TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/15 97/20/0070

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Veröffentlicht am 15.05.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
WaffG 1986 §6 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. Oktober 1996, Zl. SD 548/94, betreffend Ausstellung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 94/20/0805, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 21. September 1994 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers vom 28. Jänner 1994 auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 6 Abs. 1 Z. 6 Waffengesetz (1986) abgewiesen worden war. In diesem Bescheid war die belangte Behörde nach Einholung von "zwei Sachverständigengutachten" zur Auffassung gelangt, daß der Beschwerdeführer aufgrund seines krankhaften Geisteszustandes nicht als verläßlich im Sinn des § 6 Abs. 1 WaffG angesehen werden könne. Beide "Gutachten" im Vorverfahren seien nach Untersuchung des Beschwerdeführers zu dem überzeugenden Ergebnis gelangt, daß bei diesem zum Untersuchungszeitpunkt eine Geisteskrankheit des schizophrenen Formenkreises bestehe. Demgegenüber vertrat der Verwaltungsgerichtshof in seinem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995 den Standpunkt, daß die der Entscheidung zugrundegelegten gutachterlichen Äußerungen nicht ausreichend auf ihre Schlüssigkeit überprüfbar seien und überdies nicht ersichtlich sei, ob das von der belangten Behörde herangezogene Gutachten von einem tauglichen Sachverständigen (z.B. Facharzt für Psychiatrie) erstellt worden sei. Der Beschwerdeführer sei aber darauf hinzuweisen, daß für die Feststellung mangelnder Verläßlichkeit nicht notwendigerweise das Vorliegen einer Geisteskrankheit entscheidend sei, sondern aufgrund des nach Wortlaut und Sinn der Regelung des § 6 anzulegenden strengen Maßstabes selbst die Feststellung, daß eine Person Anzeichen einer Geisteskrankheit aufweise, den Schluß rechtfertige, daß es dem Betreffenden an der erforderlichen Verläßlichkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 WaffG fehle (im einzelnen wird auf das zitierte Erkenntnis gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen).

Mit dem nun vorliegenden Ersatzbescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 4 WaffG (neuerlich) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, sie habe im fortgesetzten Verfahren im Hinblick auf die im vorerwähnten hg. Erkenntnis ausgedrückte Auffassung, daß sie sich im Vorbescheid auf ein unzureichendes Gutachten gestützt habe, den Amtssachverständigen aufgefordert, zur Frage der Geisteskrankheit oder Geistesschwäche des Beschwerdeführers bzw. zur Frage, ob und welche dahingehende Anzeichen vorliegen, neuerlich Stellung zu nehmen. Der Amtssachverständige habe daraufhin den Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Univ.-Doz. Dr. B, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Der Beschwerdeführer habe es jedoch abgelehnt, sich der für die Erstellung des Befundes notwendigen Untersuchung durch den bestellten Sachverständigen zu unterziehen. Damit sei jedoch aus Gründen, die in der Person des Beschwerdeführers liegen, die Feststellung des für die Verläßlichkeit im Sinn des § 6 Abs. 1 WaffG maßgebenden Sachverhalts nicht möglich; demgemäß sei der Beschwerdeführer als nicht verläßlich anzusehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, diesen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. In der Beschwerde wird - zusammengefaßt - geltend gemacht, daß sich der Beschwerdeführer durch die Gutachten vom 8. März und 3. August 1994 "stigmatisiert" gefühlt habe. In diesen beiden Vorgutachten sei ein längerer stationärer Aufenthalt des Beschwerdeführers im psychiatrischen Krankenhaus Ybbs erwähnt worden, jedoch ohne den Zeitraum auch nur annähernd zu konkretisieren oder jene Unterlagen zu zitieren bzw. anzufügen, aus welchen diese Feststellung gewonnen worden sei. Die belangte Behörde hätte im Zuge der Verfahrensergänzung die aktenmäßige Grundlage durch Konkretisierung der allenfalls heranzuziehenden "Vorgeschichte" schaffen müssen und einwandfrei klarzustellen gehabt, ob tatsächlich derartiges Material dem zu bestellenden Sachverständigen als Grundlage dienen solle. Da die belangte Behörde es unterlassen habe, eine neuerliche Begutachtung entsprechend vorzubereiten, habe der Beschwerdeführer die Mitwirkung abgelehnt. Dies könne jedoch keinen Verfahrensmangel begründen, der dem Beschwerdeführer anzulasten sei. Die belangte Behörde habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt. Im Bescheid werde nicht dargelegt, aus welchen Umständen "Anzeichen" einer Geisteskrankheit hergeleitet würden. Wäre dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt worden, hätte die belangte Behörde zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis kommen müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Vorwurf des Beschwerdeführers, es sei von der belangten Behörde nicht der maßgebliche Sachverhalt festgestellt worden, ist zu entgegnen, daß nach der hg. Rechtsprechung dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes korrespondiert, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung faktische Grenzen gesetzt sind. Die Verweigerung einer solchen Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes, insbesondere sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, ist nur dann berechtigt, wenn hiefür ausreichende Gründe vorliegen oder dem Antragsteller der Nachweis gelingt, daß die Anordnung dieser Untersuchung den Bestimmungen des § 39 Abs. 2 AVG widerstreitet, also daß sie unbegründet angeordnet worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 1995, Zl. 93/01/0980, mwN). Der diese Mitwirkungspflicht des Betroffenen regelnde § 6 Abs. 4 WaffG (i.d.F. der Waffengesetznovelle 1994, BGBl. Nr. 520/1994) lautet:

"...

(4) Weiters ist eine Person nicht als verläßlich anzusehen, wenn aus Gründen, die in dieser Person liegen, die Feststellung des für die Verläßlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich war."

Die Erläuterungen der RV 1992 848 Blg. Nr., 18. GP (zur Waffengesetznovelle 1994) halten dazu u.a. fest:

"Kommt der Betroffene seiner Mitwirkungsverpflichtung nicht nach, so soll die Behörde davon auszugehen haben, daß er als nicht verläßlich anzusehen sei; von dieser gesetzlichen Vermutung ausgehend, wird sie daher etwa den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Bewilligung negativ zu bescheiden haben".

Die belangte Behörde war in ihrem mit hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995 aufgehobenen (Vor-)Bescheid aufgrund der eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen vom 8. März und 3. August 1994 zur Auffassung gelangt, daß der Beschwerdeführer aufgrund eines als gegeben angenommenen krankhaften Geisteszustandes nicht als verläßlich im Sinn des § 6 Abs. 1 WaffG anzusehen sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem zitierten Erkenntnis zwar die Auffassung vertreten, daß sich die belangte Behörde auf ein unzureichendes "Gutachten" gestützt habe, jedoch ändert dies nichts daran, daß die belangte Behörde aufgrund der im Vorverfahren gewonnenen Beweisergebnisse Bedenken gegen das Vorliegen der waffenrechtlichen Verläßlichkeit des Beschwerdeführers im Sinn des § 6 Abs. 1 WaffG haben durfte. Diese Bedenken wollte die belangte Behörde im vorliegenden Fall dadurch nochmals einer Überprüfung zuführen, daß sie dem Beschwerdeführer neuerlich die Gelegenheit zu einer ärztlichen Untersuchung, nunmehr im Sinne des vorerwähnten hg. Erkenntnisses durch einen Facharzt für Psychiatrie und Neurologie bot. Daß der bestellte Sachverständige für den ihm erteilten Gutachtensauftrag (ob und welche Anzeichen einer Geisteskrankheit oder Geistesschwäche beim Beschwerdeführer vorliegen) nicht geeignet wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, daß ihm nicht ausreichend klar gewesen sei, auf welche "aktenmäßige Grundlage" der Sachverständige sein Gutachten aufbauen werde, ist ihm entgegenzuhalten, daß die wesentliche und unabdingbare Grundlage dafür gerade seine beabsichtigte ärztliche Untersuchung durch den Sachverständigen darstellen mußte, damit sich dieser zunächst unabhängig von seiner "aktenmäßigen Vorgeschichte" ein Bild hätte verschaffen können. Der Beschwerdeführer übersieht mit seinen Ausführungen, daß gerade eine ärztliche Untersuchung ihm die Gelegenheit geben sollte, darzulegen, daß die Bedenken der belangten Behörde an seiner waffenrechtlichen Verläßlichkeit unbegründet sind. In der Beschwerde werden keine Umstände vorgetragen, insbesondere keine ausreichenden Gründe dargetan, daß die Anordnung der medizinischen Untersuchung zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht (mehr) erforderlich gewesen wäre.

Es kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Grunde des § 6 Abs. 4 WaffG bei der von ihr vorzunehmenden Würdigung der unberechtigten Weigerung des Beschwerdeführers, sich einer ärztlichen Untersuchung unterziehen zu lassen, zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die waffenrechtliche Verläßlichkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben ist.

Da die behauptete Rechtsverletzung somit nicht vorliegt, was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997200070.X00

Im RIS seit

10.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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