechtigt. Freizügigkeit kommt auch geschiedenen Ehegatten zu, wenn die Ehe 3 Jahre gedauert hat, davon 1 Jahr in Österreich (vgl. § 54 Abs. 5 Z 1 NAG).

Die Richtlinie 2004/38/EG vermittelt kein vom Fortbestand des Angehörigkeitsverhältnisses und vom Aufenthalt des Unionsbürgers unabhängiges Aufenthaltsrecht: Vielmehr regeln die Art. 12 und 13, unter welchen Voraussetzungen ein drittstaatsangehöriger Familienangehöriger nach Wegfall des Angehörigkeitsverhältnisses oder des Aufenthalts des Unionsbürgers weiterhin ein Aufenthaltsrecht hat.

Der Beschwerdeführer schloss am XXXX die Ehe mit einer EWR-Bürgerin, in der Folge kam ihm ein Aufenthaltsrecht zu. In weiterer Folge wurde am XXXX die einvernehmliche Scheidung beantragt. Am XXXX kam es zur Scheidung des Beschwerdeführers von seiner, die Unionsbürgerschaft aufweisende und die unionsrechtliche Freizügigkeit in Anspruch nehmende Ehegattin. Unter Beachtung des Datums der Eheschließung hat die Ehe des Beschwerdeführers bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens demnach nicht die in § 54 Abs. 5 Z 1 NAG erforderliche Dauer von drei Jahren gedauert.

In der Beschwerde wurde moniert, dass der Beschwerdeführer unter Druck gesetzt worden sei der Scheidung zuzustimmen. Es würden aufgrund einer ungewöhnlichen Problematik besondere und berücksichtigungswürdige Umstände vorliegen, weshalb die fehlenden 3 Monate auf die 3-Jahres-Frist nachzusehen wären. Sofern der Beschwerdeführer mit diesen Ausführungen einen Härtefall iSd § 54 Abs. 5 Z 4 NAG geltend machen möchte, so ist diesbezüglich auszuführen, dass aus dem vorliegenden Scheidungsbeschluss keinerlei Hinweise herauszulesen sind, dass es sich nicht um eine einvernehmliche Scheidung gehandelt habe. Wie der Beschwerdeführer mehrfach ausführte, hatte er bei der Scheidung einfach nicht an die 3-Jahres-Frist gedacht. Es ist daher naheliegend, dass der Beschwerdeführer nunmehr im Nachhinein versucht, mit einem derartigen Vorbringen einen Härtefall iSd § 54 Abs. 5 Z 4 NAG zu konstruieren. Damit wird jedoch im Ergebnis nicht substantiiert aufgezeigt, dass dem Beschwerdeführer ein Festhalten an der Ehe nicht hätte zugemutet werden können, zumal der Beschwerdeführer mehrmals betont, dass die Initiative zur Scheidung von der Ehefrau ausgegangen sei. Im Gegenteil führte der Beschwerdeführer etwa mehrfach aus, er hätte die Scheidung aus verfahrenstaktischen Gründen hinauszögern können: „Es wäre mir ein Leichtes gewesen, durch umfangreiche Beweisanträge im Zuge einer strittigen Scheidung, zu welcher meine Frau gezwungen gewesen wäre, das Scheidungsverfahren über viele Monate hinauszuziehen … So wäre die Scheidung nicht dermaßen schnell rechtskräftig geworden!!“ (Beschwerde, OZ 7) Es wird festgehalten, dass die Einleitung des Scheidungsverfahren und nicht die (rechtskräftige) Scheidung ausschlaggebend ist. Von einem Härtefall iSd § 54 Abs. 5 Z 4 NAG kann im gegenständlichen Fall keine Rede sein und es war daher von einem typischen Fall einer Ehescheidung auszugehen. Der Vollständigkeit halber wird auf die oben angeführte Judikatur des VwGH verwiesen, wonach auch das ausschließliche Verschulden des anderen Ehepartners an der Scheidung zu keinem Härtefall im Sinne der genannten Bestimmung führt.

Wie bereits oben festgestellt, ist der Beschwerdeführer in Österreich seit XXXX mit Unterbrechungen zum Hauptwohnsitz gemeldet. Allein aufgrund einer allenfalls fünfjährigen Aufenthaltsdauer sind allerdings die Voraussetzungen für ein Recht auf Daueraufenthalt noch nicht erfüllt. Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG verlangt etwa, dass sich Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben. Abgesehen von der nunmehr geschiedenen Ehe sind keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich ersichtlich. Zudem wurde auch das Vorhandensein von Ausnahmetatbeständen iSd des § 54 Abs. 5 NAG abgesehen vom Härtefall der Ziffer 4 vom Beschwerdeführer nicht behauptet.

In Ermangelung einer mindestens 3 Jahre andauernden Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens sowie mangels Bestehens eines Härtefalls liegen keine Ausnahmetatbestände im iSd § 54 Abs. 5 NAG vor, weshalb dem Beschwerdeführer gemäß § 55 NAG kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht mehr zukommt. Daher kann sich der Beschwerdeführer auch nicht auf das aus Art. 23 der Richtlinie 2004/38/EG erfließende an das Aufenthaltsrecht anknüpfende Recht auf Beschäftigung berufen.

Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht Ehe Frist Scheidung Unionsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W167.2233820.1.00

Im RIS seit

09.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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